Volltext Seite (XML)
' Verkehr mit Stroh aus der Ernte 1918. Auf Grund der Verordnung Uber den Verkehr mit Stroh und Häcksel aus der Ernte 1918 vom 6. Juni 1918 (RGBl. S. 475 slg.) sowie der hierzu ergangenen und nachstehend abgedruckten Ausfiihrungsoerordnung des Kgl. Ministeriums des Innern vom 9. Juli 1918 wird silr den Bezirk der Kgl. Amtshauptmannschaft einschl. der Städte mit rev. Städteordnung folgendes bestimmt: 8 1. Zur Versorgung der Tierhalter mit Stroh aus der Ernte 1918 werden siir die Zelt vom 1. August 1918 bis zum 81. Alai 1919 bis auf weiteres folgende Mengen sreigegeben: für 1 Pferd oder 1 Zugochsen 20 Ztr. Futterstroh einschl. Kraststroh und 10 Ztr. Strcustroh; siir 1 Groszrind (Uber 2 Jahre) 40 Ztr. Futtcrstroh einschl. Kraststroh und 15 Ztr. Streustroh; siir 1 Inngrind (unter 2 Jahren) oder 1 Kalb Uber 8 Monate 20 Ztr. Futterstroh einschl. Kraststroh und 7,5 Ztr. Streustroh; ' siir 1 Schaf oder 1 Ziege 4 Ztr. Futterstroh einschl. Kraststroh und 1,5 Ztr. Streustroh. 8 2. Soweit die Tierhalter nicht im Besitze ausreichender eigener Vorräte sind, werden die nach obigen Derbrauchssätzen fehlenden Mengen durch Bezugsscheine von der Kgl. Amtshauptmannschaft zugewiesen. Bei der Zuweisung wird das Stroh aus der Ernte 1918, welches der Tierhalter besitzt oder innerhalb der Versorgungszeit aus eigener Ernte gewinnen kann, angerechnet. Die Zuweisung ist nur mit dem bet der Gemeindebehörde erhältlichen Vordrucke zu beantragen. Auf dem Anträge ist anzugcben: 1. die Zahl und Art (Pferde, Zugochsen usw.) der zu versorgenden Tiere, 2. die Zeit, auf welche die Versorgung beansprucht wird, 3. die Strohmengen, die der Antragsteller besitzt oder im Lause der Versorgungsdauer einbringen wird. Nicht ordnungsgemäß ausgestillte Vordrucke bleiben unberücksichtigt. Die auf Grund anerkannter Anträge von der Kgl. Amtshauptmannschaft ausgestellten Bezugsscheine berechtigen zum Ankauf von Stroh innerhalb des Bezirkes der Kgl. Amtshauptmannschaft Pirna. Die Wahl der Bezugsquelle steht frei. Der Bezug und die Abgabe von Stroh oder Häcksel ohne Bezugsschein ist verboten. Die Belieferung der Bezugsscheine darf nicht aus den Vorräten erfolgen, die auf Anordnung der Kgl. Amtshauptmannschaft bezw. der Gemeindebehörden für kriegswirt schaftliche Zwecke sichergestcllt sind. Der Bezugsschein selbst bleibt im Besitze des Veräußerers und ist als Beleg siir später stattfindendc Nachprüfungen aufzubemahrcn. Der dem Bezugsschein anhängende Abschnitt ist nach Belieferung des Bezugsscheines abzutrennen und bei der Gemeindebehörde cinzureichen. Die bisher ausgcgebcncn Spcrrkartcu zum Bezüge von Stroh aus der Ernte 1917 haben Ihre Gültigkeit verloren. 8 3. An Strohvorräten aus der Ernte 1918, die nicht nach 8 1 Zur eigenen Verwendung sreigegeben oder durch Bezugsschein zugewiescn worden sind, dürfen Ver änderungen nur aus Anordnung der Kgl. Amtshauptmannschaft oder der Gemcndebehörden vorgenommen werden.. Bereits abgeschlossene Rechtsgeschäfte Uber solche Vorräte sind, soweit sie nicht nachträglich von der Kgl. Amtshauptmannschaft genehmigt werden, nichtig. 8 4. