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Sächsische Elbzeitung : 06.07.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-07-06
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787841065-191807060
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787841065-19180706
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787841065-19180706
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Elbzeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-07
- Tag 1918-07-06
-
Monat
1918-07
-
Jahr
1918
- Titel
- Sächsische Elbzeitung : 06.07.1918
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Auffichisraishamster. Lon Dr. Alfon» Goldschmidt, Berkin. DaS Handbuch der Direktoren und AussichtSräte ist ein sehr lehrreiches Buch. Wer darin zu lesen versteht, der sieht nicht nur Namen und Adressen, sondern noch allerlei mehr. Er sieht Zusammenballungen, bedenkliche Personalverquickungen, Bedrohungen der Schwächeren und Schwachen, sozialpolitische Beeinflussungen. Er sieht diesen rasenden Sammelungsprozeß im Bankwesen und in der Großindustrie, der eine Wirtschastsverwandlung von un- geheuerer Bedeutung ist. Schließlich sieht er eine Reform- Notwendigkeit und macht den Gesetzgeber auf solche Zu stände aufmerksam. Das Mitglied eines deutschen Aktienaufsichtsrates soll nach dem Gesetze die Geschäfte der Gesellschaft kontrollieren. Mit wiederholten Stichproben, mit Beobachtung der ge schäftlichen und technischen Vorgänge, mit Umsicht und Pflichtgefühl. Der Nufsichtsrat soll die Tantieme wirklich verdienen und sich nicht ans Repräsentation, auf Zigarren rauchen, Schmausen und Plaudern beschränken. Er soll mehr tun als Unterschriften leisten oder die Bilanzen von Angestellten prüfen lassen. Er soll eben ein Kontrollorgan sein. Nun gibt eS Leute in Deutschland, die, nach dem obengenannten Bnche, 50 und mehr Aufsichtsratsstellen haben. Einer, Herr Louis Hagen, der Inhaber einer be kannten rheinischen Bankfirma, vereinigt sogar 57 AuffichtS- ratsmandate in seiner Hand. Der Seniorchef einer Berliner Handelsgesellschaft, hat nur ein Mandat weniger. Er ist der beschlagenste Bankmann Deutsch lands. Aber auch er mit seiner Vielseitigkeit, feiner Anpassungsfähigkeit, seiner Geistesgegenwart nnd feinem Witz kann unmöglich 56 Aufsichtsratsmandate auS- füllen. Dann kommt eine ganze Reihe von Leisten, die zwischen 50 und 40 innchaben und eine große Zahl mit 10—40 Aufsichtsratsstellen. Dieser Zustand ist gesetzeS- widrig und auch sonst nicht zu entschuldigen. Die Nuf- sichtsratshamster suchen sich mit allerlei Gründen zu ver teidigen, aber ihre Gründe sind nicht einleuchtend. Gut arbeitende Gesellschaften finden immer tüchtige Persönlich keiten und Bankverbindungen. Sie bedürfen weder der Repräsentation noch der Anlockung einer Bank durch Auf- sichtSratsmandate. Sie wirken mit ihrer Rentabilität, mit ihrem Ausstieg, mit ihren Gewinnchancen. Die Aufsichtsratsznsammcnballung ist ein Ausdruck der Kapitalsznsammenlcgung. S'e zeigt die fortschreitende Erweiterung der großen Konzerne, den Machtgnng des Riesenkapitals und den ungeheuer wachsenden Emflnß weniger Betriebe. Sie zeigt ferner die Vernichtung des demokratischen Grundsatzes des Aktienrechtes. Denn die Vereinigung vieler Aufsichisratömandate nimmt den Aktien minderheiten den Einfluß auf die Akticnvolitik. Sie be deutet die Bestimmung dieser Politik von