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Allgemeiner Anzeiger : 02.05.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-05-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189405025
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- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18940502
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- Saxonica
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1894
-
Monat
1894-05
- Tag 1894-05-02
-
Monat
1894-05
-
Jahr
1894
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 02.05.1894
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Kolttische Kun-schau. Deutschland. * Der Kaiser wird nach seiner Rückkehr nach Potsdam vorläufig im Neuen Palais ver bleiben und erst nach Pfingsten seine Reise nach Pröckelwitz zur Rehbockjagd antreten. *Jn den Blättem ist neuerdings die Rede davon gewesen, es sei eine Wiedervereinigung des Amtes des Reichskanzlers und des preußischen Ministerpräsidenten beabsichtigt. Die,Nat.-Z/ hält es für nötig, zu konstatieren, daß neuerdings eine Aenderung in der Stellung des Reichskanzlers zum preußischen Staatsministerium nicht in Frage gekommen sei. *Eine Durchsicht der Gewerbe ordnung behufs Abänderung vieler zum Teil auch grundlegender Bestimmungen des jetzigen Gesetzes, die schon seit längerer Zeit geplant, aber indessen wiederholt daran gescheitert ist, daß andere als dringend bezeichnete Vorlagen zu nächst abgewickelt werden mußten, ist neuerdings aus verschiedenen Anlässen wiederum erwogen worden. Es bleibt aber fraglich, ob man an gesichts der sicher bevorstehenden erneuten In angriffnahme der Steuergesetzgebung in der nächsten Tagung des Reichstages an die Frage der Gewerbeordnungsreform wird heran- treten können. Es wird ohnehin schon bedauert, daß in der letzten Reichstagstagung so mancher Gesetzentwurf von Wichtigkeit, beispielsweise das Gesetz über die ansteckenden Krank heiten re., unerledigt bleiben mußte. Es heißt, daß die betreffenden Gesetze, und zwar ohne vorher eine Umarbeitung zu erfahren, beim Be ginn der nächsten Reichstagssession vorgelegt werden sollen. *Der aufgelegte Betrag der Reichs anleihe von 160 Millionen, wurde, wie von zuständiger Seite mitgeteilt wird, zwei- bis drei- - mal überzeichnet, so daß etwa 40 Prozent der verlangten Beträge zur Zuteilung gelangen können. Die ,Voss. Ztg.' bemerkt dazu: „Es ist dies kein glänzender, aber in anbetracht des Umstandes, daß bei den Zeichnungen diesmal die Spekulation nicht mitgewirkt hat, befriedigen der Erfolg. Der Zeichnungskurs war diesmal so hoch bemessen, daß für die Spekulation sich keine Gewinnchancen ergeben. Es erscheint unter diesen Umständen die Annahme gerechtfertigt, daß es zumeist ernsthaft gemeinte Anträge zur Erlangung von Stücken zur Anlage sind, die das Zeichnungsergebnis bewirkten. Allerdings haben die großen Banken und viele Kommissions- Häuser, wie wir hören, auch große Beträge auf Vorrat gezeichnet!" Oesterreich-Ungarn. *Am 7. Mai beginnt zu Klauscnburg in Siebenbürgen der Hochverrats- Prozeß gegen 25 Rumänenführer, nämlich sämtliche Mitglieder des Vorstandes der rumä nischen Nationalpartci Siebenbürgens, als Unter zeichner bczw. Verfasser einer an den König von Ungarn gerichteten Denkschrift. Dieselbe sollte im Mai 1892 von einer aus 300 Rumänen bestehenden Abordnung dem Kaiser persönlich in Wien überreicht werden. Derselbe empfing aber weder die Abordnung, noch nahm er die Denk schrift entgegen. Die rumänische Nationalpartei in Siebenbürgen hängt mit der großrumänischen „Kulturliga" im Königreich Rumänien zusammen und diese beabsichtigt, den Prozeß mit allerhand Protestkundgebungen zu begleiten. Der Liga gehören die Elemente an, die in der letzten Zeit wiederholt Straßenkundgebungcn