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Allgemeiner Anzeiger : 15.05.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-05-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189505158
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18950515
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18950515
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Bemerkung
- Beilagen für 1895 gesammelt in einer Ausgabe am 01.01.1895
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-05
- Tag 1895-05-15
-
Monat
1895-05
-
Jahr
1895
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 15.05.1895
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Politische Rundschau Deutschland. * Kaiser Wilhelm wohnte am Freitag, nachdem er zuvor Truppenbesichtigungen vorge nommen, der Beerdigungsfeier für den verstorbe nen Generalobersten v. Pape bei. *Beim Fürsten Bismarck waren am Mittwoch 116 Vertreter von 72 sächsischen Städten, die dem Fürsten das Ehrenbürger recht verliehen haben. Sie überreichten ihm den gemeinsamen Ehrenbürgerbrief. * In dem Nachtragsetat für die Verwal tung des Nord-Ostsee-Kanals, der am Mittwoch dem Bundesrat zugegangen ist, sind die Forderungen der Gehälter der Beamten enthalten, denen die Kanalverwaltung anvertraut werden soll. Wie die Most' mitteilt, soll an ihrer Spitze ein Präsident stehen, für dessen Posten der Geheime Regierungs'at Loewe aus ersehen sein soll. Dem Präsidenten stehen dann ein technischer und ein Betriebsdirektor zur Seite. Für die Stelle des letzteren wird die Wahl vor aussichtlich auf den Kapitän zur See z. D. Piraly fallen, der bereits jetzt mit der Wahr nehmung der Geschäfte betraut ist. *Dem Bundesrate liegt schon seit einiger Zeit eine Novelle zu dem Erwerbs- und Wirtschafts genossenschaftsgesetz vor. Voraussichtlich werden ihm noch einige Ergänzungen zu der Novelle zugehcn. Es handelt sich dabei hauptsächlich um eine Aendc- rung des Gesetzes dahin, daß im Interesse der Raiffeisenschen Kassen eine Be stimmung getroffen wird, wonach der Gewinn der Genossenschaften auch zu einem unteilbaren Vereinsvermögen angesammelt werden kann, das dann zugleich die Bildung eines besonderen Reservefonds unnötig macht. Die Bundesregie rungen sind bereits durch ein Rundschreiben um Prüfung dieser neuen Ergänzungen ersucht worden. *Jm Petitionsausschusse des Reichstags wurden am Mittwoch Petitionen beraten, von denen einige die Gewährung eines Ehren- soldes für die Kriegsteilnehmer von 1866 und 1870, andere einen Ehrensold für die In haber des Eisernen Kreuzes verlangen. Die Petitionen wurden von den Regierungs vertretern als undurchführbar erklärt. Der Aus schuß beschloß sämtliche Petitionen, auch die, die eine Entschädigung für Zivilversorgungsberechtigte befürworten, die von ihrem Berechtigungsschein keinen Gebrauch gemacht haben, der Regierung als Material für eine etwaige Novelle zum Militärpensionsgesetz zu überweisen. *Die Gewerbeordnungskommission des Reichs tages nahm eine Resolution an: der Reichs kanzler wolle einen Gesetzentwurf über die Er richtung vonGewerbe-Aemtern vorlegen, die, zur Beschlußfassung über gewerbepolizeiliche Angelegenheiten berufen, aus einem Staats beamten als Vorsitzenden nnd zur Hälfte aus Nichtgewerbetreibenden gebildet wären. * Das