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Dcr Allgemeine Anzeiger erscheint wöchenUichzweiMal: Mittwoch und Sonnabend. Nbonncmentspreis: viertel jährlich ab Schalter 1,15 Mk. bei freier Zusendung durch Boten ins Haus 1 Mark 35 Pfennige, durch die Post 1,15 Park ausschl. Bestellgeld. Be itellungen nehmen auch unsere Zeitungsboten gern entgegen. Amtsblatt Mr die Hrtsöeöörde und den Gemeinderat zu Mretnig. Inserate, die 4 gespal tene Korpuszelle 15 Pf. für Inserenten im Rödertale, für alle übrigen 20 Pf., im amt lichen Telle 25 Pf., und im Reklameteil 40 Pf., nehmen außer unserer Geschäftsstelle auch sämtlicheAnnoncen-Expe- ditionen jederzeit entgegen. Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen Rabatt. Loksbilnreiger für Sir ürlstMen Seeling, großrSdrzüsrk, SauMaläe, frsnürntdal uns Umgegenä. Inserate bitten wir für die Mittwoch-Nummer bis Dienstag vormittags l l Uhr, für die Sonnabend-Nummer bis Freitag vormittag 11 Uhr einzusenden. Schriftleitung, Druck und Verlag von A. Schurig, Bretnig. Nr. 27. 28. Jahrgang Mittwoch, den 3. April 1918. Nachrichten. Zwischen Somme und Avre warfen unsere Trup pen Engländer und Franzosen aus Teilen ihrer vordersten Stellungen und nahmen Be aucourt und Mezieres. Die Franzosen begannen init der Zerstörung von Laon; durch anhaltende Beschießung wurde die Kathedrale erheblich beschädigt. Unsere Unterseeboote haben im Sperrgebiet des Mittelmeeres wieder 7 Dampfer von 23000 Tonnen versenkt. Die englische Admiralität beschlagnahmte iu den englischen Häfen über 300000 Tonnen Handelsschiffsraum für die britische Heeres leitung. In der umgestalteten französisch-britischen Heeres leitung besitzt Frankreich drei, England nur eine Stimme Die französische Kammer hat den Gesetzentwurf über die Einziehung der Jahresklassc 1919 angenommen. Seit Beginn der Schlacht im Westen wurden bis jetzt 75 000 Gefangene eingebracht. Zwischen Somme und Oise haben unsere Trup pen im Angriff neue Erfolge errungen. Zu beiden Seiten des Luce-Gaches wurden die englisch-französischen Stellungen durchstoßen und die Dörfer Aubercourt, Hangard und Demnin genommen, Das die Oise beherrschende Fort Renaud, süd westlich von Noyon, wurde im Sturm ge nommen. Flugzeuge der Entente haben erneut Schweizer Gebiet überflogen und Bomben abgeworfen. An der Palästina-Front wurden starke englische Angriffe abgewiesen. Die niederländische Regierung bezeichnet in einer öffentlichen Erklärung die Beschlag nahme einer neutralen Handelsflotte für völkerrechtlich unhaltbar. Generalfeldmarschall v. Hindenburg betonte in einem Telegramm an den Deutschen Reichs tag den Wunsch nach einem kraftvollen deutschen Frieden. Die Große Schlacht in Frankreich. Berlin, I. April. Die südliche Armee setzte ständig ihren Vormarsch fort. Auch die beiden letzten Regentage haben ihre Operationen nicht beeinträchtigt. Die wiederholten erbitterten Gegenstöße des Feindes vor dem rechten Flügel sind blutig gescheitert. Der Avreabschnitt vor dem rechten Flügel ist fest in deutscher Hand. Die Brückenköpfe auf dem westlichen Bachufer sind erweitert. Ein deutsches Korps stand vorübergehend der Uebermacht von fünf bis sechs Divisionen gegenüber, die mit Tanks und starker Artillerie wiederholt vergeblich angriffen. Die feindliche« Verluste