vor dem königlichen Palaste in Bukarest zu veranstalten suchten. Frankreich. *Jn Paris ist es nun glücklich so weit ge kommen, daß man Beamte als Anarchi - sten zu verhaften sich genötigt sieht. Wie der Draht meldet, ist der Beamte im Kriegsministerium Fsricon als Anarchist verhaftet worden In seiner Wohnung und in seinem Arbeiszimmer wurden ein umfangreicher Schriftwechsel mit An archisten und Zünder für Explosivkörper vorge- funden. England. *Wie das .Reutcrsche Büreau' erfährt, ist die britische Regierung von xder gegenwärtigen Der StacrtsLrnwal'L. 1) Kriminal-Roman von Paul Michaeli-.*) 1. Ein wunderschöner Aprilmorgen war über der Stadt aufgegangen. Die Frühlingssonne hatte die Morgennebel, die sich ihr entgegenballten, siegreich überwunoen und lagerten nun glänzend und leuchtend auf den Dächern der hohen Häuser, drang hinab in die breiten Straßen und engen Gassen und spiegelte sich in den zahllosen Fenster scheiben. In den Alleebäumen und den Ge büschen der freien Plätze, die sich bereits mit einem frischen grünen Hauche wie mit einem Schleier bedeckten, regten sich die Vögel und sangen ein jubilierendes Morgenlied. Und die Arbeiter und die Arbeiterinnen, die durch die Straßen hasteten, um möglichst schnell ihre Arbeitsstelle zu erreichen, schienen von der Heiter keit des Frühlingsmorgens gleichfalls angesteckt zu sein und riefen sich fröhliche Worte und Grüße zu. Ueberall war ein neues Leben und Wirken, m der Naürr wie im Menschenleben, und alles drängte sich, an dem großen Tagewerke mitzu- schaffen, das der Erde aufgetragen ist. In dem Familienzimmer des Staatsanwalts Rettberg ordnete die Magd das Kaffeegeschirr auf dem sauber gedeckten Tische, stellte die große Kanne und den Korb mit den frischen Brötchen in die Mitte und ringsherum die Tassen nach bestimmter Reihenfolge; die große geblümte mit der Aufschrift „Zum Geburtstag" für den Haus- ^Unberechtigt« Stachdruck wird verfolgt. unbefriedigenden Sachlage auf den Samoa- Inseln vollkommen durchdrungen. Die Regie rung erkenne an, daß etwas geschehen müsse, um den Unruhen, welche sich dem Handel in letzter Zeit so schädlich erwiesen hätten, ein Ende zu setzen. Wegen der in dieser Angelegenheit zu ergreifenden Schritte sei aber nichts beschlossen. Sollte eine Abändemng der Berliner Akte von 1892 für notwendig befunden werden, so sei eine neue Konferenz einzuberufen. Die Ver handlungen seien jedoch noch nicht soweit gediehen. * Englische Blätter äußern sich sehr miß billigend darüber, daß die Königin verschiedenen Offizieren die Erlaubnis erteilt hat, aus ländische Orden anzunehmen und zu tragen. Es handelt sich um Ordensverleihungen, die Herzog Alfred von Sachsen- Koburg-Gotha, der zweite Sohn der Königin, englischen Offizieren hat zu teil werden lassen. Am maßvollsten drückt sich noch der ,Broad Arrow' aus, dessen Darstellung wir folgende Stelle entnehmen: „Wir wünschen nicht, daß mit der bisherigen Praxis gebrochen werden möge, die britischen Offizieren des Landesheeres und der Flotte das Tragen von Orden und Ehrenzeichen nur dann gestattete, wenn es sich um inländische Dekorationen handelte. Wir brauchen keine ausländischen Dekorationen. Wir wünschen nicht, daß unsere Offiziere mit Orden von fremden Königen und Fürsten sich die Brust pflastern. Bisher wußte man, wenn man einen englischen Offizier sah, der Orden besaß, daß er sie sich durch seine Tapferkeit erworben habe. In ausländischen Armeen ist das anders. Sieht man da band- und sterngeschmückte Offiziere, so weiß man nie, ob sie sich ihre Dekorationen da durch verdient haben, daß sie sich militärisch her- vorthaten, oder dadurch, daß sie im Hofdienst Gelegenheit hatten, mit vielen Fürsten zusammen zutreffen. Wir wollen das nicht nachmachen!" Belgien. *Die