Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 13.11.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-11-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191811139
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19181113
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19181113
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-11
- Tag 1918-11-13
-
Monat
1918-11
-
Jahr
1918
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 13.11.1918
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Im Gebiet cier KLumung. Ei« Volk auf der Flucht. Grenzenloses Elend zieht im Norden Frank reichs und Belgiens vor den Truppen der En tente her. Voll Entsetzen sahen der ivaniiche und der holländische Gesandte in Brüssel, die in Begleitung eines angesehenen Bürgers Brüssels dar RäumungSgebiet an der West front besuchten, die Zerstörungen, die englische Granaten in wenigen Tagen in Denain ange- richtet hatten, erlebten die fortwährenden Ab würfe von Bomben mitten auf Tournai und Valencienner und erstaunten über die deutsche Zucht, die an den Brücken jeder Auto und jeden Wagen durch Posten auf seinen Inhalt kon trollieren ließ, um Plünderungen vorzubeugen. Das Bild, das sich den Beschauern bot, war er schütternd. Frauen und Kinder flüchteten schreiend auf den Sraßen, Tote und Verwun dete wurden weggeschafft. AuS den Städten und Dörfern aber wanderten unerschütterlich Züge von Flüchtlingen. Der Regen fiel, Schmutz bedeckte die Strassen, Männer zogen Wagen und Karren mit dem Notdürftigsten und oft mit dem Un nötigsten, das fie in ihrer Angst und Not mit genommen hatten. Frauen stapften müde, den Sonntagshut auf dem Kopf, an ihre Röcke klammerten sich Kinder. Selbst halbe Krüppel und an Rheumatismus Leidende hatten von der Erlaubnis, zu bleiben, keinen Gebrauch ge macht und schleppten sich aus der Feuerzone. Alle deutschen Kolonnen waren mit Flücht lingen beladen, oft mehr als den Pferden zu- gemutet werden durfte. Die Fahrer teilten Essen und Brot mit den Unglücklichen. Wo es ging, nahmen Eisenbahnzüge die Armen auf, die das eigene Vaterland in Elend und Ver bannung trieb. Doch weder Wagen noch Züge reichten für die Aufnahme aller aus. So sah man denn reich und arm, bunt durcheinander, bisweilen am selben Strick ziehend, durch Regen und Kot trotten. Mächtige Packen beluden die Schultern. Ihr« Stricke schnitten ins Fleisch. Die Dämmerung kam. Der Regen rieselte weiter. Da und dort brach ein Wagen zu sammen, stürzte in den Strassengraben. „Oh, Malheur, Malheur, Malheur I" schrien die Unglück lichen, di« eStraf, verzweifelt, gellend auf und suchten im Dunkeln, im Straßenjchmutz ihre Habselig keiten, ihr bißchen Essen zusammen, das in Büchsen und Papier gerollt war. Hier führt ein Sohn seine Mutter auf einer Echiebkarre. Dort saß ein berühmter Cellist am Straßenrand, müde, bleich und trüb, und kaute an feinem Stückchen Brot. Dann sank kalt und feucht die dunkle Herbst nacht. In den überbelegten Ortschaften wurden notdürftige Massenquarliere bezogen. Wer genug Geld besaß, suchte sich eine Privatunter- kunft, osl zu geradezu ungeheuerlichen Plenen. Die Ärmsten aber, die nicht mehr rechtzeitig den nächsten Ort erreicht hatten, schoben ihre bepackten Karren, Wagen und Kinderwagen auf ein nasser Feld, eine aufgeweichte Wiese, wickelten sich in ihre Decken, kauerten sich in Gruppen zusammen und harrten im Halbschlaf frierend und zitternd des Morgens und dachten der verlassenen Heimstätten, die der Wille der eigenen Landsleute in Schutt und Asche zu legen beschlossen hatte. Gar mancher von ihnen hatte wenigstens seine liebsten und teuersten Wertsachen zu