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Allgemeiner Anzeiger : 28.07.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-07-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189407289
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- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1894
-
Monat
1894-07
- Tag 1894-07-28
-
Monat
1894-07
-
Jahr
1894
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 28.07.1894
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Handlung kommen. In zwei Fällen hat sich keine Spur von Schuld erweisen lassen, beim dritten Falle lauten die Bekundungen der ge richtlichen Sachverständigen schwankend. Wenn also berufsmäßige Sachverständige keine Gewiß heit über diese entscheidende Frage haben, so wird dies bei Geschworenen noch viel weniger der Fall sein. Dieser Ausgang des Prozesses wird in richterlichen Kreisen Belgiens schon seit einiger Zeit vorausgcsehen, und man bedauert lebhaft, daß der Untersuchungsrichter, statt der Frage des Giftbefundes seine Hauptaufmerksam keit zuzuwenden, sich auf eine langwierige Unter- luchung von Nebenumständen einließ, wodurch die Untersuchungshaft der Angeklagten ungebühr lich in die Länge gezogen wurde. In einem Anfall von Wahnsinn warf eine Frau in Rumman Provinz Linwurg ihre drei kleinen Kinder in einen Brunnen und stürzte Üch sodann selbst hinein. Die Mutter ward ge rettet, die drei Kinder sind tot. Die sibirische Universitäthat ihren Gründe, den berühmten Erforscher Sibiriens, Nikolai Michajlowitsch Jadrinzew, durch den Tod ver loren. Jadriuzcw wurde im Jahre 1842 in Omsk geboren, erhielt die mittlere Bildung im Tomskischen Gymnasium und war nachher freier Zuhörer der Petersburger Universität. Im Jahr 1882 gründete er in Petersburg die vielgenannte Wochenschrift ,Wostotschuge Obos-renijeh die er 1887 nach Irkutsk überführte. Von der RcgMung dazu ausersehen, den Strom der Uebersiedler zu leiten, bereiste er in den fiebenziger Jahren den atlantischen Bergbezirk und gründete in Omsk die westsibirischc Abteilung der geographischen Gesellschaft. Seine Schriften „Sibirien als Kolonie" und „Russische Gesellschaft in der Ver bannung" sind wahre Glanzleistungen. Verbannt. Abid Pascha, der Bauten- Dircktor im türkischen Kciegsministerium, ist nach Bagdad, in die Verbannung geschickt worden, ^il ex seinen Posten im Augenblicke eines Erd- swßcs verlassen hat. Nahin Bey, Oberst der kaiserlichen Garde, ist während eines Erdstoßes ?us dem Fenster gesprungen und hat dabei lmien Tod gefunden. Gerichtshalle. Bertin. Der ehemalige Hauptmann Sidney O'Danne, einst Gouverneur des Kaisers Wil helm II., hatte sich am 21. d. wieder einmal vor der 4 Strafkammer des Berliner Landgerichts i zu ver antworten. O'Daunc hat den Feldzug gegen Frankreich als Hauptmann mitgemacht, er wurde aber vor Beendigung desselben wegen Beute wachens zu neun Monaten Festungshaft ver- urteilt. Später ließ er sich eine Unterschlagung tu schulden kommen, welches seine Ausstoßung aus dem Offiziersstande zur Folge hatte. Von leht an begann für O'Danne ein unruhiges, abenteuerndes Leben. Unstät zog er von einem Eide zum anderen, bald tauchte er in Frank sch, bald in Italien, bald in der Schweiz auf. Überall geriet er mit den Behörden in Konflikt. ZU der Schweiz beging er einen äußerst raffi- werten, gegen die dortige Postbehörde gerichteten Betrug. Bei seiner Verhaftung stellte sich her- "US, daß er seit längerer Zeit mit den regierungs- lemdlichen Jrrländern in Verbindung stand, daß ss einen Aufstand organisieren und sich an die »Hitze der Aufrührer stellen wollte. Zu diesem Zwecke sammelte er Geld und Waffen. O'Daunc hatte sich aber auch gegen die deutsche Regierung Langen, er wurde nach Berlin gebracht und wer wurde derzeit unter strengstem