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89, 19. April I960. Nichtamtlicher Teil. 3025 Diese fünf Punkte dürften vor der Hand wohl genügen, um darzuthun, daß ich nicht in leichtfertiger Weise r An schuldigungen« gegen Berlin und Leipzig erhoben habe. Wenn die Herren Credner und Georgi sagen, es sei nachgerade zur Gewohnheit geworden, Angriffe gegen Leipzig ohne Beibringung von Beweisen zu richten, so erachte ich es dagegen für außerordentlich bedauernswert, daß es seither noch keinem Leipziger gelungen ist, solche Angriffe beweis kräftig zu beantworten. In Berlin hat man wenigstens den guten Willen gezeigt, indem man dort eine Enquete behufs Klarstellung der Rabattfragen veranstaltete. Und wenn diese auch bekanntlich nur ein negatives Resultat ergeben hat, so gebührt den leitenden Kollegen in Berlin doch volle Aner kennung für ihre gute Absicht. Wie wäre es nun, wenn der Vorstand des Vereins der Buchhändler zu Leipzig etwas ähn liches in seiner Stadt ausführte!? Der zu erlassende Frage bogen könnte sich ja ans einen Punkt beschränken, nämlich folgende Fragestellung an sämtliche Mitglieder: »Liefern Sie nach auswärts mit einem Rabatt von 10 Prozent und mehr ans Publikum? Ihre Antwort er achten wir als an Eidesstatt gegeben!« Als die vom Verbandsvorstande einberufene Delegierten versammlung der Kreis- und Ortsvereine im Februar d. I. zu Braunschweig tagte, waren Abgesandte aus allen Gauen Deutschlands erschienen; selbst aus dem fernen Ostpreußen war ein Abgesandter zur Stelle. Nur aus Leipzig war niemand anwesend. Weshalb wohl nicht? Konnte in der Metropole des deutschen Buchhandels, wo einige hundert von Berufsgenossen wohnen, wirklich kein einziger gewonnen werden für die kleine Reise? Oder wollte man in Leipzig die Braunschweiger Versammlung absichtlich ignorieren? Es wäre sehr interessant und lehrreich zugleich, diese Frage be antwortet zu erhalten. Selbstverständlich nicht für meine Wenigkeit, sondern für das ganze deutsche Sortiment, das seine Vertreter nach Braunschweig entsendet hatte! Die leiten den Herren in Leipzig haben es sich selbst zuzuschreiben, daß man in Braunschweig die Abwesenheit von Leipzig nicht nur beklagte, sondern auch deutete, indem man sich dabei erinnerte, daß es der Verein der Buchhändler zu Leipzig gewesen ist, der im vorigen Jahre den Inhaber einer wegen Schleuderei gesperrten Firma in Schleswig-Holstein als Mitglied aus genommen hat, wodurch es dem Betreffenden ermöglicht wurde, auch in den Börsenverein der Deutschen Buchhändler wieder eintreten zu können. Auch hinter dieser Thatsache möchte ich ein großes Fragezeichen aufrichten und die leiten den Herren des Leipziger Vereins zur Beantwortung auf fordern! Aug' um Auge, Zahn um Zahn! Ich habe Ihnen geantwortet, meine Herren, jetzt ersuche ich um Ihre Ant wort — aber bitte, innerhalb acht Tagen! Hamburg. Hermann Seippel. In der Voraussetzung, daß Herr Hermann Seippel be weisende Unterlagen in Händen haben müsse, hatten wir ihn am 10. d. M- aufgefordert, uns diese innerhalb acht Tagen zu liefern. Nach seinen vorstehenden Ausführungen müssen wir feststellen, daß Herr Seippel dies zu thun nicht imstande gewesen ist. Sollte Herr Seippel später in den Besitz von Beweis material gelangen, so mag er es dem Vorstande des Börsen vereins zur satzungsmäßigen Behandlung übergeben. Für uns bettachten wir nunmehr die Angelegenheit als erledigt. Leipzig, den 18. April 1900. Der Verein der Buchhändler zu Leipzig. Herm. Credner, Arthur Georgi, Vorsteher. Schriftführer. Sleienundsechzigster Jahrgang. Kleine Mitteilungen. Gutenbergfeier in Mainz. — Das offizielle Programm und Einladungsschreiben zur Mainzer Gutenbergfcier liegt uns nunmehr vor. Es hat folgenden Wortlaut: Mainz. Unter dem Protektorat Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein. 