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170. 23. Juli 1921. Redaktioneller Teil. nämlich ein Referat von Jenny Apolant über »die Iran in der Ge meindevertretung und im Gcmeindcvorstand«, einen Bericht von 1)r. Gertrud Bäumer über »die Schulpolitik der Gemeinden« und einen Bericht von Dorothea von Belsen über »die Jugend und die Frauen bewegung«. Auf dem kürzlich in Wien abgehaltcnen internationalen Frauen- k o u g r c s; wurde folgende Entschließung angenommen: »Die inter nationale Frauenliga für Frieden und Freiheit möge alles versuchen, eine militärische Verwendung Eingeborener fremder Länder unmöglich zu machen. Seit der Annahme des Ultimatums und seiner ehrlichen Erfüllung seitens der deutschen Negierung setzten sich die Ententc- regierungen durch die Aufrcchterhaltung der Sanktionen ins Unrecht. Deshalb fordert der Kongreß von den Entcnteregierungen so fortige Aufhebung d e r S a n k t i o n e n«. — In einer weiteren Entschließung wird die Revision des Fricdensvertrags als notwendig bezeichnet, da der Vertrag nur den Keim neuer Kriege in sich trüge. Der Kongreß sprach sich weiter für die Gründung eines interirätionalen Übereinkommens der Frauen über die Verweigerung jeglicher Kriegs^ Unterstützung aus. Zur Frage der Abrüstung wurde ein Beschluß an genommen, in dem die von Amerika vorgeschlagene Konferenz als ein Schritt vorwärts begrüßt wird. Der internationalen Frauenliga wird empfohlen, die Vertreter aller auf der Konferenz vertretenen Länder aufzufordcrn, bei ihren Negierungen darauf zu dringen, daß auf der Konferenz fiir die allgemeine Abrüstung gearbeitet wird. Die Woche vor der Konferenz soll als internationale Abrüstungswoche er klärt werden. Ein Tag der Jugend in Jena. — Unter der Führung des Herrn Vcrlagsbuchhändlers Eugen Dicderichs und der Leitung der Schwedischen Ferienkurse, denen sich der Akademisch-Soziale Arbcits- ring, der Jenaer Jugendring, der Ortsausschuß für Leibesübungen, das Stadtamt für Leibesübungen, das Städtische Jugendamt, der Verband Jenaer Turner und der Verein für Bewegungsspiele an schlossen, fand in Jena zum ersten Male ein Tag der Jugend statt. An zwei Abenden fanden im großen Saale des Volkshauscs vor etwa 5000 Personen Vorführungen der Bode-Schule fiir körperliche Erziehung statt, die einen vollen Erfolg erzielten. Auf Aufforderung des Professors I9r. Hedcmann wurden Geldspenden für einen Tag der Jugend gesammelt, der jährlich im Sommer wiederholt werden soll — als Opfcrtag der Jugend, »schön geschmückt mit künstlerischen Gaben, zur Hebung ihres Vertrauens, zur Stärkung ihres Eigenwillens«. Verlags- und Autorcnkonzcrtc auf der Wiener Theatcrmessc. Es ist im Kampfe der jungen Talente um den Erfolg eine bekannte Tatsache, daß diesen nicht immer diejenige Förderung zuteil werden kann, deren sic, um leben zu können, dringend bedürfen. Die große Not unserer Tage hat es mit sich gebracht, daß alle jene, deren Beruf darin besteht, die geistigen Erzeugnisse der jungen Generation vor die Öffentlichkeit zu bringen, nahezu vollständig außer Stand gesetzt sind, ihrer hohen Aufgabe auch in den bescheidensten Grenzen nachzukommen. So kommt es, daß auch die Verleger den jungen Talenten heute nicht die gewünschte Förderung angedeihen lassen können, weil die unerschwing lichen Druckkosten — der Druck einer Symphoniepartitur