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Allgemeiner Anzeiger. Der Allgemeine Anezeigex erscheint wöchentlich zwiMal: Mittwoch und Sonnabend. Abonnementspreis: viertel jährlich ab Schalter 1,15 Mk. bei freier Zusendung durch Boten ins Haus 1 Mark 35 Pfennige, durch die Post 1,15 Mark ausschl. Bestellgeld. Be stellungen nehmen auch unsere Zeitungsboten gern entgegen. UL y ÄzHN? S4S »4° für die Grtsbeöörde und den Kemeinderat zu Aretnig. Loksl-Hnresger kür Sir SttsLattrn Sretnig, ZroßrSdrrüsrf. fisurwriae, frsnirenlds! unü Umgegenä. Inserate, die 4 gespal- tene Korpuszeile 15 Pf. für Inserenten im Rödertale, für alle übrigen 20 Pf., im amt. lichen Teile 25 Pf., und im Reklameteil 40 Pf., nehmen außer unserer Geschäftsstelle auch sämtlicheAnnoncen-Expe- ditionen jederzeit entgegen. Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen Rabatt. Inserate bitten wir für Mittwoch-Nummer bis Dienstag vormittags 11 Uhr, für die Sonnabend-Nummer bis Freitag vormittag 11 Uhr einzusenden. Schriftleitung, Druck und Verlag von A. Schurig, Bretnig. Nr. 86. Staatssekretär Fischbeck über die Kriegsanleihe: Deutschland wird niemals eine Regierung haben, die nicht einmü tig hinter der Kriegsanleihe steht. Mir NsAriM«. Ein erneuter Durchbruchsversuch der Engländer wurde vereitelt. An der ganzen italienischen Front machte sich eine allgemeine feindliche Artillerie- und Flie gertätigkeit bemerkbar. Im ungarischen Abgeordnetenhause sprach sich der Ministerpräsident gegen den vom Grafen Karoloi geforderten Sonderfriedensschluß Un garns aus. Der Wortlaut der deutschen Note an Wilson ist am Dienstag bei der Schweizer Gesandt schaft in Washington eingetroffen. Die konservative Reichstagsfraktion hat im Reichs tag einen Antrag auf Erhöhung der Mann schaftslöhnung eingebracht. Liebknecht ist aus der Haft entlassen worden. Kultusminister D. Dr. Beck und Finanzminister von Seydewitz haben, wie verlautet, ihre Ab schiedsgesuche eingereicht. Wie steht's um unser Heer? Bon Oberbürgermeister Dr. Külz, Zittau. Die gegenwärtige Lage zwingt mehr denn je dazu, sich in der öffentlichen Besprechung mili tärischer Dinge und Gesichtspunkte eine gewisse Zurückhaltung aufzuerlegen. Diese Vorsicht darf jedoch nicht so weit gehen, den an manchen Stellen auftretenden tiefen Pessimismus und die Minderung des Vertrauens in das Heer und seine Führung mit fatalistischer Gleichgültigkeit unbeachtet zu lassen. In der Stimmung der großen Masse des deutschen Volkes spielt die Frage eine ganz ausschlaggebende Rolle: Wie steht's um unser Heer? Wer sich auf diese Frage keine befriedigende Antwort geben kann, dem öffnen sich ganz unwillkürlich Tür und Tor für die unsinnigsten Gerüchte, die von leichtfer tigen und böswilligen Schwätzern herumgetragen werden und das Bild und die Stimmung bis zum Grad der Mutlosigkeit und Hoffnungslosig keit verdüstern. Daß wir seit dem 15. Juli in einer Zeit der Rückschläge leben, ist eine betrübende Tat sache, die nicht wegzuleugnen ist. Daß wir unter den Trümmern der zusammengebrochenen bulgarisch-mazedonischen Front so manche Hoff nung begraben müssen, die wir politisch und militärisch früher zuversichtlich hegen durften, ist allgemein erkannt/ wenn schon es, selbst von offiziellen Stellen, zu spät offen bekannt wurde. Von weitgehenden militärischen Folgen ist auch die Zermürbung der türkischen Armee. Das alles sind Momente, die unsere militärische Ge samtlage zweifellos auf das ernsteste beeinflussen. Ausschlaggebend für unser Schicksal ist jedoch im gegenwärtigen Augenblick allein die Leistungs fähigkeit unseres Heeres an der Westfront. Die Kampfhandlungen und Bewegungen an unserer Westfront unter dem richtigen Gesichtswinkel zu betrachten, ist deshalb unerläßlich, wenn man sich ein zutreffendes Urteil über den Kern unse rer militärischen Lage und damit über den Stand unserer Dinge überhaupt bilden will. Eine mehr als vierjährige beispiellose Anspan nung aller körperlichen, geistigen und seelischen Sonnabend, den 26. Oktober 1918. 