sind nach wie vor un geheuer. Bei hartem Kampfe um das Dorf Conchy stockte plötzlich der deutsche Angriff. Kurz ent schlossen setzte sich der Generalstabsoffizier der dort fechtenden Division an die Spitze einer Schar Freiwilliger und stürmte das Dorf. Ein anderer Ort wurde gerade erobert, als man auf der Kirchturmspitze einen französischen Artillerie beobachtungsposten entdeckte, der das Feuer seiner Batterie vorzüglich leitete. Er wurde gefangengenommen. Lin deutscher Soldat, der französischen Sprache mächtig, tritt an seine Stelle und führte in geschickter Weise das feindliche Artilleriefeuer irre. Verzweifelte französische Lage. Berlin, 31. März. Der den Truppen bekanntgegebene amtliche französische Heeresbe richt vom 25. März lautet: „Die bei uns ein laufenden Nachrichten lassen schon jetzt klar er kennen, daß die riesigen Anstrengungen der Deut schen, die mit einer Erbitterung ohnegleichen unter den Augen des Kaisers gegen die engli schen Truppen anrennen, mit einem schweren Mißerfolg enden. Die Absicht des deutschen Oberkommandos, als es alles aus eine Karte setzte, «ar, das vor Jahresfrist verlorene Gelände wiederzugewinnen und gleichzeitig gerade an der Verbindungsstelle des englischen und französijchen Heeres durchzubrechen, um die Straße nach Paris durch das Oise-Tal wiederzuaewinnen. 6500000 Mann auserlesener Truppen, von einer furcht baren Artilleriemasse unterstützt, wurden in Be wegung gesetzt, um jenes Ziel zu erreichen. Un erhörte Opfer an Menschenleben wurden unbe denklich gebracht, um zum Ziele zu gelangen. Durch schrittweise Erkämpfung sielen einige Linien, die in deutschem Blute schwimmen. Die Eng länder räumten in guter Ordnung drei vorsprin gende Teile ihrer Stellung, die an sich ohne Wert waren und ohne Bedenken aufgegeben wer den konnten. Vor der eigentlichen englischen Verteidigungslinie angelangt, wurde die Germa nenflut, die sich unaufhörlich mit frischen Divi sionen durch unseren Kugelregen heranwälzte, wieder zum Stehen gebracht und zerschellte, so gar ohne daß noch die Reserven des Verbandes in großem Umfange hätten eingreifen müssen. Der deutsche Geländegewinn, verglichen mit den im Angriffsbefehl gesteckten Zielen, ist gleich Null." Eine Regierung und ein Feldherr, die nicht nur nicht wagen, dem eigenen Volk und Heer die Wahrheit einzugestehen, sondern zu dem Verzweiflungsmittel greifen, die Wahrheit auf den Kopf zu stellen, müssen völlig das Vertrauen zu ihrer Sache und ihrem Land verloren haben. Wie Paris über die deutsche Offensive denkt. 1. April. Die Vernehmung eines fran zösischen Gefangenen, der vor wenigen Tagen von einem Urlaub nach Paris an die Front zurückgekehrt war, gibt ein ziemlich klares, wenigstens durch die amflichs Zensur nicht be einträchtigtes Bild von der Stimmung in Paris anläßlich des deutschen Angriffes. Trotz aller vorsichtigen Maßregelung und Knebelung der Zeitungen ist der tatsächliche Stand dec deut schen Truppen allgemein bekannt. Man weiß, wie sehr Amiens bedroht ist. Man hofft aber noch, die französischen Reserven seien stark ge nug, den Angriff zuin Stehen zu bringen und die Deutschen, wie bei Vervun durch einen starken Gegenangriff auf die alten Stellungen zurückzuwerfen. Sollte das nicht gelingen, so wird die französische Regierung es