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieser Bekanntmachung werden mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu 10 000 Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft. Neben der Strafe kann aus Einziehung der Vorräte erkannt werden, aus die sich die strafbare Handlung bezieht, ohne Unterschied, ob sie dem Täter gehören oder nicht. Pirna, den 1. August 1918. Für den Vezirksverband: Die Ausführungsverordnung zu der Bundesratsverordnung über den Verkehr mit Stroh und Häcksel aus der Ernte 1918 vom 6. Juni 1918 (RGBl. S. 475) und der Verordnung des Staatssekretärs des Kriegsernährungsamts über die Preise siir Stroh und Häcksel aus der Ernte 1918 vom 28. Juni 1918 (RGBl. S. 721). I. Beschlagnahme und Ansfuhrverbot. 8 1. Das gesamte Erträgnis der diesjährigen Ernte an Stroh von Roggen, Weizen, Spelz (Dinkel, Fesen), Emer, Einkorn, Hafer und Gerste sowie von Gemenge dieser Ge treidearten — nicht aber die beim Ausdrcschen dieser Gctreidearten entstehende Spreu — einschließlich des Strohes solcher Fruchtarten, auf die der Staatssekretär des Kriegs ernährungsamts die Vorschriften der 88 1—9 der Bundesratsverordnung ausdehnt, wird beschlagnahmt. Diese Beschlagnahme wirkt vom Ausdrcschen an zugunsten des Liescrungs- verbandes, in dessen Bezirk der Drusch erfolgt. Als Stroh im Sinne dieser Verordnung ist auch gehäckseltes oder in anderer Weise für die Verfütterung zubercitetes Stroh anzusehen. Alle Veränderungen an den beschlagnahmten Vorräten und alle rechtsgeschäftlichen Verfügungen darüber sind verboten, soweit nicht die nachstehenden Vorschriften etwas anderes bestimmen. , 8 2. Wer Stroh, das nach 8 1 beschlagnahmt ist, in Gewahrsam hat, ist verpflichtet, dem Lieferungsverband auf Verlangen jede Auskunft zu geben, die bestimmt ist, den Vollzug der Vorschriften dieser Verordnung zu sichern, also insbesondere den jeweiligen Bestand anzuzeigen, die Besichtigung der Vorräte und Lagerräume zu gestatten, Einsicht in Aufzeichnungen und sonstige Belege zu gewähren, sowie aus Erfordern bei der Fest stellung der Vorräte Hilfe zu leisten. 8 3. Innerhalb desselben landwirtschaftlichen Betriebes dürfen räumliche Veränderungen mit den beschlagnahmten Vorräten vorgenommcn werden. Werden dabei Vorräte in den Bezirk eines anderen Lieferungsverbandes gebracht, so ist die Ortsveränderung binnen 3 Tagen beiden Lieferungsverbänden anzuzcigen. Mit der Ankunft der Vorräte in dem anderen Lieserungsoerband tritt dieser hinsichtlich der Rechte und Pflichten aus der Be schlagnahme an die Stelle des bisherigen Lieserungsverbandes. 8 4- Der Unternehmer eines landwirtschaftlichen Betriebes hat die zur Ernte erforder lichen Arbeiten vorzunehmen. Der Besitzer beschlagnahmter Vorräte ist berechtigt und verpflichtet, die zur Er haltung und Pflege der Vorräte erforderlichen Handlungen vorzunehmen. Als Besitzer im Sinne dieser Verordnung gilt auch der mit der Verwaltung der Vorräte für den Eigentümer betraute Inhaber des Gewahrsams. 8 5. Stroh darf aus dem Bezirke einer Amtshauptmannschaft nur mit Genehmigung der Amtshauptmannschaft, aus dem Bezirke einer bezirkssreicn Stadt nur mit Genehmigung des Stadtratcs ausgeführt werden. Die Güterabsertigungsstcllen der Eisenbahn werden die Versendung von Stroh nur übernehmen, wenn der Verlader die Genehmigung der Amtshauptmannschaft oder des Stadtratcs durch Vorlage eines von der zuständigen Behörde abgcstcmpclten Frachtbriefes nachweist. Den Schifsahrtsunternehmern ist die Annahme zur Versendung ohne den schriftlichen Nachweis dieser Genehmigung untersagt. 