Reichs-Versicherungsamt hat den Vorständen der Jnvaliditäts- und Ältcrsversicherungsanstalten eine revidierte Ge- schästsanweisung, betreffend die Au s z ah lun - gen durch die Po st, zugehen lassen. Die neue Geschäftsanweisung enthält Abweichungen von der allgemeinen nur insoweit, als die nun mehr zu berücksichtigenden Bestimmungen des Gesetzes über die Erstattung von Beiträgen an weibliche Versicherte, die sich verheiraten, und an Hinterbliebene gestorbener Versicherter dies ge boten erscheinen lassen. Oesterreich-Ungarn. *Der Wortlaut des Handschreibens, mittels welchem Kaiser Franz Joseph das Ent- lassungsgesuchKalnokysabschlug, hat in Pest große Aufregung hervorgerufen und den Ministerrat zu entscheidenden Entschlüssen veranlaßt. Der Minister Baron Josika ist zum Kaiser nach Pola abgereist, man glanbt, als Ueberbringer des Entlassungsgesuchs Banffysund aller seiner ungarischen Minister kollegen. *Jm Wiener Abgeordnetenhaus scheint die Gefahr eines aus den Reihen der Koalitions mehrheit unterstützten Jnterpellations - Feldzugs gegen Kalnoky und Banffy beseitigt. Auf eine Interpellation im Polenklub und nach den Auf Gin Kl'ückskinö. 14j 'Torncbmm.j Die Alte weinte laut auf: „Ach Gott, wie gut sie ist. Ich glaubte, der Respekt, weil Sie doch die Herrschaft sind, und ich —" „Um Gotteswillen!" fiel Rose ein. „Nicht weiter, Rittern! Es bleibt dabei, was ich eben sagte. Meinst du, ich vergäße es, daß ich nur die Prinzessin vom Pantoffel bin?" „O, das garstige Wort!" brach hier die Alte los. „Die's erfunden hat, war wohl nur neidisch, daß der Pantoffel golden und daß es Aschenbrödel war, die ihn trug; sie würde gewiß wie die neidischen Stiefschwestern ein Stück vom Fuß sbschneiden, um ihn selbst anziehen zu können." „Sieh, sieh," lachte Rose schon wieder, „wie hübsch; Mamsell, Mamsell, du gewinnst in meinen Augen." Die Alte aber lächelte jetzt auch und sagte voll Würde: „Bian ist ja auch nicht ganz ungebildet." * * * Herr Felix Poppau schritt im Jagdkostüm durch die Waldungen dahin. Er achtete wenig auf die Wildzeichen, denn er brütete still für sich hin. Die beiden großen Schweißhunde um sprangen ihn zuerst lustig bellend, gingen dann aber den Spuren des Wildes nach. Herrn Poppau war durchaus nicht wohl zu Mut: er fühlte das scharfe Regiment Liddis klärungen des Kultusministers v. Madeyski faßte der erwähnte Klub eine Resolution, in der der gegenwärtigen Regierung Ver trauen bezüglich der Behandlung derkirchen - politischen Fragen ausgcdrückt und die Ueberzeugung ausgesprochen wird, daß die Frei heit der Beziehungen zwischen dem päpstlichen Stuhle und den gläubigen Katholiken keinerlei Beeinträchtigung erleiden werde. Italien. * Der bekannte Kardinal Hohenlohe hatte kürzlich an einer Festtafel, die der italie nische Minister des Auswärtigen Blanc veran staltete, einen Trinkspruch auf Crispi ausgebracht, woraus man auf die gegenwärtigen besseren Beziehungen zwischen dem Vatikan und dem königlichen Italien schließen wollte. Jetzt verlautet indessen mit Bestimmtheit, daß der Papst dem Kardinal Hohenlohe seine Unzufriedenheit über dessen Auftreten ausgcdrückt habe. England. * Im englischen Unterhause beantragte das Mitglied Knox die zweite Lesung der Bill betr. die Aufhebung des Zwangsgesetzes für