Verhandlungen wegen der Ab grenzung des Longo st aates gegen die französischen Besitzungen sind gescheitert. Es wird nunmehr ein Schiedsgericht angemfen werden. Dänemark. * Die außerordentlich über den 1. April hinaus verlängerte Session des dänischen Reichstages wird jetzt voraussichtlich am 2. Mai geschlossen werden; verfassungsgemäß tritt dann die Versammlung wieder am 1. Oktober zusammen. Angeblich wird jetzt am Schluß der Session auch der Rücktritt des Ministeriums Estrup erfolgen. Ueber die Nachfolger wird vieles geschrieben, doch lassen sich die Kommentare besser verschieben, bis die Thatsachen vorliegen. Bei seinem Rücktritt soll Estrup angeblich eine Standeserhöhung erfahren, als welche ein dänisches Provinzialblatt gar den Herzogs- titcl nennt; doch dürfte der langjährige Minister präsident, der ohnehin zu den größten Grund besitzern des Landes zählt und mit einem Teil des Geburtadels verwandt ist, immerhin einen höheren Adclsrang davontragen. Rustland. * Generaladjutant Gur ko wird, da sein Gesundheitszustand sich sichtlich bessert, ohne Zweifel auf seinen Posten als Generalgouverneur von Polen zurückkehren. * Wie man der ,Pol. Korr.' aus Petersburg berichtet, sind die Verhandlungen zwischen Ruß land, England und China, betreffend die Ab grenzung des Pamir-Gebietes, so weit gediehen, daß ihr Abschluß für die allernächste Zeit erwartet werden kann. Balkanstaaten. *Jn Bulgarien scheint so eine Art Regierungskrise ausgebrochen zu sein, infolgederen Fürst Ferdinand, der sich im Aus lande zum Besuch seiner Verwandten befand, schleunigst nach Sofia zurückgekehrt ist. Auf fallend war, daß Stambulow ihn nicht, wie sonst immer, am Bahnhofe empfing. Amerika. *Das bekannte Coxeysche „Heer der Arbeitlosen" wurde noch vor kurzem im Weißen Hause zu Washington fast von der heiteren Seite genommen. Man gab sich an scheinend der Hoffnung hin, daß das Heer, so wie es zusammengelaufen war, sich auch bald Herm, diese andere, die „Mama" heißt, für die Frau, und diese beiden kleinen für Erna und Wolfgang. Dann schien sie einen Augenblick zu überlegen, dennda ist noch eine Taffe. Soll sie dieselbe aufstellen oder wieder mit hinausnehmen „Er kommt doch nicht," murmelte sie für sich hin. Dann aber besann fie sich eines andern und stellte sie mit in die Reihe, worauf sie noch ein mal ihr Werk wohlgefällig überschaute. Erna und Wofgang, jene etwa neun, dieser elf Jahre ast, machten sich an ihren kleinen Tischen zu schaffen, überlasen schnell noch ein mal ihre Aufgabe, memorierten mit halblauter Stimme einen Lieoervers, den fie auswendig zu lemen hatten und packten dann eilfertig ihre Schulbücher in den großen Tornister, denn sie mußten fnih zur Schule und hatten es in dieser Morgenstunde vor dem Kaffee immer sehr eilig. Das hinderte indessen die kleine Erna, die für alles offene Augen und Ohren hatte, nicht, zu bemerken, wie das Dienstmädchen einen Augenblick bei dem Tassenverteilen gezögert hatte und fie begriff auch sofort den Grund dafür. „Du, Minna," fragte fie geheimnisvoll, „Wil helm kommt wohl heute wieder nicht?" „Ach, was weiß ich!" erwiderte Minna kurz. „Damm brauchst du dich nicht zu kümmern." Damit ging sie zur Thür hinaus. „Siehst du, Wolfgang," sagte jetzt die Kleine zum Bruder, „er wird wahrscheinlich wieder bis zum Mittag schlafen. Vorgestern lag er auch noch im Bett, als ich aus der Schule kam." „Wenn ich dürfte, ich schliefe noch viel länger," erwiderte Wolfgang, der ein Bedürfnis wieder in alle Winde zerstreuen würde. Diese Hoffnung erfüllte sich aber nicht, im Gegenteil liefen immer neue Hiobsposten von Unruhen, die durch das Heer der Arbeitlosen verursacht wurden, ein und nun gibt man doch einigen Be fürchtungen Raum, obgleich es kaum zu größeren Unmhen kommen