retten versucht, indem er sie in rührendem Vertrauen einem Offizier der „Boches* zur Aufbewahrung und Abbeiörderung an sichere Plätze übergeben hatte. Die aber, die es vorgezogen halten, der Gefahr zu trotzen und lieber dort zu sterben, wo sie gewohnt hatten, verbarrikadierten die Kelleröffnungen, schafften Matratzen und Lebensmittel in die Keller und harrten des Augenblicks, wo ihre Häuier über ihnen zusammenstürzen Wörden. Qanüel uns Verkekr. Keine Einstellung t-eS PostvcrkchrS nach Österreich. Wie von zusiäntnger Seile mitgeteilt wird, ist der Brief- und Postamvcisungsbcrkehr mit den österreichischen Ländern nach wie vor keiner Be- schräntung unterworfen. Briefe nach Österreich iönnen wie sonst ausgegeben werden. Für die Sicherheit von Geldsendungen wird, so lange sie der trat mit dem Vorschlag an Georg heran, auf »iner Berliner Svezialitälenbühne aufzulreten und bot sür den Monat 10 000 Mark. Wissen schaftliche Gegner und persönliche Feinde Wolt mann» schrieben an Georg begeisterte Briefe, und die waren ihm fast unangenehmer als die Zuschriften dersenigen Leute, die ihn sür einen schlauen Schwindler erklärten. Georg hätte mit der Tapferkeit seine? ehr lichen Herzens all diese Beschwerden ruhig er duldet in der Gewißheit, daß sie doch nach einigen Wochen ihr Ende finden mußten. Aber er litt unter ihnen schwer, weil er sah, daß sie auf den geliebten Bruder in der ungünstigsten Weile einwirktcn. Franz war von den Ereignissen ebenso über- rascht worden wie alle Welt, denn er hatte von der Entstehung des wclumstrittenen Bildes kein Sterbenswörtchen erfahren. Und nun brach, noch ehe Georg von seiner ganz plötzlich unter- nommenen Reise heimgekchrt war, die ganze Flut der Ereignisse über ihn herein, und er hatte, als Bruder deS vielgenannten Malers, den eisten Ansturm auszuhalten. Zwar gab die Ausregung seinen geschwächten Krällen einen neuen Anreiz, er eugre aber zu gleich eine hochgradige Nervosität, Lie sich hei der Rückkehr Georgs in einem heftigen hysteri schen Ausbruch entlud. Franz zürnte dem Bruder, weil dieser Heim- lichkeilen vor ihm gehabt hatte, mißtraute ihm, weil er alle Zeitungsmeldungen a»8 beiden Lagern las und deshalb zu keiner klaren Er- kenulnis der Sachlage gelangen konnte, und im sseilim Grunde seiner eüraciziaen Seele be- Annakm« unterliegen, nach wie vor auch die übliche Gewähr übernommen. DaS gleiche gilt für die tschechischen Landeste!!« Böhmens und ebenso auch sür Ungarn. Dagegen sind Nachnahme- und Poü- aiiftiagssendungen nach Österreich schon seit einiger Zeit, und zwar aus Veranlassung der österreichischen Postverwaltung, nicht mebr zugrlasien. Von f^ak unä fern. Wieder ein Neutzenprinz gefallen. Prinz Heinrich XIllV. Neuß j. L. ist seinen an der Westfront erlittenen schweren Verwundungen im Hauptlazarett zu Glogau erlegen. Sein jüngerer Bruder Prinz Heinrich Xb-VI. ist bereits am 20. Oktober 1914 den Heldentod gestorben. NnSgabe der 35-Pfennigbriefmarke«. Nachdem die Vorräte der 30-Pfennigbriefmarke bei verschiedenen Postanstalten ausgebraucht sind, ist jetzt mit der Verausgabung des neuen Post wertzeichens zu 35 Pfennig begonnen worden. Die neue Briefmarke ist einfarbig in rotbrauner Farbe hergestellt. Legt Sauerkohl ei«. Lon der Reichs- stelle für Gemüse und Obst wird mitgeteilt, daß die großen Zufuhren von Gemüse in abseh barer Zett aushören, weil die Ernte zu Ende geht. Die ReichSftelle sagt deshalb: „Es kann nicht dringend genug empfohlen werden: Schneidet möglichst viel Weißkohl selbst ein l Macht rote Beeten in großen Mengen ein: Wer rechtzeitig rote Beeten und Weißkohl ein legt, wird besonder- in den letzten schwrerigen