500jährige Geburtstagsfeier Johann Gutenbergs 23. bis 26. Juni 1900. Programm: Samstag, den 23. Juni: Mittags 12 Uhr: Eröffnung der typographischen Ausstellung in den Räumen des ehemaligen kurfürstlichen Schlosses. Abends 7 Uhr: Großes Konzert der Mainzer Liedertafel und des Damengesang-Vereins unter Leitung des Kapellmeisters Herrn vr. Volbach und unter Mitwirkung der städtischen Kapelle im Konzerthaus des Vereins. -JudaS Maccabäus-, Oratorium von Händel (Chrysandersche Bearbeitung). Sonntag, den 24.Juni (Haupt-Feier): Vormittags 10 Uhr: Akademische Feier in der Stadthalle: Jubel-Ouverture von Weber. Begrüßung. Kantate von Volbach. Festrede (Herr Universitätsprofessor vr. A. Köster von Leipzig). Chor aus der -Schöpfung- von Haydn. Mittags 12 Uhr: Huldigung vor dem Gutenbergdenkmal. Nachmittags 3 Uhr: Festessen im Kasino -Hof zum Gutenberg-. Nachmittags 4 Uhr: Zusammenkunft der Buchdruckergehilfen in der Neuen Anlage. Abends 8 Uhr: Kommers in der Stadthalle. Montag, den 25. Juni: Vormittags 10 Uhr: Großer historischer Festzug. Abends 8 Uhr: Kostümfest in der Stadthalle und im Stadt hallegarten. Dienstag, den 26. Juni: Vormittags 10 Uhr: Versammlung im kurfürstlichen Schloß: -Das Gutenberg-Museum und sein Ausbau-. Nachmittags 2 Uhr: Rheinfahrt. Besuch von Bingen und Eltville. Rückfahrt bei festlicher Beleuchtung der Rheinufer. Des großen Meisters und seines Werkes würdig wird die Feier sein, zu der die Stadt Mainz sich rüstet. Dem Andenken Gutenbergs und seiner edlen Kunst zu huldigen, rufe ich jetzt die Gebildeten der ganzen Welt auf. Mit der Einladung, unser Fest durch ihre Teilnahme zu ver herrlichen, wende ich mich an die Fachgenossen Gutenbergs und ihre Vereinigungen, an das gesamte Buchgewerbe, an die Vertreter der Presse, an die Freunde der Litteratur und Wissenschaft, der Kunst und der allgemeinen Bildung — an alle, die des Segens von Gutenbergs Erfindung sich erfreuen. Seinem Ruhme gilt unser Fest. Für den geschäftsführenden Ausschuß: Or. Gaßner, Mainz, April 1900. Oberbürgermeister. Bibliothek des britischen Museums. — In der Biblio thek des britischen Museums erregt, wie die -Allg. Korr.- mitteilt, gegenwärtig die Platzfrage große Besorgnis. Da alle in England erscheinenden Zeitungen seit 1837 Pflichtexemplare an die Biblio thek abgeben müssen, so hat sich bei dem Umstand, daß die kleinste englische Stadt oft einige Lokalzeitungen aufweisen kann, eine un geheure Masse von Zeitungen im britischen Museum angesammelt, die immer mehr Raum zu verschlingen droht. Daß die Be lastung der Bibliothek mit diesem meist wertlosen Druck material ganz ungewöhnliche Dimensionen angenommen hat, geht aus der Thatsache hervor, daß die Londoner Zeitungen allein sich über eine Länge von 1000 Uards erstrecken, während man fast drei englische Meilen zurücklegen muß, um den Raum abzu gehen, der den übrigen Zeitungen (englische Provinzialzeitungen und ausländische Blätter) zugewiesen ist. Wie es heißt, soll dem Parlament ein Gesetzesvorschlag vorgelegt werden, durch das die Ueberschwemmung des Museums mit allen existierenden englischen Zeitungen ein wenig eingedämmt werden soll. Große Mengen -historischer Zeitungen-, die sich als unnötiger Ballast erweisen, dürften dem Schicksal der Vernichtung kaum entgehen. — Die -Nat.-Ztg.- bemerkt hierzu: Uns erscheint diese bevorstehende Vernichtung als ein Zeichen sehr thörichter Um bildung. Was heute keinen Wert zu haben scheint, wird in hundert Jahren sehr gesucht sein, wie es bereits heute mit den Zeitungen des 18. Jahrhunderts der Fall ist. Wenn sich heute ein Historiker oder Littcraturhistorikcr über die Zeugnisse der Mit lebenden in betreff der vielen in kleineren Orten lebenden hervor ragenden Männer des vorigen Jahrhunderts, über damalige 407