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gemeiner Anzeiger Der Allgemeine Anzeiger er scheint wöchentlich zwei Mal: Mittwoch und Sonnabend. Abonnementspreis incl. des all wöchentlich beigegebenen „Illu strierten Unterhaltungsblattes" vierteljährlich ab Schalter 1 Mk. bei freier Zusendung durch Boten im aus 1 Mk. 20 Pf., durch >ne Post 1Mk. exkl. Bestellgeld. Zeitung für die Ortschaften: Bretnig, Kausw alöe, Großröhrsdorf, ManKenthal und Umgegend. Expedition: Bretnig Nr. 136. Inserate, die 4gespaltene Korpuszeile 10 Pf., sowie Be stellungen auf den Allgemeine« Anzeiger nehmen außer unserer Expedition in Bretnig dieHerren A. F. Schöne Nr. 61 hier und Oehme in Frankenthal entgegen. — Bei größeren Aufträgen und Wiederholungen Rabatt nach Uebereinkunft Inserate bitten wir für die Mittwoch-Nummer bis Dienstag vormittag '/-H Uhr, für die Sonnabend-Nummer bis Freitag vormittag 1,11 Uhr einzusenden. Inserate, welche in den oben vermerkten Geschäftsstellen abgegeben werden, werden an gedachten Tagen nur bis vormittags 9 Uhr angenommen. Reduktion, Druck und Verlag von N. Blhuvlg, Bretnig. 5. Jahrgang. Mittwoch, den 5. Juni MS. Nr. 45. Bekanntmachung, die Landtagswahlliste betreffend. Die Landtagswahllitze für hiesigen Ort ist der gesetzlich vorgeschriebenen Revi sion unterzogen worden, worauf unter dem Hinweis auf das jedem Beteiligten zustehende Recht der Einsichtnahme und auf die Notwendigkeit, etwaige Einsprüche gegen den Inhalt dieser Liste rechtzeitig bei dem Unterzeichneten anzubringen, hiermit ausdrücklich aufmerksam gemacht wird. Bretnig, den 4. Juni 1895. Der Gemeindevorstand Gebler. Dertliches und Sächsisches. Bretnig, den 5. Juni 1895. Bretnig. Sparkassenbericht auf Mai d. I. In 93 Posten wurden 6036 Mk. 40 Ps. eingelegt, dagegen in 33 Posten 4635 Mk. zurückgezahlt, 20 neue Bücher ausgestellt Und 7 kassiert. — Die Gefährlichkeit der Insektenstiche sll mit Eintritt der warmen Tage wieder be sonders zu berücksichtigen, nicht etwa wegen ihres eigenen Giftes, sondern besonders wegen shres Besuches von allen möglichen verwesen- Een Stoffen und Weiterverschleppung des ^ichengfftes. Es ist darum ratsam, bei den Mtouren auch der Vorsicht zu gedenken und ein Fläschchen mit Salmiakgeist mit sich führen, um mit solchem schnell die Stich le einzureiben, da dadurch das Gift neu- Misiert und unwirksam wird. — Am 14. Juni dieses Jahres findet "uf Grund des Reichsgesetzes vom 8. April und -er Bekanntmachung des Herrn Reichs- Mzlers vom 16. April dieses Jahres, sowie Verordnung des Königlichen Ministeriums Innern vom 30. destelben Monats eine Berufs- und Gewerbezählung unter Mitwirk- M der selbständigen Ortseinwohner statt. Mit Rücksicht auf die Wichtigkeit der Zählung zuversichtlich erwartet, daß jeder Ver achtete die erforderlichen Angaben nach den den Zählbogen u. s. w. abgedruckten An- Aungen vollständig und mit größter Gewisten- Mgkeit bewirkt, auch die Durchführung der Mung nach Kräften unterstützt. Wer die Grund des vorgedachten Reichsgesetzes an ^ gerichteten Fragen wissentlich wa^rheits- beantwortet, oder diejenigen Angaben »fachen verweigert, welche ihm nach diesem Dietze und den zu seiner Ausführung erlasse- Vorschriften obliegen, wird mit Geldstrafe ° P 30 Mk. bestraft. -- Von der Pferdebahn überfahren wurde Montag mittags auf der