Volltext Seite (XML)
^ 188, 15. August 1916. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. für eine ihmgemachte gewerbliche Lieferung; was er bezahlt erhält, erhält er nicht für eine eigene Lieferung — er ist vielmehr in alledem nur Stellvertreter seines Auftraggebers — etwa wie der Spediteur —, hat mithin keinen eigenen geschäft lichen Umsatz, sondern nur Vermittlungsdienste gegen Gebühr. Mithin fällt ohne Zweifel seine Zahlungsleistung sinngemäß überhaupt nicht unter die Umsatzstempelpslicht. Dies trifft auch noch in den Fällen zu, wo der Kommissionär ein Auslieferungs lager seines Kommittenten unterhält und Bestellungen gleich in Leipzig erledigt, ohne in dem besonderen Fall nur Weitcrgeber eines speziellen Auftrags zu sein. Er handelt da trotzdem auf Grund der allgemeinen Stellvertretung, macht trotzdem selbstver ständlich noch keinen eigenen Umsatz, sondern erledigt nur die seinem Kommittenten zuzuführenden und von diesem zu liefern den Bestellungen als Vertreter auf vereinfachte, abgekürzte Weise. Auf die durchaus nicht einfachen juristischen Fragen, die sich hier aus dem Begriff des Kommissionsgeschäfts sonst noch er geben können, möchte ich heute an dieser Stelle nicht eingehen. 7. Ein paar Einzelbestimmungen. Gesamtjahresumsätze von nicht mehr alz 3000 Mark bleiben steuerfrei; sie brauchen auch nicht angemeldet zu werden. Hört ein Gewerbebetrieb im Laufe des Jahres auf, so ist für die nach seiner Einstellung noch erfolgenden Zahlungen Quittung zu erteilen, und diese ist stempelpflichtig, wenn sie auf mehr als 10V lautet (also der nichtgewerbliche Quittungs- stcmpel, s. oben bei Nr. 1>. Die Stempelabgabe geschieht durch die Abgabe der Anmel dung auf einem Stempelbogen oder unter Verwendung von Stempelmarken. Der Bundesrat wird darüber noch Näheres in der Aussührungsanweisung bestimmen. Wer keine Bücher führt, hat den Umsatzbetrag zu schätzen; die Steuerstelle kann auch selbst eine Schätzung vornehmen. Lieferungen vom Ausland und ins Ausland sind frei. Bei Tauschgeschäften ist jeder der beiden Tauschakte stempelpflichtig. Zession von Forderungen ist nicht stempelpflichtig. Hat in einem Jahre der Gesamtbetrag der Zahlungen 20 000 Mark überstiegen, so sind fürs nächste Jahr vierteljährliche Ab schlagszahlungen der Steuer zu leisten. Die Strafe für wissentlich unrichtige Angaben beträgt das Zwanzigsache der hinterzogenen Abgabe. 8. Honorare. Der Zahlungsverkehr des Verlagsbuchhandels mit seinen Autoren ist nicht mit dem neuen Stempel belastet. Es ist aus drücklich bestimmt, daß »Urheber- und ähnliche Rechte« nicht als Waren im Sinne dieses Gesetzes gelten, also die Übertragung solcher Rechte keine Warenlieferung ist. Das heißt Wohl un zweifelhaft, daß die Lieferung von geistigen Arbeiten, also auch von künstlerischen Arbeiten aller Art keine Warenlieferung und die Bezahlung dafür slempelfrei ist. Wohl aber stehen den Waren lieferungen, wie das Gesetz bestimmt, Lieferungen aus Werk verträgen gleich, »wenn der Unternehmer das Werk aus von ihm zu beschaffenden Stoffen herzustellen verpflichtet ist und es sich hierbei nicht bloß, um Zutaten oder Nebensachen handelt«. Gedacht ist hierbei offensichtlich nur an die kausähnlichen, waren lieferung-ähnlichen Handwerksarbeiten, z.B. des Schneiders usw. Im Verlagsbuchhandel kommen aber auch bekanntlich Werkver träge vor, beispielsweise wenn ein Register zu bearbeiten aufge tragen wird (hier und da auch bei Redaktionsverträgen, aber selten; da sind es meist Dienstverträge). Ich möchte sehr bezweifeln, daß solche Lieferung geistigen Gutes, selbst wenn es aus Grund eines Werkvertrags geschieht, unter das Warenumsatzstempelgesetz fällt; denn einmal handelt es sich schließlich doch um die Übertragung Urheberrechts ä h n- licher Rechte, zweitens und hauptsächlich aber kann mau Wohl kaum sagen, daß in solchem Falle der Bearbeiter das Werk »aus von ihm zu beschaffenden Stoffen herstellt«. Die Stoffe dazu (das Werk, für das das Register zu machen ist), die not wendige Unterlage also, verschafft vielmehr der Auftraggeber — uud