repräsentiert heute in Österreich eine sechsstellige (!) Ziffer — den Verleger um jede Möglichkeit bringen, zu den sein Unternehmen bereits belastenden Wer ten noch neue aufzunehmen. Nun hat der geschäftsführendc Präsident der Wiener Theatermesse, Gesellschaft m. b. H., Geheimrat Rainer Simons den Plan gefaßt, neben den durch die Wiener Konzcrt- direktionen veranstalteten Konzerten im Rahmen der Thcatermesse eine Reihe von Konzerten zu ermöglichen, die den Verlegern und Autoren gewidmet sind. Als Ort dieser Konzerte ist der Zercmonien- saal der Hofburg in Aussicht genommen. Die Art der geplanten Ver anstaltungen selbst gliedert sich in zwei Gruppen: 1. Verlagskonzertc. Bei diesen Konzerten sind die Verleger selbst als Unternehmer gedacht, sofern sie an der Propagierung bestimmter Vcrlagswerke ein beson deres Interesse haben. 2. Autorenvorführungen. Als solche kommen Veranstaltungen in Betracht, in denen unbekannte Autoren zu Worte kommen, zum Teil aber auch Werke bekannter Autoren, die noch keinen Verleger gefunden haben. Alle Auskünfte durch die Leitung der Wiener Thcatermesse, Gesellschaft m. b. H., Wien, 1. Bezirk, Hof burg, Schweizer Trakt (Gondrccourt-Appartements). Von der Lippischcn Industrieausstellung in Detmold. — Über die Schaustellung der Meyerschen Hofbuchhandlung in Detmold auf der obigen Industrieausstellung berichtet die »Lippische Landcs-Zeitung«: Ihrem historischen Werdegang entsprechend hat die Meycrsche Hofbuchdruckerei und mit ihr aufs engste verknüpft die Mcycrschc Hofbuchhandlung ihre Ausstellung eingerichtet. Von den mehr als 500 im Laufe der Jahrhunderte erschienenen Verlagswesen 1>at sie einige wenige, und zwar die bedeutendsten, zur Schau gestellt. In ihrem Verlage erschienen z. B. die Erstlingswerke von Jos. Viktor von Scheffel und Julius Wolfs, sowie die erste Ausgabe der gesam melten Werke Grabbes. Die Meycrsche Hofbuchhandlung war in früheren Jahren eine der führenden Verlagsbuchhandlungen Deutsch lands. Unter dem neuen Inhaber Max Staerckc beginnt es in ihrem Hause sich zu regen, um dem Verlage wieder das alte Ansehen durch rege Verlagstätigkeit zu geben. Dieses Bestreben machte sich bereits geltend durch eine Reihe Neuerscheinungen, unter denen wir hier nur das vou führenden Tageszeitungen bereits in gebührender Weise besprochene Werk »Deutschlands auswärtige Politik von Caprivi bis Bethmann Hollweg« von I)r. Karl Keller hervorhebcn wollen. In der Meyerschen Hofbuchhandlung (Max Stacrcke) finden wir aber besonders die Werke vieler mit unscrm Lipperlande aufs engste ver bundenen Männer: Pohlmann, Kiewning, Schwanold und schließlich auch den kürzlich in 25. Auflage erschienenen Führer durch den Teuto burger Wald. Doch auch eine andere Bedeutung hat die Meycrsche Hofbuchhandlung für das Lipperländchen. Sic hat zugleich auch den Verlag der lippischen Schulbücher. Von ihrer Vielseitigkeit zeugt ferner, daß sie nicht nur Bücher und Verlagswerke, sondern auch eine Abteilung wichtiger Lehr- und Lernmittel ihrem Hause ungegliedert hat. Auch den religiösen Charakter weiß sic zu wahren: in ihrem Verlage erschienen die Lippischen Gesangbücher. So kann man auf der Ausstellung z. B. eine äußerst geschickt zusammcngestellte Samm lung von Gesangbüchern, von den einfachsten bis zu den kostbarsten Einbänden erblicken. Um überhaupt