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Allgemeiner Anzeiger : 16.05.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-05-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189405166
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- Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1894
-
Monat
1894-05
- Tag 1894-05-16
-
Monat
1894-05
-
Jahr
1894
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 16.05.1894
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Polttische Rundschau. Deutschland. *Der Bundesrat hat beschlossen, der Ein gabe des Verbandes der Tierschutzvereine des Deutschen Reiches betr. den Erlaß eines Verbotes des Feilbietens lebender Vögel während der Schonzeit und die Einführung des Vogel schutzgesetzes auf Helgoland keine Folge zu geben. *Eine im amtlichen Teil des ,Reichsanz/ veröffentlichte Verfügung des Reichskanzlers be- stimmt, daß den im Dienst der S ch u tz tru p p e von Kamerun, Togo und Deutsch-Ostafrika stehen den Landesbeamten, die daselbst eine längere als einjährige Verwendung gefunden haben, die dort zugebrachte Dienstzeit bei der Pensionierung doppelt in Anrechnung zu bringen ist. *Zur Sonntagsruhe im Güter verkehr schreibt der,Reichsanz': Am 8. d. ist im Reichs-Eisenbahnamt unter Teilnahme von Vertretern der Regierungen von Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Hessen, Mecklenburg - Schwerin und Oldenburg über die Frage der Sonntagsruhe im Eisenbahn-Güter verkehr weiter verhandelt worden. Auf Grund der von den einzelnen Regierungen angestellten Erhebungen und der auf einigen Bahnnetzen, namentlich den preußischen Staatsbahnen, bereits gemachten Erfahrungen wurde ein Einverständnis darüber erzielt, daß es angängig sein werde, auf allen deutschen Eisenbahnen den Güterverkehr an Sonn- und Festtagen, abgesehen von den Zeiten des stärksten Verkehrs, wenn auch nicht ganz einzustellen, so doch wesentlich einzuschränken. Es ist in Aussicht genommen, nach Beendigung der nötigen Vorbereitungen in diesem Sinne Wetter vorzugehen. *Jm Reichstagswahlkreisc Schlochau- Flatow ist nach den letzten Feststellungen eine Stichwahl zwischen Hilgendorff (kons., 5699 Stimmen) und Prondzinski (Pole, 3417 Stimmen) notwendig. Antisemiten und Zentrum geben den Ausschlag. * Minister Thielen hat der von den Kanal vereinen zu Hagen und Witten entsandten Ab- - ordnung erklärt, falls der Landtag den Kanal Dortmund-Rhein ablchne, werde seitens der Staatsregierung in nächster Zeit überhaupt keine Kanal-Vorlage mehr gemacht werden. Oesterreich-Ungarn. * Im ungarischen Oberhause er klärte am Donnerstag bei der fortgesetzten Be- , ratung der Eherechtsvorlage der Minister- Präsident Dr. Wekerle, die Reform sei nicht eine Frage des Liberalismus, sondern eine solche der Notwendigkeit. Der Minister schloß: „Neue Ideen klopfen an die Thür, wenn man sie nicht einläßt, werden sie wiederkommen, dann aber die Thür stürmen." Hierauf wurde die Vorlage mit 139 gegen 118 Stimmen abgelehnt. Eine große Menschenmenge vor dem Museum empfing die Mitglieder, die für die Vorlage gestimmt hatten, mit Eljenrufen, die Gegner der Vorlage mit „Abzug"-Rufen. Frankreich. * Die Beziehungen zwischen dem Flotten untersuchungs-Ausschuß uud dem Marine Ministers um sind wieder höchst gespannt. Admiral Vallon als Berichterstatter für den Fall „Magenta" hatte die Baupläne dieses Panzerschiffes verlangt und der Minister ihre Vorlage versprochen. Statt ihrer schickte er dem Admiral die Baupläne zweier Panzerschiffe, deren Kiel noch nicht einmal gelegt ist. Aus schußmitglied Cabart-Danneville berichtete, Admi ral Gervais habe