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Sächsische Elbzeitung : 27.04.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-04-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787841065-191804276
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787841065-19180427
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787841065-19180427
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Elbzeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-04
- Tag 1918-04-27
-
Monat
1918-04
-
Jahr
1918
- Titel
- Sächsische Elbzeitung : 27.04.1918
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angriffen auf Zeebrügge berichtet, englische Flieger hätten fesigestellt, das; die versenkten Schiffe „den gröberen Teil des Fahrwassers" versperrten. Die Behauptung, der Hafen sei von See abgeschlossen, wird also nicht aufrecht- rrbalten. Ein „abenteuerlicher Versuch". Der britische Vorstoß gegen Ostende und Zeebrügge wird als navigatarische Leistung auch in Kreisen der deutsche» Marine rückhaltlos anerkannt. Allerdings haben leben der Witterung auch andere Umstände den Engländern »ur Seite gestanden, so sicher vor allein belgische Spionage. Im übrigen ist das Unternehmen gescheitert, die englischen Schiffe sind von uns versenkt, und nicht an der von der englischen Leitung erstrebten Stelle. Die Räumung wird nur kurze Zeit in Anspruch nehmen. Alles in allem handelt eS sich nm einen abenteuerlichen Versuch, sich der wachsenden Bedrohung durch die deutsche» U-Boote zu entziehen. Was die Engländer melden. Wie immer, wenn sie eine Schlappe erlitten habe», melden die Engländer, daß ihr Angriff auf Ostende und Zeebrügge — nach den umlaufende» Berichten — vollen Erfolg gehabt habe. Den Verlust der Schiffe geben sie zu, behaupten aber, sie seien als Sperrschisse (?) versenkt worden. Uber Meuschenverluste weiß der englische Bericht nichts zu sage». Und ganz wie nach der Niederlage am Skagerrak, so beglückwünscht King George die „siegreiche" Flotte, die auf der Heimfahrt begriffen ist. Gesandier Mzow 1*. Berlin, 24. April. Der bulgarische Gesandte in Berlin, Dimitr Nizow, ist gestern abend plötzlich einem Herz leiden erlegen. Ganz überraschend kommt die Nachricht von dem plötz lichen Hinscheiden des Berliner bulgarischen Gesandten, Exzellenz Nizow. Noch vor wenigen Tagei',halte der Gesandte die Ab sicht, sich nach Moskau zu begeben, um dort mit der russischen Sowjet- regierung die Wieder aufnahme der diploma tischen Beziehungen vor» zubereiten. Bulgarien verliert in seinem Ber liner Geschäftsträger einen außerordentlich be fähigten und tatkräftigen Diplomaten. Wenn heute unser Verbündeter auf dem Balkan sich vor der Erfüllung seiner lang gehegten nationalen Wünsche sieht, so darf ein bedeutender Anteil Exzellenz Nizow. daran den Bemühungen Exzellenz Nizows zn- geschriebcn werden. Auch in Berlin wird sein Toö nicht minder als ein Verlust beklagt. Man wird nicht zuviel sagen, wenn man Herrn Nizow als einen eifrigen Förderer des bedeutungsvollen Anschlusses Bulgariens an die Mittelmächte anspricht. Der Bündnisgedäiike, dem er seit langem allhing, ist unter seiner Pflege weiter ent wickelt und gefestigt worden. Seine liebenswürdige per sönliche Art hat ihm dabei weitreichende Sympathien ein getragen. Regierungskrise in Österreich. In Wiener parlamentarischen Kreisen wird die Lage des Kabinetts Seidler äußerst ungünstig beurteilt. Der Ministerpräsident verfügt im Abgeordnetenhause nicht einmal über eine ansehnliche Minderheit. Gleichwohl