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Redaktioneller Teil. L3S, 8. Oktober 1918. Verein der Buchhändler zu Leipzig. Bekanntmachung: Als ordentliche Mitglieder wurden ausgenommen: Herr Carl Walter Schulze i. Fa. C. W. Schulze. „ Franz Walther i. Fa. C. G. Naumann, G. m. b. H. „ Rainer Wunderlich i. Fa. Rainer Wunderlich. Leipzig, den 1. Oktober 1918. Der Vorstand des Vereins der Buchhändler zu Leipzig. R. Li n neman n, Richard Francke, Vorsteher. Schriftführer. Der Zusammenschluß des Deutschen Antiquariats.*) Von Wilhelm Junk. Nach fünf herrlichen in der Schweiz verlebten Wochen (vielleicht kann ich über manches buchhändlerisch Interessante aus diesem gelobten Lande hier später berichten) zurllckkom- meud, finde ich beim Durchblättern der inzwischen eingclaufe- nen Börsenblätter eine kleine Notiz, in der über die Gründung eines Vereins der Berliner Buch- und Kunst-Antiquare berich tet wird. Da es sich um eine Angelegenheit handelt, die mir seit je am Herzen lag, und für die ich schon vor einem Jahr zehnt in meinem kleinen Blatte Propaganda gemacht habe (ver geblich, denn ich bin zum Agitator nicht geboren), möchte ich so kurz, als es dis Umstände gebieten, ein paar Worte zur Sache sagen. Die Wichtigkeit des Zusammenschlusses der Antiquare ist in die Augen springend. Es ist die einzige Gruppe im Buch handel, die sich noch nicht organisiert hat, und die Notwendigkeit, das; dies einmal geschieht, braucht hier nicht ausgeführt zu werden. Es ist ausfallend und vielleicht aus der Wcltabgcwandt- *) Cs erscheint nicht überflüssig daraus hinzuweiscn, das; uns der verstehende Artikel vvr Bekanntgabe der am 2b. September 1918 in Leipzig erfolgten Gründung des Vereins deutscher AnkiquariaiS- und Export-Buchhändler (vgl. Bbl. Nr. 228, E. S18S) zugegangen ist. Was er erstrebt, ist also inzwischen Tatsache geworden, ein besserer Beweis als alle theoretischen Ausführungen, bas) der Verein der Ber liner Buch- und Kunstantiquare sich nicht als ein Hindernis für den Zusammenschluß des deutschen Antiquariats erwiesen, sondern im Gegenteil dazu beigetragen hat, die Angelegenheit rascher in Fluß zu bringen, als cs vielleicht sonst der Kall gewesen wäre. Gegen die An nahme, daß die Berliner Gründung ein Teil jener Kraft sei, die das Bose will und das Gute schafft, schützt die an ihrem Zustandekommen beteiligten Herren die deutlich erkennbare Absicht, mit ihrem Vor gehen weiteren Kreisen des deutschen Antiquariats ein Beispiel zur Nachfolge auf dem von ihnen beschrittcncn Wege zu geben, wie dies auch aus dem Artikel »Vom Antiquariatshandel« in Nr. 21g des Bbl. hcrvorgcht. Dort ist ausdrücklich die Gründung nur als ein »Auftakt zu einer größeren Bewegung« mit dem Ziele der Bereinigung s amt licher deutschen Antiquare bezeichnet, die inzwischen erfolgte Ent wicklung also richtig vorausgesagt worden. Der vielleicht hier und da bestehende Gegensatz zwischen wissenschaftlichem und Liebhaber- Antiquariat erscheint uns — und zwar nicht nur hinsichtlich der Vor schriften über die Führung eines Lagerbuches, an denen übrigens auch das wissenschaftliche Antiquariat interessiert ist — nicht so bedeutungs voll, um das Trennende über die allen gemeinsamen Interessen des deutschen Antiquariats zu stellen. Daß der Berliner Lokalvcrcin, der ausdrücklich nach seinen Statuten »die Förderung und Vertretung der Berliner Buch- und Kunstantiqnare in ihren gemeinsamen Angelegenheiten« bezweckt, früher auf dem Plane war als der Verein deutscher Antiquariats- und Export-Buchhändler, ist wohl ebenso be langlos wie die Frage, ob das Ei von der Henne oder die Henne vom Ei stamme. Ja selbst die Sorge um die Ein- und Unterordnung iu, das große Ganze kann ruhig der Entwicklung der Dinge und der Einsicht der mit der Führung der Geschäfte betrauten Männer über lassen bleiben. Wenn wir gleichwohl den Artikel des Herrn Junk hier abdruckcn, so geschieht es in der Erwartung, daß eine Anssprache die noch vorhandenen Meinungsverschiedenheiten klären, und daß man über alle etwa bestehenden Schwierigkeiten und separatistischen Bestrebungen hinweg den Anschluß an den auf dem Marsche befind lichen Verein deutscher Antiquariats- und Export-Buchhändler finden werde. Red. KOS heit und mancher Sonderlichkeit, die diesem Beruf