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^ 241, 16. Oktober 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt s. d. Drschn. Buchhandel. 12263 nach Verviers und 336 nachm, aus Hannover nach Boxtel, bis zum Eintritt der Schlußzeit für dieselben Züge am 17. Sep tember in Deutschland aufgeliefert worden sind. Gerettet sind nur 1 Sack Drucksachen von der Bahnpost Köln-Verviers und 4 Säcke Drucksachen von der Bahnpost Hannover-Boxtel für die Transvaal-Kolonie sowie die gesamte Briespost von der Bahnpost Hannover-Boxtel für Delagoabai. Bibliothek Otto Deneke. — Die Firma Joseph Baer L Co., Frankfurt a. M., versteigert vom 19.—2l. d. M. die ungemein wertvolle Bibliothek des vr. Mr. Otto Deneke (Göt tingen), die hauptsächlich »Deutsche Literatur des 18. und 19 Jahrhunderts« enthält und besonders reich ist an Erstausgaben und textkritisch wertvollen Drucken von Klopstock, Lessing, Wieland, Goethe, Schiller, von den Romantikern, von Heine usw. vr. Deneke es ihm unmöglich, seine Büchersammlung weiter auszubauen und wissenschaftlich so zu benutzen, wie er es wünschte. Wie vr. Deneke seine Sammlung nach geschichtswissenschaftlichen Ge sichtspunkten zusammenstellte, so hat er sie auch wissenschaftlich als Material für bibliographische Untersuchungen zu nützen ge sucht, was unter anderm die von ihm herausgegebenen Beiträge zur Goethe-Bibliographie dartun. Weit davon entfernt, die Be deutung der Bibliographie als historischer Disziplin zu über schätzen, meint vr. Deneke aber doch, daß sie einen etwas besseren Platz im Kreise der historischen Hilfswissenschaften verdiente, als man ihr bisher eingeräumt hat, und daß man es beispielsweise wohl als eine Kuriosität bezeichnen darf, daß in der weitläufigen ja schon gänzlich unübersehbaren Literatur über Goethes Faust sich nirgends eine erschöpfende Darstellung der Druckverhältnisse der ersten Ausgaben, der rechtmäßigen und der unrechtmäßigen, findet, und daß in den gelehrtesten Kommentaren und Mono graphien seit Jahren immer dieselben Jrrtümer und Ungenauig- keilen wiederholt werden, ohne daß von den zahlreichen Faust- Spezialisten sich einer die Mühe machte, die Fragen in einer genauen Untersuchung endgültig zu erledigen. Als den an Seltenheiten reichsten Teil seiner Sammlung be zeichnet vr. Deneke die Lessing-Gruppe, bei der er vom Sammler glück besonders begünstigt war. Die Sammlung WielandscherJugend- schriften bei Deneke ist reichhaltiger, als sie in ähnlichen Samm- lungen zu sein pflegt. Seiner Sammlung von Goethe-Drucken, von denen die Nrn.348,359a, 373,397 bisher den meisten Goethesammlern unerreichbar geblieben sind, hat vr. Deneke versucht durch ein dringlichere Beurteilung und richtigere Gruppierung der vor handenen Drucke einen besonderen Wert zu geben. Die Reihe der Schiller-Drucke ist ziemlich vollständig und würde allein ge nügen, um zum 10. November dieses Jahres eine ganz hübsche Schiller-Ausstellung damit zu veranstalten. Mit nicht geringem Erfolg hat Vr. Deneke die Schriften der Stürmer und Dränger zusammengebracht. Bei Lenz, Klinger, Maler Mütter, Heinse wird man keinen wichtigeren Einzeldruck vermissen. In der schönen Sammlung von Romantiker-Drucken ist die schönste die Brentano- Sammlung. Von Heine, Jmmermann, Platen, Grillparzer, E. T. A. Hoffmann, Hebbel liegen vollständige Reihen der Einzel werke vor, ebenso von Schopenhauer; von späteren Dichtern wurden nur einzelne repräsentative oder aus besonderen Gründen interessierende Stücke in die Sammlung ausgenommen. manche andere vor ihr liebe- und mühevoll ^zusammengestellte Bibliothek in kurzem nach allen Richtungen zerstreut werden. Ihren Katalog werden aber Liebhaber, Literarhistoriker, Biblio graphen und Antiquare sorgfältig aufbewahren, da er eine große Menge von wichtigen Feststellungen und Nachweisen Denekes ent hält. Nur einige Beispiele seien herausgehoben: Bisher galt der von Christian Friedrich Himburg in Berlin veranstaltete Nachdruck von »v. Goethens Schriften«, drei Teile, 1775 und 1776, als die erste Ausgabe von Goethes Werken. Dieser Vorzug gebührt aber einer bei Deneke vorhandenen Ausgabe von »Des Herrn Göthe sämtlichen Werken«, drei Teile, 1775 und 1776, die bei der Heil- mannischen Buchhandlung in Biel erschien. Die Heilmannsche