Irland. Der Chefsekretär für Irland, Morley, stimmte dem Anträge zu, befürwortete jedoch die Aufrechterhaltung einiger Bestimmungen des Zwangsgcsetzes. Gegen das Ende der Rede Morleys erhob sich O'Donovan-Rossa (früher viel genannt als Haupt der in Nord amerika lebenden irischen Dynamitarden), der auf der Fremdentribüne der Sitzung beiwohnte, und rief laut: „In diesem Hause ist ein tötlicher Streich gegen meinen Namen geführt und meine Ehre befleckt worden. Darum will ich sagen,..." Weiter konnte Rossa nicht spechen, denn er wurde ergriffen und sogleich aus dem Hause entfernt; auch wurde Anweisung gegeben, ihn nie wieder einzulassen. * Die englische Presse, allen voran die,Times', macht gegenwärtig Verhetzungsversuche zwischen Rußland, Deutschland und Frankreich. Ersteres wird in dem o st a s i at i s ch e n Vor gehen als „lachender Nutznießer", Deutsch land als „Schlepper" und Frankreich als der „rcingelegte Teil" dargcstellt. Atan braucht die Sache nicht allzu ernst zu nehmen. Das An sehen Englands hat durch seine vorsichtige Zurück haltung natürlich gelitten, wie in den letzten Jahren oft in auswärtigen Fragen, und daher der Aerger. Nuhland. *Dem russischen Unterrichtsministerium soll eine Erhöhung des Jahresbudgcts um 3 Mill. Rubel zugewiesen werden, die speziell für die Bedürfnisse der Volksschulen bestimmt ist. Balkanstaate»». * Exkönigin Natalie ist am Freitag in Belgrad eingetroffcn; sie wurde von der Be völkerung mit wahrem Enthusiasmus empfangen, der aber wohl weniger ihrer Person, als ihrem Gegensatz zu Milan entsprang. Der Skup- schtinapräsidentNikolajewitsch überreichte derKönigin eine Adresse, worin sie als leuchtendes Vorbild edelster Hingebung, als Wohlthätcrin des Landes gefeiert wird. DieTage, indcnen solcheUnnatürlich- keiten (ihre Ausweisung) geschehen konnten, seien für immer vorbei. Die Skupschtina rufe ihr — als freier Dolmetsch der Nation — zu: „Sei uns willkommen, erhabene Königin!" — Wo momentan „König Lustik" weilt, weiß man nicht; doch sind die Gerüchte von seinem plötzlichen Ableben sicherlich unbegründet. *Aus Belgrad wird gemeldet, die Radi kalen forderten die Wiederherstellung der Verfassung von 1888 als Bedingung der Kabinettsbildung, was der König unbedingt verweigerte. Die Lage ist schwierig, weil auch die Fortschrittler die Kabinettsbildung an Bedingungen knüpfen, die für den König unan nehmbar sind. Es ist ein einstweilen Weiter verbleiben des Kabinetts Christitsch oder ein ge mäßigtes Koalitions-Ministerium wahrscheinlich. Milan soll dem Könige geraten haben, das Kabinett Christitsch zu behalten, oder die Lösung der Krise aufzuschieben. Asien. *Zur Lage in Ostasien wird gemeldet, daß, nachdem Japan auf die Halbinsel Liao- Tong und Port Arthur verzichtet hat, die russische Regierung befriedigt und die Angelegenheit ab recht unwohlthuend und unharmonisch in sein Leben eingreifen. Dazu kam, daß seine Frau seit kurzem immer recht düster und unliebsam ge stimmt war. — Was hatte sie nur? — War es ihr vielleicht zu Ohren gekommen, daß er auf der letzten landwirtschaftlichen Versammlung hoch gespielt und verloren hatte ? „Hm", brummte er, „das ruiniert Neu-Gut noch lange nicht! Allerdings, in der Ordnung ist es nicht." Die Hunde schlugen an. Mit dem Träumen war es nun