seine Offiziere und Beamten vor sich beschieden und ihnen verboten, auf Fragen des Ausschusses zu antworten. Der Ausschuß beschloß, sich zunächst beim Minister zu beschweren. *Jn der Montagssitzung des Pariser Gemeinderats kam die Frage der haupt städtischen Volksschulen, welche weit hinter den Bedürfnissen Zurückbleiben, wieder einmal zur Sprache. Nachdem die Thatsache erhärtet wor den war, daß das Unterrichtsgcsetz von 1882, das die obligatorische unentgeltliche und kon fessionslose Volksschule einführt, in Paris nicht vollständig zur Anwendung gelangt — teils aus Mangel an Schulhäusern, teils weil viele Eltern der armen Viertel ihre Kinder lieber betteln lassen, als in die Schule schicken — wurde ein Antrag des Gemeinderats Giron genehmigt, demzufolge 40 Millionen der letzten Anleihe für den Bau von Schulhäusern in den Vierteln zu verwenden seien, in denen die gerügten Verhält nisse am schlimmsten sind. England. * Der Premierminister Lord Rosebery sprach am Donnerstag im Londoner liberalen Klub über die im Unterhause zu er wartende Abstimmung über den Staatshaushalt, und erklärte, die Regierung würde, wenn sie auch nur zwei Stimmen Mehrheit erhielte, den Kampf gegen die Opposition bis ans Ziel fort setzen. Man sieht, Seine Lordschaft, die anfangs mit so hohen Hoffnungen ans Ruder kam, be ginnt sich sehr zu bescheiden und begnügt sich mit zwei Stimmen Mehrheit! Für die Aussicht auf den Bestand seiner Regierung ist dies jeden falls höchst bedenklich. Belgien. *Den Lütticher Dynamitatten taten scheint die Polizei endlich auf die Spur gekommen zu sein. Sie hat die Anarchisten Asteroth und Franssens verhaftet und in der Wohnung des ersteren Nägel und Eisenstücke ge funden gleich denen, die die Dynamitbombe am Hause des Doktor Renson enthielt. Bei Franssens fand man größere Mengen Sprengstoff. Beide verweigern jede Angabe der Herkunft dieser Gegenstände. Mehrere Zeugen erkennen in Asteroth und Franssens die beiden Männer, die unmittelbar nach der Explosion flohen; doch leugnen die Verhafteten. Die Regierung be schloß die Einleitung eines anarchistischen Massenprozesses, worin über 100 An geklagte erscheinen sollen. Rußland. *Aus Petersburg geht der ,Pol. Korr/ die Meldung zu, daß die Mitteilung eines englischen Blattes, die Aussöhnung Ruß lands mit Bulgarien stehe unmittelbar bevor, jeder Begründung entbehre. Rußland gehe nicht von den seiner Zeit Bulgarien gestellten Forderungen ab; die russische Regierung könne ferner die von Stambulow in Macedonien ein geleitete Aktion nicht gutheißen, weil das bul garische Element durch dieselbe ein zu starkes Uebergewicht über die anderen Nationalitäten in Macedonien erhalte. Balkanstaaten. * Nach der ,Franks. Ztg/ beabsichtigt die serbische Regierung in den nächsten Tagen mit der völligenAufhebung derVer - fassung vorzugehen. Da für eine solche Auf hebung die Zustimmung der Skupschtina nicht zu erwarten ist, will die Regiemng offenbar die Aufhebung dekretieren. Unter solchen Um ständen erscheinen neue Wirren unausbleiblich. * Die Gährung in Serbien ist groß. In Dobrinje (Kreis Uschitze) hat die der radikalen Partei angehörende Bevölkerung den Kreis präfekten und den Bezirkspräfekten, die sich auf einer Inspektionsreise befanden, gefangen genom men. Eine starke Abteilung Militär wurde sofort zur Befreiung der beiden Präfekten be ordert. Amerika. * Nordamerika will von Samoa nichts mehr wissen. Dem Senat zu Washington wurde am Mittwoch ein Briefwechsel über die Samoafrage vorgelegt. Derselbe enthält ein Schreiben des Staatssekretärs Gresham, in dem ausgeführt wird, die Ver. Staaten hätten wiederholt