Ausschluß der »effeutlichkcit gegen ihn verhandelt. Es wurden w> Termine hohe Militärpersonen und Ministe- ttalbeamte vernommen. O'Danne wurde damals Iu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Aber auch w'üer den Kerkermaltern ließ er sich zu Straf- Meu hjnreißen. Vor etwa zwei Jahren, als wne vierjährige Haft beinahe verbüßt war, wurde er der zweiten Strafkammer des Berliner Landgerichts unter der Anklage wissentlich falscher Mchuldigung vorgeführt. Wiederum mußte es ach um Sachen handeln, welche streng geheim gehalten werden sollten, hochstehende Mikitär- personen traten als Zeugen auf und derDolinetschcr bsr französischen Sprache, Professor Rose, wurde tangere Zeit in Anspruch genommen. O'Danne wurde damals zu drei Jahren Gefängnis ver ¬ urteilt. Seine Vorführung aus Plötzensee zum Termine erfolgte unter Beobachtung von beson deren Vorsichtsmaßregeln. Während seiner Aus bewahrung in der Detennonszelle wurde ihm ein Schutzmann beigegeben. O'Danne ist im Jahre 1838 zu Schwerin geboren, das scharf geschnittene Gesicht ist mit einem ergrauenden zugespitzten Vollbart umrahmt, seine Augen werden von einer bläuen Brille beschattet. Mit ihm zugleich mußten am Sonnabend drei Mit angeklagte sich verantworten: der Buchhalter Emil Stremetzne, der Dialer Paul Höllebrandt und der Glasergeselle Max Grundmann. Diesen drei Angeklagten wird zur Last gelegt, daß sie ihrem früheren Mitangeklagten O'Danne Geld beträge in Höhe von 50, 15 und 10 Mk. unter schlagen haben. Gegen O'Danne richtet sich die Anklage dahin, daß er versucht haben soll, seine Mitgefangenen Otto und Ostrowski zu einer schweren Urkundenfälschung zu verleiten. Das von ihm Angeschlagene Verfahren verrät ein außerordentliches Raffinement. O'Danne war in Plötzcnsee in strengster Einzelhaft gehalten worden. Trotzdem hat er es verstanden, mit der Außenwelt einen ziemlich regen schriftlichen Ver kehr zu unterhalten. Er hat vermöge seiner überlegenen Bildung einen außerordentlichen Ein fluß auf zwei Mitgefangene, namens Otto und Ostrowski, welche seine Zellennachbaren waren, auszuüben gewußt und sie zu überreden ver standen, ihm nach ihrer Freilassung zu einem Fluchtversuch behilflich zu sein. O'Danne hatte folgenden Plan ausgeheckt: Im Oktober vorigen Jahres wollte er ein Gesuch an den Ersten Staatsanwalt Achten, worin er um acht Tage Urlaub bitten wollte, um seine kranke Ehefrau zu besuchen. Er sah voraus, daß er einen ab lehnenden Bescheid erhalten würde. Das Schrift stück des Staatsanwalts würde aber selbstver ständlich in amtlicher Form an ihn gelangen. Dies Schriftstück sollte einer seiner Mitgefange nen, der im Oktober entlassen wurde, mit hin ausnehmen, er sollte einen Bogen Papier von gleicher Art beschaffen, einen Kopf darauf drucken lassen wie auf dem Original und dann von einem geschickten Schreiber die Unterschrift des Staats anwalts in täuschend ähnlicher Weise nachahmen lassen. War der Bogen nun so hergestent, daß er einem amtlichen Schriftstück des Ersten Staats anwalts glich, so sollte er mit folgendem Text ausgefüllt werden: „Cito! Berlin, den 4. No vember 1893. Auf Allerhöchsten Befehl ist der Strafgefangene frühere Hauptmann O'Danne so fort aus der Haft zu entlassen. Derselbe hat sich sofort bei dem Kriegsministerium zu Melden. Der Erste Staatsanwalt beim Landgericht I. (Unter schrift). An die Gefängnis-Direktion zu Plötzen see." Dies Schriftstück sollte ein besonderer Bote, der mit einer blauen Dienstmütze bekleidet war, bei der Direktion in Plötzensee abgeben, aber erst am Nachmittage, nachdem die Büreaus der Staatsanwaltschaft im Kriminalgerichtsge bäude bereits geschloffen waren, damit die Ge- fängnisdirettiou, falls sie Verdacht schöpfte, nicht auf telephonischem Wege Auskunft erbitten konnte. Gelang