aus, Herr Poppau stand der realen Wirklichkeit wieder gegenüber. Vor ihm lag eine Lichtung uud auf derselben kniete eine Gestalt, die augenscheinlich einen Rehbock ausweidete. Poppau lockte die Hunde hinter sich, umkreiste die Lichtung schußbereit und schnitt dem Wild diebe den Rückweg nach dem Loch und dem Dickicht dahinter ab. Der Wilddieb mußte sich sehr sicher fühlen, denn er merkte von alledem nichts. Nun durfte Poppau es wagen. „Halt!" gebot er. Der Wilddieb sprang auf und griff zur Büchse, aber Poppau hielt die seinige bereits im Anschlag. „Die Büchse zur Erde oder ich schieße!" ge bot er. Der Wilddieb zögerte. „Es nützt kein Widerstand mehr!" schrie Poppau nun. „Ich habe dich bereits erkannt, Jürgen." Auf dieses hin warf der Genannte sein Ge wehr nieder. geschlossen sei. Die militärischen Vorbereitungen bczw. die Mobilisation im äußersten Osten Sibiriens wären daher auf telegraphischem Wege eingestellt worden. Deutscher Reichstag. Am Donnerstag wird die zweite Beratung der Umsturzvorlage fortgesetzt. Der Präsident macht die Mitteilung, daß ein Antrag Gröber und Genossen eingegangen sei, in 8 111a einzuschalten „Zum thätlichen Angriff gegen einen Beamten wäh rend der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes." — Justizminister Schönstedt erklärt, die Regie rung lege auf die Annahme der 88 113, 114 in das Gesetz das größte Gewicht, und cs werde event. das Schicksal der Vorlage hiervon abhängen. In der ersten Lesung hätten die maßgebenden Führer der Parteien große Aussichten eröffnet, jetzt be fleißigen sie sich der größten Zurückhaltung. Er hege die Hoffnung, daß der Antrag v. Levetzow zur An nahme gelange, daß namentlich auch das Zentrum dafür stimmen werde. Wenn das Zentrum bei der Ablehnung beharre, besorge es nur die Geschäfte der Sozialdemokraten. — Abg. Lenzmann (fr. Vgg.) behauptet, diese Vorlage sei auf Einflüsse von außen zurückzuführen, auf anarchistische Attentate und parlamentarische Anregungen. Was sei denn ge schehen, daß ein solches Gesetz notwendig sei? Im vorigen Frühjahr habe ein Attentat auf den fran zösischen Präsidenten stattgefunden, darum könne man doch kein Anarchistengesetz machen, das wäre die Theorie vom tollen Hunde, wegen dessen man alle Hunde töten müsse. Der heute eingebrachte An trag Gröber sei außerordentlich bedenklich und nähere sich stark dem Antrag der Konservativen. Er warne davor, im allzu großen Vertrauen zur richterlichen Tüchtigkeit einen solchen Kautschukparagraphen anzu nehmen. — Minister des Innern v. Köller: Die Behauptung, daß nicht ausreichendes Material bei gebracht wäre, sei hinfällig; es seien der Kommission 26 Aktenstücke revolutionären Charakters vorgelegt worden. Der Abg. Lenzmann hat gesagt, die Sozial demokraten seien ganz gute Bürgersleute und harm lose Geister. Er könne ihn belehren, daß die Sozial demokraten doch ganz andere Leute seien, wie aus Preßerzeugnissen und Versammlungsreden neuester Zeit hervorgehe. Er hoffe, daß die Vertreter der Nation die Vorlage annehmen werden. — Abg. Bebel (soz.): Der Gesetzentwurf ist das Produkt einer Stimmung, wie seiner Zeit die Isx Heintze. Der Anstoß kam diesmal aus dem Ausland, der Mord Carnots. Das Material der Regierung aus dem Inland ist durchaus ungenügend. Sie verkennen i die natürliche