wenigen Zentral stellen aus. Damit wird die Aktienentwicklung, die Ver waltung fremden Kapitals, de», Willen oder der Willkür einer verhältnismäßig kleinen Anzahl von Personen unter stellt. Es gibt in Deutschland „Milliardenkapftäne*, die Kapitalöherzogtümer beherrschen, Herzogtümer ohne Krone, aber von herzoglicher Macht. Diese Leute sind bisher ziemlich unbeobachtet geblieben. Man hat allerlei Gesetze gemacht, beispielsweise sozialpolitische Gesetze, ohne zn bedenken, daß die Kapitalsherzöge die Gesetze durch brechen können. Sie lenken gewisse Entwicklungen und nicht der Gesetzgeber. Die Kapitalskonzentration führt in einen Zustand der Gesetzkrastlosigkeit. Dieses Kapitel ist leider noch nicht eingehend gewürdigt worden, sonst hätte man schon längst den Kampf dagegen begonnen. Diese Niesenkonzernherrscher sind durch den Krieg noch mächtiger geworden. Sie schlucken nicht nur Millionen tantiemen, woran auch die Tantiemesteuer nicht viel ändern wird, sie nützen die Kapitalsansammlung zum Aufkauf immer neuer Unternehmungen aus. Sie durch dringen die Kriegswirtschaftsorgauisation mit privatwirt schaftlichen Interessen und gefährden so den Allgemeinzweck der Organisation. Sie gefährden ferner die Wieder erweckung der Selbständigkeiten in der Übergangswirtschaft. Denn je machtvoller sie werden, um so schwieriger wird der Wettbewerb. Man mag diese Entwicklung grundsätzlich begrüßen, dann aber muß man sie in bestimmte Bahnen lenken. Dann bedarf es einer Kontrolle, einer Abschöpfung der ungeheuren Gewinne für Sozialzwecke, einer neuen Ein kommensverteilung innerhalb der Konzerne, einer Teil nahme nicht nur des Staates, sondern auch der Arbeiter und Angestellten an den Geschäften. Das wäre eine sozialpolitische Ausnutzung der Entwicklung. Will man das aber nicht, so muß man sich den: Mammutgang des Konzentrationskapitals entgcgenstcllcn. Dann muß man für die Entwicklungsmöglichkeiten derjenigen sorgen, die ihre Wirtschaftstücktigkeit selbständig betätigen wollen. Die Übergangswirtschaft wird möglichst viele Selbständig keiten fordern. Auch der Staatssozialist kommt um diese Notwendigkeit nicht herum. Denn eine materialverarmte Wirtschaft bedars der energischen Lebhaftigkeit, des Kauf und Verkaufswettbewcrbs. Staatssozialismus ist nur auf einer gesättigten Wirtschaft möglich. Will man ihn, so muß man bessere Zeiten abwarten. Kann sich Deutschland selbst versorgen? Eine volkswirtschaftliche Zukunftsfrage. Die Einfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse nach Deutschland hat in den letzten Friedensjahrzehnten eine gewaltige Steigerung erfahren und drängt zu der Frage, ob ein derartig großes Anwachsen der Mehreinfuhr im Interesse der Versorgung unseres Volkes notwendig war. Nach den Ernteschätzungen hat sich die Getreideernte zwischen 1881/86 und 1911/13, fast die Kartoffelernte mehr als verdoppelt, und beide sind damit, auch wenn man vor sichtigerweise die früheren Ernteschätzuugen etwas erhöbt, in jedem Falle stärker als die Bevölkerung angewachsen. Auch die Zunahme der Ernten an Wiesen-, Klee- usw. Heu ist hinter der wachsenden Bevölkerung nicht zurückgeblieben. Beim Viehstand haben allerdings nur die Schweine von rund 9 auf 2H Millionen Stück zugenommen, während beim Rindvieh und bei den Ziegen nur ein geringes Wachstum, bei den Schafen sogar ein sehr beträchtlicher Rückgang festzustellen ist. Indessen