28. Jahrgang Kräfte liegt hinter uns. Es wäre unwahrhaf tig, zu leugnen, daß eine solche Höchstspannung nicht auch beim Heere naturnotwendige Rück wirkungen haben mußte, und zwar bei uns viel mehr als bei unseren Gegnern, die in weit grö ßerem Umfange als mir immer wieder von neuem körperlich und seelisch frische und unverbrauchte Kräfte in den Kampf werfen können. So ist es nicht ausgeblieben, daß die Riesenwellen von Eifenhagel, Menschenmassen und Tankgeschwa dern, die gegen unsere Westfront anbrandeten, schließlich doch den Damm, den unsere Heere dort znm Schutze der Heimat auf feindlichem Boden mit Leib und Blut bildeten, zurückdrücken konnten. Zerrissen ist dieser Damm nicht! Als elastisches Ganze bewegt er sich zwischen Nord see und Verdun langsam und schrittweise von West nach Ost. Seit drei Monaten ist es noch immer möglich gewesen, Einbrüche in ihn sofort zu schließen, Einbuchtungen auszugleichen. Da mit aber ist es — und das gilt es, fest im Auge zu behalten — der Führung und der Truppe gelungen, das strategische Ziel der Geg ner zu vereiteln. Was ist dieses Ziel? Unser Gegner erstrebt, unter Einsatz seiner gesamten Kampfmittel an Mensch und Material noch in diesem Jahre die Zertrümmerung unserer mili tärischen Macht und damit den Endsieg zu er reichen durch Erzwingung des Durchbruchs im Großen. Als klar erkennbare Gegenaufgabe unserer Führung ergibt sich hieraus die Durch kreuzung dieser Absicht unter möglichst vorteil haften eigenen Bedingungen, das heißt: eine Vereitelung dieses Durchbruchs unter möglichster! Schonung der eigenen Kräfte. Bisher sind Heer und Führung dieser Aufgabe voll gerecht ge worden. Die Tatsache, daß wir den Kampf tief in Feindesland ausfechten, gibt uns dabei die denkbar größte Bewegungsfreiheit in unseren operativen Maßnahmen. Hierzu kommt, daß jede Rückwärtsbewegung zwischen Küste und Maas für uns eine Verkürzung der Kampflinie mit sich bringt. So schmerzlich es ist, daß da bei wichtige Punkte, an deren Besitz wir uns seit Jahren gewöhnt hatten, aufgegeben werden müssen, so darf hierüber doch nicht der für den gegenwärtigen Augenblick ganz ausschlaggebende Vorteil verkannt werden, der in dieser Verkür zung insofern liegt, als sie die Zahl unserer, der unmittelbaren Kampfeinwirkung ausgesetzten Truppen vermindert und die Zahl unserer be weglichen Reserven erhöht. Das eine ist vom Standpunkte der Schonung des eigenen, wert vollen Menschenmaterials ebenso wichtig, wie das andere im Hinblick auf das Ausscheiden der bulgarischen und eines großen Teiles der tür kischen Armee notwendig ist. In diesem reinen Verteidigungskampf, den wir gegenwärtig an der Westfront führen, müssen sich aber naturge mäß neben die Schonung der eigenen Kampf kraft eine möglichste Erschwerung der Kampf führung für den Gegner und eine möglichst starke Zufügung von Verlusten gesellen. Beides geschieht durch unsere jetzige Kampfführung in ausgedehntestem Maße. Der Gegner braucht immer wieder von neuem erhebliche Zeit zu neuen Angriffsunternehmungen. Das Nachziehen der schweren Kampfmittel, Anlage und Ausbau seiner rückwärtigen Verbindungen, Erkundung der feindlichen Absichten und Stellungen hindern ihn geraume Zeit an der Entfaltung seiner vol len Kampfkraft. Dazu ist das Anrennen gegen einen nicht in fester Stellung befindlichen be weglichen Gegner viel mehr der verheerenden Wirkung der modernen Feuerwaffen ausgesetzt, als der Kampf gegen eine feste Stellung, bei welcher der Angreifer alle Kampfmittel von vorn herein planmäßig und zu einheitlicher Wirkung zusammenfassen kann. Ueberzeugender als alle Erwägungen sprechen in dieser Beziehung die reinen Tatsachen, wenn man sie nur wirklich OrNMe; uns ZMMe;. Dresden. (Verbot aller öffentlichen Ver anstaltungen.) Der Rat der Stadt erläßt unter dem 23. Oktober 1918 folgende amtliche Be kanntmachung : Da die Grippe an Zahl und Schwere der Erkrankungen immer noch im Zu nehmen begriffen ist und diese Krankheit erfah rungsgemäß durch das enge Zusammensein von Menschen verbreitet wird, hat der Stadtbezirks arzt nunmehr die Untersagung aller öffentlichen Veranstaltungen, die mit größeren Menschenan sammlungen verbunden sind, für notwendig er klärt. Wir verbieten daher für den Bereich der Stadt Dresden im allgemeinen, gesundheitspo lizeilichen