8 6. Die in 8 1 ausgesprochene Beschlagnahme und das in 8 5 enthaltene Ausfuhr verbot besteht für die Bezirke aller Amtshauptmannschasten und bezirkssreicn Städte bis zur Feststellung des endgültigen Gesamtlieferungssolls jedes einzelnen Lieserungsverbandes; von diesem Zeitpunkt an, den die Landessuttermittelstelle bekanntgeben wird, besteht es nur sür diejenigen Bezirke, für welche ein Lieferungssoll festgesetzt worden ist, bis zu dessen Erfüllung. Sobald diese erfolgt ist, ist die Beschränkung des Verkehrs mit Stroh von der Amtshauptmannschaft, in bezirkssreien Städten vom Stadtrat durch amtliche Bekannt machung sür ihren Bezirk auszuhebcn. II. Landlieferungcn fär Zwecke der Kriegswirtschaft. 8 7. Besondere Stelle im Sinne des 8 6 der Bundesratsverorduung ist die Landessutter mittelstelle. Lieserungsvcrbände im Sinne des 8 2 Abs. 2 dieser Verordnung sind die Bezirks verbände und die bezirkssreien Städte. 8 8. Zuständige Behörde im Sinne des 8 3 Abs. 2 der Bundesratsverordnung, die bei Weigerung oder Säumnis des zur Lieferung Verpflichteten die Leistungen zwangsweise aus Kosten des Verpflichteten herbeizusühren hat, ist die Amtshauptmannschaft, in bezirks- freicn Städten der Stadtrat. 8 9. Die Schiedsgerichte, die nach 8 9 der Bundesratsverordnung Streitigkeiten aus der Lieferung an das Heer unter Ausschluß des Rechtsweges zu entscheiden haben, sind die selben Schiedsgerichte, die nach 8 3 der unter dem 29. Juni 1918 (Nr. 152 der Sächs. Staatszeitung vom 3. Juli 1918) zu der Verordnung des Staatssekretärs des Kriegs- crnährungsamts Uber den Verkehr mit Heu aus der Ernte 1918 erlassenen Ausführungs verordnung zu bilden sind. König!. Amtshauptmannschaft. 8 10. Die Landesfuttermittelstelle setzt die Anteile der Lieferungsverbände an dem Gesamt- lieserungssoll fest, das Sachsen für Zwecke der Kriegswirtschaft aufzubringen hat, sie bestimmt im Einvernehmen mit der sächsischen Militärverwaltung die Mengen, die jeder Licscrungs- verband an das Heer zu liefern hat, und trifft hinsichtlich des übrigen Teiles der Land- licferungen die. erforderlichen Anordnungen darüber, welche Mengen jeder Lieferungs verband für die Zwecke der eigenen Kriegswirtschaft zurückbehalten darf und wohin die übrigen Lieferungen abzusühren sind. 8 11- Die Licferungsverbände haben die ihnen ausgegebenen Lieferungen aus die Gemeinden und Gutsbezirke ihrer Bezirke umzulegen. Die Gemeinden haben die Umlegung auf die Erzeuger vorzunchmen und jedem von ihnen einen schriftlichen Bescheid über die bei ihm sichergestellte Menge mit dem Hinweis zu erteilen, daß jede Verfütterung, Veräußerung oder sonstige Veränderung dieses Strohes unter Androhung der in 8 16 der Bundesrats- ocrordnung vom 6. Juni 1918 festgesetzten Strassolgen verboten ist. 8 12. Vergütet wird dasjenige Gewicht, das bahnamtlich sestgestellt wird. Kann das Stroh nach den bestehenden örtlichen Verhältnissen nicht verwogen werden oder findet kein Eisenbahnversand statt, so gilt sür Heercslieferungen das auf der Provlantamtswage, im übrigen das aus einer öffentlichen Wage festgestellte Gewicht. 