schließlich handelt es sich, wenn man will, dabei auch nur um Nebensachen und Zutaten, die der Registermacher für das Hauptwerk liefert. Es wird also hier kaum einen Fall solcher Art geben, daß er in dieser Hinsicht besondere Zweifel verursachte. Das Buch. Das Buch wurde von einem Seesoldatcn geschrieben. Der hatte es erlebt. Mit kochendem Blut erlebt im großen Bölkerringen. Und geschrieben war es schlicht und mit verhaltner Glut: Ich bin nichts, das Vaterland ist alles. Aber bevor das Buch im Druck erschien, wurde sein Verfasser von einem Journalisten unterwegs erwischt und über seine Heldenfahrtcn ausgefragt. Bis ans die Knochen und aufs weiße Blut. Der Journa list war fixer. Vierzehn Tage vor dem andern kam sein Buch heraus. Bombenerfolg bis dahinaus. Dann, als des Helden Büchlein selbst erschien — »Mein Gott, das haben wir ja alles schon gelesen — nein, geben Sic mir was anderes, Herr .« Im Schaufenster verstaubte das Büchlein. Dann schrieb einer ein Büchlein über das berühmte Buch des Journalisten und riß ihn herunter. Bombenerfolg bis da hinaus. Dann schrieb einer ein Büchlein über den Kritiker und riß ihn herunter. Bombenerfolg bis da hinaus. Dann schrieb einer eine zusammenfassendc Broschüre über das Buch des Journalisten, das des Kritikers und das des Kritikers des Kritikers. Auch hier ein Bombenerfolg bis da hinaus. Dann kamen lange Friedensjahre. Alles ging seinen alten Gang. Man sprach nicht mehr vom Krieg. Auch keine Bücher schrieb man mehr von ihm. So daß eines Tages ein Literaturprofessor auf deu Gedanken kam: »Sie sollten einmal was besonderes als Doktordissertation be arbeiten, junger Freund — ich erinnere mich da einer höchst interes santen Kontroverse über ein Seekriegsbuch — das müßte Ihnen liegen — sind doch von der See zuhause!« »Ja, mein Vater war auch mit im Seekrieg, Herr Professor.« Fertig war die Dissertation. Erschöpfend, tüchtig, geistvoll. Der Student hat glänzend doktoriert. Nach Hause gekommen, wird er beglückwünscht. Sein Vater, der alte Seebär, klopft ihm auf die Schulter: »Heft mi diu Doktorsrift gar nich togahn loten, min Jung?« »Ach, Vater, ich dachte, du wärest — wärest literarisch nicht inter essiert.« Segg dat nich, min Jung, din Vater het öat Düwelstttg ok mal en beten versänkt.« Dann las er sie und las und hörte gar nicht auf zu schmunzeln: »Ja, min Jung, wer het dat glöwt, daß du din Vader nochmal to din Doktorsrift verhackstücken würdst.« Und er ging langsam an einen alten Schrank und holte sein ver staubtes und vergilbtes Buch hervor. Fritz Müller. Kleine Mitteilungen. Einführung von Druckschriften in dir besetzten Gebiete des Ostens. — Wie uns mttgeteilt wird, kann bis auf weiteres die Genehmigung zur Einfuhr von Druckschriften in die besetzten Gebiete des Ostens nur solchen Bestellern erteilt werden, die ihren Wohnsitz tm Gebiet des Oberbefehlshabers Oft haben. Demzufolge muh gleichzeitig mit dem Gesuch um Ausfuhrbewil ligung nach den besetzten Gebieten des Ostens der Nachweis erbracht werden, daß das Buchprüfungsamt Ob. Ost den betreffenden Bestellern die Erlaubnis zur Einfuhr bereits erteilt hat. Eine Vereinfachung des Verfahrens wird von den beteiligten Zen- surstcllcn angcstrebt werden. Verbreitung aufrührerischer Flugschriften. — Nach einer Meldung des »Berl. Lokal-Anz.« ist der Leiter des sozialdemokratischen Presse- burcaus verhaftet worden. Wie das Blatt hinzusiigt, handle es sich um die Verbreitung jener sattsam bekannten Flugschriften, die — milde ausgedrtickt — eine gewaltsame Herbeiführung des Friedens propagieren. Es ist daher überaus erfreulich, daß diesem gefährlichen Treiben nunmehr ein Ende gemacht wird. Um endlich Aufklärung in die geheimnisvolle Angelegenheit zu bringen, hat die Berliner Polizei dieser Tage eine Reihe von Haussuchungen vorgenommen und als Hersteller der anonyme» Druckschriften eine kleine Druckerei in der Oranicnstraße ermittelt, deren Inhaber noch nebenbei in einer anderen Fabrik zu arbeiten pflegt, in der sonst das Anarchistenorgan »Der freie Arbeiter« gedruckt worben war. Als Auf- 1079