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Allgemeiner Anzeiger : 19.12.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-12-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189412196
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- Saxonica
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- Bemerkung
- Vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1894
-
Monat
1894-12
- Tag 1894-12-19
-
Monat
1894-12
-
Jahr
1894
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 19.12.1894
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Rundschau. st schlaud. ...iedelung des kaiser- ^.st^ers vom Neuen Palais nach , in diesem Winter noch später, wie nämlich am 16. Januar erfolgen, ,:e im Vorjahre am 8. Januar geschah, mgt dieser spätere Termin mit dem Umbau -m Berliner Schlosse zusammen. * Die parlamentarischen Dis positionen sind so getroffen, daß nach Ab schluß der ersten Lesung des Etats der Bericht der Geschäftsordnungs-Kommission über den An- : nag bett, die strafrechtliche Verfolgung des Abg. Liebknecht und die Interpellation Paasche-Fried berg belr. die Reform des Zuckersteuergesetzes zur Beratung kommen. Die sogenannte Um sturzvorlage kommt erst nach Neujahr auf die Tagesordnung. * Der Vorsitz in den Reichstags- Kommissionen ist wie folgt verteilt: Budgctkommission v. Kardorff und Graf Hom pesch als Stellvertreter; Petitionskommission Dr. Krause (nat.-lib.) und Schmidt-Warburg (Zentr.); Wahlprüfungskommission Spahn (Zentr.) und v. Marquardsen; Rechnungskommission Dr. Paasche (nat.-lib.) und Horn (Zentr.); Geschäfts ordnungskommission Singer (soz.) und v. Kehler (Zentr.). * Eine vertrauliche Besprechung, die im Reichstag zwischen dem Präsidium und Ab geordneten mehrerer Parteien stattgefunden, hat das Ergebnis gehabt, daß die Verstärkung der Disziplinarbefugnisse des Präsi denten allseitig als notwendig anerkannt worden ist. Bis zur Erwägung bestimmter Be- schlüsse ist diese Angelegenheit noch nicht gediehen. Was den Antrag auf strafrechtliche Verfolgung des Abgeordneten Liebknecht anlangt, so herrscht auch bei den Abgeordneten, die ein formelles Hindernis in dem Wortlaut des betreffenden Paragraphen der Verfassung nicht erblicken, die Ansicht vor, daß es zweckmäßiger sei, dem An ttag der Staatsanwaltschaft nicht zu entsprechen, sondern die Einführung einer verschärften Dis ziplin ins Auge zu fassen. ! * Die Geschäftsordnungs-Kommission des Reichstages hat den Antrag, den Abg. Lieb knecht wegen der bekannten Affäre in An klagezustand versetzen zu lassen, mit 9 gegen 4 Stimmen abgelehnt. * Wie die ,Elb. Ztg/ erfährt, wird die An- legenheit der verhafteten Oberfeuer werkerschüler schon in allernächster Zeit ihren endgültigen Abschluß finden. Unter den Verhafteten befinden sich auch zwei Elbinger, von denen einer erst 8 Tage bei der Oberfeuer werkerschule war, als die Verhaftung erfolgte. Gegen beide liegt nichts Strafbares vor. Ueber- haupt dürften nur etwa zehn Personen bestraft werden. Während anfänglich die Schüler in Einzelhaft gehalten wurden, können sie sich nach ihrer Vernehmung innerhalb der Festung frei bewegen. *Zur Frage der welfischen Thron folge in Braunschweig wird der ,D. Tgsztg/ „von gewöhnlich gut unterrichteter Seite" geschrieben: Der russische Thronwechsel, infolgedessen die Beziehungen zwischen dem Petersburger und Berliner Hofe bessere geworden seien, habe mich seinen Einfluß auf das Ver hältnis des Kaisers zum Herzog von Cumber land ausgeübt. Der jetzige Zar stehe einer Aus söhnung seines Oheims mit dem deutschen Kaiser tteundlich gegenüber. Es dürfte daher in nicht zu ferner Zeit eine .Kundgebung der beteiligten! Fürstenhäuser erfolgen, durch die die Einsetzung des Sohnes des Herzogs von Cumberland als Herzog von Braunschweig für das Jahr 