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war, sich darum zu kümmern. Run war es wirklich an der Zeil für ihn, seine Wicht gegen sein Kind zu erfüllen, sich desselben anzunehmen. Aber wie nur . . . wie nur?" Hilflos und betreten sah er sie an und streichelte über ihre Wange. „Ja, mein liebes Kind ... das ist wirklich nicht so einfach, als du denkst. Ich habe nicht einen einzigen weiblichen Dienstboten im Hause, weis; nicht, wie ich dich in aller Eile unterbrin gen soll. Eine Baronesse Balberg kann doch nicht einfach in einem Winkelchen unterkriechen. Soll sie auch nicht. Wenn ich meiner Dienerschaft sage, daß du meine Tochter bist, dann muß ich auch für ein standesgemäßes Unterkommen für dich sorgen. Wie gesagt, das kommt alles so überraschend. Du hättest mir wenigstens erst schreiben sollen, damit ich alles zu deiner Auf nahme vorbereiten konnte." Sie seufzte tief auf ünd eine trostlose Traurig keit lag auf ihrem blassen Gesicht. „Äch so ist es immer. Ich mache immer alles falsch und dumm!" sagte sie leise. Und plötzlich die Hände vor das Antlitz schlagend, schuchzte sie auf in heißer Angst und Not. Er sah sie ratlos und ergriffen an und zog ihr die Hände vom Gesicht. „Nein, nein, meine kleine Rita, nicht weinen, nich weinen. Das sollst du nicht, das kann ich nicht sehen. Sei doch ruhig", sagte er zärtlich und warm. . Sie schluckte tapfer die Tränen herunter. „Ach . . . wenn du mich nur nicht fort schickst. Ich weiß ja nicht, wohin ... ich könnte nur gleich ins Wasser laufen", stieß sie schluchzend hervor. Er mußte lächeln über ihre kindliche Ver zweiflung, und doch griff sie ihn ans Herz. „Nun, nun ... das wollen wir doch bleiben lassen, du kleine dummd Maus! Vom Fortschicken ist ja gar keine Rede ... ich muß mir nur erst überlegen, wie und wo ich dich unterbringe." Sie sprang plötzlich auf, warf die Arme um seinen Hals und lachte und weinte durcheinander. „Ach, gottlob. . . gottlob. Jetzt hast du Maus zu mir gesagt und nun weiß ich, daß du mich nicht fortschickst. Ach, wie bin ich glücklich!" rief sie und schmiegte sich an ihn. Er hielt sie fest an seinem Herzen und fühlte sich teils beklommen, teils glücklich. Dabei grübelte er, wie er sich aus diesem Dilemma lösen konnte, ohne ihr wehe zu tun. Und plötzlich kam ihm ein Gedanke. Seine Freundin, Exzellenz Transfeld, fiel ihm ein. Er atmete auf. Ja ... zu ihr wollte er gehen und sie um Rat und Hilfe bitten. Er selbst war dieser Situation nicht gewachsen. Und er hoffte ganz bestimmt, daß sie ihm Me Schwierigkeiten abnehmen würde. Vielleicht nahm sie sich überhaupt Ritas an, vielleicht erbot sie sich, das Kind ganz bei sich aufzunehmen. Das wäre ja herrlich. Da konnte er Rita sehen, so ost er wollte, ohne von ihr in seiner Freiheit be schränkt zu werden. Denn davor hatte er eine fast krankhafte Angst. Er wurde plötzlich aufgeräumt. „Also höre mir zu, Maus, ich fahre jetzt gleich zu einer mir sehr befreundeten Dame, Exzellenz Tronsfeld. Die bitte ich um Rat und Hilfe, wie ich dich unterbringen kann. Ich weiß ja nicht, was ich mit solch einer jungen Dame anfangen soll. Komm, lege nur erst einmal Hut und Mantel ab. Das haben wir unpraktischen Menschen ganz vergessen. Du machst es dir hier inzwischen ein wenig bequem und wartest, bis ich von Exzel lenz Tronsfeld zurückkomme. Ich beeile mich." Er löste ihr selbst den Hut von dem dunklen Haar. Bewundernd ruhte sein Blick auf den starken, dunklen