die Flucht, dann sollten die beiden Helfershelfer jeder 1000 Mk. erhalten. O'Danne war nicht ohne Mittel, seine Pension wurde der Gefängnisdirektton überwiesen und O'Danne stand es zu, darüber zu verfügen. Er wies davon einen Teil für die Frau eines früheren Dieners an und bei dieser sollten seine Helfer sich die nötigen Mittel holen. Der Angeklagte O'Danne gab die ihm zur Last gelegte Strafthat zu. Er sei zweimal wegen wissentlich falscher Anschuldigung und Verleum dung unschuldig verurteilt worden. Sein ganzes Bestreben sei dahin gerichtet gewesen, das Wieder aufnahme-Verfahren zu erwirken, er habe An träge auf Anträge gestellt, aber stets ohne Erfolg. Er müsse annehmen, daß politische Gründe bei den ihm zu teil gewordenen ablehnenden Be- cheiden maßgebend gewesen seien. Die Beweise einer Unschuld befänden sich in Frankreich, es eien Papiere von großer Bedeutung für das Wohl des Deutschen Reichs. Um diese Papiere beschaffen zu können, habe er einen achttägigen Urlaub erwirken wollen. Er habe an ewige Herren in Paris geschrieben und auch den Be scheid erhalten, daß die Papiere, die sich früher in den Händett der irländischen Nationalliga, deren Mitglied er sei, befunden hatten, nunmehr ftn Besitze des französischen Kriegsministers seien. Wiederum habe er seine Anträge auf Wieder aufnahme des Verfahrens erneuert, er habe einen Rechtsanwalt beauftragen wollen, auf seine Kosten nach Paris zu reisen und die Papiere zu holen, aber stets habe man ihn abschlägig be schicken. Da ihm nun der gesetzliche Weg ver schlossen worden sei, um seine Unschuld zu beweisen, habecrzu ungesetzlichen Mitteln greifen müssen, denn er halte cs sür Feigheit und eines Diannes unwürdig, die Hände in den Schoß zu legen, anstatt zu kämpfen. So wie die Anklage schildere, habe er den Plan ersonnen und vorbereitet, der leider vor der Ausführung entdeckt worden sei. — Die Beweisaufnahme beschränkte sich auf die Ver nehmung weniger Zeugen. Der Strafgefangene Otto gab zu, daß er eine Art Bertrauensperson gespielt hatte. Er habe dem Angeklagten O'Danne vorgeschlagen, einen Mitgefangenen namens Consbrück, der demnächst entlassen würde, nach Paris zu senden, um die Papiere zu holen, O'Danne habe dies aber abgelehnt, mit dem Bemerken, daß er selbst nach Paris müsse. Im übrigen schilderte der Zeuge den Sachverhalt so, wie der Angeklagte es gethan. — Die drei Mit angeklagten des O'Danne erregten wenig Inter esse. Otto hatte den Angeklagten Sttemetzne namens des O'Danne beauftragt, von der Ehe- srau seines ehemaligen Dieners 250 Mk. zu holen, die auf heimlichem Wege dem O'Danne zugestellt werden sollten. Von diesem Gelde hatte Sttemetzne 50 Mk. für sich behalten und den Angeklagten Höllebrand und Grundmann davon abgegeben. In betreff des Letzgenannten ergab sich so wenig Belastungsmaterial, daß der Staatsanwalt dessen Freisprechung beantragte. Gegen O'Danne beantragte der Staatsgnwalt anderthalb Jahr Gefängnis, gegen Sttemetzne drei Monat und gegen Grundmann vierzehn Tage Gefängnis. Der Gerichtshof verurteilte den Angeklagten O'Danne zu sechs Monat Ge fängnis. Der Gerichtshof habe keinen Zweifel daran, daß der äußerst verschmitzt angelegte Plan des Angeklagten lediglich dazu dienen sollte, ihm die Freiheit zu verschaffen. Seine Behauptung, daß die Herbeischaffung der Papiere für das Wohl des Staates von Wichtigkeit sei, verdiene keinen Glauben. Das Deutsche Reich stehe Gott sei Dank auf festeren Füßen, als daß die Papiere des Angeklagten cs zu schützen ver möchten. In betreff der drei übrigen Angeklagten sei auf Freisprechung erkannt worden, weil die Belastung des Zeugen Otto nicht ausreiche, sie zu überführen. Aus Kys«. Die Session des Lyoner Schwurgerichtes, in der Caserio abgeurteilt werden wird, begann am 23. Juli, indes