Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 19.01.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191801193
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19180119
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19180119
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-01
- Tag 1918-01-19
-
Monat
1918-01
-
Jahr
1918
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 19.01.1918
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
lUMsnegroZ Unterwerfung. Zum -we'iäbrigen Gedenktag« der ivrstürmnng des Lowcen. Tee Lowcen ist seit Jahrhunderten das Zahlreiche!! der „Schwarzen Berge", das Su-nbitd der Unbezwinglichkeit der Fellen, bmttr. denen die Czernagorzen bis dahin ihre Freiheit gegen alte Eroberungsversuche, der« icidigt hatten. Einer Mauer gleich türmt sich die Felswand des Lowcen über dem schmalen Küstensaum der Ducht von Cattaro empor, eine jchwarzgraue, finstere Wand ohne Baum und Strauch, drohend und un nahbar zugleich, scheinbar unersteiglich von der Seeseite her. Als der Weltkrieg ausbrach, setzte der König von Montenegro sein Streben dahin ein, zunächst Stadt und Hasen von Cattaro durch eine starke Geschützwirkung vom Lowcen her znlammenichießen zu lasten, um dann zum Angriff zu schreiten und Österreich diesen Platz zu entreißen, der das Ziel der montenegrinischen Wünscht bildete. Italien, Rußland und Frankreich hatten keine Kosten ge'part, um den Söhnen der Schwarzen Berge hilfreiche Hand bei den Lorbereitungen zu diesem Über'all zu leisten. Allein die Dinge kamen wesentlich anders, als man sie sich in Cetinje vorgestellt halte. So konnte Cattaro, wenn auch in beschränktem Maße, trotz des Lowcen der Schlupfwinkel der leichten österreichisch - ungarischen Flottenteile bleiben. In den Kriegsjahren 1914/15 spielte sich um Cattaro ein langsamer Klein- und Grenzkrieg ab, in dem der österreichisch ungarische Landsturm, darunter die treuen und tüchtigen dalmatinischen Aufgebote, siegreich und blutig die Vorstöße der Montenegriner vom Lowcen herab abwiesen. Die Lage gewann aber ein ganz anderes Aussehen, als Anfang Dezember 191b Feld- marschall v. Mackensen mit deutschen, öster reichisch-ungarischen und bulgarische« HeereS- teilen gleichsam im EturmeSflug Serbien bi4 auf den letzten Rest erobert hatte. Jetzt kam die Stunde der Abrechnung mit Montenegro. Die Sireitkrüfte dieser Berglandes, rund 50 000 Bewaffnete vom Knaben bis zum Greis, standen zumeist an der serbischen Grenze und wollten in den hohen, zerklüfteten Bergen am oberen Lim und an der oberen Tara in stark befestigten Stellungen dem Vordringen der Gegners nach dem inneren Montenegro Einhalt gebieten, um so mehr, als metertieser Schnee bei grimmiger Külte den Feldzug in diesem Gebiet ungemein erschwerte. Nach und nach gelang eS der Armee Köveß, die Montenegriner über den Lim zurückzudrängen. Um aber ganze Arbeit zu machen und mit Montenegro so schnell als möglich fertig zu werden, beschloß die österreichisch-ungarische Heeresleitung, den Angriff auch von der See feite her zu eröffnen, also gerade dort anzu lasten, wo eS der Feind für unmöglich und aus geschlossen hielt, nämlich am Lowcen. Da hierzu verhältnismäßig nur schwache Kräfte zur Verfügung standen, so wurde ein Teil der Armee Köveß auf den Kleinbahnen BoSnient nach Süddalmatien überführt. Diese Leistung verdient volle Bewunderung, denn sie geschah im tiefen Winter mit großer