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Duett: D du heilge Macht der Töne, Sei gepriesen für und für. Alles Gute, alles Schöne Siegt gewiß durch dein panier. Deine Zauberkräfte preisen Glücklich frohe Seligkeit. Ja, für Witwen selbst und Waisen wirst du Buell des Trostes heut. Doppelchor: vereint laßt unsere Stimmen jetzt erschallen, wir rühmen cs mit einem Mund, all unser sLebenlang: Heil jedem frohen Sängerbünde! Hoch lebe der Gesang! Lin Tag der Sängerwerbung also schon vor hundert Jah ren! So einen gefüllten Saal sah Brandis lange nicht wieder. Beucha füllt aber seinen Saal bis auf den letzten Platz mit einer „Großen musikalisch-deklamatorisch-mimischen Abendun terhaltung". Groß wie die Anzeige ist dabei auch die Auf machung. Große Aufmachung ist überhaupt das Kennzeichen vieler Anpreisungen. wie Große seine erste Annonce braucht, geht er natürlich zu seinem Freund Apotheker. Der gibt die erste Anzeige aus. Lr hat ja auch das meiste Geld und kann es bezahlen. Lr empfiehlt außer selbst gemachter Seife, weil er zugleich sein eigener pfefferküchler und Destillateur ist, einfachen Korn für 3 Groschen je Kanne, Anisschnaps zu 4 Groschen, feinen Doppelbranntwein. Vb dieser Preise könnte man heute vor Neid erblassen. Der Herr Pfarrer veröffentlicht aber zugleich in der nächsten Ausgabe eine größere Abhandlung über Trunk- fucht . . . Desgleichen gibts in der Apotheke zum Jahrmarkt 1845 Pomade, heutige Lesart Hautcreme, sowie wohlriechen des Kokosnußöl. Das beste Fahrmarktsgeschäft macht er aber mit „Lstragunsenf, den Topf zu 2^ Neugroschen." ! Auch eine Geschäftserösfnung lohnt sich sehr. „Empfeh lung: Einem geehrten Publikum die ergebene Anzeige, daß ich von heute an alle Arten feiner perl-, Seiden- und Woll stickereien, als Zigarrenetuis, Portefeuilles, Briefhaltcr, Ruhe kissen uni) alle in dieses Fach einschlägigen Artikel verfertige. Die reellste und prompteste Bedienung versichernd, empfiehlt fich zu gütigen Aufträgen ergebenst Doris Knauft, Schauspie lerin." Und wie oft mag die Ladenglocke klingeln, wenn als be- fonders günstige Kaufgelegenheit zu „bedeutend herabgesetzten Preisen" — dieser Ausdruck ist also alt — ein Buch empfoh len wird: „Die Higiäne: Gesund- und Schönheitserhaltungs kunst für das schöne Geschlecht mit Briefsteller. Lin War- uungsbuch der Jugend, ein Trost- und Ratgeber für das weib liche Geschlecht; sür Bräute und junge Weiber, sich die Liebe der Männer zu erwerben und zu erhalten". Die Anzeige ist ebenso wortreich und schwülstig wie der Inhalt der fragwürdigen Schwarte. Ueberhaupt ist man auf kurze Formen im Anzeitzenteil erst recht spät zugckommen. Nur zweimal heißt es in Brandis, als sei es eine Wortanzeige der Gegenwart: „Sonntag Tanzmusik bei Schulzen". Am An fang unserer Heimatzcitung schreibt aber ein Tauchaer Flei scher: „Unterzeichneter ist in den Stand gesetzt, von jetzt an immerfort dänisches Schweinefett zu verkaufen." welche Acn- derung bis zur Kürze von heute! Die Lehrlingsgesuche haben sich aber bis zur Gegenwart in ihrer althergebrachten Form erhalten. Sie beginnen schon 1844 mit den Worten: „Lin Knabe, welcher Lust hat" . . . Manche Jeitungsleser treiben ibrcn Schabernack mit sol chen Anzeigen, vor allem in den ersten Monaten des Lrschn- nens der Zeitung. Dem Hinweis eines Gastwirttes auf sein gutgcpflegtes Bier antworten einige! Stammtischgenossen, er hätte ein gutes Tröpfchen zu verkaufen, weil ein Fleischermeister „auch diese Woche den werten Kunden mit seinem schönen fetten Fleische dienen wird", fragt ein Witzbold in der Anzeige der nächsten Nummer, ob das