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an festlich gedeckten Tafeln Kathreiners Kneipp- Malzkaffee und einen Vortrag eines Frl. H. über seine Güte zu genießen. Der Festgcber war Herr Kathreiner aus München, der diejenigen Hausfrauen, die den Artikel noch nicht ver wenden, von seiner Vorzüglichkeit überzeugen wollte. Hm „schwarzen Kasten" am Rathaus in Neheim ist ein anonymes, an den Bürgermeister gerichtetes, von „Mehreren Frauen" unterzeich netes Schreiben ausgehängt, in dem sich die be treffenden Schreiberinnen darüber beschweren, daß in den dortigen Wirtschaften nicht streng genug Feierabend geboten werde. Der Bürgermeister hat neben dieser bedeutsamen Beschwerde macht loser Frauen die Aufforderung anbringen lassen, die anonymen Verfasserinnen möchten bei ihm persönlich vorstellig werden. Ein heiteres Stückchen bietet in den Kreisen der Einwohner von Darmstadt viel Stoff zum Lachen. Wird da dem Direktor eines Gymnasiums durch einen seiner Vertrauten die Mitteilung, daß eine Anzahl Gymnasiasten der oberen Prima trotz des strengen Verbotes sich abends in einem Bierhause zusammenzufinden und dort kommentmäßig kneipen. Der gestrenge Herr Direktor will nun die Uebelthäter selbst bei ihrem Treiben abfassen, begibt sich abends in das betreffende Bicrhaus und wartet der Dinge, die da kommen sollen. Er läßt sich ein Glas „Bayrisch" nach dem andern schmecken, doch von den Gymnasiasten läßt sich keiner blicken. Nach dem der Herr Direktor eine Zeitlang vergebens gewartet, erhebt er sich ärgerlich ob seines Miß erfolges und will seine Schuld bezahlen. Er ruft den „Piccolo" an sich heran und fragt den selben nach seiner Zeche. „Es ist schon alles beglichen! Einer der im Nebenzimmer vorhin anwesenden Herren hat für Sie bezahlt mit dem Bemerken, er sei mit Ihnen befreundet", ant wortete der Kleine. Der Herr Direktor ist sprachlos und hat geschworen, nicht zu ruhen und zu rasten, bis er die Uebelthäter ausfindig gemacht hat. Das Schreckensdrama, das sich dieser Tage, wie bereits berichtet, in einem Eisenbahn wagen zwischen Thomery und Moret abgespielt, hat eine furchtbare Erregung hervorgerufen. Der ! Mörder, ein gewisser August Jacqucmard, ein ' Frachtcnkutscher, der seit längerer Zeit ohne Be schäftigung war und sich fortwährend Verfol gungen ausgesetzt glaubte, hatte beschlossen, mit seiner Frau und seinen vier Kindern nach seinem Heimatsorte Arbin im Jura zurückzukehren, wo er ein kleines Anwesen besitzt. Er hatte einen Revolver gekauft, um sich gegen seine vermeint lichen Verfolger zu verteidigen. Wie es ge- komnicn, daß der unselige Mann plötzlich vom Verfolgungswahn ergriffen wurde und fünf Schüsse über die Scheidewand hinweg in die be nachbarte Abteilung des Wagens abfeuerte, dar über weiß niemand Näheres zu berichten, da die Sache sich blitzschnell abspielte. Einer der Ver wundeten hatte sich unter den Sitz geflüchtet, woraus Jacqucmard, nachdem er über die Ballu- strade geklettert war, ihm fortwährend Fußtritte versetzte. Die Nonne hatte mit dem Rücken Jacqucmard zugewendet gesessen; die Kugel war ihr in den Nacken gefahren und hatte sie^iuf der Stelle getötet. Der irrsinnige Mörder wurde sofort nach der Ankunft in Moret der Gen darmerie ausgeliefert und darauf ins Gefängnis von Fontainebleau gebracht. Er erklärte hier, sich absolut nicht besinnen zu können, was auf tragischen Fahrt vorgefallen sei. Eine „gepfefferte" Versammlung wurde neulich in Roubaix, dem Zentrum der französischen Arbeiterbewegung, abgehalten. In dieser Ver sammlung