das Protektorat über Samoa abgelehnt und dem Vertrag von 1878 mehr aus Gefälligkeit als aus Interesse zugestimmt. Samoa sei voll Ge fahr für die Sicherheit und Wohlfahrt Amerikas, das vergebens nach einem Vorteil suche, der für diese Gefahr Entschädigung gewähre. Amerika habe den Eingeborenen nicht zu helfen vermocht und habe seine eigenen Interessen nicht gefördert. Die gegenwärtige Einrichtung bilde in Wirklich keit eine dreitellige fremde Regierung. Amerika habe davon nur Kosten, Verantwortlichkeit und Verwickelungen gehabt. Der Berliner Vertrag habe durchaus seinen Zweck, die Uebelstände zu beseitigen, die man hintanzuhalten suchte, ver fehlt; er habe die Umstände eher verschlimmert. * Wie der ,New Iork-Herald' aus Caracas (Südamerika) meldet, hätte das Erdbeben am 28. v. in der Nacht stattgefunden. Die Städte Merida, Lagunillas, Chiguara und San Juan seien vollständig zerstört, etwa 10 000 Personen seien dabei ums Leben gekommen. Asien. * Das ,Reutersche Büreau' meldet aus O st - Indien: Nach einem Telegramm aus Agra brach daselbst eine Militärrevolte aus wegen deo Versetzung einer Abteilung des aus Eingeborenen bestehenden 13. Infanterie- Regiments in Bengalen zum 17. Regiment und wegen der Beförderung dieser zum 17. Regiment kommandierten Soldaten. Zwei Kompanien des 17. Regiments rotteten sich zusammen und pro testierten gegen die getroffenen Maßregeln, die sie als eine Beleidigung ihrer Kaste bezeichneten. Die Führer der Revolte wurden festgenommen. Die beiden Kompanien rotteten sich von neuem zusammen, verlangten die Freilassung ihrer Führer und wurden deshalb entwaffnet und eingesperrt. Artikel 4 des Muchergesetzes. Durch die Novelle zum Wuchergesetz wird die Verpflichtung zur Abrechnung und Uebersendung eines Rechnungsauszuges für das verflossene Rechnungsjahr allen denen auferlegt, die aus dem Betriebe von Geld- oder Kreditgeschäften ein Gewerbe machen. Es sind nun bei der Auslegung des Gesetzes Zweifel darüber ent standen, was unter dem Betriebe von Kreditge schäften zu verstehen sei. Aus den Verhand lungen des Reichstages ergibt sich, daß nicht jedes Geschäft darunter hat verstanden werden sollen, bei dem der Kaufpreis gestundet oder in mehreren Teilzahlungen beglichen wird, sondern nur solche, zu deren Wesen das Kreditieren ge hört. Die Absicht des Gesetzgebers ist jedoch in dem Gesetze selbst nicht zum formellen Aus druck gekommen, und mit Rücksicht hierauf läßt sich immerhin die Möglichkeit nicht abweisen, daß die andere, weitergehende, in der Litteratur ebenfalls vertretene Auffassung die Billigung der Gerichte und insbesondere auch des Reichsgerichts finden würde, das allerdings mit Rücksicht auf die angedrohte Strafe nur selten in die Lage kommen dürfte, sich in der Revisionsinstanz über die Frage auszusprechen. Bei dem erheblichen Interesse, das der Kaufmanns- und Handels stand daran hat, die Frage in zweifelfreier Weise entschieden zu sehen, ist es begreiflich, daß man in den Kreisen desselben den Wunsch nach einer Auslegung dieser Bestimmung im Wege der Deklaration hegt. Die Vertreter der Berliner Kaufmannschaft haben eine hierauf gerichtete Eingabe an den Staatssekretär des Rcichsjustiz- amts gerichtet, die ohne Zweifel wohlwollende Aufnahme findet. Daß solche Zweifel bei der Auslegung eines Gesetzes möglich sind, das erst vor einem Jahre verabschiedet wurde, bildet wieder einmal einen deutlichen Beweis für die Mangelhaftigkeit unserer Gesetze in formeller Be ziehung, worüber schon oft genug geklagt wurde. Leider scheint eine Bessemng hierin nicht eintreten zu wollen; so leistet das soeben von dem Reichs