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Allgemeiner Anzeiger : 15.08.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-08-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189408150
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18940815
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18940815
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1894
-
Monat
1894-08
- Tag 1894-08-15
-
Monat
1894-08
-
Jahr
1894
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 15.08.1894
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Politische Rundschau. Deutschland. * Dem Vernehmen nach wird der Kaiser, der am Mittwoch abend bei der Königin von England in Osborne das Diner einnahm und dann nach Cowes zurückkehrte, sich am Sonntag von der Königin Viktoria in Osborne verabschieden und sich am Montag, den 13. d., früh nach Portsmouth und von dort mittels Extrazuges nach dem Truppenlager zu Aldershot begeben. Während des Aufenthaltes in Aldershot wird der Kaiser Gast des Herzogs von Connaught sein. Nach den bisher ge troffenen Bestimmungen dürste der Kaiser am Dienstag, den 14. August von Aldershot nach Gravesend reisen, wohin die „Hohcnzollern" in zwischen abgegangen sein wird, um daselbst die Ankunft des Kaisers zu erwarten, die voraus sichtlich Dienstag abend erfolgt. *Den Mitgliedern der kaiserlichen Familie, die gegenwärtig auf Schloß Wilhelmshöhe anwesend sind, der Kaiserin und ihren Kindern, ihrer Mutter, Schwester und ihrem Vetter, wurde am Mittwoch abend von dem hessischen Sängerbünde, aus mehr als fünf hundert Sängern bestehend, eine Serenade ge bracht. Die Kaiserin dankte für die Ovation wiederholt in der herzlichsten Weise. *Der ,Hann. Cour? schreibt: „Die von einer Berliner Korrespondenz verbreitete Meldung, daß sich der Finanzminister Miquel ver traulich dahin geäußert habe, er wolle zurück- tretcu, wird, wie man uns aus Berlin berichtet, in finanziellen Kreisen als reine Erfindung be zeichnet. Die Meldung gehört offenbar in das von der ,Nordd. Allg. Ztg.' eingeführte und durch die ,Frks. Ztg? und andere Blätter weiter gebildete System der Wühlereien gegen Miquel." * Der ,Reichsanzeiger' schreibt: „Mehrere Zeitungen haben die Mitteilung gebracht, daß die Begnadigung der wegen Spionage ver urteilten französischen Offiziere, die ihre Strafe in der Festung Glatz verbüßten, infolge der Vermittelung des Jesuitenpaters Nix statt gefunden habe. Diese Angaben entsprechen nicht der Wahrheit." *Zur Bekämpfung der Boykott bestrebungen in Sachsen wird über eine neue eigenartige Verfügung berichtet. Im Bezirk der Amtshauptmannschaft Zwickau wird jetzt nicht allein der gegen bestimmte, näher bezeichnete Geschäftsleute gerichtete Boykott, wie überall in Sachsen, bestraft, sondern es wird neuerdings auch mit Strafe bedroht, wer öffentlich dazu auffordert, nur solche Gewerbetreibende in Nah rung zu setzen, die, als den Anforderungen einer politischen Partei genügend, bekannt gemacht worden sind. Frankreich. *Die Hinrichtung Cas erlös soll am 15. d. auf einem öffentlichen Platze Lyons stattfinden. *Die Erfindung Turpins will trotz des ablehnenden Ausspruchs der amtlichen Prüfungs-Kommission noch nicht zur Ruhe kommen. Besagte Kommission sprach sich be kanntlich dahin aus, daß Herr Turpin selbst die nötigen Experimente mit seinem neuen Artillerie geschoß vornehmen möge, da die Kommission von der Erfindung keine Förderung der Ueber- legenheit der Nationalvertcidigung erblicke. Hier gegen erheben sich nun in der Pariser Presse sehr gewichtige und energische Stimmen, — Stimmen, die geradezu behaupten, die Kommission habe dieses Urteil nur abgegeben, um die frühere ablehnende