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Vr LS7. 1. November 1-3S. Erzgebirgischer Volkssreund. Verlag: L. M. Gärtner, Aue. L Beiblatt. Der Sternenhimmel im November. Do« Sünler Archenhold, Direktor -er Treptow-Sternwarte. Der November ist in meteorolo gischer Hinsicht gleich dem April eine der ungünstigsten Perioden des ganzen Iahres. Sturm und Regen, abwech selnd mit den ersten Schneeschauern kennzeichnen diesen echten tzerbstmonat. Zu keiner Jahreszeit findet man zwi schen zwei Monaten einen so bedeu tenden Temperaturabsturz wie zwischen vem Oktober und November. Die mitt lere Luftwärme sinkt um 3»/» Grad aus 4 Grad Celsius herab, dagegen nimmt durchschnittlich die Zahl der Regen tage im November zu. Zu Beginn des Monats weilt die Sonne 9Vs Stun den, Lnde November nur noch 8 Stun den über dem Horizont. Die Mittags höhe des Tagesgestirns sinkt in Mit teldeutschland von 23 Grad auf 16 Grad herunter, da die Sonn« bei ihrem Iah- reslauf dem südlichsten Punkte ihrer Bahn zustrebt. Mit der Sonne wan dern Licht und Wärme auf die süd liche Halbkugel der Erde, und während bei uns der feuchtkalte November sei nen Einzug hält, beginnt dort der Lenz. Am Fixsternhimmel haben wir z-u Beginn des Monats um 22 Uhr, ge gen Mitte um 21 Uhr und schließlich am MonatseiGe um 20 Uhr den An blick, wie ihn unsere nebenstehende Sternkarte zeigt. Am Osthimmel be ginnen die prachtvollen Wintergestirne cmporzusteigen. Wir sehen di« Zwil linge mit den tzauptsternen Kastor und Pollux, den Fuhrmann mit der Hellen Kapella, den Stier mit dem rötlichen Aldebaran und dem Siebengestirn, und am Horizont den nunmehr vollständig aufgegangenen Orion. Der Schul ter stern Beteigeuze dieses einen Jäger darstellenden Sternbildes gehört zu den interessantesten Sternen des ganzen Himmels. Er fällt dem bloßen Auge durch sein rötliches Licht auf. Durch genaueste Messungen gelang es den Astronomen der Mount Wilson-Sternwarte vor einigen Jahren, den wirklichen Durchmesser zu bestimmen. Dieser Stern, der etwa 160 Lichtjahre von uns entfernt steht, gehört zu den Riesen am Himmel; sein Durchmesser von 350 Millionen km. ergibt eine so große Kllgel, daß die Sonne mitsamt der Erdbahn bequem in ihr Platz hätte. Es sind nur wenige Sterne bekannt, die Beteigeuze an Größe übertreffen. Es sind dies gleichfalls rote Sterne, wie z. B. Antares im Skorpion, dessen Größe aüsrei- chen würde, um sogar di« Marsbahn in sich aufzunehmen. Die Milchstraße zieht sich zwischen dem Orion und den Zwillingen im Osten ausgehend durch Fuhrmann, Per seus und Kassiopeia zum höchsten Punkte des Himmels und weiter durch Kepheus, Schwan und Adler zum West punkte des Horizontes hinab. Durch sie wird der Him mel fast genau in zwei Hälften geteilt. Bon den Planeten erscheint diesmal keiner auf un serer Karte. Saturn, der den Abendhimmel ziert, ist mit den ersten Sternen des Steinbocks im Südwesten verschwun den. Er ist oon Eintritt der Dunkelheit an am 1. No vember nur noch bis 21-/r Uhr, am 30. November sogar nur bis 19-/, Uhr in niedriger Stellung im Südosten zu sehen. Die drei anderen großen Planeten Mars, Ju piter und Venus sind noch nicht aufgegangen. Von die- sen erscheint zunächst Mars kurze Zeit vor Mitternacht, Jupiter geht nach 1 Uhr früh und Venus, der Helle Mor genstern, kurz nach 3 Uhr auf. Der Mond steht am S. November im Ersten Viertel, am 13. ist Vollmond, am 21. Letztes Vertel und am 28. Neumond. Wie im Vormonat durchwandert der Erdtra bant die Strengruppe der Plejaden, wobei einige Sterne hinter ihm, verschwinden. Man beobachte diese Stern bedeckungen mit einein Feldstecher oder Fernrohr in den Nachtstunden vom 13. zum 14. November. In der Zeit vom 10. bis 17. November, in diesem Jahr leider durch den Hellen Mondschein erschwert, ist der Sternschnuppenschwarm der Leoniden zu beobachten. Trotzdem wird man gerade in diesem Jahre den Leoniden^ erhöhte Aufmerksamkeit