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Nr. SS. Leipzig, Moniag den 14. Februar 1916. 8S. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Berliner Briefe. i. Die deutsche Kricgsausstcllimg im Zoo. — Berliner Bibliophile»- abend am 18. Januar 1916. — Ltädtische Jnscratenblätter. — Tenerungszuschlag 1V °/«. — Adolf Wagners Rücktritt vom Lehramt. - Jranticrmaschlnen und Jreimarlc. Papier aus Zakotongras. Eine neue deutsche Ncichsskeuer: ewiges Urheberrecht. Am 2. Januar ist eine deutsche Kriegsausstellung eröffnet worden, die das Zentralkomitee der Deutschen Vereine vom Roten Kreuz auf Anregung und mit Unterstützung des Königlich Preußischen Kriegsministeriums im Berliner Zoo logischen Garten veranstaltet hat, und der eine Sonderausstellung der Kriegsliteratur, verbunden mit einer Verkaufsabteilung, angc- gliedert ist. Die Kriegsausstellung ist in 29 Gruppen geteilt, die in sehr geschickter Weise dem Publikum alles das vorführen, was in diesem Weltkriege an Waffen, Uniformen, Kraftfahr zeugen, Flugzeugen, photographischen Abbildungen, Kriegsgcld, Kriegsbriefmarken, Schaumünzen gebraucht und angefertigt wird. Eine besondere Gruppe bildet die Kriegsliteratur, die dem deutschen Buch-, Kunst- und Landkartenverlag Gelegenheit bietet, zu zeigen, was er für diesen Krieg produziert und wie er es auch seinerseits verstanden hat, sich den veränderten Verhältnissen anzupassen. Die Ausstellung ist von nahezu 19V Firmen be schickt worden, von denen ich nur einige hier anführen will, wo bei ich ausdrücklich darauf Hinweise, daß eine Nichtnennung an dieser Stelle nicht etwa ein Werturteil begründen soll. Ich greife also in bunter Reihe die Firmen heraus: Philipp Reclam jun., I. Engelhorn Nächst, Carl .Heymanns Verlag Georg Reimer, Dietrich Reimer, A. Hofmann L Comp., Jos. Scholz, Union Deutsche Verlagsgesellschast, B. Behr's Verlag (Clausewitz, Vom Kriege), Wilhelm Borngräber (Friedrichs des Großen Werke), Karl Siegismund (Soldatenfreund), E. S. Mitt ler L Sohn, I. I. Weber (Kriegsnummcrn der Jllustrirten Zei tung, 3 Bände, Preis .F lt>9.—, die mehrfach Käufer gefunden haben), Georg D. W. Callwey. Die Ausstellung ist recht geschmackvoll aufgebaut und die Auswahl dem Publikum leicht gemacht. Es liegt aber nicht im Plane der Ausstellung, dem Berliner Buchhandel Kon kurrenz zu machen, sie will vielmehr das Publikum durch Vor führung der wertvollsten Erzeugnisse zum Kaufe anregen, der aber auch bei irgend einer Berliner Buchhandlung bewirkt wer den kann. Zu diesem Zwecke liegen Bestellblocks aus, auf denen die betreffenden Bücher bestellt werden können und die ausdrück lich den Vermerk »Zur Auslieferung durch die Buchhandlung « tragen. Die Ausstellung umfaßt zunächst Kriegsberichte und Kriegs schilderungen, Kriegschroniken, Kriegszeitschriften und tägliche Zeitungen, dann Militärwissenschaften, Politik, Volkswirtschaft, Kultur und Kunst, ferner sind das Sanitätswesen und die Kriegs medizin berücksichtigt, denen sich Kriegsjugendschriften und Erbau ungsschriften anschlietzen. Kriegskarten und -kunstblätter sind ebenfalls vertreten. Auch schöne Literatur, wie Engelhorns Ro manbibliothek, Reclams Universalbibliothek fehlen nicht. Erwähnen will ich noch die reichhaltige Zeitungsausstellung und namentlich die dielen Zeitungen aus dem Felde, die hier zum Verkauf ausliegen. Namentlich diese Zeitungen finden sehr viel Anklang beim Publikum und werden eifrig gekauft. Von den Gegenständen, die ausgestellt sind, sei besonders auf diejenigen hingewiesen, die dem Buchhandel verwandt sind. Es seien zuerst genannt die Plakate nnd die Ausrufe, die aus den mit uns im Kriege liegenden Ländern stammen. So ist eine Anzahl englischer Werbeplakate ausgestellt, die zum Eintritt in das Heer aufsordern, nicht ohne besonders auf die Brutalität der »Hunnen« hinzuweiscn. Sodann die Plakate aus Frank reich, meist von den einzelnen Maires unterzeichnet, die die verschiedensten Dinge behandeln, zum Teil auch aus der Zeit der ersten Mobilmachung, die die Franzosen auffocdern, sich um die Fahnen zu scharen. Sodann sind zu erwähnen die Fetwas des Scheich ul-Jslam über di« Bannerklärung gegen den ägyp tischen Khedive, die Aufforderung zum Heiligen Krieg in ver schiedenen Sprachen, osmanisch, türkisch, hindostanisch, arabisch. Auch die Kriegsbriefmarken dürften vielfach den Buchhändler interessieren, ebenso wie die Notpostkarten der Türkei und die Kriegswohlfahrtsmarken. Ausgestellt ist ferner Kriegspapier geld, das dazu gedient hat, den Mangel an kleiner Münze aus zugleichen. Dieses Notgeld liegt aus den verschiedensten Ländern vor, aus den Niederlanden wie aus Rußland, aus Frankreich, aber auch aus deutsche» Staaten und Städten: Hannover, Bremen u. a. Auch Privatbons sind ausgestellt, die einzelne Kaufleute als Wechselgeld ausgegeben haben. Sehr interessant sind ferner die Schaumünzen, die die Bild nisse unserer Heerführer und andere Darstellungen, die sich auf den Krieg beziehen, tragen. Auch das Reichspostamt hat ausgestellt, und mit Recht. Trotz vielfacher Angriffe, die namentlich zu Anfang des Krieges die Reichspost erdulden mußte, sind im Hinblick auf die große Aus dehnung des Kriegsschauplatzes, die weiten Entfernungen, die Menge der Truppen die Leistungen der Feldpost so hervorragend, daß kein Tadel an sie heranreicht. Es ist also sehr zu begrüßen, daß die Reichspost auch einmal darangeht, dem Publikum einiger maßen zu zeigen, was sie zu leisten hatte und was sie geleistet hat. Photographische Aufnahmen in einem Drehrahmen geben hiervon ein klares Bild, und eine Anzahl Gegenstände aus dem Kriege 1870 ermöglicht eine Vergleichung der damaligen Zu stände mit den heutigen und zeigt, wenn auch im kleinen, wie gewaltig die von der Feldpost verlangte Mehrleistung in diesem Kriege ist. Alles in allem bietet die Ausstellung außerordentlich viel Anregung, und ihr Besuch kann warm empfohlen werden. Auch der bildlich reichausgestattete Katalog bildet ein freundliches An denken an die Veranstaltung. Am 10. Januar 1916 konnte der Berliner Biblio- philenabend sein Stiftungsfest feiern. Diese Feier sollte gleichzeitig ein Gedenken sein an den Fabeldichter Christian Fürchtegott Gellert, dessen zweihundertjähriger Geburtstag im vorigen Jahre gefeiert wurde, und von dessen Fabeln Goedeke sagt, daß sic das einzige wirklich allgemein in allen Ständen ge lesene Poetische Buch des ganzen Jahrhunderts gewesen sind. 181