hat Ritter o. Seidler nach wie vor das Vertrauen des Kaisers, es fragt sich indes, ob nicht auch hier ein Wandel möglich ist, da eigentlich alle Parteien den Rücktritt Seidlers wünschen. Die Tscheche» werfe» ihm Dcntschfrenndlichkeit, die Dentschen Tschecheufreuudschaft vor. Als ein Zeichen für die gespannte Lage kaim gelten, daß Abordnungen der Verfassnngspnrtei und der Mittelpartei des Herrenhauses dem Ministerpräsidenten eine Entschließung überreichten, in der von der Negierung verlangt wird, daß sie erkläre, das Bündnis mit dem Deutschen Reiche bilde nach wie vor den Grundpfeiler der auswärtigen Politik, und kein Staatsakt dürfe außerhalb der konstitutionellen Formen vorgeiiommen werden. Gleichzeitig wird in den Ent- »schließungen eine scharfe Kritik au der Politik Seidlers geübt. . Deutscher NeLchsiag. (152. Sitzung.) Berlin. 24. April. Am Tische des Bundesrats sitzen die Herren Vizekanzler v. Pauer und Staatssekretäre Graf Noedern, Wallraf, Schiffer. Vizepräsident Dr. Paasche gibt bekannt, dab vom jetzigen Herzog von Anhalt ein Danktelegramm aus die Beileidskund gebung zum Tode Herzogs Friedrich H. eingegangen ist. — Anläßlich der großen Erfolge im Westen hat der Präsident des ungarischen Abgeordnetenhauses ein Begrüßungs- lelcgramm gesandt, in dem das treue Bundesverbältms Deutschlands und Österreich-Ungarns betont wird. Der Neichs- lag gibt die Ermächtigung, im gleichen Sinne antworten zu dürfen. Der Vizepräsident gedenkt dann des Heldentodes des Freiherrn v. Nichthofen: Die Trauerkunde hat in Millionen deutscher Herzen das Gefühl tiefsten Schmerzes hcr- vorgerusen und auch in den Herzen der Männer dieses HauseS. Mit schwerem Herzen nehmen wir teil an dem Verlust, den unfere deutsche Fliegcrwaffc erlitten hat. Der Freiherr v. Nichthofen war der Typ eines echten deutschen Offiziers. Sein Andenken wird immer erhalten bleiben. — Der Vize präsident macht dann Mitteilung von dem Ableben des bul garischen Gesandten in Berlin Nizow. Seinem großen diplo matischen Geschick ist es gelungen, jede Unstimmigkeit zwischen den Verbündeten zu vermeiden. Der Dciüsche Reichstag hat das Recht und die Pflicht, an dieser Stelle des Entschlafenen ehrend zu gedenken. Weitere Beratung der Steucrvorlagen. Abg. Waldstein (F. Vp.): Graf Posadowskn bat gestern dem Reichstag Verflachung vorgeworfen und behauptet, daß die Steuervorlagcn hier oberflächlich behandelt wurden. Dieser Vorwurf ist unbegründet. Schon jetzt müßen neue .Einnahmequellen für das Reich beschloßen werden. Hier handelt es sich nicht um ein Zufrüh, sondern eher um ein Zuspät. Wir mißbilligen die einseitige Art der Aufbringung- des Bedarfs durch Besteuerung des Verkehrs und Verbrauchs. Jede Verhrauchsstcuer belastet den Arinen starker als den mehroerbrauchenden Reichen. Der Besttz inub endlich nach seiner wirklichen Leistungsfähigkeit im Reiche herangezogen werden. Ganze breite Schichten der Bevölkerung haben von ihrem Vermögen und Besitz zu den direkte» Lasten des Reiches noch nichts beigetragen. Wir machen ein Gesetz gegen die Steuerflucht tnS Ausland, dabei erleben wir tagtäglich Steuerflucht im Inland selbst. England hat während des Krieges aus den direkten Steuern Einnahmen gezogen, deren Höhe uns erröten macht. Die Umsatzsteuer kann zu manchen Sonderlichkeiten führen. Auch Schriftsteller sollen von der Umsatzsteuer betroffen werden. WaS hätten Goethe und Ltliencron gejagt, wenn sie Buch führen und von ihre» Gedichten hätten Steuern zahlen müßen. Der Kriegsgewlnnsteuer müssen