Interesse bis auf weiteres die Abhal tung von öffentlichen Konzerten und Vorträgen und alle sonstigen, mit größeren Menschenan sammlungen verbundenen öffentlichen Versamm lungen in geschlossenen Räumen, mit Ausnahme der Gottesdienste, sowie die Abhaltung von Vor stellungen in den Theatern, im Zirkus und in den sogenannten Kino-Theatern. Zuwiderhand lungen unterliegen der Bestrafung nach 8 327 des Reichsstrafgesetzbuches. Bischofswerda. Infolge der Grippe ist auch das Königlifie Seminar, vorerst bis 3. November, geschlossen worden. Zeichnet die S. Kriegsanleihe! mit der richtigen Sprache zu sich reden läßt. Drei Wochen sind vergangen, seitdem wir uns zu unserem letzten Friedensangebot entschlossen haben. Seit dieser Zeit haben die Gegner viel fach auf breitester Front und unter den gewal tigsten Anstrengungen zu großangelegten Durch bruchsversuchen angesetzt, aber der Damm ist an keiner Stelle gerissen. Wird der Damm weiter halten, wird er zum Stehen kommen, ehe die Flut auf deutschen Boden hinüberbrandct? Nun, solange wir die Hoffnung auf einen unsere Lebensinteressen nicht gefährdenden Frieden noch hegen dürfen — und wir dürfe» das noch zur Stunde —, ist für unsere Heeresleitung die Schonung der eigenen Kräfte durch elastische Führung der Verteidigung zweifellos nach wie vor die gegebene Art des Kampfes. Würde es nicht geradezu Wahnsinn sein, mit hohen Opfern an Blut und Menschen jetzt noch einen Land strich zu halten, den wir in wenigen Wochen bei einem Waffenstillstand oder bei einem Frie den wieder aufgeben? Völlig anders würden die Aufgaben für unfere oberste Heeresleitung erst werben, wenn die Gegner in wahnwitziger Verblendung die ehrliche Friedenssehnsucht des deutschen Volkes mit vernichtenden oder ent ehrenden Bedingungen erwidern sollten. Dann findet die jetzige Kampfführung Ziel und Grenze an den Geboten der nationalen Verteidigung, und wir dürfen uns überzeugt halten, daß dann unser Heer, das vier Jahre lang so Gewaltiges, so fast Uebermenschliches geleistet hat, in der Not der Stunde Wille und Kraft haben wird, einen letzten unüberwindbaren Damm von Blut und Eisen zum Schutze der Heimaterde zu errichten. Zeit und Ort hierfür zu finden, wollen wir getrost und mit ungemin dertem Vertrauen unserer Heeresleitung über lassen, die allein alle Ursachen und Zusammen hänge, alle Möglichkeiten und Wirkungen zu übersehen und einzuschätzen vermag. Für die weitere Behandlung der Friedensfrage aber wol len wir nicht vergessen, daß wir noch genug deutsche Männer an der Westfront stehen haben, die sich zwar ebenso aufrichtig nach dem Frieden als dem Lohn des vierjährigen Kämpfens und Duldens sehnen, die aber fest entschlossen sind, nicht eine Minute eher in die Heimat zurück- zukehren, als deren Sicherheit gewährleistet ist. Je ernster und schwerer die Zeit ist, umso nach haltiger dringe allen an der Front und allen in der Heimat die Mahnung zu Herzen: Schmiedet euch einen felsenfesten Glauben an die Zukunft eures Vaterlandes! — Friedenssehnsucht in England. Köln, 23. Okt. Von geschätzter Seite, die durch Privatbriefe über die Stimmung des englischen Volkes ausgezeichnet unterrichtet ist und auch dem englischen Auswärtigen Amte nahesteht, erfährt die Kölnische Zeitung, baß die Friedenssehnsucht im englischen Volke eben so groß, wenn nicht noch größer ist als in Deutschland. Kein vernünftiger und besonnener Mann in England denkt daran, sich für die überspannten Revancheforderungen Frankreichs einzusetzen. Das englische Volk will den Frieden und weiß ihn gegebenenfalls auch bei dec Regierung durchzusetzen. Daß das englische Volk mit Bestimmtheit auf den Frieden rechnet, beweist auch folgende Tatsache: Zwei deutsche Kaufleute in Kiel, die vor dem Kriege bei eng lischen Großfirmen tätig waren, erhielten durch die Schweiz den Auftrag, sich sofort nach der Schweiz zu begeben, um gleich nach Friedens schluß ihren früheren Auftraggebern, englischen Tertilfirmen, wieder zur Verfügung zu stehen. Die deutschen Kaufleute sind auch bereits nach der Schwei; abgereist. — So denken also die nüchternen englischen Großkausieute, auf deren Stimmung in England viel ankommt, kf.