Entwickelung der Gesellschaft. Wie / die feudale Gesellschaft vom Liberalismus gestürztI wurde, so wird an die Stelle dieses der Sozialis mus treten, und zwar wenn das Standesbewußt- sein des Proletariats geweckt sein wird. Sie werfen uns Angriffe auf das Christentum vor, vergessen Sie nicht, daß Christus in den Augen der Römer ebenso ein Feind der Staatsreligion war, wie wir als Gegner des Christentums erscheinen. Sie wollen jede gesetzliche Bethätigung der Sozialdemokratie, Kampf für Lohn und Arbeitszeit, unmöglich machen. Das ist fanatisch, das treibt zum Blutbad, das wir alle verhindern wollen. Das bestehende Gesch kann jeden gewaltigen Umsturz von Seiten der Sozial demokraten zurückw.eisen. Die Vorlage entspricht da her keinem Bedürfnis des Staats. Das Anklage monopol des Staatsanwalts führt ja schon heute dazu, daß Anklagen gegen unsereinen leicht erhoben werden; Spuren von Verbrechen in höheren Kreisen werden nur verfolgt, wenn nichts mehr zu bemän teln ist. Der Fall Kotze beweist, daß es heute noch ebenso ist. Kein Staatsanwalt ist gegen das Duell eingeschritten. Ein armer Teufel, der für seine/ heiligsten Rechte eintritt, wird gepackt, wenn er etwas I ungeschickt ist. Solch ein Beispiel und solche Gesetze/ aus den höchsten Kreisen unter Billigung der Aller- s höchsten Stelle befördern den Umsturz. (Präsident v. Buol unterbricht den Redner.) In Berlin ist es kein Geheimnis, daß politische Vergehen vor den ein zelnen Kammern verschieden behandelt werden. Und da wollen Sie die Macht der Richter noch ver mehren? Solch ein Monstrum muß man abweisen.— Justizminister Schönstedt weist einige Angriffe des Vorredners auf die Justiz, speziell in betreff des Falles Kotze, zurück. Sowohl gegen Herrn v. Kotze wie gegen Herrn v. Schrader sei Anklage erhoben. — Abg. Frhr. v. Hodenberg (Welfe) erklärt, da die Kommission in die Vorlage keine Bestimmungen über den „Umsturz von oben" ausgenommen habe, so sei die Abstimmung seiner Partei gegen dieselbe entschieden. — Abg. Schall (kons.) betont, daß Bebel aus einer falschen Ueberzeugung spreche, er ver stehe es, sich die geschichtlichen Thatsachen zurecht zu drechseln. Die Redeweise Bebels und Auers beweise, wie notwendig ein Schutz der Religion sei. Auch seine Partei wolle einen Fortschritt in der Kultur, aber in anderer Weise als die Sozialdemokratie. — Kriegsminister Bronsart v. Schellendorff Jetzt kam Poppau heran, aber noch immer schußbereit. „Sieh," sagte er dann, „du bist es, roter Jürgen? Ich habe es mir doch immer gedeicht." Der rote Jürgen war der Sohu eines seiner Tagelöhner. „Trage das Wild zehn Schritte fort!" gebot Poppau. Der andere that's schweigend und mürrisch. Indes versicherte sich Poppau des Gewehres und schoß es ab. Es war eine einläufige, alte Büchse, während er selbst einen doppelläufigen Magazin-Hinterlader besaß. „Warum wilderst du?" fragte Poppau, ganz nahe herangekommen. Der rote Jürgen blickte auf. „Es ist die Not, Herr Poppau, die mich treibt," sagte er. „Die Not? Warum kommst du nicht zu mir?" Der rote Jürgen blickte zur Erde nieder. „Trage mir den Rehbock nach dem Herren hause !" gebot Poppau. „Das will ich!" entgegnete Jürgen. „Aber sagen Sie mir, Herr Poppau, ob Sie mich an zeigen wollen. Thun Sie es nicht, Herr Poppau." „Das