Ausgabe ist von größter Seltenheit und fehlt bei Goedeke, Hirzel und Meyer. In der Denekeschen Sammlung befindet sich auch eine Nachschußausgabe von Goethes Werken in dreizehn Bänden, Tübingen 1806 bis 18 0, die in den ersten sieben Bänden von dem ersten Druck dieser Ausgabe textliche Ab weichungen aufweist. Diese abweichenden Lesarten sind dann sür die weitere Textentwicklung dadurch von Erheblichkeit ge worden, daß man der Neuausgabe der Werke Goethes von 1815—1819 diese Nachschußausgabe zu gründe gelegt hat, die außerordentlich selten ist. E. v. d. Hellen hat in der Jubiläums- Ausgabe von Goethes Werken Bd. 10 S. 265 auf die große Be deutung dieser Ausgabe für die Textgeschichte des Götz hinge wiesen und mußte sich nach Amerika wenden, um ein Exemplar des 6. Bandes dieser Ausgabe benutzen zu können. In der Wei marer Ausgabe konnten von diesem zweiten Druck (ä?) nur die Bände 5—7 benutzt werden. Die Bände 1—4 sind für die Heraus geber unauffindbar geblieben. Die Sammlung Deneke enthält auch das dritte Stück der höchst seltenen, Forschern und Sammlern fast unbekannt geblie benen »Bibliothek der elenden Scribenten«, 1769, das u. a. die erste gedruckte Besprechung eines Goetheschen Gedichtes bringt. Zu den größten Seltenheiten der Goetheliteratur gehört Deneke Nr. 373: »Works of Ossian«. 4 vols. 1773—1777. Herausgeber dieser Ossianausgabe sind Goethe und Merck; Goethe hat auch die Titelblätter dazu radiert (s. Zeitschr. f. Bücherfr. 11. Jahrg. S. 283 —286). Dieses Werk wird nunmehr zum erstenmal öffentlich an geboren, war bis vor kurzem den Goetheforschern unbekannt und scheint auch kaum in öffentlichen Bibliotheken vorhanden zu sein. Deneke Nr. 374, die erste Ausgabe des Goetz, 1773, ist sehr selten Neudrucke vorhanden. Der Nr. 378, Goetz 2. Ausl. 1774, ist ange bunden: »Ueber Goetz von Berlichingen«. Eine dramaturgische Abhandlung (von Christian Heinrich Schmidt), Leipzig, Weygand, 1774. Diese recht seltene Schrift ist die erste selbständig in Buch form erschienene Monographie über den 25jährigen Dichter (Goedeke IV. 648, 10 e). Zu den größten Seltenheiten der Goetheliteratur gehört auch Nr. 381: »Prolog zu den neusten Offenbarungen Gottes«, verdeutscht durch l)r. Carl Friedrich Bahrdt, Gießen 1774. Bon dieser Schrift, in der Goethe die Geschmacklosigkeit der Bahrdtschen Modernisierung der Bibel geißelt, erschienen 1774 zwei Drucke, deren erster an dem Druckfehler »1M1.« auf Seite 1 zu erkennen ist. Nr. 384 ist die erste Ausgabe von »Clavigo«, wovon 1774 noch fünf andere Drucke erschienen. Der erste Druck ist an dem Druckfehler »Trutz« auf S. 96, Bd. 7 v. u. zu erkennen. Die andern Drucke haben »Trotz«. Der seltene erste Druck der ersten Ausgabe der »Leiden des jungen Werthers«, Leipzig 1774, ist an dem Druckfehlerverzeichnis auf S. 224 zu er kennen und weist in dem Denekeschen Exemplar an fünf Stellen Kartons auf. Die 1787— 90 bei Göschen erschienenen Einzelausgaben der Goetheschen Schriften sind in der Sammlung Deneke sämtlich vorhanden (Nr. 413—30). Die daneben im Handel vorkommenden Einzelausgaben, die nicht auf dem Titel als »ächte Ausgabe« be zeichnet sind, sondern etwa als »aechte« oder »echte Ausgabe« oder fragments, von dem es nur zwei ächte Einzeldrucke gibt (Deneke Nr. 425, 426). Der erste echte Sonderdruck der Göschen- schen Ausgabe der »Leiden des jungen Werthers«, 1787, ist der einzige von den echten Göschenschen Einzeldrucken, der nicht als die Norm »Goethes W. 1. B.«, während die anderen Bogen wie alle anderen echten Göschenschen Einzeldrucke keine Norm haben. Die erste echte Ausgabe des Göschenschen Faust, 1790, trägt die Bezeichnung »ächte Ausgabe«, hat keine Norm und ist daran zu erkennen, daß die drei letzten Zeilen von Seite 144 auf Seite 145 oben nochmals abgedruckt sind Diese erste Aus gabe ist ungewöhnlich selten und kostbar. Schon 1882 schrieb Holland in der Einleituug zu seinem Neudruck des Faustfragments, bei dem er Hirzels Exemplar als Vorlage benutzte: »Dieser erste Sonderdruck des Faust scheint heute in Deutschland so gut wie verschwunden zu sein. Hirzel selbst hat ein Exemplar in England, wohin so manche Seltenheit wandert... erworben.« Der andere Druck dieser ersten Faustausgabe von 1790 ist ohne die Zeilenwieder- 1592«