Wintermonaten und namentlich beim nächsten Frühjahrsansang den Nutzen davon haben/ Keine Ausfuhr »o« Pilsener Bier. Der Pittener NationalauSjchuß hat die Ausfuhr von Pilsener Bier verboten, damit der heimische Gebrauch gedeckt werde nnd weil keine Bürg- schait daiür bestehe, daß die Wagen wieder zurückgeschickt werden. Wie mitgeteilt wird, sind in Deutschland nennenswerte Vorräte von Pilsener Bier nicht mehr vorhanden. TiszaS Sohn a» der Grivpe gestorben. Der 32jährige Graf Stephan Tsiza, der Sohn des ermordeten ehemaligen Ministerpräsidenten von Ungarn, ist an der Grippe gestorben. Er hatte von der Ermordung seines VaterZ nichts mehr erfahren. Die Eisenbahnkatastrophe in Ungarn. Wie nunmehr sestgestellt wurde, sind bei der Eisenbahnlatastrophe, die im ungarischen Bahn hof Ratos stattgesunden hat, 29 Personen ge tötet und 67 schwer verletzt worden. Die Kata strophe wurde dadurch verursacht, daß, als der Zug Rakos passiert hatte, plötzlich eine der Achsen brach. Der Wagen senkte sich und ent gleiste. Er wurde von den übrigen in voller Fahrt befindlichen Wagen iörmlich zerdrückt. Die meisten Toten sind russische Kriegsgefangene, die auf den Puffern der Wagen reisten. Diese wurden insolge des ungeheuer heftigen Stoßes unter die Näder geschleudert. Schwedische Kriegsgewinne. DaS Er gebnis der schwedischen Kriegsgcwinnsteuer wird für das laufend: Jahr auf 108 Millionen Kronen veranschlagt werden, die sich aus 6550 Steuer zahler verteilen. Im vorigen Jahre betrug sie 80,7 Millionen Kronen (4807 Steuerzahler) und 1916 25,8 Millionen (2457 Steuerzahler). Kognak und Grippe. Durch königlichen Erlaß ist in Norwegen bestimmt worden, daß wegen der Grippeepidemie jedem Haushalt ohne Rücksicht aus daS geltende Alkoholverbot eine halbe Flasche Kognak oder Whisky geliefert werden wll. Bolschewistische Flugblätter. An der Minsker Demarkationslinie wurde ein aus Ruß land kommender Wagen mit bolschewistischen Flugblättern beim Versuch, heimlich über die Grenze zu kommen, gefaßt. Unter den Be gleitern des Wagens befanden sich auch einige Verfasser der Flugblätter, die jetzt ihrer Be strafung entgegensetzen. GericktskaUe. Ratibor. Das Kriegsgericht verurteilte den Maurer JubuS Wladaich aus Lenschütz (ürcir Kosel) wegen DoppeimardcS, begangen an seinen Schwieger eltern, zweimal zum Tode. neidete er den Bruder sogar um die unerquick liche Berühmtheit, zu der er so plötzlich gelangt war. In der Mischung dieser Empfindungen beobachtete er gegen Georg ein so seltsames Betragen, daß der Jüngere ausS schmerzlichste davon betroffen war und fühlte, wie dar un selige Ereignis ihn dem Bruder geradezu ent- sreckdet habe. Dabei war der Ton, in dem Franz mit ihm sprach, durch seine Schärfe und Gereiztheit besonders verletzend. „Ja, fa, edler Meister,* sagte Fran» — „du hast ganz recht gehabt. Reden müssen die Leute von einem, nur reden und schreiben, dann ist man ein gemachter Mann. Wer hat sich früher um dich und dein Talent gekümmert? Kein Leusel, du warst halt der bescheidene Galeriemaler, der auf seine Kopien nicht ein mal seinen Namenszug setzen durste. Aber fetzt bist du ein großes Tier, und ich komme durch demen genialen Trick auch noch zu einer Portion Ruhm — allerdings erst aus zweiter Hand, gleichsam geborgtes Licht, wie der Mond neben der Sonne — aber immerhin stecken doch die Leute die Köpfe zusammen, wenn ich vor die Tür gehe, und flüstern: das ist der Bruder, der Dichter. Ich bin ein Ewl gewesen, daß ich damals den Kriminalroman nicht sür deinen Freund und Gönner Kürbach geschrieben habe. , Wer weiß, was der imarte Geschäftsmann damit für eine große Sache gemacht hätte. Alle Wetter, er ist ein Genie — schon die Mister- schalt, mit der er auf einmal verschwunden ist, nachdem er dem Amsterdamer Händler deinen Rembrandt ausgeschwa^t hat, ist bewunderns wert. Na. mag di« Geschickt« ausaeben wie Zwickau. Die hiesig« Strafkammer verurteilte den Fabrikanten Otto Robert PW,, a„z ffrimmitschau, der Knnüwolle und deren Abfälle zu Damenktcider- sloffen verarbeitet und die!