Schnelligkeit und noch dazu zur gründlichen Überraschung der Gegners. Die Werke von Cattaro unterhielten seit Anfang Januar 1916 ein starkes Feuer gegen die Lowcenstellungen; die schweren Geschütze der k. u. k. Kriegsflotte sandten ihre Geschosse mit vernichtender Sicherheit hinauf auf die schein bar so unerreichbaren Felsenhöhen. Auch Gas granaten kamen zur Anwendung, deren Wirkung hier eine ganz besonders nachhaltige gewesen sein soll. Während der ArtilleriekampseS arbeiteten sich die- österreichisch-ungarischen GebirgSbataillone mit ihr?.! Maschinengewehren und Mmenwersern von Abschnitt zu Abschnitt durch die Felsschründe und Sleilhünge der Lowcenmauer hinauf, die Montenegriner von Voriprung zu Vorsprung, von Klippe zu Klippe vertreibend, ein zähes Ringen, in dem die bessere Durchbildung und die takmche Überlegenheit der k. u. k. Truppen die Oberhand gewann. Sie erklommen in fünf Lagen die 1759 Meter hohe Wand und waren am 10. Januar abends dicht unter der Höhen kante angelangt. Der Feind, durch dar Artillerieseuer zer» mürbt und von der Aussichtslosigkeit der weiteren Widerstandes überzeugt, ließ es auf den letzten Entscheidungskampf nicht mehr ankommen, son dern gab die Stellung kampflos auf. Die ge samte auf dem Lowcen eingebaute Artillerie mit großen Munitionsmengen fiel in die Hände der Sieger. Mit dem Verlust deS Lowcen war Monte negros Widerstandskraft gebrochen. DaS Volk, der Not und de» Hungers müde, hatte die Lust am Widerstande und an der Fortsetzung deS Krieges verloren. König Nikolaus floh über Skutari und durch Albanien aus dem Lande, während, die Behörden sich ohne weitere Kämpfe dem Sieger unterwarfen. Am 13. Ja nuar, zwei Tage nach der Einnahme deS Lowcen, wurde die Landeshauptstadt Cetinje besetzt, am 26. die Entwaffnung des ganzen Landes vollzogen, das unter österreichisch-unga rische Verwaltung trat und nach mehrjährige« Drangsalen endlich Ruhe fand. Die Gesamt beute betrug 314 Geschütze, 50000 Gewehr« und 56 Maschinengewehre. Einig« Tausend Montenegriner hatten sich nach Albanien ge flüchtet und fanden später Aufnahme im Salo niki-Heere des Verbandes. Unter den unzähligen Glanzarten deS Krieget, die uniert und unserer Verbündeten Truppen vollbracht haben, nimmt der Sturm auf den Lowcen eine hervorragende Stelle ein. Hier waren ganz ungewöhnlich große Gelände- schwierigkeiten zu bewältigen, deren Überwin dung der Tatkraft, Ausdauer und Tapferkeit unserer Verbündeten das beste Zeugnis autstellt. Vrest-IUtowslr. Die Russen verzichten auf Verlegung. Am 9. Januar fand in Brest-Litowsk eine Vollsitzung der Delegierten statt, an der auch -Vertreter der Ukraine teilnahmen. Der deutsche Vertreter, Staatssekretär von Kühlmann, führte aus, die am 22. Dezember begonnenen Friedensverhandlungen wären in zwei gesonderte Teile zerfallen: In eine Er- örterung über die Möglichkeit eines allgemeinen Friedens und in eine Besprechung derjenigen Punkt«, die unter allen Umständen zwischen den Mächten des VierbundeS und der russischen Regierung zur Erörterung gestellt werden müßten. Die wesentlichste Vorbedingung für einen «ügemeine« Frieden war am Ä8. De zember LS17 dahin formuliert worden, daß die einstimmige Annahme der alle Völker in gleicher Weife bindenden Be dingungen durch alle feindlichen Mächte erfolge« miifse. Der Nichieintritt dieser Bedingungen hat die aus dem Inhalt der Ertlärnng und dem Verstreichen der Frist sich ergebenden