nicht darauf ankcmmen lassen, daß die Deutschen bis Paris vordringen, sondern vorher in Verhandlungen eintreten. Schon jetzt "habe der Erfolg des deutschen Angriffes in Frankreich die Stimmung gegenüber England sehr ungünstig beeinflußt. Man ist enttäuscht, daß die französische Armee den Engländern, die sich wider alles Erwarten schlecht schlügen, zu Hilfe kommen muß. Bei den Kämpfen bei Verdun hätten sich seinerzeit überhaupt keine Engländer beteiligt. (W.T.B.) sLloyd George in Aengsten. Die Ansprache, die Lloyd George am 23. März an eine Abordnung des Bergmannsver bandes richtete, um ihn für den Regierungs plan der Einstellung von 50000 Bergleuten in die Armee zu gewinnen, enthielt bemerkens werte Anspielungen auf die Schlacht im Westen. Der Premierminister bemerkte: Wißt Ihr, was heute geschehen ist? Heute früh haben die deutschen Heere uns an einer 60 Meilen langen Front mit erdrückenden Streitkräften angegriffen. Ich bin erstaunt, daß es unter diesen Umstän den überhaupt der Erörterung bedürfen soll, ob die Bergleute und Maschinisten zur Landes verteidigung beitragen werden oder nicht. Es ist unumgänglich notwendig für uns, wenn wir eine Niederlage vermeiden wollen, mehr Leute zu haben, um die Armeen im Felde zu erkalten. — Ich habe noch niemand sagen hören: Macht es wie die Bolschewiki, zieht die Feldheere zu rück, überlaßt die Kanonen dem Feinde, laßt ihn Calais und Boulognie nehmen, Britannien überwältigen, Europa niederstampfen. — Ich spreche mit einem gut Teil Erregung, da ich soeben erst die Nachricht von diesem erdrückenden Angriffe gegen uns erhielt — ich bedaure, daß es unter diesen Umständen für die Regierung unumgänglich ist, einen Entschluß zur Ausfüh rung zu bringen, den sie nach reiflicher Ueber- legung faßte, um das Land vor Unheil zu be wahren. — Wenn diese Offensive gelingt, kön nen die Deutschen nach Calais kommen, und die einzige Antwort, die wir geben könnten, wäre die Erklärung des Bergmannsverbandes, daß er nicht zu kämpfen beabsichtige. (W. T. B.) Besorgnisse der englischen Presse. Der zuversichtliche Ton, den die englische Presse in der vorigen Woche der großen Offen sive gegenüber anschlug, ist in den vorliegenden konservativen Montagszeitungen dem Tone er heblicher Depression gewichen. Die „Times" schreibt: Die Tatsache läßt sich nicht verbergen, daß dre Deutschen die Ver teidigungslinie, die wir beim Beginn der gro ßen Schlacht am Donnerstag hielten, glatt durchbrochen haben. Das Ziel dieses raschen Vorgehens ist offenbar der große strate gische Punkt Amiens. Der Fall von Amiens würde den Feind in die Lage versetzen, unsere nördliche Lime zu bedrohen. Er würde ihm helfen, auf die Kanalhäfen vorzugehen und würde die Sicherheit von Paris ernstlich ge fährden. Die Lage Italiens. Lugano, 2. April. In römischen politi schen Kreisen herrscht über die Lage Italiens und die Entwicklung der militärischen Ereignisse der größte Pessimismus. Italien sei, wie ohne weiteres zugestanden wird, am -.Ende seiner Manneskraft angelangt. Nur mit englischen und amerikanischen Hilfstruppen sei es möglich, den Oesterreichern erfolgreich Widerstand zu leisten. In Regierungskreisen herrscht trotz der zur Schau getragenen Zuversicht die höchste Niedergeschlagenheit. Die Presse versucht das Volk erneut