ereignete sich nämlich folgendes: In der Mitte des Saales niest plötzlich jemand, dann niesen zwei, zehn, zwanzig und mehr Personen, in allen Ecken und Enden des Raumes und schließlich niest der ganze Saal ohne Aus- s nähme; Weiber und Kinder niesen mit und diese ' beginnen zu schreien; man hört fortgesetzt von . Niesen unterbrochene Rufe. Was ist (Absi...!) ! geschehen? (Allgemeines Absi!) Endlich ruft jemand: „Das ist ja (Absi!) Pfeffer! (Absi!) — lind richtig war es so. Jemand hatte ein Paket mit etwa einem halben Kilogramm Pfeffer auf- gerissen und mitten in den Raum geworfen, und nun ertönt cs auch von der Präfidententribüne: Absi! und der Kommissar erhebt sich und ruft: „Ich schließe die Versammlung — Absi!" In die Juwelenhandlung der Frau Louise Reyner in Nizza drangen am Hellen Tage vier Personen ein und raubten Brillanten im Werte von 25 000 Frank. Aus Furcht vor Strafe. Bei Ram bouillet hat sich ein dreizehnjähriger Knabe, weil er in dem Hause, wo er Laufbursche war, ver abschiedet wurde und die Schläge des Vaters fürchtete, unter einen Eisenbahnzug geworfen. Er wurde total zermalmt. Die Servaiskirche in Brüssel ist voll ständig niedergebrannt. Viele wertvolle Gemälde, darunter drei von Rubens, wurden ein Raub der Flammen. Der Panama Schwindler Cornelius Herz. Es ist jetzt zwei Jahre her, daß Doktor Cornelius Herz sich in Bournemouth (bei London) unter Arrest befindet, weil die französische Regie rung seine Auslieferung wegen Teilnahme an den Panama-Betrügereien beantragt hat. Die Aerzte haben bekanntlich erklärt, daß sein Er scheinen vor dem Londoner Richter nur mit der größten Gefahr für sein Leben verbunden sein würde, da aber andererseits der Richter sich nicht auf den Wunsch des Anwalts einlassen wollte, dem Gesetz zuwider die Anklage gegen Herz in dessen Abwesenheit zu entscheiden und die- französische Regierung ihrerseits den Aus lieferungsvertrag nicht zurückgezogen hat, so wird Herz noch immer in seinem Hause von einem Geheimpolizisten „bewacht". Diese Aufgabe dürste allerdings nicht so schwierig sein und der letztere scheint die Erholungszeit benutzt zu haben, um sich auf eine Prüfung vorzubcreiten, zu deren Ablegung er kürzlich einen dreitägigen Urlaub erbat. Durch einen Lawinensturz in den Ar dennen wurde eine Jagdgesellschaft verschüttet; sechs Personen sind umgekommen. Von zwei maskierte» Räubern wurde am Donnerstag abend in der Nähe von Mc Niel, Arkansas, ein Eisenbahnzug angehalten. Sie öffneten den Geldschrank des Expreßwagens, entnahmen demselben 25 000 Dollar und suchten dann das Weite. Nette Sitten. Aus Kalkutta (Indien) meldet die ,K. V.-Z.': „Am 7. Januar wurde der Radschah (König) von Nattore vom Gericht zu 6 Monat Gefängnis und 25 000 Rupien Strafe verurteilt; auch wurde er sofort verhaftet und ins Gefängnis abgeführt. Der Verurteilte hatte eine Gehilfin im Hospital, an der er Ge fallen fand, ganz einfach rauben lassen und sie einige Zeit in seiner Wohnung gewaltsam zurück gehalten. Von den 25 000 Rupien bekommt die Klägerin nur 600. Der Fiskus hat auch in Indien einen großen Magen." GerichtshaUe. Berlin. Der frühere Rechtsanwalt Andreas WiemerS hatte sich am 26 d. vor der ersten Strafkammer am Landgericht II zu verantworten. Der Prozeß hat nach den Ausführungen des Staatsanwalts eine lange Vorgeschichte. Bis zum Jahre 1886 praktizierte Wiemers in Ahlen in Westfalen als Rechtsanwalt, alsdann ließ er sich in Paderborn nieder. Hier wurde er im Jahre 1892 im Disziplinarverfahren außer Dienst gestellt, seiner