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Redaktioneller Teil. pjs 188, 15. August 1916. Man könnte ja nun freilich noch daran denken, datz diese Zahlungsverschiebung durch Quartalskonto und namentlich durch die Ostermesse über Jahr und Tag einmal Mieder ausgeglichen werden mag, wenn das Gesetz wieder aufgehoben wird. Denn dann müßte es ja Wohl umgekehrt eine Zeit geben, wo die verspätete Zahlung gerade um ihrer Verspätung willen stempel- frei bleibt. Aber abgesehen davon, datz dies nur allzusehr ein Wechsel aus die Zukunft ist, ist es auch ganz unsicher, ob dieses Gesetz jemals wieder aufgehoben wird oder ob es nicht bei spielsweise an einem 1. Juli aufgehoben wird, so daß dann die ganze Ostermesse noch einmal umsatzstempelpflichtig ist und alles in allem der Buchhandel viel zu viel versteuert haben wird. 3. Ein Ausweg? Die übelstände, die sich aus der Ostermetzbegleichung er geben — s. oben Nr. 2 —, könnten vielleicht auf eine nicht ganz einfache und jedenfalls wenig willkommene Weise abgestellt werden. In § 81 heißt es: »Der Steuerpflichtige ist berechtigt, an Stelle der in dem Steuerzeitraum (Z 76 Abs. 1) erfolgten Zahlungen in der Anmeldung den Gesamtbetrag des Entgelts für die in seinem Betriebe während dieses Zeitraums erfolgten Lieferungen ohne Rücksicht aus die Bezahlung anzugeben und danach die Steuer zu entrichten. Ist von diesem Rechte einmal Gebrauch gemacht, so kann er hiervon nur mit Genehmigung der Direk- tivbehörde und unter den von dieser festzusetzenden Bedin gungen für einen folgenden Steuerzeitraum abweichen.« Hiernach könnte der Verleger, statt die Zahlungen anzumel den, die Auslieferung anmelden und als Umsatz versteuern, müßte dabei aber die a coud.-Auslieferung mitzählen und später die Remittenden und Disponenden von der Auslieferung eines spä teren Zeitraums wieder abziehen. Aber es ist bei einigermaßen großem Betriebe sehr schwierig, dann diejenigen Posten, die sich auf die Zeit nach Inkrafttreten des Gesetzes beziehen, zu schei den von den L cond.-Lieferungen, die vor dem 1. Oktober 1916 liegen. Immerhin könnte dies, wenn man sich der großen Mühe unterziehen will, die oben erwähnten Mißstände in etwas be seitigen; es ist aber zu bedenken, daß man dann von vornherein größere Steuerauslagen hat und das zuviel Gezahlte erst später wieder zurückrechnen kann. 4. DieFragederAbwälzung. Der Kreditnehmer soll den Gläubiger nicht durch den Stempel schädigen können. Deshalb die Bestimmung: »Sind für Lieferungen aus Verträgen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen sind, Zahlungen nach diesem Zeitpunkt zu leisten, so ist der Abnehmer mangels abweichender Vereinbarung verpflichtet, dem Lieferer einen Zuschlag zum Preise in Höhe der auf diese Zahlungen entfallenden Steuer zu leisten. Dieser Preiszuschlag bildet keinen Grund zur Vertragsaufhebung.« Also selbst der, der ausdrücklich und vertraglich erst nach dem 1. Oktober 1916 zu zahlen braucht, hat den Stempel zu vergüten; wieviel mehr derjenige, der schon vorher zahlen soll, aber die Zahlung hinausschiebt. Trotzdem habe ich große Bedenken gegen über der praktischen Durchführung dieser Bestimmung. Wie schon oben gelegentlich betont, wird das geschäftliche Leben ver mutlich über sie hinweggehen müssen. Wohl aber wird der Warcnumsatzstempel einen anderen Abwälzungserfolg haben. Jeder Lieferer wird ihn — und nicht nur ihn, sondern einen stark nach oben abgerundeten Betrag — auf den Preis der Ware schlagen, und da dies bei jedem Umsatz, also bei jeder Staffel des Warenverkehrs vom ersten Erzeuger an bis zum letzten Verbraucher geschehen wird, so wird der an sich nur betragende Wertstempel doch eine recht erhebliche Verteuerung der Ware bedingen. Das gilt auch beim Buch, da mindestens vier Staffeln des Verkehrs in Betracht kommen: 1. Zahlung des Bllcherkäufers an den Sortimenter; 2. Zahlung des Sortimenters an den Verleger; 3. Zahlung des Verlegers an den Buchdrucker, Buchbinder, Papierlieferer; 4. Zahlung dieser Gewcrbtreibenden an ihre Rohstofflieferer. Oft genug tritt zwischen 2. und 3. noch der Barsortimenter 1078 ein; die Spesen im Buchhandel, über die schon so viele Klagen erhoben werde», sind also wieder um einen Posten erhöht worden. 