Haltung des Kriegsministeriums gegenüber Turpin zu bekräftigen. „Das Vater land kann untergehen, wenn nur die Verwaltung recht behält!" ruft einer der Verteidiger der Turpinschen Erfindung aus. Dann heißt es be züglich der letzteren, sie erleichtere das Gewicht der Artilleriegeschosse außerordentlich, während sie gleiche Präzision, größere Geschwindigkeit und eine bei weitem größere Wirksamkeit sichere. Von ganz umwälzender Bedeutung, heißt es weiter, wäre die Turpinsche Mitrailleuse für die Marine, die durch das enorme Gewicht ihrer Riesenkanonen nahezu gelähmt werde. Statt des „toten Gewichts" werde durch die Turpin sche Erfindung das „nützliche Gewicht" — die Oberhand erlangen. Unter dem „toten Gewicht" sind die Kanonen oder Schießapparate, unter dem „nützlichen Gewicht" die Geschosse zu ver stehen. Man meint, es sei jetzt Sache der Nation und der öffentlichen Meinung, dafür zu sorgen, daß trotz der Ablehnung der Kommission die Turpinsche Erfindung zum Vorteil Frank reichs erprobt und ausgenützt werde. Italien. * Es beginnt wieder seitens der Anarchisten das alte Spiel mit der Androhung neuer Anarchistenmorde, das vor jeder Hin richtung getrieben wurde. So erhielt der Sin- daco von Motta - Visconti, dem Geburtsort des Präsidcntenmörders Caserio, abermals eiu von einem „anarchistischen Komitee zu Ravenna" unterzeichnetes Schreiben, worin die „Anarchisten aller Länder" die Familie Caserios begrüßen und sie davon benachrichtigen, daß Caserio ge rächt werden würde. Es seien bereits drei Ge nossen ausgelost, die den Präsidenten Casimir- Perier, den Ministerpräsidenten Crispi und einen italienischen Polizeidirektor töten werden. Der anarchistische Bund zähle eine Million Arbeiter zu seinen Mitgliedern, wobei die Anarchisten Rußlands noch gar nicht mit eingerechnet sind. Natürlich sind derartige Phrasen nicht ernsthaft zu nehmen. * Im Sudan scheint in der That die Be deutung des Biahdi immer mehr abzunehmen. Nach einer Meldung aus Massauah befindet sich Osman Digma mit seinem Korps in Gosrcyicb jenseits des Atbara. General Baratieri erklärt den Weg nach Kassala für offen. Zugleich aber dementiert die Crispische Mforma', daß Italien ein weiteres offensives Vorgehen beabsichtige, und erklärt das Gerücht von einem Vormarsch Italiens gegen Chartum für ganz unbegründet. Spanien. * Die Räubereien der marokkanischen Riffkabylen wollen die Mächte nicht länger dulden. Wie mau aus Madrid meldet, haben sowohl der französische wie der englische Ver treter in Tanger Entschädigungsansprüche für die durch Riffbewohner vollzogene Plünderung von unter französischer und englischer Flagge segelnden Fahrzeugen erhoben. Es verlautet, daß ange sichts der wiederholten Akte von Piraterie, deren sich die Riffbcwohner in der letzten Zeit schuldig gemacht haben, die Frage einer gemeinsamen Aktion Spaniens, Frankreichs, Englands und Italiens zur Unterdrückung dieses Unwesens er örtert werde. Balkanstaaten. * Zum Räuberunwesen in Serbien kommt wieder eine charakteristische Meldung. In Gradiste umzingelte eine Heiduckenbande ein Dorf, wobei es zwischen den Räubern und den Bauern zu einem förmlichen Kampfe kam. Die Bauern hatten vier Tote und zwei schwer Verletzte. *Von Paris aus wird wieder einmal der alte utopistische Gedanke einer Konfödera tion der Balkanvölker in den Vorder grund gerückt, jetzt sogar in erweiterter Form unter Einbeziehung Kleinasiens! In einer Kon ferenz von angeblichen Vertretern sämtlicher Nationalitäten jener Gegenden zu Paris hat sich kürzlich, nach ungarischen Blättern, eine „Balkan- Liga" gebildet mit dem Sitze in Paris und der Aufgabe, für diese Konföderation Propaganda zu machen, zunächst