Behauptung nach seien die Delikte, die zum Disziplinarverfahren führten, auf die Nerven- und Kopfkrankhcit zurückzuführen, an der er jahrelang und bis in die letzte Zeit ge litten habe. Im Jahre 1892 hatte nun ein Werkmeister Blechschmidt in Mannheim mit einem Fabrikanten Hildebrandt in Paderborn einen Prozeß wegen eines Patentes zu führen. Er übergab die Führung der Sache dem Rechts anwalt Julius Löb in Mannheim. Dieser fand auf dem Tableau des Landgerichts Paderborn den Namen des als Rechtsanwalt zugelassenen Wiemers. An diesen sandte er Vollmacht und Dokumente mit der Bitte um Vertretung. In zwischen war Wiemers außer Dienst gestellt worden und nach Steglitz verzogen. Da in dem Prozesse absolut nichts geschah, auch keine Aus-! kunft einging, so sandte Rechtsanwalt Löb Briefe > über Briefe, zuletzt mit der dringenden Bitte um Herausgabe der Dokumente, vergeblich, Wiemers gab keine Antwort. Löb wandte sich endlich an den Justizminister, dieser an die Staatsanwalt schaft am Landgericht II, diese wieder an den Amtsvorsteher in Steglitz. Letzterer wandte sich an den Angeklagten, erhielt aber von diesem die Antwort: „Ich lasse mich von der Polizei nicht vernehmen!" Nunmehr ordnete die Staatsan waltschaft eine Haussuchung bei Wiemers an. Ein Amtssekretär begab sich unter Assistenz eines Gendarmen am 26. Juni v. nach der Wiemers- schen Wohnung. Wiemers behauptete, von der Sache nichts zu wissen. Trotz seines Protestes wurde die Haussuchung vorgenommen und dabei wurde das große Aktenkouvert mit den Doku menten noch uneröffnet unter einem Haufen anderer Akten und Briefe gefunden. Auf Er fordern der Beamten schnitt Wiemers jetzt erst das Kouvert auf, und es zeigte sich, daß das Gewünschte gefunden war. Nunmehr wurde die Anklage erhoben. Der Angeklagte erklärte, alle Briefe, die ihm aus seinem früheren Domizil nachgeschickt worden seien, zurückgewiesen zu haben, wenn ihm der Briefträger dieselben per sönlich übergeben habe; Sachen jedoch, die er in seinem Briefkasten vorgefunden habe, die habe er einfach uneröffnet liegen lassen. Er brauche nicht Porto auszugeben, um die Sachen zurück zu schicken; die Absender hätten ihm entweder vorher Porto einsenden oder die Sachen abholen lassen sollen. Staatsanwalts - Assessor Jürgens war der Ansicht, daß der Angeklagte als früherer Rechtsanwalt wissen mußte, wenn ihm Akten und Dokumente zugesandt wurden, er mußte wissen, welches Unheil er durch sein passives Verhalten anrichten konnte und in dem vorliegen den Falle thatsächlich angerichtet habe. Er halte eine Unterdrückung von Urkunden für vorliegend und beantrage drei Monat Gefängnis. Der Gerichtshof erkannte jedoch auf Freisprechung. Ob der Angeklagte Kenntnis hatte oder haben mußte, was sich in dem Kouvert befand, sei nicht festgestellt, ebenso wenig, daß er den Brief selbst in Empfang genommen. Hätte er das letztere gethan und den Brief geöffnet, so wäre er zur Zurücksendung verpflichtet und andernfalls straf bar gewesen. Mangels einer solchen Feststellung mußte die Freisprechung erfolgen. Oldenburg. Ein Tierquäler der schlimmsten Sorte wurde vom hiesigen Landgericht zu zwei Jahr Zuchthaus verurteilt. Die Bestie in Menschengestalt hatte sich ein Vergnügen daraus gemacht, nächtlicherweile das auf den Wiesen befindliche Vieh durch Messerstiche zu verwunden. Antwerpen. In dem Gistmordprozeß Joniaux brachte die Sitzung am 26. d. neue Enthüllungen. Die Angeklagte kaufte laut Aus sage mehrerer Apotheker innerhalb acht Tagen vor dem Tode Alfred Ablays 96 Centigramm