5. Gemischte Betriebe. Vorzüge genießen die gemischten Betriebe — falls die noch ausstehenden Ausführungsbestimmungen nicht noch Besonderes darüber festsetzen. Dort fallen Zahlungen im üblichen Sinne fort an Stellen, wo sie sonst notwendig wären, vorausgesetzt, datz hier die Buchführung des Verlegers, der eine eigene Buchdruckerei oder Buchbinderei besitzt, des Druckers, der eine Schrift gießerei besitzt, des Sortimenters, der eigene Verlags artikel verkauft, nicht klar und deutlich die einzelnen Betriebe und ihre Geschäftsführung voneinander scheidet, so daß nicht etwa doch Umsatz und Begleichung der Lieferungen von einer Stelle zur andern klar in ihrer geschäftlichen Selbständigkeit hervorgehen. Es wird das jedenfalls eine der schwierigsten Aus legungsfragen sein, aber im Schoße solcher gemischten Betriebe kann die Buchführung selbst natürlich ihre eigenen Aufschlüsse bieten und ihre eigenen Wege gehen. Jedenfalls ist die Meinung, daß die gemischten Betriebe derartige Vorteile haben, bei der Beratung des Gesetzes im Reichstag von seiten des sozialdemo kratischen Sprechers Abg. Cohen stark betont worden. Zu be merken aber ist, daß nicht schon die Vermeidung der Barzahlung bei der Ausgleichung von Warenschulden genügt; denn es heißt ausdrücklich im Gesetz: »Als Bezahlung der Lieferung gilt jede Leistung des Gegenwerts, auch wenn sie nicht durch Barzahlung erfolgt«, (also z. B. Verrechnung, Gutschrift!). Es muß dem nach schon in der ganzen gegenseitigen Organisation der in Be tracht kommenden Teile des gemischten Betriebes gegeben sein, ob sie geschäftsmäßig einander liefern oder wirklich nach ihrem ganzen Aufbau und der Buchführung einen einzigen Betrieb bilden. 6. Der Kommissionär als Zahlungsvermittler. Eine weitere Besonderheit des Buchhandels, die beim Wa renumsatzstempel zu Schwierigkeiten und Verwickelungen führen könnte, ist die Zahlungsvermittlung von Kommissionär zu Kom missionär für ihre beiderseitigen Kommittenten. Der Weg der Barfaktur, der dem im Bankwesen üblichen Abrechnungsverkehr (6Ioaring) ähnelt, sieht so aus, als könnte er dessen steuertech- nischer Behandlung teilhaft werden. An die Banken und an Geldgeschäfte, die so durch Zusam menfassung abgewickelt werden, hat das Gesetz gedacht und hat die Übertragung von Geldsorten, Banknoten, Wechseln, Wert papieren u. dgl. von dem Umsatzstempel grundsätzlich ausgenom men. Auch das Börsentermingeschäft ist von dem Gesetz berück sichtigt worden, indem es bestimmte: »Wird bei Abwicklung mehrerer Kauf- oder Anschaffungs geschäfte, die zwischen verschiedenen Personen über dieselben Waren oder über Waren gleicher Art abgeschlossen sind, die Ware nur einmal in Natur übergeben, so gilt dies nur als Waren lieferung desjenigen, der die Ware in Natur überträgt«. Auch bei der Übertragung durch Konnossement oder Ladeschein kommt es nur auf die wirkliche körperliche Übertragung an. Kann der buchhändlerische Börsenverkehr schon aus dieser Befreiungsvorschrift Nutzen ziehen? Aus dieser nicht. Zwar ist der tiefere Sinn in beiden Fällen der gleiche: solche Ver mittelung, die zur Konzentration und Vereinfachung führt, soll nicht als Warenlieferung gelten und den »Umsatz« bloß einmal statt dreimal stempelpflichtig machen, aber es ist hier ausdrücklich gefordert, daß dann auch die Ware selbst nur einmal, nicht dreimal übertragen werde. Beim Bar-Abrechnungsverkehr im Buchhandel, wenigstens beim Bar Paket, aber wird nicht nur die Zahlung dreimal geleistet, sondern gleichzeitig meist auch die Ware dreimal übertragen. Indessen kommt eine andere ausschlaggebende Erwägung in Betracht, die die Zahlungsvermittlung des Kommissionärs der Gefahr, warenumsatzsteuerpflichtig zu sein, ohne Zweifel ent hebt. Es handelt sich ja beim buchhändlerischen Kommis sionär nicht um einen eigenen Warenumsatz in seinem Kommissionsgewerbe, und was er zahlt, zahlt er nicht