Folgen. DaS Do kument vom 28. Dezember ist hinfällig geworden. Damit war die Lage wie vorher wieder- hergestellt und die Ausgabe der Versammlung wäre eS, die Verhandlungen über einen Sonder frieden wieder fortzusetzen. Statt dessen ist an General Hoffmann das Telegramm deS Herrn Joffe tingriroffen, der die Verlegung der Ver handlungen auf neutrales Gebiet beantragt und dafür Stockholm in Vorschlag bringt. Der Vierbund Hal darauf zu erklären, daß eme Verlegung deS Verhandlung-ortes unmöglich ist. Dieser sein Entschluß muß als feststehend und als unabänderlich bezeichnet werden. Höchstens darüber könne seinerzeit verhandelt werden, ob vielleicht aus Gründen deS Ent gegenkommens die formale Schlnßverhandlung und Unterzeichnung des Vorfriedens an einem anderen One vorgenommen werden könne. Der Vierbund muß sagen, daß seine Bereitschaft zu einem solchen Entgegenkommen nur sehr be dingt sein könne, da sich ihm neuerdings Zweifel an der aufrichtige« Abficht der russische« Regierung aufdrängen. Herr v. Kühlmann verweist auf den Lon gewisser halbamtlicher Kundgebungen der russischen Regierung gegen Regienmgeu der Vierbundmächte, insbesondere aber auf eine Kundgebung der Petersburger Telegraphen- agentur, die im Ausland« als halbamtliches russisches Organ angesehen wird. In dieser Kundgebung war eine angeblich in der Sitzung vom 28. Dezember 1917 durch den Vorsitzenden der russischen Delegation, Herrn Joffe, gegebene Antwort ausführlich wiedergegeben, die — wie ein Einblick in die Akten lehrt — lediglich «uS der Phantasie deS Erfinders entsprungen ist. Dies« in allen Teilen erfundene Mitteilung hat erheblich dazu bei- getragen, da» Urteil über den bisherigen Ver lauf der Verhandlungen zu verwirren und deren Ergebnisse zu gefährden. Trotzdem will Herr v. Kühlmann die Hoff nung nicht aufgeben, die sich gründet auf den aufrichtigen Wunsch der russischen Volkes nach einem dauernden und gesicherten Frieden. Die Schwierigkeiten materieller Natur sind nicht groß genug, um ein Scheitern deS FriedenSwerkeS und damit die Fortsetzung deS Krieges sür gerechtfertigt zu halten. Die übrigen Sprecher der Vierbund-Delegation schloffen sich Herrn v. Kühlmaunt Worten voll inhaltlich an. «in scharfer Protest. Im Namen und im Auftrage der deutschen Obersten Heeresleitung erklärte nunmehr Generalmajor Hoffmann: SS liegt mir hier eine Anzahl Funksprüche und Ausrufe vor, unterzeichnet von den Ver tretern der russischen Regierung und der russischen Obersten Heeresleitung, die teils Be schimpfungen der deutschen HeereS- einrichtungen und der deutsche« Obersten Heeresleitung, teils Auf forderungen revolutionärenCha- rakterS an unsereTruppen enthalten. Diese Funksprüche und Aufrufe verstoßen zweifellos gegen den Geist det zwischen den beiden Armeen geschlossenen Waffenstillstandes. Im Namen der brutschen Obersten Heeres leitung lege ich gegen Form und Inhalt dieser Funttprüche und Aufrufe auf da- entschiedenste Protest ein. Die militärischen Vertreter Qstrrreich-Un- garnS, Bulgariens und der Türkei schloffen sich diesem Protest an. Keine Verhandlungspanse. Der russische Volkskommissar deS Äußeren erbat darauf eine VerhandlungSpaufe, um mit den Delegierten seiner Lander beraten zu können. Die kräftige Sprache, die unsere FriedenS- delegierten in der Mittwochsitzung zu Brest- Litowsk geführt haben, hat die beabsichtigte Wirkung nicht verfehlt. Wie auS Brest-Luowik weiter gemeldet