1898 len^fteitpunkt der Großjährigkeit des Prinzen) in sichere Aussicht gestellt wird. (Aehnliche Ge rüchte sind schon wiederholt verbreitet worden, ohne daß sie bis jetzt eine Bestätigung gefunden hätten.) * Die Uebcrveisung zahlreicher Strafent - / lass euer aus Berlin an mecklen burgische Gutsbesitzer hat in den Kreisen der mecklenburgischen Regierung gewisse Bedenken erregt. Man will es vor allem nicht glauben, daß die Strafentlassenen thatsächlich in den weitaus meisten Fällen sich gut geführt haben, und hat bereits Erhebungen anstellen lassen, die allerdings ergeben haben, daß in einzelnen Fällen von Arbeitern, die aus Berlin kamen, Ausschreitungen begangen worden sind. Oesterreich-Ungarn. * Der Ausbruch der ungarischen Ministerkrisis steht unmittelbar bevor. In dortigen parlamentarischen Kreisen verlautet mit Bestimmtheit, daß der Kaiser am 18. d. aus Wien in Budapest eintreffen wird, worauf dann die Lösung der Krists alsbald erfolgen dürfte. Frankreich. * Die H o ch v err at s-A ff är e des Haupt manns Dreyfus scheint thatsächlich im Sande zu verlaufen. Das .Journal des Debats' läßt die Freisprechung des Hauptmanns Dreyfus nahezu als sicher erscheinen, da außer dem anonymen Schreiben, über dessen Urheberschaft die Sachverständigen geteilter Ansicht sind, alle anderen Anklagepunkte fallen gelassen sind. — Durch diesen Verlauf erscheint die Stellung des Kriegsministers Mercier stark erschüttert. Saint- Genest, bisher eine der Stützen Merciers, hat bereits einen Aufsehen erregenden Angriff im ,Figaro' gegen Mercier gerichtet. * Der Präsident der Deputiertenkammer Burde au ist am Mittwoch gestorben. Mit ihm verliert Frankreich einen seiner be deutendsten und zugleich ehrlichsten Politiker. Burdeau, der erst in den vierziger Jahren stand, war wiederholt Minister. Unter Ribot bekleidete er das Marineministerium, im Kabinett Casimir- Perier war er Finanzminister. Bei der Wahl Casimir-Periers zum Präsidenten der Republik hat Burdeau, der mit dem jetzigen Präsidenten auf das engste befreundet war, eine allererste Rolle gespielt. Es ist noch in aller Erinnerung, wie ihm von Casimir-Perier unmittelbar nach seiner Wahl die Ministerpräsidentschaft angeboten wurde. Burdeau lehnte aber damals mit Rück sicht auf seinen erschütterten Gesundheitszustand die ihm zugcdachte Ehre ab, wurde jedoch dafür von der Kammer als Nachfolger Casimir-Periers zu ihrem Präsidenten gewählt, ein Posten, den er bis zu seinem Tode bekleidet hat. England. * Der Premierminister Lord Rosebery hielt am Dienstag in Plymouth eine Rede, in der er sich über die Oberhausfrage aussprach. Er sagte, die Regierung beabsichtige, das Land um das Mandat anzugehen, die Frage der Auf hebung des absoluten Vetorechtes des Ober hauses gegenüber den Wünschen oder der Gesetz gebung des Unterhauses zu regeln. Erst wenn die Regierung dieses Mandat erlangt habe, werde sie das eingeschlagene Verfahren im Unterhause bekannt geben. Er könne jedoch schon jetzt mit teilen, daß die Regierung entschlossen sei, die Verstümmelungsbefugnisse des Oberhauses so zu begrenzen, daß man wenig oder nichts in Zu kunft von diesen Befugnissen zu befürchten habe. Belgien. *Jm belgischen Senat beantragte der sozialistische Senator Picard, die Dotation des Thronfolgers Grafen von Flandern zu streichen. Es ist das natürlich nur eine Demonstration. Picard ist der einzige Sozialist im Senat. Italien. * Die Kommission der Deputiertenkammer hat der Kammer über die ihr von Giolitti zu - ge ft eilten Papiere Bericht erstattet. Die Kammer beschloß, die größere Hälfte davon zu veröffentlichen und nur diejenige auszuschließen, die sich auf Senatoren oder bereits verstorbene Abgeordnete bezieht. Die Briefe an Crispi und seine Gemahlin, nach Behauptung der Kommission durchaus privaten