dort anhastet, wo er wie in Deutschland mit Einsatz der ganzen Persönlichkeit betrieben wird, zu erklären, das; bei den vielen wichtigen Inter essen, die das Antiquariat zu wahren hat, materiellen und ideellen, eine Vereinigung dieses Standes bisher noch nicht er zielt wurde, ja, daß in dieser Beziehung das so vereinssreudige Deutschland sich von England überflügeln ließ, wo vor etwa 20 Jahren die »International Lseoeiation ok Lntiquarian Locck- sellers,! entstand, die aber trotz ihres Titels hauptsächlich eng lisch war und aus der inzwischen übrigens alle deutschen Anti quare sicher ebenso ausgeschlossen worden sind, wie es mit mir seitens aller ausländischen Vereine, deren Mitglied ich war, ge schehen ist. Im übrigen hat dieser Verein auch für England nicht viel geleistet, er hat sich in der Hauptsache dem Kreditschutz gewidmet. Vor etwa einem halben Jahre konnte man im Börsenblatt lesen, das; sich endlich die deutschen Antiquare zusammengetan hätten. Als eine Gruppe eines Vereins der Antiqui tätenhändler unter dem Vorsitze desselben Herrn, der auch jetzt den Berliner Verein gegründet hat. Auster dieser Ankündigung hat man — oder habe wenigstens ich — nichts von diesem Ver ein wieder gehört. Es ist kaum anzunehmen, datz er besonders floriert, da wenigstens im wissenschaftlichen Antiquariat, das nicht die geringste Verwandtschaft mit dem Handel in Bildern oder Gobelins hat und es sicher ablchnen müßte, zu diesem Stande in irgend eine Beziehung gebracht zu werden, wenig Lust unter den Berufsgenossen sein dürfte, als ein Teil einer solchen ihm wesensfremden Vereinigung zu gelten. Besonders da, wie ich mich erinnere, hundert Mark eine Rolle spielten, sei es als Eintrittsgeld, sei es als Jahresbeitrag. Aber jetzt hat sich endlich der oben genannte selbständige Berliner Verein gebildet. So ungemein wünschenswert nun ein deutscher oder gar ein mitteleuropäischer Verein ist — es wäre ganz hübsch, wenn die Antiquare mit dieser Namengebung für eine Standesvertretung die Ersten wären —, so fürchte ich, das; mit der jetzt geschehenen Berliner Gründung nicht der richtige Weg betreten worden ist. Vor allem scheint es mir unzweckmäßig, datz sich bei einem Stande, der ohnedies an Mitgliederzahl zu den schwächsten gezählt werden must, nur die wenigen Ver treter einer einzigen Stadt zusammentun. Wenn es umgekehrt geschieht, daß jene Mitglieder einer bestehenden großen Vereini gung, die an dem gleichen Ort wohnen, sich unter sich nochmals vereinigen, so läßt man sich das gefallen, vorausgesetzt, daß die — hier nicht vorhandene — Vorbedingung erfüllt ist, datz deren Zahl genügt, um ein Vereinsleben zu ermöglichen oder (was offenbar auch im vorhandenen Fall beabsichtigt werden sollte) eine Macht nach außen (dem Publikum, den Behörden gegen über) darzustellen. Hier aber — und das ist ja in der Notiz. I über die Gründung ausdrücklich betont worden — ist dieser Zu- l sammenschluß der Antiquare, auf den wir nun Jahrzehnte war ten, plötzlich so eilig gewesen, daß die Mitglieder telephonisch einberufen werden mutzten. (Ich habe keine Nachricht erhalten, trotzdem ich mir Wohl schmeicheln darf, auch unter die »nam haften« Antiquare Berlins zu zählen, und trotzdem die Ein berufung vielleicht gar nach dem von mir verfaßten Adreßbuch der Antiquare erfolgt ist. — Aha! Hmo illao taerimael, wird man rufen. Aber ich bin entfernt von jeder persönlichen Empfindlichkeit und glaube, daß auf der Welt niemand existiert, der mir Ehrgeiz und Sucht nach äußerer Schätzung nachsagen dürfte. Mich bewegt auch hier nur das allgemeine Interesse.) Weshalb nun diese Eile? Wie es in der Notiz heißt: Wegen des »Lagerbuches«, das jetzt die Behörde verlangt und gegen dessen Einführung schleunigst Vorstellung erhoben werden mutzte. Ist dies wirk lich in der jetzigen Zeit so eilig? Würde es etwas ausgemacht haben, ob ein sorgfältig und von einer Anzahl von Behörden zu prüfendes Gesuch, das also wahrscheinlich ohnedies Monate zur Erledigung braucht, ein paar Wochen später eingereicht wor den wäre, und vor allem: hält man wirklich die maßgebenden Stellen für so weltfremd, daß sie nicht wissen sollten, was für eine verschwindende Zahl von Berufsgenossen in einem lokal eng begrenzten Verein eines sowieso an Zahl schwachen Standes