tag angenommene Gesetz über Abzahlungsgeschäfte in der Verstümmelung unserer doch so schönen und auch verständlichen Sprache wieder ganz außerordentliches. Unwillkürlich kommt man auf den Gedanken, daß der Reichsgesetzgeber sich nur an die Juristen wende, und zwar vor allem an diejenigen, die sich mit den Schriften Hegels und seiner Jünger und Jüngsten gründlich vertraut gemacht haben. Es thäte wahrlich not, daß von Reichs wegen ein Beamter ernannt würde mit dem Sonderauftrag, die Reichsgesetze in ver ständliches Deutsch zu übersetzen; an Arbeit würde es ihm nicht fehlen und verdienstlich wäre seine Thätigkeit ebenfalls. Daß es unter solchen Umständen nicht zu verwundern ist, wenn die Rechtskenntnis auch unter den gebildeten Schichten der Bevölkerung viel zu wünschen übrig läßt, liegt auf der Hand; wie kann der Staat ver langen, daß seine Unterthanen ein Gesetz ver stehen, das ohne Heranziehung ausführlicher Kommentare ein Buch mit sieben Siegeln bleibt? ,K. Z/ Uon Uah und Fern. Ueber den Doweschen Panzer schreibt die Milit.-Poltt. Korr/, daß an zuständiger Stelle diese Erfindung als für Kriegszwecke un geeignet bettachtet wird, sowohl was die Panze rung von Mann und Pferd als auch die Panze rung beweglicher Feldbefestigungen für die Zu kunft betrifft. Aehnlich wird dem ,Hamb. Korr/ geschrieben: „Die Hoffnungen, die an die gün stigen Widerstandsergebnisse des Schutzmittels geknüpft werden, sind nach dem Urteil von maß gebender Stelle, soweit es bisher gefällt werden kann, übertrieben. Man hält die Verwertung des Schutzmittels im Bewegungskriege schon wegen des Gewichts von zwei Klogramm bei halbem Körperschutz und der mit der Fort- schaffung verbundenen sonstigen Schwierigkeiten für ausgeschlossen. Ob das Schutzmittel im Festungskriege, in vorher eingerichteten Ver teidigungsstellungen, wie sie sich z. B. für die Deutschen bei Metz und Paris und vielleicht noch an der Lisaine ergaben, und auf den Schiffen der Kriegsmarine praktische Verwertung finden kann, würde von vielen, noch erst zu erörternden Fragen und Versuchen abhängen. DaS Gewicht kommt hierbei zwar ebenfalls zur Sprache, wäre aber nicht entscheidend. In Bettacht käme hier bei Herstellungsart, Dauer des Schutzmittels gegen Witterungseinflüsse, seine Zerbrechlichkeit und Elastizität und namentlich der Kostenpunkt bei der Massenherstellung. Zudem müßte erst die Forderung Dowes für sein Geheimnis fest gestellt sein, bevor die Militärbehörde sich mit dem Gegenstand eingehender befassen könnte." Etwa 10 Kilogramm Sprengsalpeter sind nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft in Magdeburg in der Zeit vom 2. d. abends bis zum nächsten Morgen 4 Uhr zwischen Staßfurt und Neu-Staßfurt aus dem an dem Athens- lebener Wege gelegenen Pulverhause des Berg werks mittels Einbruchs gestohlen worden. Im Hinblick darauf, daß der Sprengstoff zur Aus führung eines Verbrechens benutzt werden könnte, sei darauf hingewiesen, daß auch der, der Kennt nis von einem solchen Vorhaben hat und es nicht anzeigt, unter Umständen eine Gefängnis strafe von fünf Jahren zu gewärtigen hat. Wer Anhaltspunkte über den Verbleib des Stoffes oder zur Ermittelung der Thäter geben kann, wird um Mitteilung an die Staatsanwaltschaft ersucht. Mord aus Rache wegen Schulstrafen. Ein Bursche von 22 Jahren konnte es seinem früheren Lehrer B-, der jetzt in Kokum wohnt, nicht verzeihen, daß dieser ihm während der Schuljahre die nötigen Strafen erteilt hatte. Als der Lehrer mit seinem Nachbarn nach Berverath zur Kirmeß gegangen war, wohin auch der frühere Schüler des Lehrers B. gekommen war, verfolgte der