wir die Gistzähne auSbrechen, die Lurusstener möglichst scharf handhaben. DaS Steuerflucht« gesetz wird besondere Schwierigkeiten machen. Es gibt ja auch Auswanderung im Interesse des Vaterlandes. (Lebh. Beifall.) Abg. Paasche (nl.): Vor kurzem wären noch 40 Millionen neuer Steuern etwas Ungeheuerliches. Heute sind wir an ganz andere Summen bereits gewöhnt. Die jetzigen Steuer« Vorlagen erreichen ja schon in einem Jahre fast die Höhe der frunzösischen Kriegsentschädigung von 1871. Können wir eine Kriegsentschädigung erlangen, so werden wir sie natürlich nehmen. Übertriebene Forderungen lehnen wir ab. Die Kriegsentschädigung darf nicht zum Hauptziel des Krieges werden: freilich sind wir von einer grundlegenden Steuer reform. trotz der Milliarden, die wir dem Volk abnehmen, noch iveit entfernt. Auch wir sind der Meinung, dab Besitz und Einkommen entsprechend herangezogen werden müssen. Wir denken gar nicht daran, den Grundsatz anzucrkennen, der nirgends in der Verfassung begründet ist: dab die direkten Steuern den Bundesstaaten, die indirekten dem Reiche ge hören. (Hört, hört!) Wir haben ja hereits direkte Steuern im Reich, so die Erbschaftssteuer, die Tantiemesteuer und den Wehrbeitrag, von dem sich bald zeigen wird, ob er ein einmaliger war und bleibt. Wir können wieder zu den Matrikularbciträgcn greisen. Jeden falls ist eine einheitliche Besteuerung das linerläßlicheZicl der Entwicklung. An und für sich stehen wir dem Steuerstraub nicht ablehnend gegenüber, trotzdem die Umsatzsteuer abgemälzt werden wird. Auch die geistige Arbeit mub erfasst werden, geprüft werden mub, ob die Börse bei der geplanten Verzehn fachung des Umsatzstempels ihre volkswirtschaftlichen Funk tionen noch weiter erfüllen kann. (Beifall.) Abg. Dietrich (kons.): Eine organische Regelung der Finanzen Ist erst möglich, wenn die Frage des Gesamtbedarfs geregelt ist. Auch das Schlagwort, dab der Besitz nicht ge nügend besteuert sei, sollte keine Nolle spielen. In welche Kaße der Besitz zahlt, ist schließlich gleichgültig. Wir berufen mis auf das Wort des Staatssekretärs, dab 0 Milliarden Mark direkten Steuern mir 4V- Milliarden indirekte aegen- uberstehen. Wir wollen dem ganze» Vaterlande rum Wieder aufbau seiner Wirtschaft verhelfen. Wie wollen Sie es ver antworten, wenn 20°/» des Volksvermögens zur Schulden tilgung Verwendung finden? (153. Sitzung.) 6A. Berlin, 25. April. Eingegangen ist ein Vcgrübungstelcgramm des ungarischen Magnatcnhauses mit Glückwünsche» zu den Erfolgen ini Westen und der Versicherung unveränderter Bündnistreue. Die Aussprache über die Steuervorlage» wird fortgesetzt. Bramitwein-Monopol und Geiränkesteuern. Neichsschatzsckretär Graf Noedern: Die neuen Gctränkc- steuern sollen ein Mehremkommen von etiva 1240 Millionen bringen. Nach dem Kriege werden aus den Getränkesteuern etwa 1600 Millionen jährlich zu erzielen sein. Ich hoffe, dab wir dauernd im Frieden etwa '/« aller Steuern aus den Ge tränke» ziehen können. Gegenüber dem Abg. Wald sie in »mb ich dabei bleiben, daß die direkten Steuern für Reich und Bundesstaaten 9'/- Milliarden gegen nur 4V- Milliarden in direkter Steuern ausmachcn. Die bisherigen Malzsteuern haben uns einen erschreckend niedrigen Betrag gebracht. So schien es an der Zeit, von der Nohstoffsteuer zur Fahrikais- steucr übcrzugehen. Das Branntwein-Monopol, das ja den grüßten Teil des Ertrages der Gctränksteuern aufbringen soll, cs bat den Reichstag in anderer Form schon zweimal be schäftigt. Die Regierung ist aut den