Struvestraße in ^d?n der 11jährige Sohn des Herrn Direk- h? Pollatz. Dem bedauernswerten Kinde, nst von schwerer Krankheit genesen gingen die Räder eines Pferdebahnwagens die Beine in der Kniegegend. Der arme der das Bewußtsein nicht verlor, wurde leinen Wunsch zunächst zu seinen Eltern ^cht. Der Unglücksfall ereignete sich Ech, daß der Knabe auf den in voller begriffenen Wagen springen wollte, da- tz^glitt und unter die Räder geriet. Ein wußte dem Unglücklichen abgelöst werden. i» Zum Distanzritt Dresden-Leipzig wird Berichte des „Oschatzer Tageblattes" hervorgehoben, daß Augenzeugen berich- A Pferd sei mit handgroßen Löchern in der Auken an das Ziel gekommen, während tz- Zester große Fetzen Fleisches in den En hängen hatte. Bald darauf brach Pferd zusammen. Welch entsetzliche harzen e» während des Rittes durch- de,, müssen! Nicht viel bester ist es wohl de» ^eren sechs, ebenfalls verendeten Pfer ds ^gangen und es gewährt keinen Trost, ^ch ein oder zw-i Reiter in» Kranken- s geschafft werden mußten. — Aus Dresden liegt die Mitteilunzs vor, daß der Waldschlößchen-Park den Sozial-; demokcaten nicht mehr zur Verfügung steht. Die „Sächs. Arbeiter-Zeitung" schreibt hier über, daß die Beauftragten der Arbeiter be treffs der Veranstaltung eines Sommerfestes in dem genannten Parke „rundweg abgewie sen" worden seien, während ein anderes Dresdener Blatt die Sache wieder so oar- stellt, als ob die Ablehnung nicht von dem Aufsichtsrat der Waldschlößchen-Brauerei, son dern von dem Restaurationspächter Ebert ausgegangen sei. Nach der Weigerung des letzteren, die Bewirtschaftung zu dem beregten Zwecke zu übernehmen, habe sich die Brauerei- Verwaltung an den Nat zu Dresden mit der Anfrage gewendet, ob ein anderer Restaurateur die Bewirtschaftung übernehmen könne, sei aber abschlägig beschieden worden. — Zur .Maurerbewegung in Dresden schreibt man, daß auf die in voriger Woche von Seiten der Baugewerksarbeiter, Maurer, Zimmerer und Tagearbeiter an die Meister der Maurer- und Zimmerer-Innungen und die Architekten erlassene Aufforderung — so wohl den lOstündigen Arbeitstag einzuführen als auch einen Mindestlohn von 40 Pfg., bez. den Tagearbeitern einen solchen von 30 Pfg. zu zahlen —die genannten Meister und Archi tekten sich entschlossen, die gestellten Forder ungen nicht zu bewilligen. Begründet wird diese Weigerung damit, daß die größte Zahl der je den Stamm bildenden alten Arbeiter von einer Verkürzung der Arbeitszeit nichts wissen will und daß die Beibehaltung der jetzigen Arbeitszeit wegen der Ausnutzung der Fuhrwerke, die auf den Bauten der Material lieferung halber zu verkehren haben, nötig sei. Die Höhe der Lohnzahlung sei den Ver hältnissen und den Bauabschlüsten angemessen und noch ebenso hoch, als in den hier früher eingetretenen zwingendsten Bauzeiten, lieber- dies liegen eilige Bauten nicht vor und so haben die Meister einhellig erklärt, diejenigen, die höheren Lohn bez. andere Arbeitszeit fordern, abzulohnen. — Mittwoch kam es in Kleinburgk bei Dresden zu einer aufregenden Affaire. Ein Musikschüler, der sich eine strafbare Handlung zu Schulden hatte kommen lasten und seiner Verhaftung entgegensah, trank in selbstmör derischer Absicht Karbol und stieg dann auf das Dach des von ihm bewohnten Hauses. Er hatte darauf gerechnet, daß das Gift