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Redaktioneller Teil. ^ 246. 22. Oktober 1915. bemühungen die Zuneigung unserer zwei Millionen russischer Kriegsgefangenen gewinnen werden. Ich glaube: Russe bleibt Russe. Körbchen und Kinderspielzeug. Man mag über den Lagerplatz gehen, zu welcher Tageszeit es auch sei, immer wird man einige fleißige Russen beobachten kön nen, die sich die lange Zeit mit Handarbeiten vertreiben. Gewöhn lich hocken sie in Gruppen beisammen, selten sieht man sie einzeln. Ein halbes Dutzend mitten aus dem großen Platze beim rauchen den Kessel, in dem Wasser zum Teekochen erhitzt wird. Drei, vier im Schatten der Küche. Andere neben den Baracken, wieder andere in einem kühlen Zelte. Sie haben sich auf den Arbeits plätzen schlanke Ruten und Zweige, Bast und biegsame Baumrinden zu verschaffen gewußt, Abfälle von weichem Holz gibt es im Lager immer, und nun sitzen sie und basteln so eifrig, daß sie oft nicht merken, wenn ich stehen bleibe und zuschaue. Da werden sachgemäß große, kleine und kleinste Handkörbchen geflochten mit runden, wohlgeformten Bäuchen und gebogenem Griff oder von viereckiger Form mit zierlichen Füßchen und geraden Wän den, die aus glattgeschnittenen, dünnen, schön weißen Holz streifen geflochten sind. Hier entstehen aus simplen Holzstückchen Mühlen, die sich klappernd im Winde drehen, russische Schaukeln und Windräder, kleine Wagen, auf denen sich im Fahren Puppen drehen, dort gar die seltsamsten Nachbildungen aus dem Tier reiche, Pferde, Hunde, Bären (zuweilen ist einige Phantasie nötig, um ihre Gattung zu erkennen, denn manche Schnitzer sind noch ungeübt), mit Vorliebe aber Vögel: kleine zierliche Kolibris, dicke freche Spatzen, schlanke Schwalben, zutrauliche Kanarien vögel. Die Farben, die mit schwarzer oder blauer Tinte, mit Bleistift oder Buntstiften aufgetragen werden, lassen auch hier die naive Vorliebe der Russen für Buntes erkennen. Rote Tupfen vom Kopf bis an den Schwanz, Querstriche in allen Farben auf den weitausgebreiteten Flügeln, blaue Punkte am Ende jeder angedeutcten Flügel- und Schwanzfeder, bunt karierte Vo gelleiber. Es ist eine primitive Farbenpracht, die alles Aus- denknngsvermögen Nürnberger Spielwarenfabrikanten hinter sich läßt. Körbchen, Klapperspiele und Figürchen finden in der Kantine dankbare Käufer. Die Landstürmer erwerben gern für ihre Kinder solche Andenken an unfern Russenbesuch. Maler. Wir haben zwei Künstler in unserem Gefangenenlager. Der eine ist Dekorationsmaler und hat schon manches Zimmer in Mos kau gestrichen und viele Stubendecken mit Engelchen und Blumen bemalt. Wie mancher schlichte Jünger bei uns hat aber auch er die edle Farbenkunst in seinen Freistunden anscheinend noch weiter gepflegt, denn seine Leistungen sind für einen handwerks mäßig geschulten Anstreicher nicht übel. Der andere nennt sich aber Kunstmaler, und seine Spezialität sind Porträts. Auch er ist in Moskau zu Hause, das sich bei uns infolgedessen den Begriff des russischen Florenz erworben hat. Nachdem beide lange genug bewiesen hatten, daß ihre Kllnstlerhände auch Schaufel und Spaten zu handhaben verstehen, haben sie gebeten, die Zeit durch AuSüben ihrer Kunst aussüllen zu dürfen. Nach einer abgelegten Probe ist ihnen das zugestanden worden, und jetzt stehen sie täglich im Kantinenraum ihre Stun den vor- und nachmittags ab, in der linken Hand Palette und Stock, in der rechten den Pinsel, und malen die wunderbarsten Dinge. Der Dekorationsmaler hat sich kreisrunde Holzschilde machen lassen, auf denen er in den buntesten Farben Kosaken auf Pfer den, russische Dragoner, Artilleristen und Ähnliches hervor zaubert und den braungefärbtenRand mit einem deutschen Spruch oder kurzen Vers versieht. »Üb' Aug' und Hand fürs Vaterland«, ist der häufigste. Damit sind die Schießscheiben fertig, die zu Preisschicßcn unserer Feldgrauen verwendet werden können. Daß die Pferde