Flechten, die um den feinen Kopf gelegt waren. Er strich zärtlich darüber hin. „Was hast du für wundervolles Haar, mein kleines Mädchen," fügte er elfreut. Sie strahlte ihn glücklich an mit ihren dunklen Augen und lächelte froh, und dabei sah sw wieder so reizend aus, daß er ganz überrascht war. „Gefällt es dir wirklich, Papa? Mama konnte es nicht leiden. All meine Geschwister haben so schönes goldblondes Haar, wie Mama selbst hatte. Ich war immer das bete noir in der Familie. Mama sagte immer, ich hätte Augen und Haar von dir geerbt . . und . . . qa. . . ich glaube, deshalb konnte sie mir nicht gut sein." „Sie war wohl sehr böse auf mich . . . die Mama?" fragte er. Sie sah ihn unsicher an. „Gesagt hat sie es nicht . . . aber ... ich habe es gefühlt . . . weil sie immer so zornig wurde, wenn ich von dir sprach." „Und hast du da nicht auch eine schlimme Meinung von mir bekommen? Sag's nur ehrlich." Sie schüttelte im reizendm Eiser den Kopf. „Oh nein. Ich habe mir immer gesagt, Papa kann wohl auch nichts dafür, so wie du selbst, daß ihn Mama nicht leiden mochte und von ihm fortging. Weist du . . es ging ihr wohl mit dir und mir, wie es mit meinen Ge schwistern und dem Stiefvater ging ... ich konnte und konnte sie nicht lieb haben, so viel Mühe ich mir auch gab. Und doch sagten alle Leute, mein Stiefvater sei ein tüchtiger, ehrenwerter Mann, und meine Geschwister seien reizende, wohlerzogene Kinder. Ich denke, man kann nicht dafür wenn man nicht geliebt wird, wie man nicht dafür kann, daß man zu manchen Menschen nicht lieb sein kann." Baron Valberg zog Rita fest an sich und küßte sie auf die Stirn und die gläubigen, un schuldsvollen Augen. „Meine liebe kleine Rita . . . wie rührend ist es, daß du mich trotz allem so lieb behalten hast. Sie schmiegte sich an ihn. „Hast mich doch auch ein wenig lieb, ja?" fragte sie bittend. Er nickte. „Sehr lieb hab ich dich. Und wir wollen uns nun wieder näher kommen und noch lieber gewinnen. Aber nun will ich doch erst zu Exel lenz Tronsfeld fahren." Er nahm ihr den Mantel ab und schritt zur Tür, um zu klingeln. „Papa!" rief da ein leises schüchternes Stimme chen hinter ihm. Er wandte sich um. „Was willst du, Rita?" Glühend Röte schoß ihr ins Gesicht. „Ach, lieber Papa! Ich habe so großen Hunger . . . seit heute morgen habe ich keinen Bissest gegessen. Ich hatte nur einige Kakes in meinem Zimmer. Und Geld hatte ich nm grade genug, um mir die Fahrkarte zu Kausen und den Wagen zu bezahlen." Er mußte lachen. ,,Mein armes, kleines Mädchen! Sogar Hunger mußtest du leiden. Und ich denke gar nicht daran, dir etwas anzubieten! Warum hast du das nicht gleich gesagt?" „So lange ich nicht wußte, ob du mich be halten würdest, spürte ich vor Angst gar keinen Hunger. Aber nun ist es mit einem Male sehr arg. „Da brauchte ich mich nicht zu wundern, daß du so blaß aussiehst. Nun, warte nur einen Augenblick ... gleich sollst du einen Imbiß haben. Daran solls nicht fehlen. Gleich wollen wir zu sammen den Tee nehmen, der schon für mich be reit ist. Und ich lasse für dich schnell noch eine warme Platte auftragen. Ich leiste dir Gesell schaft. Auf ein halbes Stündchen kommt es nick' Er klingelte nun und schnell trat der Diener ein. Der Baron übergab ihm Ritas Mantel und deutete auf den Hut und die Reisetasche. „Verwahren Sie das im Garderobezimmer. Meine Tochter bleibt vorläufig hier. Dann servieren Sie schnell den Tee, für die Baronesse und mich. Der