Morphium, deren Verwendung die Angeklagte nicht zu erklären vermag. Gegen das Knepfuscherunwesen wendet sich scharf eine Zuschrift der ,Dresd. Nachr/. In derselben wird das gesetzwidrige Gebühren eines Dresdener Wunderdoktors G. beleuchtet, der sich die Bezeichnung „Mykologe" (Pilzkenner), sowie „Anatom", „Heilmagneti seur" rc. beilegt und vorgibt, jede Krankheit durch seinen tierischen Magnetismus heilen zu können. Während der Schäfer Ast wenigstens ein paar Haare, also doch einen Teil des Körpers seiner Patienten, unter seine Lupe nimmt, um seine „Diagnose" zu stellen und über Tod und Leben danach zu entscheiden, verlangt der Dres dener „Doktor" nur einen Fingerring, einen Hosenknopf oder dergleichen, was er bloß in die Hand nimmt, worauf er sofort alles weiß. Gegen Zahnschmerz verkauft er dann magnetisiertes Wasser, tierisch magnetisierte Petersilie ä 10 Mk. zum Rohessen für allerlei innerliche Krankheiten. Der einstige Laufbursche G. macht dabei aber so gute Geschäfte, daß er jetzt in eigener Equi page fährt. Die Zuschrift der ,Dresd. Nachr.', die die Gesetzwidrigkeit der Handlungsweise dieses Wunderdoktors ausführlich nachweist und die Staatsanwaltschaft zum Einschreiten auffordert, knüpft daran noch folgende Bemerkungen: „Schier unglaublich, aber dennoch Thatsache ist es, und zwar auf Grund des offiziellen Berichts „über das Medizinalwesen im Königreich Sachsen im Jahre 1893", daß in diesem unseren sonst so gesegneten Lande nicht weniger denn 606 ge werbsmäßige Kurpfuscher sich befinden, davon allein in Dresden 65. Was mögen die für Unheil stiften? — Der Bericht ist eingeleitet mit den Worten: „Besondere Aufmerksamkeit ist auch dem Geheimmittelwesen und der Kur pfuscherei zugewendet worden." Aber ein prak tischer Erfolg ist nicht angegeben, es ist auch, wie man weiß, nichts davon bemerkbar, im Gegenteil, es wird immer schlimmer damit. Von ethisch-religiöser Seite diese Umstände betrachtet, so kommt leider noch ein viel schlimmeres Facit dabei heraus. Es ergibt den Beweis, daß der Glaube an Gott immer mehr schwindet. Leute, die man gebildet nennen kann, da sie in Schule und Familie die sorgsamste Erziehung genossen haben, getrauen einem hergelaufenen stechen Kurpfuscher übernatürliche Kräfte zu, bloß weil er solches als guter Komödiant vorzuspiegeln versteht. An so einen Menschen haben sie Glauben, an Gott aber nicht. Der Glaube an Gott ist abgethan, er wird für Fabel, für lächer lich erachtet. Man will etwas Positives, Sicht- und Greifbares, etwas Persönliches haben, Gottes Wunderwerke sind das nicht, aber der Kurpfuscher mit seinen übernatürlichen Kräften, der imponiert, für den hat man Glauben, auf den schwört man." Gemeinnütziges. Beim Heizen unserer Ocfen ohne Roste ist die Hauptsache, daß das Feuerungsmaterial nicht langsam und allmählich brennt, sondern daß möglichst alles zu gleicher Zeit genügend unter Flamme gesetzt wird, damit nachher beim Schließen der Thür die Hitze vom gesamten Material noch abgegeben werden kann. Es empfiehlt sich zu diesem Zwecke, kleines Holz zwischen die Briquetles zu verteilen; außerdem ist der Zeitpunkt deS Schließens richtig abzupassen; vor dem Schließen sind die Briquettes, die kein unverbranntes, schwarzes Stück mehr zeigen dürfen, etwas auszubreiten. Wie ist Frost in den Gliedern zu ver hüten ? Wenn man an erfrorenen Glidern gelitten hat, so fürchtet man das Eintreten der kalten Zeit, weil damit das unangenehme Jucken in den Gliedern beginnt. Wenn man die er weiterten Blutgefäße, denn darin besteht