der Prozeß gegen den Mörder des Präsidenten Caruot auf den 27. Juli, einen Freitag, angesetzt ist. Im Hin blicke auf den großen Andrang, den dieser sensationelle Prozeß verursachen wird, ist der Schwurgerichtssaal einer gründlichen Reinigung unterzogen worden, da es in der kurzen Zeit bis zum Verhandlungstage nicht möglich ist, die durch den argen Zustand, in dem der Saal sich befindet, notwendigen Reparattuen vorzunehmen. Die zerrissenen roten und weißen Draperien, die die Decke „schmückten," sind halb und halb geflickt und die Säulen, die zu beiden Seiten des Saales, der mit einer kleinen Rotunde, dem Sitz des Gerichtshofes, endet, hinlaufen, werden mit dem etwas morsch gewordenen Ge täfel ein wenig restauriert. Bisher gelangten die Angeklagten mitten durch das Publikum nach ihrer Bank; für Caserio wurde aber ein be sonderer Weg zwischen zwei Schranken errichtet. Der Mörder Carnots wird nach seinem Ein treffen im Justizpalaste nicht wie die übrigen Angeklagten in einer der unterirdischen Zellen bis zu dem Tage seines Prozesses verweilen, sondern nach dem kleinen Zimmer gebracht werden, in dem die Angeklagten sonst das Ber- dikt der Geschworenen abwarten. Der für die Journal - Berichterstatter reservierte Raum ist natürlich für den Prozeß Caserio unzureichend und deshalb wird den Reportern auch noch der große Tisch, auf dem die „vorxorn äelioti" gc- - wöhnlich liegen, zur Verfügung gestellt werden. In dem Prozesse gegen Caserio werden nur der Dolch und eine Zeichnung deS Galawagens als Beweisstücke figurieren. Dieser gehörte ehe dem einem Bankier namens Grand, der ihn vor vier Jahren dem Wagenbauer Coisneux für 1200 Frank verkaufte. Entgegen der Meldung hiesiger Blätter war der Wagen nicht für den Em pfang derKaiserin Eugenie in Lyon bestellt, sondern von seinem Eigentümer, Herrn Grand, für seinen persönlichen Gebrauch angekauft und dann von dem Wagenbauer Coisneux für die Bespannung ü la Daumont hergerichtet worden. Herr Coisneux überließ ihn vor einigen Monaten der Stadt Lyon für 1400 Frank. Die gerichtliche Untersuchung hat sestgestM, daß die Wunde, die Caserio dem Präsidenten Carnot beigebracht hatte, von dem Erdboden genau 126 Zentimeter entfernt war; Caserio konnte sich aus dem ein fachen Grunde nicht auf das Trittbrett schwingen, um den rötlichen Stoß zu führen, weil der niedrige Wagen kein festes Trittbrett besitzt. Die Zahl der vorgeladenen Zeugen ist ziemlich groß; außer den Personen, die Caserio auf dem Wege von Cette nach Lyon anttaf, sind noch der Bäcker jener Stadt, bei dem Caserio bis zum 23. Juni arbeitete, und ein Gipshändler von Lyon, bei dem er vom 21. Juli bis 10. September 1893 in Diensten stand, sowie die unmittelbaren Zeugen der Misscthat, General Bonus, der Präfekt Rivaud, der Maire Gailletou und die zwei Diener, die rückwärts auf dem Wagen saßen, vorgeladen. Kein Mitglied der Familie Carnot, der man übrigens auch alle Kleidungsstücke des Ermordeten übergab, wird in dem Prozesse figurieren. Der Maire Gailleton saß Herrn Carnot direkt gegenüber, konnte also den Vorgang genau beobachten. Der Präsident der Republik sagte gerade zu ihm: „Wie schön, wie reizend das ist," als er eine Hand be merkte, die ein Blatt Papier dem Präsidenten entgegenstteckte. Herr Carnot fuhr zurück und sein Gesicht nahm den Ausdruck des Entsetzens an. Der Maire glaubte, der Bittsteller habe den Präsidenten gestoßen; als Herr Carnot aber zusammenbrach und der Maire uach der Ursache forschte, sagte der Präsident: „Ich . . . . ich ... . man hat mich gestochen." Der Blut verlust, der dann eintrat, ließ keinen Zweifel mehr über die Missethat zu. Der Waffen händler in Cette hatte alle Hände vollauf zu thun, um die Bestellungen vsn Dolchen zu be sorgen, die zu Tausenden bei ihm einlaufen. Alle