Charakters, bleiben gleichfalls unveröffentlicht und sollen an Crispi zurück gegeben werden. Ruhland. * Der,Pol. Korr.' zufolge verlautet in unter richteten Kreisen, daß in den ersten Monaten des nächsten Jahres wesentliche Abänderungen der russischen Prehgesetzgebung in libe ralem Sinne zu erwarten seien. Ein diesen Gegenstand betreffender Gesetz - Entwurf des Ministers des Innern soll dem Reichsrat schon in der nächsten Zeit vorgelcgt werden. Einigen Blättern ist das Recht des Einzelverkaufs, das ihnen bisher wegen ihrer Richtung entzogen war, mittels kaiserlicher Anordnung wieder erteilt worden. Balkanstaaten. * Die bulgarischeSobra^nje hat ein Sondergesetz für Vergehen gegen die Person des Fürsten Ferdinand und dessen Haus in Ver handlung genommen. Mit Ausnahme der Sozialisten traten sämtliche Parteien für die Vorlage ein. Die gegen den Gesetzentwurf vor gebrachten Einwendungen wurden vom Justiz minister und dem Präsidenten der Sobranje, der bei dieser Gelegenheit den Vorsitz abgab, be kämpft. Diese Reden, sowie die schließliche An nahme des Gesetzentwurfs wurden mit lebhaftem Beifall begleitet. Amerika. *Der Premierminister von Kanada, Thompson, der am Mittwoch der Sitzung des Geheimen Rates in Windsor beiwohnte und da bei als Mitglied des Rates vereidigt wurde, verstarb plötzlich im Schlosse. Die Leiche wurde nach einem Zimmer im Clarence- Tower überführt. Deutscher Reichstag. Am Donnerstag nimmt zur Fortsetzung der Etatdebatte Abg. Böttcher (nat.-lib.) das Wort, indem er zunächst gegen die Ausführungen des Abg. Liebknecht hervorhebt, daß man zwar Sparsamkeit im Etat walten lassen, aber gleichzeitig das für die Entwickelung des Reiches Notwendige bewilligen müsse. Der gegenwärtige Etat weise bedeutende Mehrausgaben auf, an denen der Militäretat den Löwenanteil habe; man müsse ihn daher eingehend prüfen. Auch auf das bedenkliche Anwachsen des Pcnsionsfonds fei hinzuweisen. Mit der Steigerung der Reichsschuldcn müsse endlich Halt gemacht werden, entweder müsse eine strenge Amortisation durchgeführt oder es dürsten keine neuen Anleihen kontrahiert werden. Die Einkommensteuer könne man jetzt kaum noch er höhen, sie treffe vorzugsweise den Mittelstand, den festesten Schutzwall gegen die Sozialdemokratie. Der Handwerkerstand bedürfe der helfenden Fürsorge des Staats. Ebenso wichtig sei die Erhaltung eines kräftigen Bauernstandes. Der Staat habe die Pflicht der Selbsterhaltung gegenüber revolulionärcn Bestre bungen, die die bestehende Gesellschaftsform negieren. Seine Partei wolle mithelfen, daß der religiöse Geist gehoben werde und die höchsten heiligsten Güter er halten blieben. — Abg. Payer (südd. Vp.): Der ganze Etat sei auf neue Steuern zugestutzt; er sei wie der Abg. Bachem, der Ansicht, daß keine solche nötig wären. Namentlich verhalte er sich ablehnend gegen die Tabaksstcuer, die zu leicht jeder Steigerung fähig sei. Wenn die Landwirtschaft Schutz verlange, verlange die Tabaksindustrie nur, daß man sie in Ruhe lasse. Der Mittelstand werde ebenso von der direkten Einkommensteuer getroffen, wie von den in direkten Steuern. Wenn der Reichskanzler so große Energie für die Kolonialpolitik entfalte, so halte er (Redner) dieselbe für unselig und glaube, daß im Innern noch dankbarere Aufgaben vorhanden seien. Was die Umsturzvorlage betreffe, so sei der gegen wärtige Augenblick dafür sehr ungeeignet. Sie werde nur neues Wasser auf die Mühlen der Sozialdemokratie liefern. Der Reichskanzler möge die Umsturzvorlage und das Steuergesetz zurückziehen. — Abg. Zimmermann (Ant.): Die Kolonialpolitik ist ein Ausfluß der nationalen Ideen und schlimm müßte es um Deutschland bestellt sein, wenn wir die Kolo nien aufgeben wollten. Deutschland muß stark genug sein, die Rechte der deutschen Brüder in fremden Landen