widmen. Dieser Schwarm ist durch seine überaus reiche Entfaltung in den Jahren 1799, 1833 und 1866 berühmt geworden. Das erwartete Schauspiel im Jahre 1899 ist leider ausgeblieben, weit der Riesen planet Jupiter die Sternschnuppenmassen aus ihrer Bahn abgelenkt hatte. Jetzt sind wiederum 33 Jahre verflossen, und möglicherweise, wenn auch nicht mit allzugroßer Wahr scheinlichkeit,-: ntfaltet sich der Leonid enschwarm zu großer Pracht. . * VvrlSvfig«» der Wahle« zur Gewerbe, knmner. Dl« Wahlen in der Grupp« Handwerk zur Ge werbekammer Plauen hat «in« überwiegende Stim men Mehrheit sür die List« 2 der Nationalsozia listen erbracht. Die Wahlbeteiligung betrim etwa 22 »/,. U. a. gilt Tapeziererobermeister Albert Geb Hardt-Aue als gewählt. Für di« Wahlgruppe Handel und Gewerbe lag nur «in« gültig« Liste vor. Die in ihr Borgeschlagen«« gelten danach als gewLhlt, u. a. Gastwirt Hermann Lein- Schwarzenberg. * Bom Eknkellern der Winterkartoffeln. Die Land- wtrtschaftskamm«r macht darauf aufmerksam, daß jetzt g«. rad« noch Zeit ist, den Bedarf an Winterkartoffeln einzu decken. Wer Geld, Zeit und Aerger im Haushalt sparen will, tut gut daran, sich möglichst noch in diesen Tage« vor Eintritt der langen Frostperiod«, mit zuverlässige« Lieferanten wegen rechtzeitiger Beschaffung des Winter- Vorrates an guten Speisekartoffeln in Verbindung zu setzen. Jetzt sind noch, wie meistens um diese Jahreszeit, di« Kartoffelpreise besonders vorteilhaft. Der Kartoffel-, Vorrat im Keller gewährt das beruhigende Gefühl einer ausreichenden Versorgung des Haushaltes mit einem der wichtigsten Nahrungsmittel für die Familie in den Winter monaten. Di« Hausfrau wird überdies w«sentlich in ihrer Arbeit entlastet, wenn die Beschaffung kleiner Posten Kar toffeln xür den täglichen Bedarf, die immer wieder heran, geholt werden müssen, für längere Zeit entbehrlich wird. Bei diesem Einkauf hat sie auch nicht die Gewähr, die ihr zusagenden erprobten, sowie gleichmäßig und gut kochen den und verwertbaren Sorten regelmäßH zu erhalten, son dern wird ost auf das angewiesen sein, was im Laden ge rade vorhanden ist. Verluste am eigenen Vorrat sind nicht zu befürchten, wenn die Kartoffeln sachgemäß in einem trockenen, kühlen Keller (Vorsicht bet Dampfheizung!) ge- lagert und behandelt werden. Das nach Bedarf zu wie derholend« Abkeimen der Speisekartoffeln macht sie lange haltbar und verhindert auch fühlbare Verluste an ihrem hohen Nährstoffgehalt. * Tuche und Wollwaren aus deutscher Schafwolle. Technische Untersuchungen haben ergeben, daß dis deutsch« Wolle di« best e Wolle der Welt darstellt. Zur Er haltung der deutschen SchafbestLnde ist es überdies unbe dingt erforderlich, daß deutsche Schafwolle vorzugsweise verarbeitet wird, zumal in den Wolkvaren aus deutscher Wolle kein ausländisches Gsld steckt. Außerdem ist der Preis für ungewaschene deutsche Woll« für einen Zentner gegenüber von 82 Mk. im Jahr« 1913 auf 25 Mk. im Som mer 1932 gefallen. Man sollte auch daran denken, daß durch den Erwerb von verarbeiteter deutscher Wolle un. endlich viele Familien, di« in tz«imarbeit Wollsachen aus einheimischer Schafwolle Herstellen, ihren täglichen Brot- erwerb finden. G * * Lobenstekn. Der Landwirt Kupfer aus Lückenmühle hatte den Offenbarungseid geleistet, dabei aber einen Bar besitz von 15 Mark, der angeblich seinem Schwiegersohn gehörte, verschwiegen. Nach Familienstreitigkeiten erstat tete der Schwiegersohn Anzeige beim Gericht. Jetzt wurde Kupfer zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt. * * Dresden. Im Zusammenhang mit den Verhaf tungen in Dresden, über die der „E. V." bereits berich tete, wird mitgeteilt, daß nach Angabe der Polizei das Bestehen einer Spezial-Organisation erwiesen ist, di« Vor bereitung zum Hochverrat betrieben hat. Bisher wurden zwölf festgenommene Kommunisten der Staatsanwaltschaft zugeführt. Umfangreiches Material an Waffen