letztere den Lehrer auf Schritt und Tritt und belästigte ihn auf allerlei Weise, wo von dieser jedoch keine Notiz nahm. Ms sich nun der Lehrer mit seinem Nachbarn zur Heim kehr anschickte, verfolgte der Bursche die beiden auch auf dem Heiniwege und überfiel den Lehrer unweit Berverath. Dieser setzte sich jetzt zur Wehr, erhielt aber mehrere Stiche in beide Arme. Nun warf sich sein Begleiter zwischen die Kämpfenden, erhielt aber mehrere so gefährliche Stiche in Brust und Hals, daß der sofortige Tod eintrat. Der Getötete hinterläßt eine Frau und zwei Kinder. Der Mörder wurde in das Kreisgefängnis zu Erkelenz eingeliefert. Eine nachahmenswerte Einrichtung zu dem Zwecke, vorkommende Streitigkeiten und Beleidigungen unter den beteiligten Personen selbst zum Ausgleich zu bringen, und zwar durch in entsprechenden Geldbußen bestehende Sühnen, hat das Arbeiterpcrsonal eines größeren Ge schäfts in Apolda getroffen. Zwölf aus der Mitte der Arbeiter gewählte Vertreter bilden einen Ordnungsausschuß, dem die Befugnis er teilt worden ist, die etwa entstehenden Diffe renzen zu untersuchen, den Thatbestand nach Möglichkeit festzustellen und gegen den Schul digen eine Ordnungsstrafe auszusprechen. Die Einrichtung hat sich bereits bewährt; schon in verschiedenen Fällen hat die Einrichtung die Zu friedenheit der Beteiligten gefunden mü) man hat eingcsehcn, daß es nicht wohlgethan ist, gewisse an sich unbedeutende Vorkommnisse in der ersten Der Staatsanwalt. 51 (Fortietzuna.i „Hier hat er gestanden," fuhr der Beamte fort, eifrig und selbstbewußt in seiner Entdeckung. „Er ist groß, offenbar größer als ich, denn ich reiche mit den Schultern nicht so wett; fast so groß wie Sie, Herr Staatsanwalt. Diese Klei der haben über ihm gehangen; hier hat er hervor gelugt, als der mißtrauische Alte mit dem Leuchter aus den Hintern Zimmern hervorkam, um sich zu vergewissern, daß er sich getäuscht habe und daß alles ruhig sei. Von hier ist er dann plötzlich hervorgesprungen und hat ihn niederzuschlagen versucht. Aber seine Hand hat dabei vor Auf regung gezittert. Erst allmählich hat er seine Kräfte und seinen Mut wiedergeftmden und die Stärke, ibn niederzuwerfen und zu töten. O, ich sehe das jetzt alles, als hätte ich dabei gestanden." Der Staatsanwalt nickte ihm schweigend und zustimmend zu. Dann sagte er plötzlich: „Und die Waffe?" Der Beamte überlegte einen Augenblick. „Es ist ein stumpfes Eisen gewesen," sagte er dann bedächtig. „Kein Beil oder dergleichen, denn das schlägt scharfe Wunden, während diese mehr gequetscht sind. Es ist auch kein Knüttel oder Keule aus Holz gewesen^ denn dann würde kein Blut geflossen sein. Vielmehr muß es ein Eisen gewesen sein und zwar mit scharfen Kanten, wie die Zerreißung der Kovfhaut beweist. Viel leicht eine eiserne Stange oder dergleichen; jeden falls wohl ein Instrument, das nicht zu dem Zwecke bestimmt ist, einen Menschen zu töten; eine Waffe, die nur zufällig dem Mörder in die Hände gekommen ist, oder die er doch ursprüng lich nur mitgenommen hatte, um sich zu ver teidigen." „Aber wo ist diese Waffe?" fragte der Staatsanwalt. „Wenn wir sie entdecken könn ten; vielleicht, daß das uns einen weiteren An halt gibt." „Wir haben schon heute morgen danach ge sucht," erklärte der Kriminalbeamte, „doch war alles umsonst. Sie ist ganz sicher nicht mehr hier, sonst hätten wir sie gefunden." „Dann hat sie der Mörder also mitge nommen," sagte der Staatsanwalt nachdenklich; „auch dies würde dafür sprechen, daß ihm daran lag, die Waffe zu verbergen; daß sie also jeden falls ihn verraten könnte. Aber anderseits ist es unwahrscheinlich, daß