wird, erklärte sich in der Donnerstag vormittag abgehaltenen Sitzung die russische Delegation bereit, die FriedenSver- handlungen in Brest-Litowsk fortzusetzen. Ferner stellte sie fest, daß die vom Wolff-Bureau ver öffentlichte Darstellung über den Verlaus der Sitzung vom 26. Dezember dem tatsächlichen Hergang entipricht. Die von der russischen Telegraphen-Agentur verbreitete Nach richt über den Verlauf dieser Sitzung wurde russssch«rseitS als unrichtig bezeichnet. Die Verhandlungen über einen Vorfrieden zwischen den Mittelmächten und Rußland haben nun begonnen. Politiker Aunollckru. M—»Sschl««». * Wie verlautet, wird in einer der nächsten Sitzungen deS HauptauSschusseS deS Reichs tages, der Reichskanzler Graf Hertling zu der letzten Rede Lloyd Georges und der Botschaft Wilsons Stellung nehmen. *Zu einer starken Kundgebung der Perser für Deutschland gestaltete sich ein EmpfangSabend der Berliner persischen Ko lonie in einem dortigen Hotel. Der Abgeordnete von Teheran Wahid el Mulk hob in seiner Er öffnungsrede hervor, daß mit der Unterzeichnung de» Vertrages von Brest-Litowsk, der die Räumung PersienS von russischen Truppen vor- sehe, die Stunde der Freiheft für Perfie« ge schlagen hab«. Freiste« v. Richtstofen, der früh«« deutsche Gesandte in Persien, bezeichnete eS al» dringlichste Forderung, daß Persien den Plan Englands vereitele, den Landweg von Ägypten nach Indien herzustellen. Nur dann könne Persien Herr deS Persischen Golf» bleiben. *Jn der letzten Sitzung deS Bundesrat» wmden angenommen: Entwürfe von Bekannt machungen über Guthaben türkischer Staats angehöriger in Deutschland «nd betr. Änderung der Verordnung über Befugnisse der Reich»- bekleidungtstelle sowie von Verordnungen über Futtermittel «nd über Regelung der Verkehr» »ft Branntwein. 'Über di« deutsche« Missionen i« de» Schutzgebieten sprach Staatssekretär Dr. Solf in einer Charlottenburger Versamm lung der deutsche« Kolonialgesellschaft. Im Gegensatz zu der britischen MissionSpolitik, die die deutschen Missionen brutal verlrieben hat und dauernd ausschließen möchte, stellte er sich entschieden auf den übernationalen Standpunkt, der dem Wesen der christlichen Mission ent spricht. Autführlich schildert« er die Entfaltung der Kolonialmisfion beider Konfessionen unter dankbarer Anerkennung ihrer vielverzweigten, un schätzbaren Dienste. Eine gesunde Eingeborenen- Politik sei ohne tiefer Verständnis der Einge borenen undenkbar und müsse schon deshalb di« Mitarbeit der Mission dankbar begrüßen. Der StaaiSiekrrtär schloß: »Wer die Missionen m den Schutzgebieten unterstützt, der tut doppelt gut, er dient dem Gebote seiner Glauben» und fördert die Stellung Deutschlands jenseits der Meere/ * Pariser Blätter halten di« St«H»«g der Reichskanzler» Hertling für er schüttert und erwarten eine Reichskanzler- krise in Deutschland. Hertling hab« sich durch seine unentschloffene Haftung und durch sein Wanken, indem er bald zu den Parteien der Linken neige, bald sich mit den Parteien der Rechten inr Einvernehmen zu setzen versuche, die Sympathien und daS Vertrauen Deutsch land» verscherzt. * Londoner Blättermeldungen zufolge ist di« englische Kommission für den Handel nach dem Kriege unter dem Vorsitz von Lord Balfour of Burleigh in ihrem Bericht zu dem Schluß gekommen ist, daß auS finanziellen Er wägungen unter Begünstigung der englischen Kolonien und der gegenwärtigen Bundesgenossen