zu wahren. Die Mehrausgaben werden wir gern prüfen; aber wir sind nicht von groser Be willigungsfreudigkeit durchdrungen. Die Landwirt schaft muß besonder» geschützt werden; wir dürfen aber nicht vergessen, daß in der Regierung dieselben Männer sitzen, die die Landwirtschaft durch die Han delsverträge geschädigt haben. Alle vorgeschlagenen Mittel genügen noch nicht zur Hebung des Mittel standes; besonders bedauerlich ist es, daß man sich noch nicht zur Herstellung einer Organisation des Handwerks hat entschließen können. Dringend nötig ist auch eine Reform des Börsenwesens. Redner wendet sich dann der Umsturz - Vorlage zu, welche die Religion und die Einrichtung der heutigen Gesellschaftsordnung schützen soll. Mit der Sozialreform sei es kaum vereinbar, daß man die Tabakindustrie durch die Tabaksteuer be nachteiligen wolle. Redner wünscht ferner außer der Entschädigung unschuldig Verurteilter auch eine Ver billigung der Gerichts- und Anwaltskostcn und wendet sich dann gegen die Juden und den Umsturz durch die Sozialdemokraten. Seine Partei sei der Meinung, daß nur durch energische antisemitische Maßregeln der Umsturz bekämpft werden könne. Die Diskussion wurde dann geschlossen und einige Teile des Etats an die Budgetkommission ver wiesen. Es entstand noch eine lebhafte Geschäfts- ordnungsdebatte darüber, ob die sog. Umsturzvorlage auf die Tagesordnung vom Freitag zu setzen wär«, doch sprach sich die Majorität dagegen aus. Am Freitag bildete den ersten Punkt der Tages ordnung der dringliche Antrag der Abgg. Schmidt- Elberfeld (ft. Vp.) und Ehni (ft. Vgg.), nach dem in Z 35 der Geschäftsordnung eingeschaltet wer den soll: „Alle Anträge, die innerhalb der ersten vierzehn Tage der Sessson eingebracht werden, gelten, § sofern sie nicht schon vor dem Ablauf dieser Frist zur Verhandlung gelaugt sind, als gleichzeitig einge bracht. lieber die Priorität unter denselben ent scheidet das Los." Nachdem Abg. Schmidt den An trag kurz begründet hatte, erkannte Abg. Gröber (Zentr.) die bestehenden Ucbelstände bei Einbringung der Initiativanträge an und beantragte Verweisung des Antrages an die Geschäftsordnungskommission, gleichzeitig einen von ihm eingebrachten Antrag auf gänzliche Abänderung des Z 35 der Geschäftsordnung empfehlend. Es sprachen noch die Abgg. Gamp, Enncccerus (nat.-lib.), Rintelen (Zentr.), Singer (soz.). Beide Anträge wurden an die Geschäftsorduungs - Kommission verwiesen. — Den zweiten Punkt der Tagesordnung bildete die Inter pellation Paasche und Friedberg (nat.-lib > „Welche Maßregeln in bezug auf die Abänderung des geltenden Zuckerstcucrgesetzes denken die ver bündeten Regierungen zu ergreifen, um die Schä digungen, welche der deutschen Landwirtschaft und der deutschen Zuckcriudustrie durch die aus ländischen Bcstcuerungsformen des Zuckers er wachsen, zu beseitigen?" Zur Begründung führt Abg. Paasche aus, es handle sich um eine große Notlage der Zucker-Industrie. Er er ¬ innere daran, daß der Schatzsekrctär die Zu sicherung gegeben habe, die Exportprämien bestehen zu lassen, wenn das Ausland die seinigcn erköhe oder sonst seine Zuckergesetzgebung ändere. Dieser Fall sei eingctreten. Wir ermäßigen unsere Prämien, Oesterreich und Frankreich seien aber damit nicht nach gefolgt und die Ver. Staaten behandelten sogar den deutschen und österreichischen Zucker besonders schlecht und belegten ihn mit Extrazöllcn. Die Zucker industrie gehe dem Ruin entgegen, wenn man nicht eingreife. Auch die Landwirtschaft, welche sich in jo hohem Grade dem Rübenbau zu gewandt, leide schwer unter dieser Lftise. — Schatzsckretär Graf Posadowsky legt seine Stellung zu dem Antrag dar und gibt zum Schluß die Erklärung ab, daß der Reichskanzler die be fürchtete Zuckerkrisis zum Gegenstand sorgsamster Prüfung gemacht