aufzustacheln und stellt den preuß ischen Militarismus als Musterbeispiel hin. Die Mailänder Blätter ^nehmen an, das Ziel der deutschen Westoffenstve sei nicht Calais, sondern Paris. Die ganze italienische Presse ist im übrigen angefüllt von einem großen Jammer, daß die italienische Front von unzu reichender Verteidigungsstärke sei. Bildungsarbeit in russischer Kriegs gefangenschaft. Ein junger sächsischer Lehrer, der jetzt nach dreijähriger Gefangenschaft aus Rußland zurück gekehrt ist, erzählt in der Sächs. Schulztg. von der von ihm geleiteten Bildungsarbeit in einem großen Gefangenenlager in Transbaikalien. Gleich im Anfänge der Gefangenschaft traten mehrere deutsche und österreichische Volksschul lehcer zu einer Beratung zusammen, welche Maßregeln zu ergreifen wären, um dem geistigen Niedergang der Mitgefangenen zu steuern. Es wurde beschlossen, durch planmäßigen Unterricht und regelmäßige Vorträge das geistige Leben der Kriegsgefangenen wach zu erhalten und die Liebc zur Heimat und d>e Hoffnung auf eine schönere Zukunft zu heben und zu Pflegen. Die Ausführung dieses Beschlusses wurde einem Schulausschusse übertragen, der aus einem Reichsdeutschen, einem Oesterreicher und einem Ungarn bestand. Die Tätigkeit begann mit nur wenigen Kursen, doch traten unaufhörlich neue Wünsche hervor, sodaß weitere Kurse eingerichtet, manche verdoppelt, verdrei- und vervierfacht wer den mußten. Im zweiten Kriegsjahr wurde bereits in 67 Kursen unterrichtet. Unterrichts fächer waren Russisch, Englisch, Französisch für Anfänger und Fortgeschrittene, Deutsch für Ungarn und Türken, Spanisch, Türkisch, Dänisch, Italienisch; einfache und doppelte Buchführung, bürgerliches Rechnen, Stenographie-'Statik und Baugewerbekunde, Planimetrie, Trigonometrie, Geometrie, Rechtschreiben, Aussatz, Briesstil übungen, Geschichte, Erdkunde, Bürgerkunde, Volkswirtschaftslehre. Den Unterricht erteilten 34 Volksschullehrer, 2 Kaufleute, 1 Architekt, 2 Gymnasiallehrer, 2 Kandidates des höheren Lehramts, 2 Studenten, 1 Landwirt. Ein beson derer Kursus mußte für die Militäranwärter einge richtet werden. Weiter wurden 17 rcichsdeutsche, 46 österreichische und 147 ungarische Analpha beten so weit befördert, daß ein jeder nach Jahresfrist geläufig lesen und schreiben konnte. Ein Abschluß-Seminarkursus war dazu bestimmt, den Seminaristen und jungen Lehrern Gelegen heit zu planmäßiger Weiterbildung zu geben. Jeden Sonntag abend und meist auch an einem Wochentage wurde außerdem ein Vortrag ge boten. Die Besucherzahl war immer sehr groß und betrug meist über 600 Personen, das heißt immer sowiel, wie eine Baracke fassen konnte, wenn alle Pritschen und Winkel dicht besetzt waren. ES war eine mühselige Arbeit, die die kleine Schar Lehrer auf sich genommen hatte, doppelt mühselig deshalb, weil sie in »er ersten Zeit der Gefangenschaft fast über gar keine Schriften und sonstige Hilfsmittel verfügten. Unter den schwierigsten Verhältnissen der Kriegs gefangenschaft haben sie sich bemüht, ihre Pflicht als Kameraden und Lehrer ihres Volkes zu er füllen. Manche Verbitterung ist dadurch erstickt worden und manches Herz der Heimat und dem Vaterlande erhalten geblieben. Zeichnet Kriegsanleihe! Erfolg der Anleihe heißt Erfolg der Waffen. Erfolg der Waffen heißt Frieden!