8 13. - Bedienen sich Lieserungsverbände oder Gemeinden zu Erfüllung ihrer Lieferungs pflichten des Handels, so bestimmt die Amtshauptmannschaft, in bezirkssreicn Städten der Stadtrat, welcher Teil der in 8 2 der Verordnung des Staatssekretärs des Kriegs ernährungsamtes vom 28. Juni 1918 festgesetzten Vergütung dem Händler oder Kommi- sionär zusteht. Versorgung der Tierhalter. ' 8 14. Trotz der Beschlagnahme ist die Verwendung von Stroh in der eigenen Wirtschaft in dem für den Lieserungsoerband festgesetzten Umfange zulässig. Die Festsetzung dieses Umfanges erfolgt durch den Vorstand des Kommunalverbandes nach den von der Landessuttermittelstelle dafür aufzustellenden Richtlinien. , 8 15. Veräußerungen sind statthaft auf Grund von Bezugsscheinen, die dem Erwerber von der sür seinen Wohnort zuständigen Amtshauptmannschaft — in bezirkssreien Städten vom Stadtrat — ausgestellt worden sind. Diese Bezugsscheine dürfen nur in Höhe der nach 8 14 Abs. 2 festgesetzten Derbrauchssätze ausgestellt werden, auf diese Sätze ist das Stroh anzurechnen, das der Tierhalter besitzt oder innerhalb der Versorgungsdauer aus eigener Ernte gewinnen kann. „ 8 1b. Wer die Ausstellung eines Bezugsscheines beantragt, hat die Zahl und Art (Pferde, Zugochsen usw.) der zu versorgenden Tiere, die Vcrsorgungsdauer und die Strohmengen anzugeben, die er besitzt oder im Laufe der Versorgungsdauer einbringen wird. Es darf nur gegen Abgabe des Bezugsscheines geliefert werden. Der Schein ist aufzubewahren und an eine durch die Amtshauptmannschaft, in bezirkssreien Städten durch den Stadtrat, zu bestimmende Stelle abzuliefcrn. Der Bezugsschein berechtigt nicht zur Ausfuhr von Stroh aus dem Bezirke einer Amtshauptmannschaft oder einer bezirkssreien Stadt ohne die durch 8 5 vorgeschriebene Genehmigung. Beim Umsatz durch den Handel dürfen den in 8 1 und 8 4 Abs. 1 der Verord nung des Staatssekretärs des Kriegsernährungsamts vom 28. Juni 1918 festgesetzten Preisen insgesamt höchstens 7.50 M. für die Tonne Stroh in drahtgepreßten Ballen, 9.— M. für die Tonne anderes Stroh oder Häcksel zugeschlagen werden. Bei Lieferung von Häcksel gelten für leihweise Ueberlassung der Säcke die in 8 4 Abs. 2, für den Verkauf der Säcke die in 8 4 Abs. 3 der Verordnung des Staats sekretärs des Kriegscrnährungsamtes vom 28. Juni 1918 bestimmten Sätze. Für Stroh oder Häcksel, das der Händler unmittelbar an den Verbraucher in Einzelmengcn von nicht mehr als 30 Zentnern täglich liefert, darf außerdem ein besonderer Kleinhandelszuschlag erhoben werden. Die Höhe" dieses Zuschlages ist von den Amts hauptmannschaften, in den bezirkssreien Städten von den Stadträten, sestzusetzen. Der Zuschlag darf in den Städten von mehr als 50000 Einwohnern 1.50 M. sür den Zentner, in den anderen Orten 0.90 M. für den Zentner nicht übersteigen. Diese Zuschläge umfassen die Kommissions-, Vermittlungs- und "ähnliche Gebühren sowie alle Arten von Aufwendungen; jedoch dürfen Auslagen sür Fracht einschließlich der durch Zusammenstellung kleinerer Lieferungen zu Sammelladungen nachweislich entstehenden Vorfrachtkosten besonders berechnet werden. IV. Strafbestimmungen. 8 18. Wer den in 8 1 Abs. 3, 8 2, 8 3 Satz 2, 8 4 Abs. 1 und 2, 8 5 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2, 8 11 Abs. 2, 8 16 Abs. 2 und 3 und 8 17 enthaltenen Vorschriften zuwiderhandelt, wird nach 8 16 Abs. 1 Nr. 2 der Bundesratsverordnung mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe bis zu 10 000 M. oder mit einer dieser Strafen bestraft. Neben der Strafe kann auf Einziehung der Vorräte erkannt werden, auf die sich die strafbare Handlung bezieht, ohne Unterschied, ob sie dem Täter gehören oder nicht. Dresden, den 9. Juli 1918. 1078 V I' Ministerium des Innern.