durch Zeitungen und Agita tionsschriften und durch Organisation von Zweig vereinen in den betreffenden Ländern mit der gleichen Aufgabe. Dieser Konföderation sollen angehören: Griechenland, Rumänien, Bulga rien, Serbien, Thracien, Makedonien, Albanien, Bosnien, Herzegowina und die Küstenstädte Kleinasiens. Konstantinopel soll Freistadt werden, jedes Land seine innere Autonomie behalten, die äußere Politik aber gemeinsam durch eine eigene Delegation geleitel werden. Von der Türkei ist keine Rede, man will sie vermutlich aufteilen. Allem Anschein nach sind die Hinter männer dieser Propaganda in den französisch russischen Bündniskreisen zu suchen. Rußland und Frankreich sollen im Orient zu einem ge meinsamen Vorgehen gedrängt werden. In der geplanten Konföderation würden alle Balkan staaten um die Leitung ringen und schließlich wohl oder übel Rußland zur leitenden Vormacht erheben. In Wirklichkeit würde diese Kon föderation nicht den Frieden sichern, sondern den Krieg hcraufbeschwören. Vorderhand hat diese Propaganda zwar keine Aussicht auf Erfolg, aber sie erheischt doch die Aufmerksamkeit der Mächte. Asien. *Nach einer ,Times'-Meldung sind die An strengungen Englands und Rußlands, eine friedlicheBeilegungdes Strestes zwischen China und Japan herbeizuführen, fruchtlos geblieben. China wolle die Oberhoheit über Korea nicht aufgeben und es sei infolge des aggressiven Vorgehens Japans nicht länger geneigt, über die Frage von Reformen in Korea zu unterhandeln. * Auf dem Kriegsschauplatz in O st - asien ist es einstweilen still geworden. Es scheint, daß Chinesen wie Japaner in den Ge fechten vom 27. bis 29. Juli sich etwas über nommen haben und nunmehr auf die Sammlung und Ergänzung ihrer Streitkräfte bedacht sind. Australien. * Die Anerkennung derRep u b likHawai ist nunmehr auch seitens der Ver. Staaten offiziell erfolgt, da Präsident Cleveland die durch den amerikanischen Gesandten erfolgte Anerken nung der Republik Hawai ratifiziert hat. . Don Uah und Fern. Weitere Unglücksfälle sind im Hoch gebirge in den letzten Tagen vorgekommen: Ein junger Stuttgarter, Eugen Nuffer, der in einer Pension in Lausanne weilte, ist von einem Ausflug auf die Rochers de Rave, den er am 22. Jul: unternahm, nicht mehr zurückgekehrt. Er stieg in Gesellschaft dreier Freunde auf, trennte sich aber von ihnen und ging allein in der Rich tung gegen den Corjon und Hongrin zu. Alle Nachforschungen nach seinem Verbleib waren bis jetzt fruchtlos. Das Justiz- und Polizeideparte ment den Kantons Waadt hat eine Belohnung von 100 Franken ausgesetzt für den Ueberbrin- ger von Nachrichten, die die Auffindung des Vermißten ermöglichen. — Aus Lugano wird gemeldet, daß ein junger Wbä namens Elie Large vom Seminar in Romans beim Besteigen des San Salvator abgestürzt und sofort tot ge blieben. — Ein englischer Geistlicher namens Davidsohn und dessen Tochter wurden, als sie von Siders auf Mauleseln den St. Luc hinauf ritten, durch Felsblöcke getroffen. Der Vater wurde durch den Mauleseltreiber gerettet, das Mädchen aber wurde getötet. — Aus Pfunders (Bezirk Brixen) wird geschrieben: Zwei Mägde, Schwestern, waren am Donnerstag mit Zusam menrechen des Heues beschäftigt. Die eine glitt aus und kam ins Rollen, die andere wollte sie aufhalten, doch beide stürzten in die Tiefe. So schnell, als es bei derlei Umständen anging, wurde zu Hilfe geeilt, allein als man zu den Verunglückten kam, war die eine nach heftigem Blutverluste bereits verschieden, die andere lag mit gebrochenem Fuße und hat vielleicht noch andere Verletzungen erlitten. Durch fünf Ochsen ist dieser Tage eine schwere Zugentgleisung herbeigeführt worden, die eine