ist hierbei mit Recht hervorgehoben, daß innerhalb der letzten 30 Friedensjahre das Lebendgewicht ein wesentlich höheres geworden ist. Hinzu kommt noch die hohe Frühreife und schnelle Mastfähigkeit der modernen Nassen, was einen rascheren Umsatz des Viehes zur Folge hat. Nach den Erfahrungen der Praxis kann deshalb unbedenklich an genommen werden, daß die gesamte Gewichtsmenge des deutschen Viehstandes sicher im stärkeren Maße zunahm wie die Bevölkerung. Man muß danach die Frage, ob die landwirtschaftliche Erzeugung in Deutschland mit der wachsenden Bevölkerung gleichen Schritt gehalten hat, nicht nur hinsichtlich der Bodenerzeugnisse, sondern auch hinsichtlich der tierischen Erzeugnisse, abgesehen von der Wolle, bejahen. Wenn gleichwohl die Entwicklung der Einfuhr landwirtschaftlich wichtiger Waren in den meisten Füllen weit über dieZunahme der Bevölkerung hinaus anwuchs, so muß hieraus der Schluß gezogen werden, daß die Ansprüche des deutschen Ver brauchers vor dem Kriege weit größere geworden waren, alS dem durchaus notwendigen Bedürfnis entsprach, wie denn auch infolge des Krieges ein jeder wohl oder übel hat lernen müssen, mit weit weniger auszukommen, als die Verwöhnung verlangte. Somit unterliegt es keinem Zweifel, daß wir in Zukunft in unserer Ernährung uns oom Auslande bis zu einem hohen Grade unabhängig machen können. Wenn wir nun fragen, warum denn während des Krieges die Ernährungsverhältnisse der Bevölkernng so wenig erfreulich sind, so muß vor allem auf die notwendig gewordene Zwangswirtschaft hingewiesen werden, in der eS vor allem gilt, daS Vorhandene restlos zu erfassen und zu verteilen. Es darf aber auch nicht vergessen werden, daß wir ohne wirtschaftliche Rüstung in den Krieg ge gangen find, und außerdem mir mit einer verhältnismäßig kurzen Däner des Krieges gerechnet hatten. Der Mangel an wirtschaftlicher Vorratspolitik und das Vergeuden von erheblichen Nahrungsmengen in den ersten Jahren haben zweifellos dazu beigetragen, daß wir unS jetzt mannig fachen Verzicht anferlegen müssen. Nach dem Wieder aufbau unserer Landwirtschaft aber können wir die Gewähr haben, daß wir uns bei gewissen Einschränkungen, die wohl zunächst beibehalten werden müssen, oom Ausland- unabhängig machen können. Wettfieber und Spielteufel. Unter den vielen unerfreulichen Erscheinungen, die die vier Jahre Krieg gezeitigt haben, ist die bedenkliche Zu» nähme der Spiel- und Wettleidenschast sicherlich eine der unerfreulichsten. Nicht, als ob nicht auch schon in FriedenSzeitenSk reichlich genug gewettet und gespielt worden wäre, aber eS fiel in jenen glücklichen, weniger sorgenvollen Tagen, wo eS der Vergnügungen und Zerstreuungen so viele gab und der Wettsuchl nicht ausschließlich Gier nach raschem, mühelosem Geld gewinn zugrunde zu liegen schien, nicht so sehr auf wie in dieser Zeit der Not. Der Hang zu Glücksspielen aller Art, mögen sie nun am Totalisator oder am Kartentisch erledigt werden, ist Herste so allgemein verbreitet, daß von einem wahren Krebsschaden gesprochen und diese besondere Art der Jagd nach dem Golde oder vielmehr nach den grauen, blauen und braunen „Lappen* — denn Gold ist ja zurzeit nur Schimäre — nicht scharf, genug gebrand- markt werden kann. Man sehe sich nur den Rennbetrieb in einer unserer groben Städte, wo man gegenwärtig „Pferde laufen läßt*, sagen wir in Berlin, an. Lange vor