kommt auf dich an, Jürgen!" lautete die Antwort. „Wenn du mir versprichst, das Wildern zu lassen, will ich für dich sorgen!" „O, ganz gewiß, Herr Poppau." „Gut, heute nachmittag um 4 Uhr melde dich bei mir." „Ja, Herr Poppau." Er lieferte den Rehbock in der Küche ab und ging seiner Wege, Herr Felix aber erzählte Frau Liddi die Umstünde des Renkontres. berichtigt eine Bemerkung des Vorredners dahin, d« kein Offizier durch Spruch des Ehrengerichts z«« Zweikampf gezwungen worden sei. Die Beratung des 8 111 der Umsturzvor lage wird am Freitag fortgesetzt. Abg. Gr o ebtt (Zentr.): Es werde geargwöhnt, daß eine Ab lehnung dieses Gesetzes nicht unwillkommen wär: um an hoher Stelle zu beweisen, daß der Weg dä gemeinen Rechts ungangbar wäre. Diese BehaE tung, soweit sic etwa sich auf den Herrn NeW kanzler beziehe, müsse er energisch zurückweisen; dies« werde gewiß keine Scheinmanöver aufführen. Nm den Worten des Herrn v. Köller sei der Reichst nur noch ein Gesetzgebungsautomat, in dm uB Gesetzentwürfe hineinwürfe, um auf der andere«: Seite fertige Gesetze bezw. Gelder herauszuziehe»! Gegen eine solche Behandlung seitens des Herr«! Ministers müsse er namens der stärksten Partei del Hauses Protest einlegen. Nach der Verfassung habe' der Reichstag nicht nur bei der Gesetzgebung mb-; zuwirken, sondern auch die Ausführung der Gesetz« zu übernehmen. Was die Rede des Justiz ministers betreffe, so lasse sie sich dahin zu sammenfassen: Springt über den Stock. Die de« Zentrum zu teil gewordenen Belehrungen weise es zurück, das Zentrum gehe seine eigenen Weg« Das Zentrum habe den Widerstand gegen Staats beamte nie für sittlich erlaubt gehalten; über die juristische Strafbarkeit herrsche zum mindeste« Meinungsverschiedenheit. Das Zentrum ziehe selbst verständlich alle seine Erfahrungen aus der Kultur kampfzeit zu Rate; trotzdem habe es die Vorlag! sachlich geprüft unb beraten. Gegen die AufnahB' bes H 113/114 habe er starke Bedenken. Soweit ei« praktisches Bedürfnis vorliege, denselben einzubczieh«" genüge sein Antrag. Das Zentrum habe das seinigt gethan und könnte die Verantwortung für die Ab lehnung der Vorlage nicht tragen. — Justiz Minister Schönstedt erwidert, der Vorredner habe ange deutet, daß eine Kontremine gegen den Reichskanzler- bestehe. Das sei unbegründet, und so lange keine/ Verleugnung des Reichskanzlers erfolge, müsse er de« Abg. Gröber die Berechtigung zu solchen Behandlun gen bestreiten. Er habe nicht den Beruf, hier diplo matische Winkelzüge zu machen, er sage offen, wai er denke. Belehrungen des Zentrums habe er nW beabsichtigt. Die bisherigen Verhandlungen über da? Gesetz hätten den Verlauf gekommen, daß der Regie rung Waffen in die Hand gedrückt werden sollen, dir sie nicht verlangt hat und von denen sie keinen Ge brauch machen könne. — Abg. Sigl (wild) lehist im Namen bes bayrischen Bauernbundes das Gesetz in jeder Form ab. Mit diesem Gesetz werde ma« den Sozialdemokraten gegenüber, die doch erklärt hätten, unter keinen Umständen Gewalt anwenden z« wollen, keine Erfolge erzielen. Wozu streiten wir uns eigentlich hier noch herum? Wir thun w« besten, die Bude zu schließen. Vor allem möge ma« den Militärparagraphen ablehnen, der den Mili tarismus erhöhen werde. So wie Herr v. KM würde in Bayern