Volltext Seite (XML)
Der Prozeß um die abgefetzlen Preußenminisler Neuer Derfafsungskonslikt. Et»e be-auerliche Snlschlietzung -es Auhenausschusses Lotio, 12. Ott. Das Außenministerium dementiert entschieden das Gerücht, daß Japan wegen eines Bünd. Nisse» an Frankreich herangetreten sei. Barrikaden in Belfast. Belfast, 11. Okt. Arbeitslose versuchten heute U m. züge zu veranstalten. Die Polizei ging mit dem Gummi knüppel vor. In den Straßen patrouillieren Panzerwagen. Im Laufe des Nachmittags nahmen die Unruhen einen derar tigen Umfang an, daß die Stadt durch einen Polizeikordon abgesperrt werden mußte. Von den Aufrührern wurden Gra ben aufgeworfen und Barrikaden errichtet. Die Beamten wurden mit einem Steinhagel empfangen. Das Betreten der Straßen zwischen 11 Uhr abends und 5 Uhr morgens ist ver boten worden. Der Zutritt zur Stadt ist gesperrt, der Auto bus- und Straßcnbahnverkehr ist eingestellt worden. Erst nach Mitternacht trat in der Stadt Ruhe ein. Nu» in einem Bezirk wurde noch auf die Polizei ge schossen, sobald sie sich zeigte. In diesem Bezirk streifen noch Panzerwagen durch die Stadt. Der Bestand der Polizei ist durch weitere 500 Mann, die am Abend aus der Umgebung in der Stadt eintrafen, auf 2500 verstärkt worden. Im ganzen befinden sich 31 Personen in den Belfaster Kranken häusern. Berlin, 11. Okt. Reichsaußenminister Freiherr v. Neu rath ist heute abend in Berlin eingetroffen. Paris, 12. Okt. Wie Matin berichtet, hatte Minister präsident Herriot gestern eine lange Unterredung mit dem französischen Botschafter in Berlin, Francois Poncet. Berlin, 11. Okt. Dr. Goebbels hat die Aufforderung der Deutschnationalen, in einer Versammlung als Redner auf- zutreten, angenommen. Aoburg, 11. Okt. Der Staatskommlssar hat die für nächsten Sonntag geplanten nationalsozialistischen Ver anstaltungen verboten mit Ausnahme einer Kund gebung, auf der Hitler die Ehrenbürgerurkunde überreicht wird. Das Reich will mit den Ländern gehen. Der Kanzlerbesuch in München. München, 11. Okt. Bei seinem Besuch in München er klärte Reichskanzler v. Papen auf die Begrüßungsansprache der bayrischen Regierung u. a.: Sie wissen, daß es von An beginn meiner Regierung an mein großes Ziel gewesen ist, mit den Ländern und durch die Länder, deren außer ordentliche Wichtigkeit und Bedeutung in kultureller und völkischer Beziehung ich nie übersehen und stets hoch anerkannt habe, das neue Reich zu bauen. Cs ist mir ein besonderes Bedürfnis, den nötigen Kontakt mit den Ländern zu pflegen und in offener Aussprache über die schwebenden Fragen die Meinungen auszutauschen, die auf dem schweren Wege vor uns liegen. Bei dem Besuch des Kanzlers im Landtag erwiderte Reichskanzler v. Papen auf die Begrüßungsansprache Dr. Stangs, die Herren dürften gewiß sein, daß die Belange Bayerns in Berlin immer ein offenes Ohr finden würden. Das Reich sei leider so arm wie die Länder; aber wenn es sich irgendwie ermöglichen ließe, werde bestimmt den Ländern geholfen werden. Es werde nie vergessen werden, was die Länder — und speziell Bayern — dem Reich geleistet haben. Dann begab sich der Reichskanzler zum Rathaus, um auch der Stadt München seinen Besuch zu machen. Nachdem er die Begrüßungsworte des Oberbürgermeisters erwidert hatte, trug sich der Reichskanzler in das Goldene Buch der bayrischen Landeshauptstadt ein. Trier, 11. Okt. Ein französischer Militär, doppeldecke r, der aus Richtung Diedenhosen kam, Uber- flog heute kurz nach 16 Uhr den deutschen Grenzort Perl an der Mosel. Nach mehrmaligem Kreuzen über Oberperl flog der Apparat über luxemburgisches Gebiet nach Frank- reich zurück. Der Vorfall