England» ein Zoll von 10°/° von der ganzen Einfuhr erhoben werden muß. Portugal. * Entgegen der amtlichen Versicherung, daß eS sich bei dem jüngsten Regierungswechsel um keine innere Revolution gehandelt habe, wird jetzt mitgeteilt, daß e» in den letzten Tagen im ganzen Lande zu schweren Unruhen gekommen ist. In der Flotte und im Heer fanden verschieden« Meutereien statt. Natürlich meldet man wiederum auS Lissabon amtlich, daß die Ruhe wiederhergestellt sei. N«or^«. * Sofort, nachdem Wilson seine Rede ver lesen hatte, traf er Maßnahmen, um diese Botschaft soweit wie möglich zu verbreiten und sie vor allem in Deutsch land, Österreich-Ungarn, den Balkanstaaten und Rußland bekanntzumachen. Der Text seiner Botschaft wmde nach allen Enden der Welt telegraphiert, die auf drahtlosem Wege, durch überseekabel u«d überlandzentralen erreicht werden konnten. Eine Million Exemplare, die in deutscher Sprache versaßt sind, sollen von Fliegern in die deutschen Schützengräben abge- worfen werden. Ferner werden Exemplare der Botschaft nach jeder Stadt und nach jedem Dorf Rußland» gesandt. Der Text wird in allen russischen Blättern veröffentlicht werden. Auch der Schweiz und den anderen neutralen Staaten wird die Botschaft in vielen Exem plaren zugesandt werden. Ferner wird sie in allen slawischen Sprachen übersetzt und in den flämischen Ländern mit allen nur möglichen Mitteln verbreitet werden. . Der Müßiggänger. Sj Roman von H. Courths-Mahler. ' lFarertzmi«.» »Guten Morgen, fleißige» Kind, können Sie mir sagen, ob man da drüben im Wirtshaus wohl für einige Zeit Unterkunft finden kann? Sie sind sicher der Wirtin Töchterlein/ Regina sah unter dem verhüllenden Tuch hervor ruhig zu den beiden hinüber. Fritz Hartenstein, der Regina angesprochen hatte, blickte lustig fragend in die ernsten jungen Augen, während KlauS Ruthart seine Blicke ««herschweisen ließ und gar nicht auf sie achtete.' Äst al» da» junge Mädchen ant wortete, wandte er sich schnell nach ihr um und stieß einen leisen Ruf der Überraschung auS. DaS volle, weiche Organ und die reine Aus sprache waren ihm bei der vermeintlichen Torfschönen ausgefallen, und was unter der neidischen Kopfhülle hervorsah, war ebenfall» beachtenswert. Das junge Mädchen hatte ruhig zu Harten stein gesagt: »Sie finden die Wirtin drüben im HauS; dort erhalten Sie am besten Auskunft." Unbeirrt fuhr sie in ihrer Arbeit fort. Sie schien den Eindruck, den sie auf Ruthart hervor- gerusen halt«, gar nicht bemerkt zu haben, auch beachtete sie nicht, daß KlauS noch eine Weile stehen blieb, nachdem sich Hartenstein schon grüßend entfernt hatte. Klan» maß mit prüfenden Blicken die jugend lich schlanke Gestalt, die mit gleichmäßigen Be wegungen vorwärts schritt. Als Regina endlich > merkte, daß er sich nicht entfernte, richtete sie sich hoch auf und sah ihm ruhig fragend ins Gesicht. Er zog unwillkürlich den Hut, als er in die schvnen, ernsten Mädchrnaugen blickte, «nd wandte sich zum Gehen. Fritz hatte inzwischen schon daS HauS er reicht und rief mit lauter Stimme nach der Wirtin. Sie kam geschäftig herbei. Lachend über daS ganze Gesicht, führte sie die Freunde in den Oberstock deS Häuschens und zeigte die schlichten, aber peinlich sauber gehaltenen Zimmer, die sogar gut gelüstet waren — «ine Seltenheit auf dem Dorfe! Hartenstei« inspizierte ge wissenhaft und wandte sich fragend nach dem Freund um. Der stand am Fenster und sah auf