Frost, in der milden Herbstzeit täglich mit reizenden oder spirituosen Einreibungen behandelt, als z. B. Kampherspiritus, Terpentinöl, Petroleum äther, so verhütet man das Eintreten des Er frierens der Glieder. Wie soll man das Pelzwerk waschen? Koche gute weiße Hausseife, seihe die Seifbrühe durch, lasse sie ziemlich erkalten, lege das Pelz werk da hinein, drücke es zwischen den Händen, wiederhole diese Prozedur mehrmals in reinem Seifenwasser, spüle dann das Pelzwerk in Fluß- oder Seifenwasser, trockene es an der Luft oder bestreue es mit Stärkemehl, das die Feuchtigkeit aufsaugt, und kämme es. Kuntes Allerlei. Ein böser Druckfehler. Die ,Voss. Ztg.' schreibt: „Durch einen äußerst verdrießlichen Druckfehler in unserem heutigen Morgenblatt ist die Ehre des Losehändlers Robert M. . . in sehr bedauerlicher Weise bloßgestellt. Deutlich ist in der Handschrift Loschändler zu lesen. Unter der Hand des Setzers ist daraus Lose schwindler geworden. Boshaft. Junge Dame: „Ich weiß gar nicht — denk' dir, Herr Schmidt hat mich gestern auf dem Ball nicht weniger als fünfmal zum Tanzen aufgefordert." — Freundin: „Nun, es war ja auch ein Wohlthätigkeitsball!" Furcht. Frau (in einer spiritistischen Sitzung): „Bitte, liebes Männchen, sollen wir nicht auch einmal den Geist meiner seligen Mama citieren lassen. Ich möchte zu gem einige Fragen an sie richten." — Mann (heimlich zum Beschwörer): „Bester Herr, übernehmen Sie volle Garantie, daß die Geister, die Sie heraufbeschwören, uns auch wieder verlassen?" „Ich weiß, was du sagen willst. Ich be haupte auch nicht, die leibhaftig gesehen zu haben, die fest Jahren im Grabe ruht. Meine Familien erbschaft, das Geistersehen, hat mir einen Streich gespielt, keinen guten, sage ich dir, es graut mir noch vor dieser Erscheinung." Pierrepoint war nicht befriedigt von dieser Erklärung. „Vielleicht war es eine der Mägde, die sich ein Vergnügen damit bereiteten, uns zu beobachten. Aehnlichkeiten täuschen außerordent lich. Blieb sie stehen an ihrem Platz?" „Nein, sie entschwand aus dem Bereiche des Lichtes, ehe ich ihr folgen konnte, und ich ge stehe auch, daß ich im Augenblick wie gebannt dastand, nicht an Verfolgen dachte." „Wie war sie gelleidet?" „Ich weiß nicht. — Laß uns abbrechen. Ich sehe ein, ich habe, oder vielmehr meine Familien- thorheit hat mich zum Narren gemacht." Hildas Ankunft unterbrach das Gespräch. Beide schwiegen von der Sache. Pierrepoint benutzte die Tage seines Aufent halts in Cruxwold dazu, eine Schau über alle weiblichen Dienstboten im Schloß zu halten. Keine erinnerte ihn im geringste» an Alice Mostyn. 14. Während der nächsten Tage nahm et sich Hilda hundertmal vor, Miß Fisher zu fragen, weshalb sie kurz vor der Ankunft der Herren in so fluchtähnlicher Eile zum Schloß gelaufen sei. Wenn sie aber bei Miß Fisher saß, wußte diese ihr s» viel Amüsantes vorzuplaudem, daß sie chre Frage vergaß, «nd schließlich kam ihr die- selbe ganz aus dem Sinn. Hilda machte es sich zur Pflicht, morgens und abends täglich eine Stunde bei der Patientin zu weilen, deren Fuß sich immer noch nicht besserte, trotzdem sie hart näckig ärztlichen Rat zurückwies. Hilda unterhielt sich sehr gern mit der ange regten Dame, aber niemals machte sie wieder irgend eine vertrauliche Bemerkung zu ihr über ihren Gatten, ging auch nie auf Miß Fishers scheinbar harmlose Fragen oder Scherze betreffs feiner ein, seit Miß Fishers Wesen sie bei ihrem ersten vertraulichen Aguß über Pierrepoints Hochherzigkeit stutzig gemacht hatte. Reizend verkehrte