wurde den deutschen Behörden gemeldet. Nationalsozialistische Versammlung verboten Berlin, 11. Ott. Die für morgen abend angesetzte Kundgebung der NSDAP, im Sportpalast, in der neben Dr. Goebbels der Präsident de» Preußischen Landtages Kerrl, sprechen sollte, ist vom Polizeipräsidenten verboten worden. Das Verbot wird damit begründet, daß von national sozialistischer Seite in der letzten Zeit seit Beginn des Wahl kampfes zahlreiche Versammlungen politisch andersdenkender mit dem Ziel der Sprengung gestört wurden. * So bedauerlich die Krawalle in den Berliner Versamm lungen der DNVP. waren, so scheint uns die daraus gezogene Folgerung in diesem Augenblick nicht richtig. Nachdem Dr. Goebbels sich zu einer öffentlichen Erörterung in sachlichen Formen erboten hatte, wäre es richtiger gewesen, den Verlauf dieser Versammlung im Sportpalast abzuwarten. Während in Leipzig die juristischen Sachverständigen mit- einander erbittert ringen, hat sich in Berlin durch das Der- halten de» Auswärtigen Ausschusses Hin neuer Verfassungs- konflikt entspannen. Der Auswärtige Ausschuß war von dem nationalsoz. Borsitzenden Dr. Frick auf Dienstag zusammen berufen worden. Reichsaußenminister Freihexr v. Neurath hatte auf die sachliche Untunlichkeit einer Aussprache gerade zu diesem Termin hingewiesen, weil sämtliche außenpolitischen Verhandlungen noch im Fluß sind. Darüber hinaus aber ist bekanntlich der Konflikt zwischen der Reichsregierung und dem Reichstagspräsidenten wegen der Reichstagsauflösung noch immer unerledigt. Infolgedessen hat Freiherr v. Neurath sich geweigert, im Auswärtigen Ausschuß zu erscheinen. Der Aus wärtige Ausschuß hat nun zu einem gewaltigen Gegenstoß aus geholt. Er hat einen Antrag der Nationalsozialisten, des Zen trums und der Bayerischen Dolkspartei angenommen, dem übrigens auch die Sozilademokraten zustimmten und der als die schärfste Kampfansage des Parlaments gegen die Reichsregierung bezeichnet werden muß. Trug doch das parla mentarische Nachrichtenbüro sogar Bedenken, den Wortlaut dieses Ausschußbeschlusses zu veröffentlichen. Da wird der Regierung verfassungswidriges Verhalten vorgeworfen, weil sie sich ihren verfassungsmäßigen Pflichten gegenüber der Volksvertretung entziehe. Sie wird sogar des wiederholten Verfassungsbruchs bezichtigt, und es wird angedroht, daß es dem neuen Reichstag Vorbehalten bleibe, „daraus die verfas sungsmäßigen Folgerungen zu ziehen". Das ist die Ankündi gung einer Mtnisteranklage. Weiter wird behauptet, daß das Verhalten der Regierung eine schwere Schädigung der außen politischen Stellung des Reiches mit sich bringe. Angeblich soll di« Reichsregierung vor aller Welt bewiesen haben, daß si» nicht den Mut finden, für ihre, von schweren Mißerfolgen in Lausanne und Genf begleitete Außenpolitik einzustehen und eine Unterstützung im Volk und in der Volksvertretung zu suchen. Der Ausschuß ist außerdem der Meinung, daß die außenpolitische Aktion der Reichsregierung infolgedessen von vornherein des nötigen Gewichtes entbehre. Berlin, 11. Okt. Oberstleutnant a. D. Alfred v. Olberg, bisher Mitarbeiter in der Schriftleitung der „Kreuzzeitung", ist zum Reichspressechef des Stahlhelms ernannt worden. Brünn, 11. Okt. Bei den Gemeindewahlen in Asch er hielten dieNationalsozialisten 13 (1928: 4) Mandate, die Kommunisten 10 (10), Deutsche Sozialdemokraten 6 (6), Christlich-Soziale 2 (2), Deutsche Gewerbepartet 2 (3), Deutsche Hausbesitzer 3 (2), Deutsche Wahlgemeinschaft (Alldeutsche Partei und Dt. Nationalpartei) 6 (9), In Seidenschwanz, einer ausgesprochenen Arbeiter- aemeinde im Gablonzer Industriegebiet, war das Ergebnis folgendes: Nationalsozialisten 14 (11) Mandate, Deutsche Na- tionalpartei 8 (7), Kommunisten 8 (8), Tschechen 3 (4). Der Stahlhelm zur VersaNungsrefvrm. Berlin, 11. Okt. In einer Stellungnahme zur Frage der Reichs- und Verfassunasreform schreibt der Stahlhelm: Düd überparteiliche nationale Deutschland fordert seit vielen Jahren grundsätzliche Aenderung in unserer aesamten staatlichen Führung. Damals wurde beispielsweise der Stahlhelm von der »»samten Systempresse verspottet, als er auf dem Berliner Reichssrontsoldatentag im Jahre 1927 ein Programm der neuen Staa»«führung aufstellte, das einen radikalen Bruch mit dem demokratischen parlamentarischen System des neudeutschen Zwischenreiches bedeutete. Heute ist es glücklich soweit, daß die Notwendigkeit einer solchen inneren Reform eigentlich in allen urteilsfähig»« Kreisen des deutschen Volkes erkannt wird. Aber man muß rechtzeitig die wirkliche Bedeutung dieser inneren Wandlung, di, sich in unserem Staatsleben angebahnt hat, voll ermessen, denn schon sind wieder die Kräfte am Werke, die durch eine Verfälschung des Gedankens der autoritären Staatsführung die Entwicklung in eine andere Richtung abbränaen wollen. Bekanntlich ist das Zentrum von jeher der Vorkämpfer der parla mentarischen Forderungen gewesen. Deshalb ist es auch kein Zufall, daß gerade in dieser Zeit das Zentrum mit einem Vorschlag zur Staats- und Reichsreform heraustritt, der zwar geschickt auf den allgemeinen Wunsch des Volkes nach einer autoritären Staatsführung eingeht, im übrigen aber den Versuch macht, die Stellung des Parlamentarismus womöglich noch fester zu verankern. Denn etwas anderes bedeutet es nicht, wenn der Zentrumsabg. Bell den Vorschlag macht, die Rechte des Reichspräsidenten aus Artikel 48 der Reichsver fassung durch ein Gesetz festzulegen, das heißt einzuschränken und die Möglichkeit der Äeichstagsauflösung zu verengern. Nicht in dieser Richtung darf die Reform unseres Verfassungs lebens verlaufen. Wir brauchen eine ganz klare Heraus arbeitung der von den Parteien und vom Parlament unab hängigen Staatsgewalt, und man kann diese Loslösung der Regierungsgewalt von den Kräften des Parteilebens und der wirtschaftlichen Interessengruppe heute gar nickt weit genug treiben. In diesem Augenblick haben wir jedenfalls dringendere Sorgen als etwa die Neubefestigung des parla mentarischen Einflusses. Leipzig, 11. Okt. Der Prozeß des ehemaligen preußischen Staatsministeriums gegen das Reich nahm heute vor dem Staatsgerichtshof seinen Fortgang. Im Auftrage der Reichs regierung gab zunächst Ministerialdirektor Dr. Gottheiner mit ausdrücklicher Zustimmung des Reichskanzlers vor dem Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich folgende Erklärung ab: Eine Vereinbarung des Reichskanzlers mit Hitler über ein Vorgehen gegen Preußen ist nicht getroffen. Verhandlungen darüber haben zwischen ihnen nicht stattgefunden. Auch die Aufhebung des Uniformverbots, die Wiederzulassung der SA. und die Wiedergewährung sonstiger politischer Freiheiten waren nicht Gegenstand von Verein barungen zwischen dem Reichskanzler und Hitler, gehörten vielmehr von vornherein zum Programm der Reichsregierung, die von sich aus entschlossen war, aus Gründen der Gerechtigkeit Ausnahmebestimmungen gegen die Nationalsozialisten zu beseitigen. Reichsgerichtspräsident Dr. Bumke verweist auf den Bericht der Regierung über den Besuch Hitlers bei Hindenburg. Danach habe Hindenburg sein Bedauern ausgesprochen, daß Hitler sich nicht in der Lage sehe, entspre chend seinen vor der Reichstagswabl abgegebenen Erklärungen eine vom Vertrauen des Reichspräsidenten getragene nationale