längere Verkehrsstörung der ostprcnßischen Züge zur Folge hatte. — Als der von Osterode kommende Personenzng kurz vor 9 Uhr abends in Miswalde einlaufen sollte und an dem Dorfe Taabern vorüberfuhr, sah der Lokomotivführer 5 Ochsen zwischen den Bahnschienen dem Zuge entgegenkommen. Trotzdem sofort der Zug ge bremst wurde, war es zu spät; die Tiere stürm ten der Lokomotive entgegen, gerieten unter die Maschine und brachten dieselbe zur Entgleisung. Von den zuckenden Körpern der Ochsen wurde die Lokomotive hochgehoben, sie fuhr annähernd 50 Meter auf den Bahnschwellen, stürzte dann von dem '/- Meter hohen Bahnkörper herab, zwei Waggons mit sich herabziehend. Von diesen ist der Güterwagen total zertrümmert, besser da vongekommen ist ein Personenwagen dritter Klasse, in welchem mehrere Personen leichte Verletzungen erlitten haben. Die Insassen des darauf fol genden Waggons zweiter Klasse, der gleichfalls engleiste, kamen mit dem bloßen Schrecken da von. Von den fünf Ochsen, die aus einer am Bahndamm belegenen Koppel ausgebrochen waren, sind vier sofort getötet worden. Die Militärbehörde in Wiesbaden er hielt dieser Tage von dem Bezirkskvmmando in Altona die Aufforderung, einem Mitgliede der dort im Zirkus Corty-Althoff auftretenden Lili putaner-Truppe, gebürtig aus der Gegend von Gießen, begreiflich zu machen, daß er sich vor der Ersatzkommission zu stellen habe. Letztere wird jedenfalls finden, daß dieser Militärpflichtige selbst hinter dem im vorigen Jahr herabgesetzten Militärmaß gehörig zurückbleibt. Der König von Schweden hat dem Steuermann Fritz Ehrhorn in Hamburg, der im verflossenen Winter mit eigener Lebensgefahr und mit größter Aufopferung mehrere schwedische Staatsangehörige vom Tode des Ertrinkens ge rettet, die Rettungsmedaille am Bande und eine namhafte Geldsumme überreichen lassen. Eine längst totgeglaubte Frau, nämlich die Gattin des Landmannes Jens Brodersen in Todsbüll in Nordschleswig, ist jetzt plötzlich wieder in ihrem Heim angelangt. In einer rauhen Novembernacht des Jahres 1892 hatte sie sich in einem Anfall von Geistesumnachtung heimlich aus dem Hause entfernt. Als die eifrigen Nachforschungen der Behörden ein halbes Jahr lang erfolglos betrieben worden waren, gelangte man allgemein zu der Annahme, daß die Frau irgendwo verunglückt sein müsse. Wie man jetzt erfährt, hat sie damals ihren Weg nach Dänemark genommen, wo sie u. a. auch in einer Papierfabrik in Odense beschäftigt gewesen ist. Hier hat sie ein nettes Sümmchen erspart, das sie ihren vor Schreck fast starr gewordenen Angehörigen überlieferte. Der Leiter eines kleinen Provinzial- Theaters kam vor einigen Tagen nach Wien, um in letzter Stunde noch einige Personen für seine Bühne zu verpflichten. Sorgenschwer wan delt er eines Vormittags im Volksgarten umher, das Herz schmerzlich erregt ob der kühnen An sprüche des Künstlervolkes. Da sah er eine einfach gekleidete junge Dame, die mit einein kleinen Mädchen auf einer Bank saß und un aufhörlich der ungeberdigen Kleinen gute Lehren geben mußte, die aber dann — nicht befolgt wurden. Von einem kühnen Gedanken ersaßt, nahm er das andere Ende der Bank ein; er stellte sich der schönen Erscheinung vor und sagte, gerade aufs Ziel losgehend: „Ich brauche hübsche Statistinnen; ich gebe 30 Gulden monatlich Jetzt als Gouvernante haben Sie höchstens 2v und müssen sich ärgern. Kündigen Sie und schließen wir ab." Die Dame lächelte, dann meinte sie etwas boshaft: „Ihr Anerbieten ehrt mich, aber ich muß doch erst meinen Mann, den Fürsten C., und meine kleine Tochter da fragen, ob sie die Mama den Winter über entbehren wollen, wenn es auch etwas einbringt." Ein gekränkter Dieb. In