Gedanken zurück- gckommen, weil sich die Verhältnisse in den letzten Jahren vollkommen verschoben haben. Die ganze Entwicklung drängte aus das Monopol hin. Was wir vorschlagen, ist eine Verstaatlichung der Sptritnözentralc. Eine angemessene Entschädigung der durch das Monopol betroffen werdenden Angestellten und Arbeiter ist vorgesehen. Die Weinpreise haben während des Krieges eine derartige Steigerung erfahren, dab sich die Verhältnisse der weinbau- treibendcn Kreise, wie man aus den Stcuerveranlagungs- crgebnissen der Kommunen ersehen kann, erheblich gebessert haben. Ziemlich weite Kreise im Weinbau und Wemhandel sind jetzt auch prinzipiell mit dem Gedanken der Heran ziehung des Weines zur Besteuerung einverstanden. Wir schlagen ihnen eine Wertsteuer vor, die wir möglichst weitab vom Erzeuger und möglichst nahe an den Verbraucher verlegen wolle». Einzelstaaten, die den Wein versteuern, müssen auf die Besteuerung verzichten und dafür eine Entschädigung erhalten. Durch die Besteuerung der Kellercibcstände kommen wir in die Lage, die sehr groben Weinversteigerungen der letzte» Jahre jetzt noch nachträglich zur Weinversteucrung hcranzuziehen. Die Schaumweinsteuer ist auf einen Einheitssatz von 3 Mark erhöht worden. Die bisherige Staffelung hat sich nicht empfohlen. Auf dein Gebiete der Mineralwässer und Limonaden hat eine ganz ungeheure Preistreiberei stattgefunden. Eine Steuer wird sich auf diesem Gebiete jetzt in der Übergangs zeit einschieben lasten. Eine solche Steuer wird naturgemäß von den Vertretern der Brauereien als Ausgleich gefordert. Die Zölle auf Kaffee, Tee und Kakao sind Finanz zölle, die wir in dem bisherigen System auch ge habt haben und an deren Erhöhung am Schlub des Krieges wir unter allen Umständen hätten Herangehen müssen. Da schien es uns praktischer, diese Frage mit dem Bund der übrigen Getränkesteuern zu erledigen. Damit ist denn auch für die neuen Handelsverträge eine Tatlache geschaffen, über die man nicht hinweggehen kann. Bei der Prüfung der Sätze bitte ich zu bedenken, dab eS wünschenswert ist, jetzt ganze Arbeit zu machen, damit man nicht bei der Gesamtabrechnung noch einmal kommen mub und Flickwerk gemacht hat. Die Aufnahme im Harrst Abg. Herold (Zentr.): Bei der Biersteuer ist das Steuer system vollständig geändert worden. Der Übergang von der Material- zur Fabrikatsteuer erscheint aber zweckmässtg. Die Staffelung ist im Interesse der kleinen und mittleren Betriebe zu begrüßen. Der Bicrverbrauch ist in den einzelnen Bundesstaaten verschieden. Durch die Besteuerung der Mineral wässer wird' ein Ausgleich geschaffen. Gegen die Weinsteuer haben wir keine Bedenken. Der Weinbau ist zurückgegangen. Im Kriege sind aber die Weinpreifp stark gestiegen. Das Jahr 1917 war außerordentlich ertragreich und hat auher- gewühnlich hohe Preise gebracht. Die Winzer befürchten, dab bei späteren Handelsverträgen die Zollsätze herabgesetzt werden. Die Schaumweinsteuer, die 20 Millionen mehr bringen soll, wird leicht getragen werden. Bei den Mineral wässern braucht keine Verteuerung eintreten. Die Steuer könnte der Zwischenhandel übernehmen. Der Kasfeeverbrauch wird durch die Zollerhühung stark zurückgchcn, da sich die Bevölkerung ini Kriege an die Ersatzmittel gewöhnt hat. Abg. Müller-Reichenbach (Soz.): Die Weinsteucr geht uns zu weit. Die Vorlagen müssen einen starken sozialen Einschlag erhalten, der jetzt nicht in ihnen zu finden ist. Abg. Blunck (Vp.) hielt dem Staatssekretär v. Noedern vor, daß die direkten Steuern nur