Regierung zu unterstützen. Der Vorsitzende verweist weiter auf ein Schreiben des Landtagspräsidenten Kerrl vom 18. Juni, in dem die Reichsregierung aufgefordert wird, mit der bisherigen Regierung in Preußen Schluß zu machen. Bezüglich der Behauptung des Reiches, Severing habe in einer Unterredung mit Gayl die Einsetzung eines Reichskom- missars in Preußen selbst für durchaus erwünscht bezeichnet, sollen schriftliche Erklärungen der beteiligten Minister dem Staatsgerichtshof vorgelegt werden. Ministerialdirektor Gottheiner, der Vertreter des Reiches, hebt im weiteren Verlauf der Debatte von neuem hervor, daß die Reichsregierung keinerlei Verein barung mit irgendwelchen Parteien über das Vorgehen gegen Preußen getroffen habe. Dieses Vorgehen sei nötig gewesen, da eine Bürgerkrieaslage bestanden habe. Severing selbst habe da» „Vorwärts"°Derbot ignoriert, und doch habe die Reichsregierung zu dieser Zeit noch mit der Einsetzung ihres Kurses gezögert. Im Namen der Reichs regierung protestiert Gottheiner entschieden gegön den Vor wurf, daß andere Beweggründe, als Ruhe und Ordnung zu stiften, für den Kurs der Reichsregierung maßgebend gewesen seien. Dr. Bumke erklärte nach weiteren erregt?» Aeußerun- gen Dr. Brechts, daß gar kein Streit darüber bestehe, daß zwischen Reichsregierung und Nationalsozialisten Besprechun- gen stattgefunden hätten» Der WorUaul -er Entschließung. Berlin, 11. Okt. Im AuswärtigenAusschuß des Reichstags wurde am Schluß der heutigen Beratung folgender Anrrag Dr. Frick (Natsoz.), Dr. Bell (Ztr.) und Graf Quadt (BDP.) angenommen: „In der auf heute anberaumte« neuen Sitzung mit der Tagesordnung: Bericht über die Lausanner Verhandlungen, Abrüstungsfrage, Bericht über die Völrerbundstagung, hat die Reichsregierung wiederum ihr Erscheinen abgrleünt. Da» verfassungswidrige Verhalten der Reich», regierung wird besonders dadurch gekennzeichnet, daß sie sich einerseits mit scharfer Betonung beruft auf die Reichs- Verfassung, um daraus die uneingeschränkte Ausübung aller verfassungsmäßigen Rechte einer vollberechtigten Regierung für sich herzuleiten, daß sie anderseits aber ihrer verfassungs mäßigen Pflichten gegenüber der Volksvertretung sich entzieht. Die Reichsregierung hat sich also durch ihre erneute grundlose Weigerung, vor dem Auswärtige» Ausschuß zu erscheinen, eines wiederholten Verfassungsbruchs schuldig gemacht. Dxm neuen Reichstag bleibt es vorbehalten, daraus die verfassungsmäßigen Folgerungen zv ziehen. Die Weige rung der Reichsregierung, dem Auswärtigen Ausschuß Rede und Antwort zu stehen, bedeutet aber auch eine schwere Schä digung der außenpolitischen Stellung des Reiches. Der Antrag bringt in seiner weitere» Formulierung Wendungen, die zweifellos eine schwere Schädigung unseres außenpolitischen Kampfes um Gleichberechtigung und Wehr- freiheit bedeuten müssen. Er spricht davon, die Reichs regierung finde nicht de» Mut, ihre schweren Mißerfolge in Lausanne und Genf einzugestehen. Ihre außenpolitischen Aktionen würden deshalb von vorn- herein des nötigen Gewichtes entbehren. Zum Schluß fordert er in schärfsten Worten Beendigung diese« Zustandes. Für den Antrag stimmten außer den Antragstellern auch die Sozialdemokraten, die dazu erklärten, es sei eine eigen artige Feier des Harzburger Tages, daß die Sozialdemokraten in die Lage versetzt würden, einem von den Nationalsozialisten gegen eine sogenannte nationale Regierung eingebrachten Antrag zuzustimmen. Die Kommunisten hatten erklärt, daß sie sich an der Abstimmung nicht beteiligen würden. Dann gab Dr. Brecht die vom Vorsitzenden erbeten» Darstellung Severings von der Unterredung