Madrid wurde neulich bei einer Frau, namens Teresa Maldo nado, die in der Calle de Zaragoza 23 wohnte, eingebrochcn, und der Dieb trug natürlich alles davon, was er in der Eile erreichen konnte. Tags darauf wurde im ,El Liberal' über den Einbruch berichtet: die bestohlene Frau habe bei der Polizei angezeigt, es seien ihre Kleinodien, silberne Gedecke und bares Geld im Gesamt werte von 60 000 Pesetas entwendet worden- Einige Tage später nun erhielt die Redaktion des genannten Blattes einen Brief durch die Post zugestellt, der von berechtigter sittlicher Ent' rüstung eines ehrlichen Verbrechers bebt. „Sehr geehrte Herren! Mit Befremden habe ich in Ihrem geschätzten Blatte den Bericht über den Einbruch in der Calle de Zaragoza gelesen. Ich soll dort für einen Wert von 60 000 Pesetas erbeutet haben- Wie man doch Weltgeschichte schreibt! Leider klingt die Sache in Wirklichkeit etwas anders. Bares Geld fand ich in der Behausung der Fran Teresa Maldona nicht vor; die entwendeten „Kleinodien" bestanden in einer Schachtel, deren wertvollster Inhalt alte Kämme und Hosenknöpfe waren, die davongetragenen Gedecke waren aus Messing, und an Wertpapieren sand ich bloß 17 Pfandscheine, die ich Ihnen anbei einschicke. Die dnmme Gans will sich also jetzt als reiche Frau aufspielen! Welche Nichtigkeit und Prahl- i sucht! So etwas kann mich entrüsten! Del' ! ganze Bettel, den ich an mich gebracht, war ! kaum 20 Pesetas wert und ich habe deshalb i alles in die Straßenrinne geworfen. Hoch- Keimgefunöen. SZ (Fortsetzung.) Der Baron stand als Beamter in bayrischen Diensten und hatte, als Tirol im Jahre 1806 an Nahem kam, nach Meran übersiedeln müssen, wo seine Stellung wohl eine sehr einflußreiche, aber auch eine ebenso unangenehme war, die ihn oft nicht nur mit seinen An schauungen, sondern auch mit seinem Denken und Empfinden in Zwiespalt brachte. Seine beiden Nichten waren die Töchter seiner verstorbenen Schwester, die mit dem Frei herm von Laufen, einem Tiroler aus altem, an gesehenen Adelsgeschlechte, vermählt gewesen. Nachdem dieser vor zwei Jahren seiner Frau ins Grab nachgefolgt, nahm Baron Thurming seine Nichten zu sich, an denen er in inniger ' Liebe hing. Johanna, die achtzehn Jahre zählte, war noch von allem Zauber ersten Jugendreizes umflossen und von außerordentlicher Schönheit. Ihr reiches, blondes Haar fiel in Locken aus ihre Schultern nieder, und ihre blauen Angen strahlten in feuchtem Glanze. Trotz aller schüchternen Mädchenhaftig keit besaß sie eine schwärmerische, feuerglühende Seele. Ganz das Gegenteil von ihr, sowohl im Äußeren wie in der Gemütsart, war ihre nur um ein Jahr ältere Schwester Auguste, deren Gestalt ungemein fein und zierlich war und deren von edler Blässe bedecktes Gesicht rabenschwarze Haare umwallten, während ihre Augen dunklen veränderliche und Heiterkeit wechselte oft mit tiefer Schwermut ab; aber auch sie war gleich ihrer Schwester von reichster Herzensgüte erfüllt. Die beiden hatten sich seit Jahresfrist nicht ge sehen, da Auguste sich während dieser Zeit bei Verwandten in Paris aufgehalten; Johanna aber war beim Onkel, der schon lange Witwer, in Tirol geblieben. Erst vor wenig Tagen hatte das Wieder sehen stattgefunden, trotzdem aber schien es, als habe es bereits ein Zerwürfnis gegeben, denn es herrschte eine ziemlich gedrückte Stimmung unter den Dreien, die sich in tiefem Schweigen offenbarte. Während Baron Thurming erregt im Zimmer auf und nieder schritt, blickte Auguste zum Fenster hinaus; Johanna aber saß am Strickrahmen, eine angefangene Arbeit weiter führend. Plötzlich blieb Baron Thurming stehen und nachdem er kopfschüttelnd eine Weile seine Nichten bettachtet