habe und bereits, um solchem Unglück vörzubeugen, mit den preußischen Nessons über Mittel zur Abhilfe in Verhandlung getreten sei. Sollten diese Verhandlungen zu einer Einigung führen, so wird der Reichskanzler sich ebenso mit den verbündeten Regierungen in Verbindung setzen, um die Frage zur Entscheidung zu bringen. — Nach dem noch die Abgg. Richter und Graf Kanitz, sowie nochmals Graf Posadowsky gesprochen, äußerte sich noch Staatsminister Frhr. Marschall v. Bieber st ein namentlich über die Zucker-Zoll politik der Ver. Staaten; er hofft, daß dieselben ebenso loyal ihre Verpflichtungen gegen uns erfüllen werden, wie wir unseren Vertrag von 1828 erfüllt haben. Nach einem Schlußwort des Abg. Bock - Gotha wird die Debatte vertagt. Uon Uah und Fer«. Die Scheuerlappen-Baronin. Die Ber liner Kriminalpolizei warnt vor einer Frauens person, die mit Scheuerlappen und Schwamm netzen handelt und ein besonderes Interesse für sich zu erwecken sucht, indem sie sich als Wittwe eines Offiziers und Sprößling eines alten Adels geschlechts ausgibt. Sie erzählt, daß sie nach dem Tode ihres Gatten vollkommen verarmt und dadurch in die bittere Notwendigkeit versetzt sei, durch den Verkauf von Scheuerlappen sich einen Erwerb zu schaffen. Wenn ihr nichts abgekanft wird, bittet sic um ein Almosen. Sie ist zuletzt unter dem Namen v. Bröming aufgetreten, wäh rend sie sich früher Frau v. Bredow, v. Bönke, v. Rödick und v. Bönigk nannte. Sie ist mehr fach wegen unbefugter Führung des Adelsprädi kats bestraft worden. Die Leiche des Knaben Raczka in Hamburg wurde am Montag nachmittag, in einen Sack genäht, auf dem Boden des Hinterhauses Breitrücks versteckt aufgefunden. Im Irrsinn. In der sächsischen Landes anstalt Hubertusburg hat eine geisteskranke Frau einer anderen ebenfalls geisteskranken Frau mit einer Fußbank die Schädeldcckc eingeschlagen, so daß die Verletzte auf der Stelle verschied. KekeLtet. D (Fortsetzung.) Hilda sah auf und blickte in zwei blaue Augen, die ängstlich forschend auf ihr ruhten. Sie erwachte erst nun zu voller Klarheit. „Ich bitte um Verzeihung," murmelte sie, „ich hatte Kopfweh, daher kam es wohl. Was sagten Sie? Ich habe nicht recht verstanden." „Ich meinte, wir haben Sie erschreckt durch meinen Besuch. Bitte, legen Sie Ihren Kopf auf das Kissen. Sie sehen ganz elend aus. Soll ich lieber heut fortgehen, Miß Priestly, und ein andermal..." „O nein, nein," rief Hilda verängstet, „Mutter würde — ich befinde mich wieder ganz wohl. Es thut mir sehr leid, Ihnen soviel Mühe be reitet zu haben." „Mühe?" wiederholte er, „da irren Sie sich, Miß Priestly," es bekümmert mich nur, Sie so beunruhigt zu haben." Er zögerte, ob er nicht dennoch diese Zusam- menkunft abbrechen sollte; aber Hilda schaute so fragend zu ihm auf, daß er beschloß, zu bleiben. „Lady Mildred sagte mir," hob Mister Hayes an, „Lady Mildred war so gütig gegen mich, viel gütiger, als ich es verdiene —" er stockte; erst nach einer Pause fuhr er fort: „sie sagte, sie wolle mir ihre kleine Tochter zur Frau -eben." Hilda faltete ihre Hände, ihre Lippen öffneten sich, als wolle sie sprechen, aber kein Wort entschlüpfte ihnen. Endlich fuhr Blister Hayes fort: .Lady Mild 's Vers cchen macht mich sehr glücklich; denn die Hand dieser ihrer kleinen Tochter ist das einzige Gut, wonach mein Herz begehrt, wenn diese kleine Tochter selbst damit zufrieden ist. O Hilda, ich verstehe nicht, meine Rede geschickt zu stellen, ich fürchte, Sie durch das Uebermaß meiner Liebe zu erschrecken, ich fürchte, Sie könnten nicht verstehen, wie tief, wie glühend meine Liebe ist. Ich weiß eben nicht den Ausdruck zu finden. Ich will Ihnen nur sagen, das Glück meines Lebens hängt von Ihren Lippen ab." Die unterdrückte Leidenschaft, die den Klang jedes Wortes durchzitterte, machte