und Mu nition ist beschlagnahmt worden, die Polizei will darüber hinaus Waffengeschäften auf di« Spur gekommen fein. Konzerte, Theater ete.H Reformattonskanfale in Sl. Nkeolal. Professor Albert Fischer singt in Aue. Es gehört auch in Aue zur guten, alten Tradition, zum Keformationsfest, das in Sachsen durch einen eigenen Feiertag besonders gewürdigt wird, musikalische Feierstunden zu bieten. Die Musikaufführung, mit der Kirchenmusikdirektor Semm- l e r gestern nachmittag die stattliche Festgemeinde in der Nico- laikirche überraschte, gefiel nicht nur infolge eines ganz vor züglichen Programms, sondern sie bedeutet mit dem Gastspiel eines berühmten Auer Kindes zugleich «inen Markstein und Höhepunkt in der kulturellen Entwicklung unserer Stadt. Einem Orgelvortrag „Allegro maestoso" (aus der Sonate 6-Dur von Edv. Elgar) durch Meister Pöhler, dessen vollen dete Registrierkunst bei diesem an technischen Schwierigkeiten reichen Satz voll zur Geltung kam, folgte als Ehorgesang Gustav Adolfs Feldliedlein „Verzage nicht, du Häuflein klein". Zeigte sich der ungewöhnlich starke Chor der Kantorei- gesell schäft bei diesem vielstimmigen Tonsatz noch etwas unfrei und schwer, so löste er sich später bei der Reformations kantate vollständig von jedem retardierenden Element, um in einer Klangfrische und chorischen Exaktheit zu singen, die zu sammen mit dem vorzüglichen Spiel des Orchesters die musi kalische Aufführung zu einer der schönsten und eindrucksstärk sten werden ließen, die wir je in Aue hörten. Zunächst aber sang Professor Albert Fischer, ein Kind unserer Stadt, zwei Lieder für Daß und Orgel von E. U. v. Rezicnek. Schon hier bereitete der gottbegnadete Sänger, dessen Organ sich durch sonoren, warmen Klang und durch ein schier fabelhaftes Volumen bei präziser Aussprache und einem leichten Tremolo auszeichnet, den Zuhörern einen besonderen Genuß. Die höchsten Triumphe aber feierte auch diese Stimme erst in der nachfolgenden Kantate von Albert Becker, die der Daßpartie ein gewaltiges Ptznsum an solistischer Leistung auf. bürdet. Die Reformationskantate, deren Bedeutung der „E. V." bereits in einem Dorbericht würdigte, ist nach Worten der Bibel mit Hinzufügung zweier Choräle und eines Liedes von Luther innvoll zusammengestellt und geradezu prächtig vertont. An ,er wirklich gelungenen Aufführung dieses Meisterwerkes deut- cher Tonkunst hatten besonderen Anteil die Stadtkapelle, Organist Wilhelm Pöhler (Orgel) und Studienrat Schrei- ner, der auch diesmal wieder den Flügel meisterte. Wie be- reits bemerkt, war auch der Chor der Kantoreigesellschaft in seinen Leistungen ganz groß. Unter Kirchenmusikdirektor Semmlers kraftvoll zwingender und dock melodisch-leichter Stabführung wurde hier ein Werk geboten, dessen ungeheurer Eindruckskraft sich niemand entziehen konnte. Chor- und Orchesterstellen wie das wundersame ,Licht ist dein Kleid" und das getragene Unisono „Harre des Herrn" bleiben unvergeß lich in Herz und Gemüt haften. Schade, daß man der ungewöhnlich starken Solokraft des Bassisten nicht eine ebenbürtige Partnerin im Sopran gegen überstellen konnte. Frau Elisabeth Pöhl er-Aue, der man diese Partie übertragen hatte, zeigte sich der Aufgabe nicht ganz gewachsen. Gewiß ist die Stimme dieser Sängerin, die wir in den Konzertsälen unserer Stadt oft verdiente Lorbeeren ernten sahen, im getragenen Ton und bei Pianostellen warm, innig, seelenvoll, doch kann sie in Höhenlagen, noch dazu bei Fortis, weniger befriedigen. Die Altistin, deren kleiner Part allerdings kaum zur Kritik herausfordert, konnte sich nicht durchsetzen. Aber was hatten diese geringen Mängel bei der glanz vollen Gesamtleistung zu bedeuten! Die gewaltigen Chöre der alten Trutzlieder Luthers, vorbildlich exakt zur Orchesterbeglei tung vorgetragen, brausten durch die weiten Hallen der schonen Kirche und rissen die Herzen mit fort, mit hinauf zu Gott. Dank euch