« mit übermässigem Ge winn verkaukt Katle, zu 45 OVO Mark Getönrase. LckaulpielergelMter. Einst und jetzt. Die Berliner Schauspieler haben sich zu sammengetan, um bei den teuren Zeiten eine Erhöhung ihres Einkommens durchzuseven, und die mächlige Bühnengenossenschast unterstützt ihre Bestrebungen. Die Schauspieler bilden eben heute einen ErwerbSsiand, der sich wie die andern zusammengeschlossen hat und seine Rechte gegenüber den Arbeitgebern wahrnimmt. Früher war dem nicht so; der Komödiant war auf die Freigebigkeit des Herrn angewiesen, dem er diente, oder er mußte sich von seinem Prinzipal ausbeuterg lassen. Das erstemal hören wir in der deutschen Theatergeschichte von der Bezahlung von Be- rusKschauspielern am Hofe des sächsischen Kur- sürsten, der im Jahre 1617 eine Bande „eng lischer Komödianten* austreten ließ. Er zahlte ihnen sür eine bestimmte, leider nicht näher an gegebene Zeit 300 Taler; doch hallen sie während dieser Zeit sür ihren Unterhalt 130 Talrr verbraucht, die auch noch von der Hoi- kammer bezahlt werden mußten. Besser gestellt waren die alS sürstliche Hosschanspieler ange stellten Komödianten. So hatte der Kursürst Johann Sigismund von Brandenburg einen Schauspieler, der sich nach seiner Rolle Junker HanS von Stockfisch nannte, 220 Taler jähr liches Gehalt vsit freier Station auSgeworfen, damit er eine Kompagnie englischer und nieder ländischer Schauspieler zusammenbringr. Die ersten Hofschawpieler, die um 1670 am Dres dener Hoi« angestellt wurden, erhielten zunächst das Prädikat eines Hoibedienten und ein Jahresgehalt von 150 Gulden. Später wurden einige bevorzugte Komödiantin zu Kammer», lakaien mit einem Gehalt von 200 Talern „sür alles und jedes* erhoben, doch blieben dies auf lange hin die höchsten Gagen, die vom sächsi schen Kurfürsten gezahlt wurden. Wir sind über die Gagenverhälinisse deS ersten deutschen Hostheaters, der sogenannten „Veltbanictzen Bande*, die 1683 in Dresden ihre ständigen Aufführungen begann, genau untemchtet. Die drei Direktoren bekamen jeder jährlich 200 Taler, die besten Schauspieler 150 Taler, die ersten Schausvielerinnen 100 Taler. DaS ist sehr wenig, wenn man bedenkt, daß die Gehälter der italienischen Sänger und Sängerinnen am Dresdener Hose bis zu 1500 Talern jährlich betrugen. Auch di« Ge hälter, die in der klassischen Zeit der deutschen Schauspielkunst, in den Tagen der Ekhos und Schönemann, gezahlt wurden, bolen im besten Falle nur ein mäßiges Auskommen und reichten sür das kostspielige Wanderleben nicht aus. Zudem wurde, wenn der Prinzipal schlechte Geschäfte machte, die Gage meist aus die Hälste herabgesetzt, und in den Ferien ging der Komödiant ganz leer aus. Nach Ausweis des NechnungSbuches der Schönemannichen Truppe betrug die Summe der Wochengage sür das gesamte Personal 16 Taler 8 Groschen; die höchsten Gehälter, die bezahlt wurden, betrugen wöchentlich 2 Taler, die geringsten 1 Taler 8 Groschen, soviel, wie auch die vier am Theater beschäftigten Schneidergehilfen erhielten. Elyoi erhielt 1 Taler 16 Groschen, also wenig Lber3 Groschen aus venTag, währendder Tagelohn für den Zettelträger mit 6 Groschen verzeichnet ist. Diese Einnahmen standen in einem pein lichen Verhältnis zu den notwendigsten