etwas kurzbeinig, dick und hölzern, die mensch lichen Figuren etwas steif und gezwungen erscheinen, tut der Brauchbarkeit als Schießscheibe keinen Abbruch. Der andere ist sich aber bewußt, seinen Kollegen von der an dern Fakultät an Können weit zu überragen, und behandelt ihn 1414 im Kantinen-Atelier wie ein Gönner. Mit seinem dicken runden Kopf und den kurzgeschorenen Stoppelhaaren, in dem stark abge tragenen Zivilanzug, durch den seine Uniform während des Ent lausungsvorganges ersetzt wurde und der seinen durch die reich liche Gefangenenkost allmählich üppig geschwellten Gliedern etwas zu eng ist, macht er durchaus nicht den Eindruck eines hungernden Künstlers. In seinem Eifer läßt er sich durch neugierige Blicke nicht stören noch beeinflussen, sondern malt und tupft, streicht und ver gleicht an seiner Kopie irgendeines süßlichen Liebes- oder Land schaftsidylls, wie es auch ein echter Münchener Kunstjünger nicht besser und sachverständiger könnte. Solche Vorlagen hat man ihm Heft- und mappenweise verschafft, so daß er noch monatelang seine edle Kunst auszuüben vermag. Die Kopien sind ganz an sehnlich. Er malt nach dem Urteil des Kantinen-Unterofsiziers ein saftiges Grün, ein zartes Rot, bringt ein seelenbolles Auge zustande, kurz und gut: das Ganze hat Geschick. Die Bilder werden in der Kantine zwischen Körbchen und Tabak, Käse und Heringen ausgehängt und finden ihren Absatz bei Unteroffizieren und Landsturmmännern, die sich ein Andenken an den Weltkrieg sichern wollen. Nicht genug mit solchen Kopien, der Künstler macht sich anheischig, nach Photographien naturähnliche Porträts zu malen, und hat bereits mehrere Aufträge erhalten. Aber auch das ist noch nicht der Gipfel. Unser Rafael wird den Inspektor des Gefangenenlagers nach der Natur malen. Nun soll noch einer sagen, die Russen seien ein kulturarmes Volk! — (Schluß folgt.) Unsere Berufsgenoffen im Felde. I. Deutsche Armee. Neue Folge XXI. — (XX siehe Nr. 22g.) Name und Vorname: Firma: Dienstgrad ».Truppenteil: Inh. d. Fa. Erich Baron Truppent. unbek. in Berlin t. H. F. Volckmar in Truppent. unbek. Leipzig i.H. BlarekLBergmann Truppent. unbek. in Franksurt a. M. i. H. Gea Verlag, G. m. t. Jnf.-Rgt. Nr. 180, b. H. tn Berlin Rekruten-Depot. Baron, Erich') Cardell, Leopold") Corvey, Heinrich") Döring, Walter Ehbock, Hermann') Gefchästss. d. Hesperus- Leutnant t. e. Garde- Jnf.-Rgt. Verlag, G. m. b. H. tn Berlin Faber, Hans Georg") i. H. Otto Fischer in Bieleseld Ftebtg, Hermann") t. H. Gebr. Grundgeyer in Rostock i. M. Fleischer, Ernst') t. Fa. Ernst Fleischer b.e.Kußarttll..Batterie. in Köln a. Nh. Gehner, Willy i. H. Otto Fischer in Bieleseld Gunkel, Ludwig i. H. Univ.- burg t. Br." Mttinh.b. Fa. Speyer L Truppent. unbek. Peters tn Berlin l. H. Otto Fischer in Einj. Unteroffizier i. e. Bielefeld Leutnant, Truppent. unbek. i. e. Res.-Jnf.-Rgt. Gefr. t. Jäger-Bat. Nr. 7. ^r. Wagnersche i. Jnf.-Rgt. Nr. 112. Suchh. in Fret- Harttg, Eduard") Hartnack, Paul Haumann, Konrad Herntg, Richard") Herrmann, Johannes Hillig, Robert Fußart.-Rgt. Krasemann i. Jnf.-Rgt. Nr. 17g, i. H. Nachs. in Oschatz i. H. Schulze L Co. tn Leipzig unbekannt Ers.-Bat. i. e. Res.-Jnf.-Rgt. Jnf.-Rgt. Nr. 40, Ers.-Bat. Jnh.d.Firm.F.Tempsky Oberlt. u. Adj. b. e. in Wien u. G. Freytag, Mob. Bahnhoss-Komm. 'S. m. b. H. in Leipzig Hoburg, Johannes ">> i. H. Stuhr'sche Buchh., G. m. b. H. in Berlin Truppent. unbek. ') Gefallen, stehe Personalnachrichten Nr. 24g, 1915. "> Gefallen, stehe Personalnachrichten Nr. 245, 1Ü15. "> Gefallen, stehe Personalnachrichten Nr. 241, 1915. ') Gefallen, stehe Personalnachrichten Nr. 237, 1915. °> z. Z«. Horn t. Lippe. "i Gefallen, stehe Personalnachrichten Nr. 231, 1915. 's Stehe auch Bbl. Nr. 281, 1914. "> Gefallen, stehe Personalnachrichten Nr. 245, 1915. ") Gefallen, stehe Personalnachrichten Nr. 235, 1915. '") Gefallen, stehe Personalnachrichten Nr. 238, 1915.