einmal erhoben, die indirekte» aber dauernd dem deutschen Volke auferlegt werden sollen. Der Ältestenrat des Reichstages beschloß, die Aussprache über die Getränkesteucrn so zu fördern, daß am Freitag die in grober Zahl der Erledigung harrende» Eingabeii zur Verhandlung kommen können. Am Sonnabend, Montag und Dienstag fallen die Vollsitzungen aus. Am Mittwoch werde» das Arbeitskammergcsctz und das Gesetz für Aushebung des 8 >53 der Gewerbeordnung aus die Tagesordnung gesetzt werden: dann wird in der zweiten . Lesung des Haushaltsplans fortgcfahren. Oie neuen sozialpolitischen Gesetzentwürfe. Aufhebung des 8 153. — Arbeitskammergesetz. Dem Reichstage sind die angekündigten sozialpolitischen GeKbcntwürse über Aushebung des 8 153 der Gewerbeordnung und das Arbeitskammergesetz zugegangen. Beide Gesetzent würfe entsprechen häufig geäußerten Wünschen weiterer VolkS- krcise und sind gelegentlich der Ankündigung ^-r ..Neuorien tierung" im Reichstage von der Negierung in Aussicht gestellt worden. Die Aushebung dcS ss 1S!t wird kurz begründet. In der Begründung heißt es u. a.: Der 8 l53 ist dauernd Gegenstand von Angriffen aus entgegen gesetzte» Lagern gewesen: nach der Meinung der einen sollte er die Koalitionsfreiheit ungebührlich eluschränkcn, nach der Ansicht der anderen sollte der Schutz durchaus ungenügend sein, den er gegen eine» Mißbrauch der Koalitionsfreiheit, insbesondere gegen Koalilionszwang, bietet. Ini Laufe der Zeit haben sich die Verhältnisse mehr und mehr dahin ent wickelt, daß der 8153 der Gewerbeordnung»! seiner Anwend barkeit beschränkt ist und zum großen Teil Fälle trifft, in denen eine Bestrafung nach dem allgemeinen Rechtsempfinden nicht mehr einem Bedürfnis entspricht. Der 8 153 trifft, wenn er sich auch iu der Form gleichmäßig gegen Arbeitgeber wie gegen Arbeiter richtet, tatsächlich fast ausschließlich die Arbeiter, da den Arbeitgebern andere Zwangsmittel zur Verfügung stehen, um widerstrebende Berussgeuosscn zur Gefolgschaft zu bestimmen, so dab sic im allgemeinen keinen Anlaß haben, von einem der durch 8 153 der Gewerbeordnung verbotenen Mittel Gebrauch zu machen. Die Anwendung des 8 153 wirkt aber um so mehr verbitternd, weil die Arbeiter nur bei ihren Kämpfen um eine bessere Lebenshaltung oder bei ihrem Wirken zur Stärkung der Organisation, der sie augehören und die zu fördern sic sich verpflichtet halten, in die Lage kommen, gegen die darin ausgesvrochenen Verbote zu verstoßen. Durch die Aushebung des 8 153 der Gewerbeordnung würde die Ungleichheit beseitigt werden, die darin liegt, dab diese Strafbestimmung nicht für alle Gruppen von Arbeit gebern und Arbelluchmern gilt, und es würde erreicht werden, dab alle Arbeitgeber und Arbeitnehmer hinsichtlich der bei der Ausübung des KoalitiouSrcchts vorkommendeu Ausschreitungen nur dem Strafgesetz unterstellt sind, dem sämtliche Staats bürger unterstehen. Der Entwurf dcS ArbcltSsnlmncrgeschcö umfaßt 58 Paragraphen: deren erster grundlegender lautet: Für bie Arbeitgeber und die Arbeiter eines Gewerbe« zweigcs oder mehrerer verwandter Gcwerbezweige sind, so weit »ach dem Stande der gewerblichen Entwicklung ein Bedürfnis besteht, auf sachlicher Grundlage Ärbeitskammern zu errichten. Die Arbcitskammcrn sind rechtsfähig. Zweck der Arbeitskammcrn ist die Pflege des wirtschaft lichen Friedens und die Schaffung eines gedeihlichen Ver hältnisses zwischen Arbeitgeber und -nehmer. Demgemäß follen sie bei Tarifverträgen, Arbeitsnachweisen u. dergl. Mit wirken. Die Mitglieder