rasch wirken und er im bewußtlosen Zustande ab- und auf die Straße stürzen würde, um so seinen Tod zu beschleunigen und der Verhaf tung durch die bereits nahenden Polizisten desto sicherer zu entgehen. Man sah den jun gen Mann aber bald wieder in ein Dachfen ster einsteigen. Als man in sein Zimmer ein drang, lag er in seinem Blute schwimmend am Boden. Er hatte sich mehrere tiefe Schnitte in den Hal» beigebracht. Man brachte den jungen Menschen in das Stadtkrankenhaus nach Dresden, wo er am Donnerstag starb. — Ein Seitenstück zu der bekannten Fuchs mühler Affaire, welche für die dem Militär Widerstand leistenden Lanbleute bekanntlich so verhängnisvoll werden sollte, hat es zum Anfang des vorigen Jahrhunderts im Dorfe Thammenhain bei Wurzen gegeben. Im Jahre 1707, wo die siegreichen Schweden in Sachsen hausten, kamen neun schwedische Reiter in das Dorf, um exekutorisch die Landsteuer einzutrei ben. Die Bauern weigerten sich zu zahlen und stützten sich dabei auf ein Gemeinderecht. Al» die Soldaten handgreiflich wurden, setzten sich die Bauern zur Wehr, wobei einer der Schweden eine tätliche Wunde erhielt. Jetzt erschien ein stärkeres schwedisches Kommando und nahm sämtliche beim Streite beteiligte Einwohner gefangen. Zwei wurden erschaffen und sieben von den Schweden als Gefangene mit fortgeschleppt. Von ihnen erlagen fünf den Strapazen und Mißhandlungen. Nur 2 kehrten nach der Niederlage der Schweden bei Pultawa — 7. Juli 1709 — wo sie in der Verwirrung entkamen, wieder in ihr Heimats dorf zurück. — Der kürzlich in Glogau bei der Ver haftung eines Einbrechers von diesem verwun dete Fähnrich Freiherr v. Hammerstein ist der Sohn des Bezirkskommandeurs Oberstlieute nants Freiherrn v. Hammerstein zu Chemnitz. Er steht bei dem 105. Regiment in Straß burg und ist zur Kriegsschule nach Glogau kommandiert. — Eine Liebestragödie fand jetzt ihren Abschluß in einer Verhandlung der Strafkam mer des Chemnitzer Landgerichts. Es handelte sich dabei um den 1875 geborenen, bisher noch unbescholtenen vormaligen Amtsgerichts kopisten Hugo Franz Marloth, welcher der ge fährlichen Körperverletzung, begangen an seiner Geliebten, «ngeklagt war. Der junge Mann verliebte sich in ein in Chemnitz aufhältliches gleichalteriges Mädchen. Schließlich nahm er auch bei deren Wirtin Wohnung und so wurde das Verhältnis der beiden Liebesleute ein sehr intimes. Sie sollten ihre Selbstver gessenheit schwer zu bereuen haben, denn e» traten ernste Folgen ein, von denen auch die Eltern des Mädchens Kenntnis erlangten. Am 13. Februar d. I. wollte der auswärts wohnende Vater des Mädchen» nach Chemnitz kommen, um seiner Tochter die „Kour" zu machen und um diesem gefürchteten Momente aus dem Wege zu gehen, oeschloffen beide ge meinschaftlich zu sterben. Man entschloß sich nach längerem Hin- und Herreden für das Messer. Es wurden in der Nacht vorher Abschiedsbriefe geschrieben. Am darauffolgen den Morgen schickten sie die Wirtin fort und Marloth riegelte die Thür ab. Er löste eine Menge Phosphorhölzer in Wasser auf und ver setzte dem Mädchen sodann zwei Stiche, von denen der eine in die Herzgegend, der andere in die Lunge drang. Er selbst versetzte sich 4 Stiche und trank alsdann die PhoSphor- lösung. Sofort herbeigeeilte ärztliche Hilfe hat dafür gesorgt, daß Beide wieder gesun deten. Für