hatte, begann er, sich zu möglichster Ruhe zwingend: „Wenn nur Mädchen sich nicht in die Welt ereignisse mischen wollten! Eure Aufgabe sollte sein, die erhitzten Gemüter zu beruhigen, nicht aber, sie noch mehr zu entflammen. Sorgsam miedet ihr srüher einen jeden störenden Miß- klang und in innigster Harmonie der Seelen wandeltet. ihr einsam durch das Leben. Jetzt aber seit ihr wie ausgetauscht: die eine würde am liebsten als Soldat Napoleons Schlachten schlagen, meine sanftmütige Johanna hingegen träte ihm gern mit dem Degen in der Hand entgegen!" „Nicht nur mit dem Degen, Onkel, sondern bin ich ein zu ängstlich zaghaftes Mädchen und nicht danach angethan, dem blutigen Tyrannen auf dem Kaiserthroue den Mordstahl ins Herz zu bohren; aber Reue würde ich über eine solche That wahrscheinlich nicht empfinden!" Hochcrregt stand Johanna, nachdem sie aus gesprochen, mit flammenden Wangen vor ihrem Onkel, während es in ihren sonst so sanften blauen Augen kühn und mutig blitzte. Der Baron Thurming starrte sic fassungslos an; dann schlug er die Hände zusammen, indem er ver zweifelt rief: „Johanna, unglückliches Mädchen, wohin führt dich deine Schwärmerei! Bedenke, daß wir von Spionen umgeben sind und daß ich als bayrischer Beamter nichts als ein Diener Napoleons bin! Willst du dich verderben und auch uns ins Unglück stürzen? Glaubst du denn, ich stehe leichten Herzens hier auf meinem schweren Posten? Auch in meiner Seele herrscht ost Zwiespalt und meine Sympathien siud leider allzuoft auf der Seite meiner Pflicht. Deshalb dränge zurück, was dich so tief bewegt; ich achte deine Gefühle, aber kaffe sie nicht über dir zu sammenschlagen und dir den Frieden deines Herzens rauben." Als Johanna ihren Onkel so btt md vor sich stehen sah, erfaßte sie rasch seine Hand und führte sie an ihre Lippen. Tief Atem holend, ent gegnete sie hierauf mit bebender Stimme: „Vergib mir, Onkel, daß ich dir Kummer- bereite, aber es ist nicht möglich, daß ich im Innern verschließen kann, was so übermächtig mich erfüllt! Das Unglück des in den Staub tiefer Bitterkeit und das Schicksal meines armen Vaterlandes Tirol beugt mich ganz danieder! Johanna konnte vor Bewegung nicht weiter sprechen. Ihr Onkel sah ihr eine Weile sinnend ins erglühende Gesicht, dann hauchte er einen Kuß auf ihre reine Stirn und ohne ein AM zu sprechen, entfernte er sich still. Auguste, welche noch immer scheinbar gleich gültig zum Fenster hinaus starrte, trotzdem ns eine aufmerksame Zuhörerin gewesen, war als begeisterte Anhängerin Napoleons kurz vorher ihrer Schwester schroff entgegengetreten und Mlie sich nun darüber schwer bedrückt. Welche Sehn- sucht hatte sie während ihrer Abwesenheit nach ihr empfunden und nun hatte es bereits einen Mißton zwischen ihnen gegeben. Verstohlen blickte sie nach Johanna, welche in ihrer schwärme rischen Begeisterung fast überirdisch schön erschiem Diese trat endlich leise auf Auguste zu um schlug zärtlich den Arm um ihren Hals um ihr innig in die Augen schauend, begann sie bittend^ „Nur noch ein einziges Mal lasse mich Ss deinem guten Herzen flehen, trotzdem du dN Aeltere und auch die Verständigere. Siehst ds dort drüben inmitten des mächtigen Waldes du, Mauern unseres Schlosses in die Lüfte ragen- Welch goldige Zeiten haben wir daselbst verlebt! Frei und ungebunden schweiften wir durch Berg und Thal, und fühlten wir Hunger oder Turin so traten wir ins erste beste Haus und überall lvurden wir gastlich ausgenommen, Ein Paradies ist unser schönes Vaterland und bewohnt voll einem guten Volte! Du nanntest vorhin ib^ trauliches Du nicht zeitgemäß sondern anmaße ^
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