er sie nach seiner Be hausung mitgenommen hat; sie könnte dort noch leichter gegen ihn zeugen. Also wird er sich ihrer unterwegs entledigt haben. Und zwar meine ich, daß er sie schon in diesem Hause irgendwohin beiseite gebracht hat, denn war es wirklich ein langer schwerer Eisenstab, so mußte ihm derselbe lässig sein und besonders auf der Straße ihn verdächtig machen." „Ja, wo sollte das Dings denn aber sein?" fragte jetzt Vater Fritz, der kopfschüttelnd zuge hört hatte. „Wir haben ja heute schon das ganze Haus umgekehrt und nichts gefunden." Die Erwägung des Staatsanwaltes sollte sich indessen gerade in diesem Punkte als voll kommen gerechtfertigt erweisen. Denn in diesem Augenblicke erschien ein Knecht im Hintergrund des Korridors und winkte den Vater Fritz eifrig zu sich heran. „Ja, was ist denn los, Karl?" fragte dieser. Der aber rief geheimnisvoll mit halblauter Stimme: „Kommen Sie nur mal her." „Na, da müssen wir doch mal hören," sagte Vater Fritz, indem er hinausging. Nach wenigen Augenblicken kam er indessen bereits mit dem Knechte zurück. „Da haben wir es schon, Herr Staatsanwalt," rief er. „Hier ist die Waffe." „Komm nur, Karl, und erzähle selbst," fügte er dann zu dem Knechte gewendet hinzu, indem er den Zögernden ins Zimmer schob. Der Knecht hatte in der Hand ein breites, etwa ein Meter langes Eisen, das an dem einen Ende glatt und gerade auslief, während es an der anderen Seite wie zu einer Angel zusammen gerollt war. Das Eisen war beschmutzt und an der einen Seite, die zusammengebogen war, klebten Haare und geronnenes Blut. Es konnte kaum ein Zweifel sein, daß dies die Waffe des Mörders gewesen war. Der Knecht hatte, als er den Stall reinigte, das Eisen auf dem Düngerhaufen gefunden. Es war halb in dem Stroh verborgen gewesen, doch nicht wie absichtlich versteckt, sondern offen bar nur in der Folge davon, daß es mit einiger Wucht dorthin geworfen war. Es war also ganz, wie es der Staats anwalt vermutet hatte. Der Mörder war nach vollbrachter That die Treppe hinabgeschlichen, war nach dem Hofe hinausgetreten und hatte, da er sich unbeachtet sah, die Waffe auf den Düngerhaufen, der sich in der Mitte des Hofes befand, geschleudert. Dann war er wohl mög lichst unauffällig durch das Hofthor, das bis spät in die Nacht offen stand, hinausgetreten, ohne daß ihn jemand bemerkt hatte. Einmal auf der Straße, war er aber vollkommen sicher, denn selbst wenn man ihn hiuaustreten sah, würde man nicht auf ihn geachtet haben, weil man ihn für einen späten Gast gehalten hätte. Denn die Wirtsstube war beständig bis lange nach Mitter nacht geöffnet. 4. Wer aber war der Mörder? Diese Waffe mußte Zeugnis gegen ihn ablegen können. „Kennen Sie dieses Eisen?" fragte der Staatsanwalt den Vater Fritz, nachdem er ebenso wie der Kriminalbeamte es lange von allen Seiten bettachtet hatte. „Haben Sie eine Ahnung, woher es stammen könnte?" Vater Fritz überlegte eine Weile kund rieb sich mit der Rechten die Stirne, als wollte er dadurch sein Nachdenken schärfen. „Es ist ein Riegel, um eine Thür zu schließen," sagte er dann bedächtig, „und ich habe sie auch schon gesehen. Aber wo?^ Abermals dachte er nach. „Halt," sagte er dann, als käme es über ihn wie eine Erleuch- tung, „ich hab's. Es muß oben zu den Boden luken gehören. Es ist ja da oben doch der Ge treidespeicher und vor den Oeffnungen, durch die das Korn heraufgewunden wird, sind Bretter verschläge, und die werden mit solchen Riegeln von innen verschlossen." Der Kriminalbeamte sah den Staatsanwali verschmitzt an und pfiff leise vor sich hin.
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