verlangten genau denselben Dolch wie den, mit dem Caserio den Präsidenten Carnot er mordet hat. Wir haben bereits gemeldet, daß Herr Guillaum-Artigand behauptet, Caserio hätte den Dolch am Vormittag des 23. Juni bei ihm gekauft, also bevor der Bäckermeister dem Mörder den rückständigen Lohn ausgezahlt hatte. Die Zeugen, mit denen Caseno in Lyon in Be rührung kam, sind nicht aufzufinden, weder die, durch die er sich hindurchdrängte, um zu dem Wagen des Präsidenten zu gelangen, noch der Polizist, mit dem Caserio in Streit geriet, weil er einen Jungen, der auf einen Gaskandelaber geklettert war, wegschaffte. Der Untersuchungs richter glaubt, die Zeugen fürchteten die Repressalien der Anarchisten und wollten sich deshalb nicht nennen. Kuntes Allerlei. Daß beschädigte Reichsmünzen nicht kassenmäßigen Geldwert besitzen, wird noch immer viel zu wellig beachtet. Denn fortgesetzt kommt es vor, daß offenbar aus Mutwillen beschädigte, verbogene oder zerschlagene Münzen aller Sorten zur Ausgabe gelangen und namentlich im Klein verkehr muh unbeanstandet genommen werden. Es sammelt sich im Jahre bei manchem Klein- geschäft ein ganz anständiges Sümmchen solcher verkrüppelten Silber- und Nickelmünzen an, und den Schaden hat der zu tragen, welcher sie an nimmt, weil sie von der Bank zurückgewiesen werden. Um sich vor derartigen Schädigungen zu bewahren, wird man gut thun, solche Münzen gleich von erster Hand zurückweisen. Avancement. Vater (zu seinem Söhnchen, das bei einem Schuster in der Lehre ist): „Na, wie geht's, machst du Fortschritte?" — Junge: „O ja! Jetzt darf ich sogar schon lachen, wenn der andere Lehrjunge vom Meister eine Ohrfeige kriegt!" Brunini bei Gericht reden konnte. Von Vorteil Ur jetzt für ihn, daß es auf Rainhofers Eischaft keinen Hund gab. Dicht an die Euer gedrückt, wartete er ab, bis der Blond Rh wieder hinter den Wolken verbergen werde. Zett wurde ihm endlos lang, bevor es ge- konnte er es doch nicht erwarten, die Mutige That, vor der ihm gewaltig bangte, Wlich hinter sich zu haben. Gerade über dem Mwenbauer befand sich das Fenster des Stübchens, n welchem Brunini seinen Aufenthalt hatte und ihm sehr gut bekannt war. . Wenn Brunini noch nicht schläft, oder durch °as Eindrücken der Scheibe erwacht?! Dieser ^.Unke war ihm ein fürchterlicher. In diesem Me hieß es eben rasch handeln und den .^Esstoß blitzartig zu versetze«. Gab es dabei auch einen Entsetzensschrei, ehe Lärm im Hause Scherl gewiß längst davon und in . Das Hinaufklimmen war nicht schwer, denn -1'Ebengcbäude zog sich bis zum Dache empor. F, die Wolken wieder den Blond verhüllten, der Lindenbauer vorsichtig hinauf, uud es -Ustte nicht lange, so befand er sich oben am sewter. Da mußte er einen Augenblick inne dem das Herz klopfte ihm fast hörbar, r Füße wollten ihm den Dienst versagen. ^"tte er diesen Anfall von Schwäche ^erwunden. Dann kam das Gefährlichste, das ,„","Ekcn der Scheibe, um das Fenster von k„ ea offnen zu können. Mit einem raschen, M Drucke wollte er dies thun. Doch wie cr -r den Fensterrahmen griff, fühlte '' "y derselbe unter dem Drucke nachgab; das Fenster war nur angelehnt, um die Nachtluft einzulassen. Da war es dem Lindenbauer, als falle ihm ein Stein vom Herzen. Langsam öffnete er hierauf das Fenster, dann lauschte er- gespannt hinein ins Zimmer, und als es ge schah, vernahni er leises, ruhiges Atmen eines Schlafenden unweit von sich. Unhörbar schwang er sich empor und gleich einen: Diebe stieg er unbemerkt ins Zimmer. Da schnürte ihm die Angst die Kehle zu und er konnte kaum von der Stelle. Als er sich wieder etwas gefaßt, schlich er auf den Zehen, der Richtung zu, woher das Atmen kam. Endlich war er an dem Bette an gelangt, und wieder lauschte er dem ruhigen Atemholen des Schlafenden, um