der Arbeitskammcrn müsse» zur Hälfte aus Arbeitgebern und zur Hälfte aus Arbeitnehmern bestehen. Arbcitcrausschüssc bei den Verkchrsanstaltcn des Reiches und der Bundesstaaten können zu Ärbeitskammern erklärt werden. Endlich stimmt der Entwurf grundsätzlich der vielumstrittenen Wählbarkeit der Arbeitcrsekretäre zu. Ohne Zweifel werden diese beiden Gesetzentwürfe, wenn sie halten, was die Negierung von ihnen erhofft, sehr viel gutes für deu sozialen Frieden wirken, zugleich aber dazu beitragen, die wirtschaftliche Kraft des Volksgnnzen zu sammeln und zu fördern und für das Allgemeinwohl immer stärker nutzbar zu machen. politische Nundschau. Deutsches Reich. -4- Wegen der beleidigenden Angriffe gegen den Staats sekretär dcS Auswärtigen Amtes v. Kühlmann in dem Artikel „Alldeutsche Sittenrichter" in Nr. 204 der „Deutschen Zeitung" Hai der Herr Reichskanzler Strafantrag gestellt. (Das Blatt hatte das Privatleben Herr» v. Kühlmanns in Bukarest als nicht einwandfrei bezeichnet.) 4- Die von den Nnssen verschleppten Balten deutschen Namens werden nunmehr von der russischen Regierung auf den energischen Druck der zuständigen deutschen amt lichen Dienststellen hin freigelassen und haben begonnen, die Grenze zu passieren. Hundert Männer und Frauen sind bereits in Dorpat eingetroffen, wo sie von der Be völkerung jubelnd begrüßt wurden. Nach monatelangem Leiden haben sie den Weg von Sibirien unter groben Strapazen zurückgelegt und sind erfreut, ihre Heimat in deutscher Ordnung zu finden. Sie hoffen, dab die baltischen Lande an der Seite Deutschlands einer glücklichen Zukunft entgegengehen. 4- Der Hauptansschust des Reichstages beschäftigte sich Donnerstag weiter mit militärischen Fragen. Be denken wurden erhoben gegen die Tätigkeit des Kriegs presseamtes, denen General v. Bergh entgegentrat. Weiter besprochen wurden die in der Ukraine zutage getretenen Unstimmigkeiten, der Vorstob der Engländer bei Zeebrügge. Eine angeblich reichstagsfeindliche Instruktion für Offiziere fand scharfe Kritik. Der Kriegsminister erklärte, eine solche Instruktion sei ihm nicht bekannt. 4- Hinsichtlich der neuen Anordnung der Reichsgctrcidc- stcllc über Kürzung der Brotration für solche Gemeinden, die ihr Ablieferungssoll nicht erfüllt haben, betonte die sächsische Negierung im Finauzausschub der Zweiten Kammer, dab eine sülche Anordnung dem Neichsgesctz nicht entspreche, das eine gleichmäbige Nationiernng im ganzen Reich vorsieht. Angesichts der Tatsache, dab in einzelnen deutschen Landesteilen vollständige Miberiiten zu beklagen sind, zum Teil auch in Sachse», wird die sächsische Negie rung einer unterschiedlichen Festsetzung der täglichen Brot- menge im Reich und einer Herabsetzung in einzelnen Komnnmalverbänden nicht zustimmen. Belgien. x Eine Neuordnung deS Gerichtswesens ln Mander« >nd Wallonie» wird durch Bekanntmachungen des Ge« leralguartiermetsters und des Gencralgonvcrneurs an« gekündigt. D^r leitende Gedanke bei der Neuorganisation oar, bei möglichst sparsamer Personalverwendung in Strafsachen eine Beschränkung auf das im Interesse der llufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung notwendige, n Zivilsachen Schutz der privatrechtlichen Interessen der deutschen, der Verbündeten und der Neutralen. Es verden deshalb kaiserliche Bezirksgerichte ein»;richtet, die nateriell nach den Landesgesetzen, aber unter Anwendung ses -deutschen Prozeßrechtes in Zivil- und Strafsachen zrteilen werden.
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