allen ihren Verlagskindern ein geschmackvolles Kleid anzuziehen, bedarf sic auch vor allem einer Buchbinderei. Und über eine solche mit den modernsten Maschinen auf diesem Gebiet ausgestattete Großbüchbinderei verfügt sie. Auch diese Abteilung des Unternehmens hat auf der Industrie-Ausstellung eine Probe ihrer Leistungen niedergelegt. Handgearbeitete Mustcr- einbändc, Auslagen von dem einfachsten broschierten Buche bis zu dem feudalsten Luxuseinband, veranschaulichen hier die verschiedenen Arten der Buchbinderei. Bei dieser Gelegenheit wären auch die ausgestellten alten Pergamentcinbände, sowie alte Drucke der Meyerschen Hosbuch- druckerci, darunter eine alte Bibel aus dem 10. Jahrhundert, zu er wähnen. Theologische Woche in Berlin. — Die deutsche Gesellschaft zur Förderung der evangelisch-theologischen Wis senschaft hält in Verbindung mit der theologischen Fakultät der Berliner Universität vom 18. bis 21. Oktober d. I. in Berlin eine theologische Woche für Geistliche und Laien ab. Vorträge halten Ex zellenz 1). v. Harnack, Professor der genannten Fakultät, Pastor llr. Lasson, 1). Siegmund Schultze und Senatspräsident I). Berner. Prof. Ö. Stuhlfauth veranstaltet zwei Lichtbildcrabendc über: »Das Ehristusbild im Wandel der Geschichte«. Der Kursus kostet 10 .//, für die beiden Lichtbildcrabendc allein 5 .//. Tagesordnung bei Prof, l). Julius Richter, Steglitz, Grillparzerstraße 15. Professor von Bodes Bibliothek unter dem Hammer. Geheim rat Prof. Wilhelm v. Bode in Berlin ist nach einer Mitteilung der Vossischcn Zeitung, weil das Wohnungsamt einen großen Teil des Bodeschen Hauses in der Uhlandstraße mit Beschlag belegte, gezwungen worden, sich von großen Teilen seiner wertvollen Bibliothek zu trennen. Die Bücherei, die besonders an Kunstveröffentlichungcn nngemcin reich ist, wird wahrscheinlich im Anfang des Winters bei Lepke in Berlin zum Verkauf kommen. Die reiche Sammlung von Anktions- katalogen aus dem Besitz Bodes erhielt die Bibliothek der Berliner Museen. Novelle zu den Reichsnotopscrgcsctzcn. Im »Neichsanzciger ist das Gesetz zur Abänderung der Gesetze über das Ncichsnotopfer und die Kriegsabgabc von dem Vermögcnszuwachs veröffentlicht. Wenn auch eine ausführliche Würdigung des Gesetzes erst möglich ist, wenn die Ausführungsbcstimmungen, die mit Zustimmung des Neichsrats er lassen werden müssen, veröffentlicht sind, sei heute schon darauf hin- gcwiesen, daß das Gesetz gewisse soziale Erleichterungen für die durch den Krieg Geschädigten bringt. So werden die Auslanddeutschen be günstigt, die bis zum 31. Dezember 1022 wieder ins Ausland hinaus gehen, ferner werden diejenigen, die Verluste bis 100 000 durch den Krieg gehabt haben, begünstigt, sodann alle diejenigen Familie», deren Söhne oder Gatten infolge des Krieges verstorben. Das Gesetz gibt ferner allen denen Vergünstigungen, die auf Kapitalerträge und Ruhegehälter angewiesen sind, soweit das Vermögen nicht 150 000, bzw. 200 000 ./i übersteigt. Schließlich ist neu die Tilgungsrentc für das Ncichsnotopfer, insbesondere die Notopfcrhypothek. Teilzahlungen aus die Umsatzsteuer. Der Ncichsfinanz- m in ist er hat in einem Bescheid an den Zentralverband des Deut schen Großhandels erklärt, daß die Entrichtung fälliger Umsatzsteuer- bcträge in Teilzahlungen mit Genehmigung der Umsatzsteuerämter nach 1085