sich von der Lage desselben Gewißheit zu verschaffen. Nachdem er sich an die Dunkelheit ein wenig gewöhnt, bemerkte er in verschwommenen Umrissen eine Gestalt im Bette liegen, so daß er sich so weit danach richten konnte, wo sich die Brust derselben befand, um das Messer hin ein zu versenken. Da hob er langsam die Hand mit dem blinkenden Stahle empor zum Todes stoße. Und als derselbe niederfahren sollte, zer rissen plötzlich die Wolken und voller Mondschein ergoß sich über das Bett. Da hielt der Linden bauer den schon erhobenen Arm an, und vor Schreck und Ueberraschung wäre ihm bald der Mordstahl entfallen, denn dicht vor ihm lag ein liebliches Mädchen, sanft und ruhig schlummernd, die Lippen leicht geöffnet. Brunini hatte sich nach dem nachmittägigen Vorfälle im Lindenhofe in Ellerwang nicht mehr sicher gefühlt und, von Angst getrieben, sofort den Ort verlassen. Er war nach der nahen Stadt gegangen, um dem Bezirksrichter rasch Mitteilung von dem Ausfinden des Schmuckes zu machen und ihn zu sofortigem gerichtlichen Eingreifen zu veranlassen. Inzwischen hatte Auguste, da er erst in einiger Zeit wiederkommen wollte, sein Stübchen bezogen, weil Rainhofer in dem ihrigen einige Reparaturen vorzunehmen hatte. Wie eine Marmorstatue stand der Lindenbauer, welcher den Zusammenhang schnell erraten, noch immer da. Nur noch einen Augenblick durste die Finsternis weiter Herrschen, so hätte das schöne Mädchen anstatt Brunini den Todesstoß empfangen. Rasch wollte er den Rückzug an- trcten, und doch war es ihm nicht möglich, den Platz zu verlassen, denn seine Füße waren wie angewurzelt. Es sprach eine solche Lieblichkeit aus Augustens reinen Zügen, daß der Linden bauer sein blutiges Vorhaben zu vergessen schien. Er hatte die Jahre hindurch das Mädchen kaum einmal recht angesehen; jetzt aber blickte er voll und lange danach hin, und recht eigene Gedanken zogen durch seinen Sinn, als er es that. Auch dieses Mädchen war ein unschuldiges Opfer seiner Mordthat geworden, und hatte durch ihn eine traurige Jugend und Kindheit verlebt. Und nun ruhte sie sanft schlummernd vor ihm, und er stand mit dem Mordstahle in der Hand an ihrem Bette. Noch lange weilte er vor ihr, sie füll be trachtend, und immer leuchtender goß der Mond sein verklärendes Licht über das liebliche Mädchen. Und nun war es ihm, der mit Mordgedanken hierhergekommcu, als umziehe tiefe Neigung für die arme Auguste sein Herz. Plötzlich verdeckte wieder ein Wolkenschleier den Mond, und gleich darauf umhüllte abermals tiefe Finsternis das schöne Mädchenbild. Unhörbar stieg der Linden bauer wieder durch das Fenster, dasselbe vor sichtig anlehnend und auf einsamen Wegen eilte er unbemerkt seiner Wohnung zu. Lange wälzte er sich hierauf ruhelos im Bette, glaubte er doch, das hereinbrechcnde Verhängnis nicht mehr von sich abwenden zu können. Aber auch der grauende Morgen brachte ihm keinen Schlummer, denn es begann ein Sturm zu toben, als gelte es, die Erde in ih»en Grund festen zu eftchüttem. 8. Als die Sonne endlich blutigrot über dem hohen Walde emporstieg, hatte der Sturm aus- getobt, und es herrschte wieder Ruhe und Frieden m der Natur. Kaum daß der Lindenbauer den Hof betrat, brachte ihm der Knecht die Kunde, daß der Sturm droben am Kreuze, am Saume des Waldes, der sein Eigentum war, einige Tannen niedergerissen, die größte und mächtigste aber habe er mit seinem weiten Wurzelwerke aus dem Erdboden gehoben, sodaß sie jeden Augenblick niederfallen könne, dem nächsten starken Winde aber sicher zum Opfer fallen müsse; stürze die Tanne nieder, so werde dies in der Richtung auf das Kreuz geschehen, wohin sie stark neige, wodurch dasselbe sicherlich zertrümmert werden müsse. W-»» (Fortsetzung folgt.)
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