das Fleisch eines Brummochsen wäre. Dem Angebot eines Pferdeverkaufs stellt die Zeitung ein Bildchen mit zwei Pferdchen voran. Nächste Anzeige: „welches von den zwei abgebildeten Pferden ist denn eigentlich zu haben?" Der witzige Schriftleiter geht auf diesen Scherz ein und meint, der Linsender solle das Tauchaer Wochenblatt abonnieren. Dann hätte cft beide Pferde für wenig Geld. Zarte Saiten schlagen natürlich die Heiratsanzei gen an, die so alt sind wie die Zeitung selber. „Beamter sieht besonders auf friedfertigen Charakter (!) bei einigen pekuni ären Mitteln." Am drolligsten klingt aber jener Erguß: Heiratsanzeige: Sollte eine Jungfrau oder Witwe den Wunsch hegen, ihre Zukunft in dem schönen Dresden zu ver- leben und dabei zugleich die Herzensmeinung verbinden, an der Hand eines, von gutem Aeußeren als moralisch und riel- seitig gebildeten, jungen Mannes zu gehen, dessen noble Exi stenz nichts zu wünschen übrig läßt, so ist damit ein aufrich tiges und beglückendes Lheverhältnis in sichere Aussicht ge stellt." Gb der Freiersmann Glück gehabt hat? Wir wissen es nicht; denn v e r 0 b u n g s - und Hoch zeitsanzeigen stehen keine in der Zeitung. Todesanzeigen finden sich dagegen schon 1845- Sechs Jahre später erscheinen sie mit Trauerrand, vorher heben sie sich von anderen Anzeigen überhaupt nicht ab. Aber „Beson deren Dank fisr die trostreichen Worte am Grabe und den er hebenden Gesang", der auch in der Gegenwart selten bei einein Traucrdank fehlt, das alles scheint alte Ueberlieferung zu sein . . . wer sich besonders schön bedanken wollte, verfaßte Reime, und die Anfangsbuchstaben jeder Zeile ergaben den Namen des Toten. An einzelne solche poetischen Ergüsse wol len wir nicht weiter rühren, weil sie einem trauernden Her zen entsprangen. Aber einer sei unseren Lesern nrcht vorent- halten. was saqen Sie zu diesem „Veffentlichcn innigen Dank?" Brandis, 16. Juni 1846. Ich fühle mich gedrungen, dein Herrn Dr. Schulze, prakt. Arzt und Geburtshelfer, hier mit öffentlich den verbindlichsten Dank für die Befreiung vom hartnäckigen Leiden des Bandwurms auszusprecben. Möge er noch lange (der Bandwurm? Die Schr.) und segensreich zum Wohle der leidenden Menschheit wirken." Den Namen des Einsenders wollen wir lieber nicht ver raten. Denn er wurde nicht zu knapp verhöhnt. Liner hat seine Gedanken sogar in Verse gefaßt: Der Bandw u r m. Die besten Aerzte zu berücken, Kann wahrlich solchem Wurm nicht glücken Der, gleich dem Stricke und Konsorten, Man frage nicht, von welchen Brreu Nach Lllenmaße abgegangen, Bevor die Kur nur angefangen. Setz ja das Biest in Spiritus Und melde deinem Intimus, Bb, wie es scheint nach deinen Worten, Du kopflos auch zugleich geworden, Denn folgt der Kopf nicht mit dem Schwänze, Fehlt Wurm und Wunderkur das Ganze. Drum gratulieren wir Dir zum Genesungsstande. Daß dies der Zeilen Zweck, versiebst Du gleich am I Rande. „Am Rande versteht sich" auch, daß das Tauchaer Wochen blatt Kulturträger ist und mancherlei Anstöße gibt zu schr vielen dringenden Verbesserungen. Wie chema'.s das obener wähnte Intelligenzblatt der Grafen Hohenthal, so bricht auch dwses kleine Blättchen eine Lanze für die Volks).:düng. Ls schreibt einmal ausführlich unter dem Namen Wolfshain. 184g tagt im traulichen Dorfgasthofe der dortige „Verein zur Beförderunng d e r L a n d w i r t s ch a f t ". Lr hört sich gleich nach der Gründungsversammlung einen Vortrag über die Verbesserung der Landschulen an! Und dieses Thema wird wieder und wieder aufgegriffen. 1875 wird die Beden- tung der Volksschule gegenüber der einseitigen Bevorzugung