die Wiese hinab. -Nun, Klau», wollen wir hier vor Anker gehen ?' «Ja, wir wollen bleiben/ »Schön. Frau Wirtin wundermild, nun sorgen Sie un» für ein kräftiget Mittagessen, wir haben Hunger und Durst/ Die vor Freude über die neuen Logiergäste ganz fassungslose Frau schoß eilig davon, und Fritz machte sich gleich daran, seinen Rucksack auszupacken. »Nun, mein Sohn, war starrst du so un verwandt zum Fenster hinaus?" »Hast dn dir das Mädchen angesehen »Welches Mädchen?" »Da unten auf der Wi«se/ Fritz trat verwundert neben ihn, verwundert über den Ton, in dem KlauS da? fache. «Mensch, du willst dich doch um Himmel?- ' willen nicht aus lauter Langeveil« in «in Bauernmädel verlieben?* »Unsinn, das ist kein Bauernmädchen/ »Du denkst, weil sie leidlich deutsch zu spreche« scheint. Tut unser« brave Wirtin auch. KlauS, Mensch, mach mir keine Dummheiten, inszeniere nicht etwa eine Poetische Liebelei mit der Wirtin Töchterlein. Schon der Gedanke verursacht mir Übelkeit/ »Man wird doch ein hübsche» Gesicht an sehen dürfen/ »Gesicht? Ich habe nur die Auge« gesehen, di« waren freilich nicht übel/ »Schön waren sie, sehr schön/ »Auch gut, dn verstehst ja dich auf so etwa» besser al» ich. Aber nun sei so gut und schüttle den Reisestaub von den Füßen. Die Hände darfst du dir auch waschen, weiteren Komfort mußt du dir natürlich verkneifen/ »Doch nicht, trotz deiner Bewachung habe ick eine kleine Flasckie Kölnische» Wasser ein geschmuggelt/ sagte Klau» lachend und holte daS Fläschchen triumphierend hervor. »DaS sei dir gnädig verziehen. Komm, gieß mir mal von dem köstlichen Naß ein paar Tropfen in dis Hand/ Klau» tat, wie ihm geheißen. Fritz zerrieb die Tropfen zwischen seinen Handflächen und sog dann den erfrischenden Dust ein. »Famos, so ein bißchen Kultur ist doch recht angenehm." Scherzend und lachend beendeten die beiden Herren ihr Werk; dann gingen sie hinunter. Die Wirtin hatte unter der Linde «inen zweiten Tisch sür fie gedeckt. Daran ließen sie sich nieder und bestellten etwas zu trinke». Gleich darauf wurde ihnen auch ihre Mahl zeit serviert. DaS Essen war schmackhaft zu bereitet und mundete ihnen ausgezeichnet. Regina Volkmar hatte inzwischen ihre Arbeit vollendet und kam nun langsam herüber. Klaus sah interessiert auf die schmalen Füße des jungen Mädchens, die unter dem Nocksaum hervorkamen. Auch Fritz war überrascht, wie anmutig und graziös sie daherschritt. Die Kopf haltung war stolz und frei, daS sah' man trotz der Hülle. Klau» strengte sich an, ihr Gesicht zu sehe», «S gelang ihm aber nicht. Er unterhielt sich mit Fritz in französischer Sprache über die Nähertommende. Sie mußte dicht an ihnen vorbei und hörte ein Teil des Gesprochenen. Ein feine» Rot stieg in ihr Gesicht bei den Worten, die fie nicht verstehen sollte. Als sie am Tisch vorüberkam, rief Klaus ärgerlich: „Wenn sie doch nur diese greuliche Kops- Hülle abnekmen wollte, ich bin überzeugt, das Mädchen ist eine Schönheit/ DaS Not in Reginas Gesicht vertiefte sich. Sie beeilte ihre Schritte nnd verschwand im Hause. Die beiden Herren schmausten nun ungestört weiter. Klaus jedoch sah immer wieder nach dem Haus hinüber. Die Wirtin kam zurück und deckte den Tisch neben dem der Herren. Fritz wollte eben sragen, ob noch mehr Sommergäste anwesend seien, alS ein leiser Ausdruck feines Freundes ihn aufmerksam machte. Ec sah, daß Klaus mit
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)