Be- chürinissen. Denn wenn Schönemann in seinem Rechnungsbuch aufjchreibt: „Vor mich ein Paar Schuh 1 Taler 4 Groschen*, so blieben dem armen Ethos, dem größten Schauspieler seiner Epoche, nur noch 12 Groschen von der Wochen gage übrig, salls er sich ein Paar Schuhe kaufen musste. Arn Gothaer Hostheater erhielt Ekhos dann 12 Taler Wochengehalt und jährlich 9 Klaster Holz, Jsjland 5 Taler und 4 Klassier Holz, Beck, ein ebenfalls sehr angesehener Schauspieler, nur 1^ Taler wöchentlich. Bei dem Hamburger Schauspielunternehmen, über sie will, du hast bewiesen, daß du mir weit überlegen bist * Georg, dessen Nervensystem unter den Er eignissen der letzten Zeit auch gelitten hatte, brachte es nicht immer über sich, die Stichel reden des Bruders ruhig hinzunehmen, sondern widersprach bisweilen, uno dann kam «8 zu heftigem Streit, dessen sich die Brüder später aufrichtig schämten. Aber wenn sie auch bei Zusammenstößen einander so schars begegneten, so war er doch wie ein unausgesprochenes, beiliges Gesetz, daß Coras Name nie in den Streit gezerrt, ja nicht einmal genannt wurde. Konnte Franz bet seinen Ausgängen die neu« Popularität gemeßen und dabei doch durch seine abweisende Miene zeigen, daß ihn der ganz« Streittall nichts anging, so halte Georg unzählige Gänge zu tun, die alle mit dem un seligen Bilde in engstem Zusammenhangs standen. Denn die Angelegenheit zog immer weiter« Kreise, zumal da Geheimrat Woltmann in einer äugeehenen Zeitschrift seine Behaup tung der Echtheit leidenschaftlich auirecht erhalten, dafür aber Georg Heyden mit klaren Worten der Mystifikation be'chulöigt hatte. Er kam in dem glänzend geschriebenen Aussatz zu dem Schluffe,, Laß Georg die Tatsache seiner Ur heberschaft durch Zeugen oder Beweise offen dartun oder wieder ins Dunlel zurücktreten und die Entscheidung der Streitfrage den Fachge lehrten überlassen müsse. Im letzteren Falle werde sich ja der Einsichiige das rechte Urteil über sein Verhalten bilden können. Dieser Aufsatz, der nicht nur wegen der Person des LerjasserS. sondern auch wegen der daS Lessing in seiner unsterblichen Dramaturgie berichtet, bezog Ackermann mit seinen beiden Töckttsrn 16 Taler wöchentlich, Schröder als Ballettmeister und Schauspieler ebensoviel, Frau Brandes 12 Taler. . Das waren schon besonders Hotze Honorare, und noch höher waren die täglichen Spielhonorare, die Koch in Berlin zahlte; die beliefen sich bei der eisten Vor stellung auf 1 Louisdor, bei der zweiten auf 1 Dukaten, bei allen folgenden auf 2 Gulden, allerdings nur für die Hauptrollen. Im allgemeinen war im ganzen 18. Jahr hundert die Lage des SchaulpielerstandeL außer ordentlich armselig. Erst an den großen Hof bühnen wurde daS besser. In Wien bezogen die eisten Schauspieler durch die Freigebigkeit deS KailerS ein Jahresgehalt von 1600 Gulden. Uber die Honorarverhältmsse an der Berliner Königlichen Bühne sind wir in den Jahren 1790 bis 1827 genau unterrichtet durch dt» Zusammenstellungen, die auS dem Nachlaß des HofratS Teichmann veröffentlicht wurden. Der größte Schau'pieler der Berliner Bühne, ja der größte Schauspieler seiner Zeit überhaupt, Fl-ck. erhielt 1790 1300 Taler Gehalt; 1800 mar diele Summe aut 1560 Taler erhöht werden. Später stiegen die Schauspieler noch mehr. Unzelmann erhielt 1795 832 Taler, 1823 19'0 Taler. Die böchsie Gage, die in der genannten Zeit einem Schauspieler gezahlt wurde, war die Ludwig Devrients, der schließlich die sür da malige Verhältnisse ganz ungeheure Summe von 2600 Talern jährlich erhielt. Der Solo tänzer Hoguet bekam freilich schon 1817 4000 Taler. Ebenso wurden berühmte Sängerinnen Höber honoriert. Die