seine That erhielt Marloth 4 Monate Gefängnis zuerkannt. — Am Mittwoch wurde zu Dorfchemnitz bei Mulda die von ihrem Ehemanns getrennt lebende Handarbeiterin L. in der Scheune ihres Hauswirtes erhängt aufgefunden. Dieselbe stand im Alter von 27 Jahren und hinterläßt ein Kind. Der Grund zu dem bedauerlichen Schritte soll in Schwermut zu suchen sein. — Die Kreishauptmannschaft Zwickau hat mit Rücksicht darauf, daß bei dem Nieder gehen von Luftballons durch das sich ansam melnde Publikum die Feldgrundstücke arg be schädigt werden, die ihr unterstehenden Polizei behörden angewiesen, so lange die Getreide felder und Wiesen nicht vollständig abgeerntet sind, Erlaubnis zu Luftballonfahrten nicht zu erteilen. — Bei dem Empfange der Leipziger in Friedrichsruh richtete Fürst Bismarck an einige Herren die Frage: „Ist denn keiner der kleinen Schützen von den Sachsen hier? Die Schwarzen haben mir im Feldzuge 1870 immer recht gut gefallen, es sind so kleine bewegliche Menschen". „Hier, Durchlaucht, ertönte es hierauf im kräftigen Baß in unmit telbarer Nähe des Fürsten, der sich dem Rufer (dem Leipziger Herrn Heynold, welcher bei der 12. Kompagnie des Schützen-Regiments den Feldzug 1870/71 mitmachte) zuwgndte, mit den Worten: „Ach, das ist hübsch, daß Einer da ist!" Der Fürst gab sodann seine Freude durch einen warmen Händedruck noch besonders zu erkennen. — In der am Freitag nachmittags in der „Bauhütte" zu Leipzig stattgefundenen Versammlung des „Verbands der Bauarbeit geber für Leipzig uod Umgegend" wurde über den Maurerstreik verhandelt. Die Forderung der Gesellen geht bekanntlich dahin, einen Minimalstundenlohn von 45 Pf. (ohne Rück sicht auf die Leistungen des Einzelnen) zu er halten. Die Aussprache war eine äußerst rege und eingehende. Man einigte sich ein stimmig zunächst darüber, daß es wünschens wert sei, den Wunsch um Erhöhung de» Lohnes an uno für sich nicht ohne weitere» abzuweisen, obwohl die wirtschaftlichen Ver hältnisse der gegenwärtigen Zeit durchaus nicht für eine Erhöhung sprechen. Es wurde beschlossen, den bisher bestehenden Minimal lohnsatz von 38 Pf. auf 40 Pf. pro Stunde zu erhöhen, im übrigen aber die bisher schon vorhandene Grenze bis zu 45 Pf. beizubehal ten, da innerhalb dieses Rahmens ausreichende Gelegenheit vorhanden sei, bessere Arbeits kräfte auch entsprechend bester zu bezahlen. Man hofft, daß auf dieser Grundlage eine Einigung erzielt werde. — Am Donnerstag wurde in Leipzig wegen schwerer Urkundenfälschung uno Unter schlagung ein 35jähriger Schreiber aus Oschatz in Haft genommen. Der ungetreue Mensch war bis vor kurzem im Bureau des „Bundes der Landwirte" angestellt gewesen, hatte sich dort mehrere Postanweisungen bis zu 150 Mark angeeignet und mit der Unterschrift desjenigen, der die Postvollmacht besitzt, ver sehen. Dann war er auf die Post gegangen, hatte sich die Geldbeträge auszahlen lasten und im tollen Jubel verthan. — Zwei böhmische Grenzjäger gingen vor einigen Tagen in der Nähe des „Hohen Steins" zu Markneukirchen nebeneinander ihre» Weger; plötzlich entlud sich das Gewehr de» einen und die Kugel drang dem Kameraden in den Körper, so daß der Bedauern»werte nach kurzem Todeskampfe eine Leiche war. Dies nahm sich der andere derart zu Herzen, daß er feinem Leben ebenfalls durch einen Schuß ein Ende machte.