mit dem Reichs innenminister, in der nach der Behauptung des Reiches Se vering selbst den Wunsch nach Einsetzung eines Reichskommissars ausgesprochen haben sollte. Nach der Erklärung Severings hat der Reichsinnenminister Frei herr von Gayl ihn eines Tages aus Anlaß einer Personal frage besucht. Severing habe Gayl bei dieser Gelegenheit gefragt, ob die Reichsregierung beabsichtige, einen Reichs kommissar in Preußen emzusetzen. Gayl habe das ver- neint. Darauf habe Severing ganz dringend vor der Ein- setzung eines Neichskommissars gewarnt. Es könnte mög- licherweise noch der Wahl bei Arbeitsunfähigkeit des neuen Parlaments eine Zusammenfassung der Regierungsstellen er forderlich werden. Am besten würde das durch Weiterverfol- qung der zwischen Braun und Brüning bereits verfolgten Pläne geschehen, aber natürlich nicht durch einen gegen Preu ßen eingesetzten Neichskommissar, der die preußischen Minister absetze, Ministerialdirektor Dr. Gottheiner gab ein Tele- aramm des Reichsinnenministers von Gayl zur selben Frage bekannt. Danach habe Mitte Juni dieses Jahres Freiherr von Gayl eine Unterredung mit Severing über Polizei- fragen gehabt. Dabei habe Severing das Gespräch auf die damals in der Oeffentlrchkeit umlaufenden Gerüchte über die angeblich geplante Einsetzung eines Neichskommissars gebracht. Severing habe erklärt, daß er sich an den Erörterungen über diese Frage selbst nicht mehr beteiligt habe, weil er selbst der Meinung sei, daß diese Maßnahme sich nicht werde umgehen lassen. Der Vertretern Bayerns, Staatsrat von Ian, erklärte u. a.: Wir wollen eine Feststellung darüber, was unter allen Umständen im Hinblick auf den bundesstaatlichen Cha- ratter des Deutschen Reiches nicht gemacht werden kann. Bayern versteht unter bundesstaatlichen Charakter den Aufbau des Reiches als Bundesstaat und die Rechte, die den Ländern als im Rahmen der Reichsverfassung selvständi- gen Staaten zustehen. Die Länder wollen, daß die ihnen zu- kommenden Rechte ungeschmälert bei ihnen verbleiben. Die Reichskommissariatsregierung ist keine Landesregierung. In einem Lande kann nur eine Landes- nicht aber eine Reichs- kommissariatsregierung bestehen. Werden also einer Landes- regierung Befugnisse genommen, so bleibt ihren Ministern mindestens die Befugnis zur Vertretung des Landes im Reichsrat. Wir wollen vom Staatsgerichtshof wissen, ob diese Auffassung geteilt wird. Der Vertreter Badens äußerte sich ähnlich. Es folgte dann noch eine langwierige Debatte, bei der Professor Anschütz und Professor Schmitt über rechtsgeschicht- Uche und staatsrechtliche Zusammenhänge sich äußerten. Die Verhandlung wurde dann auf Mittwoch vertagt. Berlin, 12. Okt. Die D. A. Z. spricht von einer unauali- fizierbaren Kampfentschließung, die der Reichsregierung Rache schwöre. — Der Lokalan Zeiger sieht die politische Be- deutung dieses Beschlusses vor allem darin, daß Parteien, die auf die Wahrung der nationalen Rechte Deutschlands immer besonderen Wert legten, der Reichsregierung in dem Augen- blick in den Rücken fielen, in dem sie un schwersten Kampf um die deutsche Rüstungsfreiheit stehe. — Der Tag spricht von einem skandalösen Antrag, der nicht anders als ein Sabotage versuch gewertet werden könne. Es sei sehr notwendig, den hemmungslosen Agitatoren beizubringen, daß sie auch Pflich ten gegenüber der Nation hätten, der sie sich nicht zu entziehen hätten. — Die Börsenzeitung bezeichnet die Entschlie ßung als ein'e „unerhörte Provokation" und Deklamation einiger geltungsbedürftiger Parlamentarier. — Die Deut- sche Ztg. stellt fest, daß dieser Beschluß jede außenpolitische Rücksicht vermissen lasse.