allen, die ihr uns zum Reformationsfest solch herr liche Gaben geschenkt habt! —dt. Aue, 1. Nov. Im Stadtkaffee gab am Sonntag die beliebte Solistenkapelle Robert Lockay ihren Abschieds abend, der sich bei starkem Andrang des Publikums und bei den anerkannt vorzüglichen Leistungen des Musikertrios zu einem Ehrenabend für die Scheidenden gestaltete. Noch ein mal ließen die Künstler ihr vielseitiges Können — jeder be- herrscht meisterhaft mehrere Instrumente — in der reichen Skala klassischer, romantischer und neuzeitlicher Musik spielen. Violinvirtuos Lockay bot als Solist einen feurigen Csardas, Zigeunerweisen und andere Dravourstückchen, in denen er mit Grifftechnik und hoher Ausdruckskunst wie immer begeisterte. Rhythmisch beschwingte Iazzweisen zeigten den Letter der Kapelle als Meister der Trompete und des Saxophons. Pianist Otto Lücke, der in ganz vorzüglicher Weise die Tangohar- monika bedient, erntete wiederum als Sänger den stärksten Beifall. U. a. sang er zum Abschiedsabend das stimmungstisfe Lied von Linke „Es war einmal". Den vielgeliebten Löns- schlager „Grün ist die Heide" zwang ihm stürmischer Applaus auch zum letzten Abend ab. Konrad Bauer, ein Cello- solist von Format, gab zu später Stunde am Schlagzeug dem Trio den Charakter einer Stimmungskapelle. An Blumen und andern Präsenten fehlte es den Musikern, die nach Frankfurt a.M. („Brückenkeller") und für die Wintersaison nach Oberhoff verpflichtet wurden, zu ihrem Abschiedsabend in Aue nichts Da Kapellmeister Lockay bereits dreimal in unserer Mulden-! stadt engagiert war — das letzte Gastspiel erstreckte sich über - sieben Monat« — darf man der Kapelle mit den besten Wün- schen für die Zukunft vielleicht sogar ein „Auf Wiedersehen!" nachrufen. —i— * h. Neustadt«!, 1. Nov. D«r Reformationsfest-Gottes dienst wurde durch die Mitwirkung des Freiw. Kirchen chores besonders feierlich gestaltet und verschönt. Unter Leitung von Oberlehrer i. R. Bauer trug der Chor in vorzüglicher Ausführung als Einganqslied Gustav Adolfs Feldliedlein „Verzage nicht, du Häuflein klein", weiterhin Bart. Heldens (1585—1635) „Es muß uns doch gelingen" und dann das Reformationslied „An die deutsche Na tion" von Max Bruch vor. Die Festpredigt von Pfarrer Frommhold aus Aue über di« Mahnung Petri: „Man muß Gott mehr gehorchen denn den Menschen", war Son tiefer erbaulicher Wirkung. Di« frommen Weisen des Po saunenchores begleitete die große Schar der Kirchgänger auf ihrem Heimwege. — Di« dritte Gastpredigt um die er ledigte erste Parrstelle. welche Parrer Weickert aus Hör nitz b. Zittau hält, erfolgt erst am 13. November. Au« den Kino« An«, 1. Nov. Es ist schade, daß wir in Anbetracht der Berichtssülle, welche die beiden Feiertage angesammelt haben, das reizend« Programm der Adler-Lichtspiele nicht ausführlicher würdigen können. Der Tonfilm ,.F rau LehmannS Töchter" lst wieder einmal ein Werk deut scher Filmindustrie, das nicht nur glanzvolle äußer« Auf machung, sondern auch ein« Handlung hat, di« sozusagen mit beiden Füßen fest lm Leben steht. Die Menschen, Lie hier auftreten, sind Männer und Frauen von Fleisch und Blut, mit Vorzügen und Schwächen, nicht schwarz-weiß- Figuren, nicht Engel oder Teufel, wie die Kunst der neun ziger Jahre sie in Literatur und auf den Brettern liebt«. Nnd dann die Schauspieler, sie sind durchweg wirklich erstklassige Filmgrößen. Unerreicht Hansi Niese als treu sorgend« Mutter, die «Iles für ihre drei Mädels tut, auch einmal, «in einziges Mal in ihrem Leben: schwindeln! Herta Thiele, Else Elster und Carla Carlsen sind die im Charakter so grundverschiedenen Töchter. Kampers, Potntner und Sigurd Lohde («in famoser Sänger) -ergän zen dies«« Reigen namhafter Künstler. Tontechnisch ist dieser Film von besonderem Reiz, sind doch viel« und gut« Stimmen in Li«d«rn und Schlagern aller Art zu hören.— Das Beiprogramm ist reichhaltig und interessant wie immer.