den eigentlichen Renntagen schon, geradezu fieberhaft aber an den Vor abenden der groben Ereignisse, wird in Barbier-, Bäcker- und Schlächterläden, in Kaffee- und Gasthäusern und wer weib wo sonst noch ein schwunghafter Handel mit — „Tips*, mit sportlichen Winken für den Tag der Entscheidung getrieben. Wenn man in den erwähnten Geschäften und Gaststätten augenblicklich auch sonst nicht viel bekommen kann — „Tips* kann man immer haben, sowohl im offenen Handelsverkehr wie auch im Schleichhandel; ja, es geht das durchaus nicht unbegründete Gerücht, daß man für „gute Tips" recht wertvolle Lebensmittel, die es nur noch „von hinten herum* gibt, eintauschen kann. Und alles ist Feuer und Flamme für derlei sich so glatt abwickelnde Geschäfte, denn der Wctttaumel hat weiteste Kreise erfabt. Der Jüngling wie der Greis am Stabe, die Tippmamsell und der Gymnasiast — jawohl, auch der GymnasiastI —, der Handlungsgehilfe, der die fremde Portokasse verwaltet, und der Grobschlächtermeister, der über die eigene große Geld katze verfügt — alle tragen sie ihr Geld zum „Toto* oder zunr „Konzessionierten* oder aber zum geheimen Buchmacher — sowas gibt es allen Gesetzen zum Trotz immer noch — denn alle wollen sie wenigstens auf diesein lieblich lockenden Gebiete zu den „Ktiegsgewinnlern* gehören, was natür lich nicht ausschließt, daß sie sich, wenn der große Tag zur Rüste geht, zu den „Kriegsverlierern* (oder sagt man analog „Verlierlern"?) geworfen sehen. Und das alles geht natürlich unter dem schönen Decknamen „Interesse für die Hebung der Landespferdezucht*! Daß mit dem Eifer für die grobe Sache die Sach- und Fachkeuntnis — in Berlin sagt man „der Pferdeverstand" — wächst, soll nicht ge leugnet werden. Die Interessenten lernen die kabbalistische Sprache der Sportzeitungen verstehen, wissen von Gestüten und Ställen, von Weinberg, Haniel und Oppenheim, mehr als von unseren Siegen im Westen, sprechen von Trainern und Jockeis mit einer Ehrfurcht, als wenn eS sich um grobe Heerführer oder um führende Männer der Wissen schaft handelte, und machen tagaus, tagein Außenseiter, Favoriten, Quoten, Eoentualquoten und was dergleichen Dinge mehr sind, zum fast ausschließlichen Gegenstand ihrer Sorge und ihrer Unterhaltung. Nicht ganz so in breiter Öffentlichkeit wagen die' Spieler ihre nicht immer sehr sauberen Geschäfte abzu» wickeln. Es liegt in der Natur ihrer Sache, daß sie meist das Licht des Tages scheut und sich zwar nicht in nächt liches Dunkel aber immerhin doch in nur künstlich er leuchtete, verschwiegene Hinterzimmer zurückzieht. Dafür ist aber, während die Wetterci ihre Ausstrahlungen nicht allzuweit über das Weichbild der Städte, in denen Rennen veranstaltet werden, hin versendet, die Spielsucht durchaus keine Domäne der Großstadt, sondern eine Krank heit, die ihren Anstecknngsstoff über das ganze Reich verbreitet. Aus allen Richtungen der Windrose konnnen fortgesetzt Nachrichten über aufgestöberte und aufgehobene Spielhöhlen oder Spielhöllen, und die Zahl der soge nannten Spielklubs, die im Verlaufe des Krieges in Deutschlands Gauen gegründet wurden, ist Legion. Gericht liche Verhandlungen gegen Spieler und Spielcrgenossen beiveisen das zur Genüge, obwohl nur die wenigsten dieser Abrechnungen vor dem Kadi über einen engen Stadt bezirk hinaus dringen und weiteren Kreisen bekannt werden. Seitdem im ganzen Lande die