niemals ein Minister zu reden wage« Er werde nicht im Namen der Negierung gcsprochr« haben, an deren Spitze ein Mann von Schliff steh« Abg. Barth (fr. Vgg.) vertritt seinen Antrag, d« Duellparagraphen 201 und 205 des StrafgesetzbuO in den 8 111 aufzunehmcn. Wenn das Duell straft werde, müsse auch dessen Glorifikation bestrast werden, um so mehr, als es sich hierbei um dst privilegierten Klassen handele. — Abg. Spab« (Zentr.) betont, daß das Zentrum eine besonder! Regelung des Dnellwesens im 8 210 habe herbei führen wollen, dieser Antrag sei aber in der Kom mission abgelehnt worden. — Abg. v. Salisä (kons.) spricht sich gegen den Antrag aus, durch de« auch die studentischen Schlägermensuren getroste« würden. — Abg. Bebel (soz.) bespricht eine Reiht von Duellen der letzten Zeit. — KriegsminM Bronsart v. Schelle ndorf erwidert, in der Armee bestehe der Grundsatz, Ehrenhändel wen« irgend möglich auf friedliche Weise zu begleiche«! wenn aber der Offizier in Verteidigung der eigene« Ehre zur Waffe greife, so müßten ihm mildernd! Umstände zugebilligt werden. — Auf Antrag des Präsidenten v. Buol wird sodann über die einzelne« Anträge gesondert beraten, zuerst über den Antrag v. Levetzow u. Gen., dann über den Abänderung^ antrag Barth. — Die Abstimmung über 8 111 er gibt endlich seine Ablehnung in allen Fassungen. Hierauf wird die Weiterberatung vertagt. preußisch«? Landtag. Das Abgeordnetenhaus hielt am Freitag nur ei«! kurze Sitzung ab. Eine Reihe kleinere Vorlage« wurden in erster bezw. zweiter Lesung fast M Debatte erledigt und mehrere Wahlen nach den Ar- trägen der Kommission für gültig erklärt. Außerdem stand noch der Kommissionsbericht über den Antrag Schenckcndorff betr. Förderung der körperlichen Er' ziehung der Jugend auf der Tagesordnung. M längerer Debatte wurde eine von der Kommisst?" vorgeschlagene Resolution angenommen, die sich st" die Förderung der Jugendspiele und des Handfertig' leitsunterrichts ausspricht. „Und du hast diesen gefährlichen Menschs frei gelassen?" fragte Frau Poppau ganz e«« rüstet. „Aber meine Liebe," entgegnete der perplexe Hausherr, „was sollte ich denn — ?" „Ihn den Gerichten anzeigen." „Ich will die Sache erst untersuchen! He^ nachmittag um 4 Uhr soll er sich melden. „Dann möchte ich dabei sein." „Natürlich, meine Liebe." Herr Poppau brachte nun nach verschiedest!" Recherchen noch manches über Wilddieberei" heraus, ja, daß sogar im Park von Neu-M und Birkau Fußstapsen auf Wilddiebe geführt-. „Das ist ja schrecklich," meinte Frau LE „Da ist man ja seines Lebens im Hause »E sicher." . Der rote Jürgen erschien pünktlich und M ständig zerknirscht und kleinlaut. „Weißt du wohl," sagte Herr Poppau, du ein Jahr Gefängnis erhältst, wenn ich d"" anzeige?" . „Ja, Herr Poppau! Aber nicht wahr, S' thun es nicht? Sie richteten uns damit alle ! Grunde! Meine alte Mutter ist so lange lE krank, und der Taglohn reicht nicht hin, alles , bestreiten." „Du konntest ja zu mir kommen." „Ich wußte nicht —!" stotterte Jürgen. „Ach was, ich bin kein Barbar!" Liddi Poppau nickte und verbesserte: , . I „Wir sind keine Barbaren! Aber sagt, Jürg^ I Ihr seid selbst im Park gewesen!" „Hier nicht, gnädige Frau!" Die „gnädige Frau" schmeichelte Liddl.
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