Eindruck auf Hilda. Sie hatte nicht an offene Rebellion ge dacht, allein dieser Ausdruck glühender Liebe von feiten des ungeliebten Mannes hielt sie zurück, ihm ein offenes Geständnis ihrer Gefühle gegen ihn abzulegen. Sie fand dieser Liebe gegenüber nicht den Mut, ihm zu sagen: „Ich verabscheue dich." Sie schwieg. Er nahm ihre Hand und führte sie an seine Lippen. Sic ließ es zu, doch immer noch in tiefem Schweigen. Er begann von neuem: „Lady Mildred hat mir gesagt, daß Sie Männern gegenüber schüch tern sind, daß vor mir kein Mann Ihnen seine Liebe gestanden hat, daß ich Sie daher be klommen finden würde, daß Sie mir schwer eine Antwort geben würden. Ich will suchen, Ihnen zu helfen. Wollen Sie mir eine derBlumen schenken, welche in Ihrem Gürtel stecken, und wollen Sie dagegen diese Lilien von mir nehmen, so soll mir das als Ihre Antwort gelten, als die! Gewährung meiner Bitte." I Zitternd, indessen ohne Zögern, löste sie die Blumen von ihrem Gurt und reichte sie ihm. Er legte ihr die Lilien auf ihre Kniee. „Ich bin zu heftig, ich fühle es," sagte Pierrepoint Hayes in sanften Lauten. Sie fürchten sich vor mir." „Sie sind sehr gut," stammelte das Mädchen, „ich fürchte mich nicht; es ist mir nur alles so — neu — so fremd — so . . ." Er unterbrach sie: „Lassen Sie gut sein, ich verstehe Sie. Ich danke Ihnen für die Blumen, ich werde sie an meinem Herzen als ein Unter pfand meiner schönsten Hoffnungen tragen; aber ich werde Sie nicht mit meiner Liebe quälen, bis Sie selbst mir erlauben, davon zu Ihnen zu reden. Leben Sie wohl für heut!" Er stand auf und Hilda erhob sich gleich falls in angstvoller Erwartung seines Abschieds grußes. Die Angst war unnütz, er nahm nur für eine Sekunde ihre zarten Händchen in seine beiden kräftigen Männcrhünde. Dann wieder holte er: „Leben Sie wohl. Auf Wiedersehen heut abend im Theater. Lady Mildred sagte es mir zu." Im nächsten Augenblick stand Hilda allein und hörte bald seine Schritte durch den Korridor verhallen. 2. Von allen Seiten gratulierte man Lady Mildred zu der glänzenden Partie, welche ihre junge Tochter machte. Flüsterte man auch in der Stille, daß Lie Dame einen Schwiegersohn vorgczogcn haben möchte, dw nicht seine Ver gangenheit in den Wildnissen Australiens zugc- bracht hätte, so mußte man doch zugeben, daß Pierrepoint Hayes in seinem gesellschaftlichen Mi tteten keinerlei Anstoß gab. Die Verlobung sollte nicht von langer Dauer sein; schon im Juni sollte die Hochzeit im Hause des Lord Morristown in Wilton stattfiuden. Lady Mildred selbst bewerkstelligte diese Eile, obwohl sie empört gewesen wäre, wenn irgend jemand gewagt hätte, sie zu beschuldigen, daß sie die Vermählung ihrer Tochter beschleunige. Dennoch war dem so. Zwar zeigte sich Hilda über Erwarten ge fügig; zwar sorgte Lady Mildred durch Zer streuungen aller Art, durch tägliche Gesellschaften oder Besuche einerseits, durch Sorge für die Toilette und Einkäufe zum Trousseau anderseits in vollem Maße dafür, daß Hilda keine Muße zum Nachdenken blicb; zwar wachte sic unaus gesetzt über dem Brautpaar, daß nicht irgend eine vertrauliche Aussprache stattfinde: dessen ungeachtet verfolgte sie die Furcht, Hilde möchte einmal durch vielleicht ein einziges unbedachtes Wort Pierrepoint Hayes einen Blick in ihr Herz thun lassen. Und Lady Mildred wußte, dieser Mann war>^ viel zu edelmütig, um ein junges Wesen an sich zu fesseln, dessen Herz ihm nicht in Liebe ent- gcgenschlug. Sie wußte, er liebte ihr Kind mit einer Liebe, die so heftig war, daß das Wohl des geliebten Mädchens ihm weit über sein eigenes Glück ging. Darum beschloß Lady Mildred, die feierliche Besiegelung des Verlöbnisses nach Kräften zu beschleunigen, damit für keinen Teil mehr ei»
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