Koch soll schnell Me warme Platte cmri-chten. Eilen Sie sich. Und melden Sie mir, wenn alles bereit ist." Das Gesicht des Dieners blieb völlig unbe weglich, wenn auch in feinen Augen ein leises Staunen aufzuckte, als der Baron die junge Dame als feine Tochter bezeichnete. Schnell ver schwand er mit den Sachen der Baronesse. Vater und Tochter plauderten noch ein wenig, aber kaum waren fünf Minuten vergangen, da meldete der Diener, daß alles bereit sei. (Fortsetzung folgt.) DerfranMjche »pftröefchkächter/ Es ist durch Siele Zeugenaussagen einwand' frei festgestellt worden, daß zahlreiche französische Aerzte mit unerhörter Grausamkeit deutsche Ver wundete behandelt haben. Den Gipfel der Grau samkeit erreicht aber die Handlungsweise eines. Arztes aus dem Lager Montauban. Der Reservist W. K. sagt unter Eid über diesen Rohling solgendes aus: „Hier herrschten sehr schlechte Zustände. Kranke mit schweren Ver wundungen lagen hier säst auf blankem Stein boden, worauf nur ganz wenig Stroh gestreut war. Die ärztliche Behandlung war hier ganz und gar menschenunwürdig. Wir hatten alle die feste Ueberzeugung, daß der Arzt mit offenkundiger Absicht darauf bedacht war, uns zu quälen und zu schikanieren. Bei Operationen, und waren sie auch noch so schwerer Natur, nahm er niemals eine Betäubung des Betreffenden vor. Selbst wenn bei einem Kameraden ein Knochen ausge meißelt werden mußte, gebrauchte er keine Nar kose. sondern kratzte und meißelte an dem Knochen herum, ohne sich um das Jammern und Schreien der Verwundeten .zu kümmern Wenn ein Kamerad mit größter Energie und äußerster Willensanstrengung das Schreien zu unterdrücken suchte, dann kratzte und meißelte der Arzt so lange an dem Knochen herum, bis er ihn zum Schreien gebracht hatte. Wir nannten diesen brutalen Arzt nur den „Pferde schlächter". Es kam sehr häufig vor, daß, wenn besonders hart gequälte und mißhandelte Kameraden laut schrien, sich an den Fenstern die Zivilbevölkerung ansammelte. Man konnte dann stets beobachten, daß die Leute sich über das Schreien der deutschen Kriegsgefangenen unbändig freuten un laut lachten." Daß ein Mann, der die Ehrenpflicht eines Arztes zu erfüllen hat, so tief sinken kann, ist ein Zeichen sür den Abgmnd der Verrohung, in den der blinde Haß das französische Volk in diesem Kriege gestürzt hat. „Im französischen Graben." Der nach kurzer Gefangenschaft entflohene Reservist B. erzählt: „Ich hatte mich bei einem Sturmangriff allein zu weit vorgewagt und wurde von den Franzosen gefangen. Sie banden mich außerhalb des Grabens an einer Stelle fest, die von unserer Artillerie beschossen wurde und sagten, ich solle achtgeben, woher das Feuer käme und wo unsere Artillerie aufgestellt sei. Die ganze Nacht über blieb ich da bis zum anderen Mittag, dann wurde ich losgebunden und mußte sranzösischen Mannschaften schwere Balken zum Unterstandsbau tragen helfen. Nachts stellte man mich vor die Beobachtungs löcher, ich sollte aufpassen) ob etwa ein Sturm angriff von den Unseren unternommen würde. Ich mußte wider meinen Willen tun, als ob ich gehorchte. Auch in den nächsten Tagen mußte ich bei Tage arbeiten und des Nachts Posten stehen. Man ließ mir keine Zeit zu schlafen und gab mir auch keinerlei Nahrungsmittel. Ich habe die von den Franzosen fortgeworfenen Brot rinden gegessen und gefrorenen Kaffeesatz zerstampft und in den Mund gesteckt. Nach vier Tagen fand ich endlich Gelegenheit zum Entkommen."