Polizeistunde ziemlich früh am Abend cinsetzt und das Kartenspiel in öffentlichen Lokalen viel von seinem früheren Reiz eingebüßt hat, sind die „geschlossenen Klubs", in denen hinter verschlossenen Türen „gejeut" und in sonstigen verbotenen Genüssen ge schwelgt wird, wie Pilze nach dem Regen aus dem Boden geschossen. Daß es sich dabei nicht immer um „Harmlosen- klubs", in denen man einen „soliden Skat* drischt oder ein altväterliches Sechsundfechzig hinlegt, zu handeln- braucht, liegt auf Ler Hand. Hier sind vielmehr Pokern, Mauscheln, Tempeln und wie die Un glücksspiele, di« man merkwürdigerweise Glücksspiele nennt, alle heißen mögen, Trumpf, hier begegnet man den Leuten, die nicht säen und doch ernten und, wie der Berliner sagt, „bei näherer Bekanntschaft gewinnen* hier lassen sich die „neuen Neichen* von heute ihre durch Preis treibereien und Kettenhandel mühelos errungenen „Ver dienste am Vaterland* von Glücksrittern und ins Elegante üdersetzten Bauernfängern, die zu den „neuen Reichen* von morgen gehören werden, nicht ganz schmerzlos, allen sehr, sehr vornehm wieder abknövkent Vermischtes. Tauschgeschäfte. In einem italienischen Blatt waren vor einigen Tagen nachstehende Anzeigen zu finden: „Eisernes Bett, eine schwarze Hose »nd ein Nock werden gegen Lebensmittel eingetnuscht." — „Neue Romane, große Sammlung, abzngebcn gegen fünf Pfund Nahrungsmittel, ganz gleich welcher Art." — „Feinste Damenstrümpfe gegen Zucker oder Fett einzutauschen." — „Gelder Kanarienvogel wird gegen Kaninchen eingetauscht. Da- > selbst siud auch japanische Vasen gegen Bohnen oder Fett einzutauschen." — „Für ein Pfund Butter oder Fett gebe einen noch gut erhaltenen Anzug.* Vom F-raucnwahlrccht. In Verbindung mit den jüngst erfolgten Abänderungen der englischen Wahlrechts- Vorschriften ist die Frage aufgeworfen worden, ob auch englische Frauen in das Parlament gewählt werden dürfen. In dieser Hinsicht scheinen noch verschiedene Zweifel und Bedenken zu bestehen. Minister Bonar Law teilte wenigstens unlängst in einer Sitzung deS Parlaments mit, daß die Berater der Krone sich zunächst ernstlich mit der Frage beschäftigen müßten, inwieweit die Wählbarkeit der Frauen mit den noch bestehenden Landesgesetzen in Wider streit sein könnte; so ohne weiteres werde sich die Fran den stolzen und lauge ersehnten Titel „M. P." (was unserm M. d. R. entspricht) wohl nicht beilegen dürfen. Inzwischen rechnet man aber bereits mit der Möglichkeit, daß Frauen in das Unterhans ihren Einzug halten könnten, and ein Londoner Blatt widmete dieser Tage den .kommenden Parlameutsrednerinncn" folgende Verse: „In tko struck Kous« vk Oommvn» rit somo kuturo ckato Ibe vvoman KI. ?. ko kvarck. Lut will sko akservo all tko rules ok ckvkstv, Vr insist tkat sko Kas tko last vorck?" Deutsch: . , Im Unterhaus huldigt in künftiger Zeit " Auch die Frau M. P. wohl dem Nedesport. Doch ist sie nach Regeln zu reden bereit. Oder will sie behalten das — letzte Wart? Die englische Post im Kriege. Ju einem Lost onrr Blatte liest man: Während des Krieges hat sich die S rbeit der englischen Postanstaltcn gewaltig ausgebreitet, uni) die „Postziffern" nehmen von Kriegsjahr zu Kriegsjahr an Bedeutung zu. Der Generalpostmeister teilte im Unterhause unter anderm mit, daß bei einem Fliegeralarm durchschnittlich 20 000 unvorhergesehene Telephonanschlüsse zustande gebracht werden müßten. Der