Mister Watson mit Hilda, und ost erzählte er ihr schöne Züge aus Pierre points Leben. Mit aufrichtiger Freude beob achtete er, wie Hilda in diesen Tagen auflebte, wie auch ihr Wesen zu ihrem Gatten, ohne daß sie sich dessen bewußt wurde, weniger gezwungen, weniger unfreundlich war. Nicht nur Mister Watson bemerkte diese Veränderung; Mister und Mistreß Burtenshaw gewahrten sie ebenfalls und atmeten erleich tert auf. Eines Tages waren die Rektorsleute zu Tisch geladen. Hilda machte Miß Fisher nach dem Essen ihre Visite, während Mister Watson eifrig mit dem Rektor über Mission verhandelte, und Pierrepoint sich mit Mistreß Burtenshaw unterhielt. „Ich bedauere sehr, daß Sie Miß Fisher nicht kennen lernen," äußerte Mistreß Burten shaw. „Ich gleichfalls," stimmte Pierrepoint zu, „doch aufgeschoben ..., Sie kennen das Sprich wort ?" „Gewiß; aber sechs Monat dünken mich ein gar langes Aufschieben." Pierrepoint wiederholte: „Sechs Monate? — Wie so? Was meinen Sie?" Die kleine Frau sah ihn so erstaunt an, wie er sie, und sagte verlegen: „Nun, Sie reisen doch auf sechs Monat nach Afrika?" Mister Hayes lachte hell auf: „So haben Sie auch den lügenhaften Artikel gelesen? Es ist mir nie eingefallen, daß dieser Unsinn bis hierher dringen könnte." „Aber Mistreß HayeS las den Artikel und schenkte ihm Glauben; nur darum traf sie ja das Arrangement mit der Gesellschafterin." Kaum waren die Worte den Lippen der kleinen Frau entschlüpft, so bereute sie dieselben; denn sie fühlte sofort, welchen Mißgriff sie ge macht hatte, obwohl Mister HayeS kaum eine Sekunde lang die Fassung verlor, vielmehr ruhig lächelnd sagte: „Natürlich hat Hilda geglaubt, daß ich nach Afrika gehen würde; bis vor wenigen Stunden war es meine Absicht. Es verdrießt mich nur, daß die Blätter meine per sönlichen Angelegenheiten besprechen." Mistreß Burtenshaw plauderte harmlos weiter: „Was wird nun Mistreß Hayes über Miß Fisher beschließen, deren Gesellschaft sie unter diesen Umständen belästigen muß?" Pierrepoint fiel eifrig ein: „Keineswegs, meine liebe Mistreß Burtenshaw. Ich werde leider durch einen Erbschaftsprozeß so ost ge zwungen sein, fern von Cruxwold zu weilen, daß es mich in der That beruhigt, meine Frau in angenehmer Gesellschaft zu wissen. Nimmt Miß Fisher Damcnbesuch an?" „Jawohl, ich habe ihr versprochen, Mistreß Hayes nach der Tafel abzulösen r ich war vor dem Essen nur eine Minute oben. Gestatten Sie, so würde ich gem mein Versprechen jetzt einlösen." Pierrepoint verneigte sich, scherzend zustimmend. Er lachte. „Und ich würde gem meine Frau sprechen wegen einer geschäftlichen Angelegenheit. Wollen Sie ihr meinen Wunsch übermitteln? Sie hat den Kaffee in das blaue Zimmer be fohlen, da werde ich sie aufsuchen." Die gute Rektorfrcm richtete ihren Auf trag aus, und Hilda begab sich jn das blaue Zimmer. Als Pierrepoint bald darauf das blaue Zimmer betrat, fand er Hilda behaglich in einem niedrigen Stuhl fitzend, Minnie und Tittum zu ihren Füßen. Mit dieser kleinen Gruppe im Hintergrund machte das Boudoir einen so wohn- lichen Eindruck, daß Pierrepoint ein unaus sprechliches Sehnen packte nach einem Leben in diesem Raum, an der Seite dieses lieblichen Weibes, das er vor der Welt sein nannte und dem er hier nur als Fremder nahen durfte. Er seufzte tief auf, daß Hilda emporfuhr aus ihrer Träumerei. Kühl und mhig begann er: „Ich bat um eine Unterredung, Hilda. Durch Mistreß Burten shaw erfuhr ich, in welchem Irrtum du dich be treffs meiner Zukunftspläne befindest." »t i: tFortieyuuz !o!