Mitder- Hauptmann erhielt 3000 Taler jährlich und eine geheime Zulage von 500 Talern, um nicht den Neid der andern großen Sängerinnen zu er wecken, die sich mit 2000 Talern jährlich be gnügen mußten. Vermilckres. Lebt der Zar? Ein Mitarbeiter von .Politiken' hat die Zarin-Wilwe aus Schloß Harras in der Krim besucht. Sie hat ihn ge beten, über den Inhalt ihrer Unterredung nich's zu veröffentlichen. Er erzählt dann solgendeS: In diesen Kreisen ist der Glaube verbreitet, daß der Zar lebt und sich irgendwo verborgen hält. Man gründet diese schwache Hoffnung aus die Aussage eiues russischen Offiziers, der zwei Tage nach der angeblichen Hinrichtung des Zaren durch Jekaterinburg kam, und der erklärt, man habe damals dort nicht? von einer solchen Hinrichtung gewußt. Aber auch draußen im Lande verbreitet sich dieser Glaube und ver dichtet sich bei den Bauern zur Mythe. An verschiedenen Orten will man den Zaren gesehen haben, und es gibt bereits Pilger, die durchs Land wallfahrten, um ihn zu suchen. Das „Ammtbänvchcn*. Die halsfreie Kleidertracht, die sich auch in die kühlen Spät- herbsttage hinüber gerettet hat und sich auch im Winter fest behaupten wird, hat eine neue Modekleinigkeit hervorgcoracht: daSHalsbändchen. Neu ist das Halsband eigentlich nicht. Schon unsere Mütter schmückten sich damit, als sie noch Backfttche waren, und damals hieß es „Ammi- Händchen*. Wo sich sonst das Perl- oder Gold- und Silberkettchen um den freien Hals schmiegte, da schmeichelt sich heute das Ammiband um den Ausschnitt deS Kleides. Bevorzugt wird schmales Samtband, am häufigsten schwarz, dem eine Perlverzierung oder eine handgestickte sarbige Blumenranke ein« kleidsame jugendliche Art gibt. Zum Kleid oder zur Bluse passende Farben werden ebensalls gern genommen. 6o1äene Morre. Die Verschiedenheit der Geburt gibt u«t» nimmt keinen Vorzug; alles kommt dabei auf persönliche Würdigkeit an. Friedrich Wilhelm III. WaS ist in der Welt Gerechtigkeit anders, denn daß jedermann tue in seinem Stande, war er schuldig ist? Martin Luther. Die beste Erziehung ist jene, die einen festen, gesunden Grund legt zur Selbst».,rehung. Otto v. Letxner anscheinend zwingenden Klarheit seiner beredten Veweisiührung große Beachtung sand und über all nachgedruckt wurde, veränderte Georgs Stellung so sehr zu seinen Ungunsten, daß er sich keinen Rat mehr wußte. Es fuhr deshalb zu Kommerzienrat Nilger hinaus, in dessen Schloß er jetzt jederzeit Zutritt fand, da der Geldsürst den schlichten, mutigen Künstler immer mehr schätzen gelernt hatte und auf ihn volles Vertrauen setzte. „Ja, lieber Herr Heyden* — sagte der Kommerzienrat auf Georgs bewegliche Klage — „jetzt wird die Sache wirklich ungemütlich. Der Geheimrat ist in seinem Selbstbewusstsein tödttch gekränkt und kann und wird leinen Pardon geben. Haben Sie denn nicht irgend e.ne Möglichkeit, das Bild als Ihr Werk nachzu- weijen? Ich kenne die Gepflogenheiten der Maler einigermaßen und bin test überzeugt. Laß in einem solchen Falle scder Künstler irgend em verborgenes Zeichen anbringt, eine geheim« Marke, durch die er seine Urheberschaft dar tun kann." Georg sah erschrocken zu ihm auf. Nilger lächelte ermunternd. „Na also! Ihr Blick sagt mir, daß rk auch in Ihrem Falle so ist. Warum Sie kiS jetzt gezögert haben, sich zu rechtfertigen, weiß ich nicht. Sie mögen Ihre Gründe gehabt habe!:. Aber jetzt, nach diesem gewaltsamen Angriff Woltmanns müssen alle Bedenken schwinden. Er hat recht mit seinem entweder — oder. Darum geben Sie Ihr Geheimnis preis uns beenden Ei« Lie ganze Sache * ««i« <S»rts«SMlg sotgt^
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)