Umfang der postalischen Tätigkeit stehe in keinem Verhältnis zu den Postziffern, an die man vor dem Kriege gewöhnt war. So würden jetzt wöchentlich 6 Millionen Briefe und 360 000 Postpakete an die franzö- fische Front gesendet. Während des letzten Weihnachtsfestes stieg die Zahl auf 20 Millionen Briefe und 4 Millionen Pakete. An die Kriegsgefangenen nnd an die in neutralen Ländern internierten Engländer würden wöchentlich 116 000 Briefe expediert gegen 89 000 im Jahre vorher; auch die Postpakete hätten zugenommen, und zwar seien sie von 85 000 im vorigen Jahre auf 126 000 in dem soeben abgelaufenen Dienstjahre gestiegen. Die englisch - französische Bclcidignngskrankheit. „Verdammter Drückeberger!" — „Mach, daß dn wegkommst, verfluchter Pazifist!" — „Kriegsgewinnler!" — „Spion!" Worum handelt es sich? fragt ein Mitarbeiter des „Journal". Ganz einfach um einen Ausbruch der Krankheit, die ein englischer Richter kürzlich entdeckt und Beleidigungskrankheit getauft hat. Diese Krankheit ist eine Art moralischer Grippe, die in allen Kreisen wütet. Der Richter erklärte: „Der lange Krieg, der uns heimsucht, hat eine allgemeine Nervosität geschaffen: sie äußert sich, und zwar haupt sächlich in weiter Entfernung von der Feuerzone, durch fieberhafte Beredsamleitsausbrüche, durch plötzliche, heftige Wutanfälle, durch bittere Sarkasmen, durch rücksichtslose Vorwürfe, durch grobe und direkte Beschimpfungen. Diese Nervosität läßt sich selbst durch angeborene Höflichkeit Nur schwer mildern und eindämmen: sie bricht unerwartet aus und bringt das ganze gesellschaftliche Leben in Ver wirrung. Die Beleidigungskrankheit ist sehr ansteckend und mannigfachen Komplikationen unterworfen." Der Krieg macht Kaltblütigkeit, Maßhalten und gesunden Menschenverstand zu immer seltener werdenden Eigen schaften; er überreizt das Nervensystem und entwickelt die Nörgelsucht und Streitliebe bis zu einem unglaublichen Grade. Um eines Ja oder eines Nein willen können Leute dem Herrn, der über die Frage der Jugo-Slawen nicht ganz ihrer Ansicht ist, in aller Ruhe sagen: „Wenn ich etwas zu sagen hätte, wären Sie längst erschossen!* Ganz einfach: erschossen! Das alles ist natürlich nicht sehr ernst zu nehmen, und die Zustände werden sich sicher wieder bessern. Aber die Fortschritte dieser Kriegsneuraflüeuir müssen doL im Auge behalten werden. Nah und Fern. o Die „spanische Krankheit" — eine englische Krank heit? Die französischen Zeitungen fahren fort, sich mit den Krankheitserscheinungcu zu beschäftigen, die man in Paris festgcstellt hat. Zu deu bisherige« Annahmen gesellt sich eine neue: Der „Excelsior* nimmt an, hie Seuche sei aus London eingeschleppt worden. Nach den Pariser Zeitungen ist die Jnflnenzaseuche in London noch weit stärker verbreitet als in Paris. Die Londoner Apotheken würden von den Kranken bestürmt, die Krankenhäuser seien mit Kranken überfüllt, und selbst die Arzte seien von dem Leiden angesteckt. — Wie ans Nürnberg gemeldet wird, breitet sich die Influenza in Bayern rasch aus. Es wird ein größeres Auftreten in Landshut, Regensburg, Passau, Ingolstadt und Fürth gemeldet. o LOSVOtt Mark unterschlagen. Der Nechnungs- beamte der Darlehnskasse in Groß-Peterwitz, Kreis Nybnik, Gastwirt Heinrich Klösel, ist wegen Unterschlagungen in Höhe von 192 000 Mark verhaftet worden.
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