dürfte. Gelangen die Coxeyiten bis vor Washington, so wird ihnen der Ein marsch in die Stadt militärisch verwehrt werden. Die nötigen Vorsichtsmaßregeln sind schon jetzt getroffen worden. * Es scheint dem Amerikaner Bedürfnis und fast zur Natur geworden zu sein, allen seinen Unternehmungen den Stempel des Ungeheuer lichen, Riesenhaften aufzudrücken. Einen Beweis dafür bilden auch die Aus stände, die in Nordamerika gegenwärtig fast die gesamte Kohlen beförderung lahm gelegt haben, und ein Blick auf die Statistik der Ausständigen gibt einen Begriff vom Umfange und von der Ausdehnung, die die Ausstandsbewegung angenommen hat. Man schätzt die Gesamtzahl der Ausständigen in Nord-Amerika auf über 130 000; davon kom men auf Pennsylvanien 50 000, Ohio 26 000, Illinois 27 000, Alabama 8000, Kentucky und Tennessee 5000, West-Virginien 9000, Indiana 5000, Indiana-Territorium 2000, Iowa 1300, Michigan 300. Prruzisch« Kandtag. Am Donnerstag trat das Herrenhaus nach Er ledigung einiger Rechnungssachen in die Beratung der Vorlage betr. den Elbe-Trave-Kanal ein und nahm die Vorlage im ganzen an. Darauf wurde das Gesetz betr. das Pfandrecht und die Zwangs versteigerung von Privateisenbahnen und Kleinbahnen nach Annahme des H 1 m die Kommission zurück verwiesen. Eine Petition der Magistrate von Magde burg und Hildesheim auf Förderung der gewerb lichen Schulen wurde der Regierung zur weitmög lichsten Berücksichtigung überwiesen. Das Gesetz betr. Stempelverwendung der Notare (Antrag Krause aus dem Abgeordnetenhause) wurde debattelos ange nommen. Ebenso die Novelle zur hannoverschen Wegeordnung. In der Donnerstag-Sitzung des Abgeordneten hauses wurde die Debatte über die Landwirtschafts kammern bei den Anträgen Gerold (Zentr.) und v. Zedlitz (freik.) fortgesetzt. Beide Anträge bezwecken, die Paragraphen 6—14, die das Wahlrecht und das Wahlverfahren behandeln, an die Kommission zurück zuverweisen. Der Antrag Zedlitz wurde schließlich angenommen, auch der § 15 wurde an die Kommission zurückverwiesen. Nach langen unerheblichen Debatten wurden eine Anzahl von Paragraphen an die Kom mission zurückverwiesen, ein anderer Teil ange nommen. Zur Invaliditäts- und AUers- uerficherung. Eine Verwaltungsbehörde hatte kürzlich in einer Entscheidung mehrere Arbeiterinnen, von denen einige 20 und mehr Wochen in landwirt schaftlichen Bettieben beschäftigt waren, für in validitätsversicherungspflichtig erklärt, dabei aber ausgesprochen, daß voraussichtlich den betreffenden Arbeiterinnen durch die Versicherung — be dauerlicher, aber unabänderlicherweise — ein Vorteil bezw. ein Rentenbezug niemals erwachsen werde. Dieser auch sonst wohl verbreiteten irrtüm lichen Auffassung ist im allgemeinen Interesse entschieden entgegenzutteten. Wer 20 Wochen jährlich versicherungspflichtig beschäftigt ist, vermag die zur Erlangung der Invalidenrente erforderlichen 5 x 47 --- 235 Wochen in 11'/« Jahren zu erreichen. Wenn in der Uebergangszeit (bis zum Jahre 1895) die Möglichkeit der Erlangung einer Invalidenrente an die Voraussetzung geknüpft ist, daß die Wartezeit der 235 Wochen innerhalb der letzten fünf Jahre vor Eintritt der Erwerbsunfähigkeit erfüllt sein muß, so gilt diese Beschränkung nur für die Anrechnung der vorgesetzlichen Wochen. Für die nachgesetzliche Zeit besteht diese Be schränkung nicht, so daß also nach dem Jahre 1895 jeder ein Recht auf Rente hat, der 235 Beitragswochen durch Marken oder anrechnungs fähige Krankheitszeiten nachweift, einerlei ob diese Beitragswochen in 5, 10, 15 oder mehr Jahren erfüllt worden sind. Die oben erwähnten Arbeiterinnen waren fühlte, den Bruder zu verteidigen mü> der als neugebackener Quartaner schon von der schönen Studentenzeit träumte. „Pfui, wie du nur so was sagen kannst," be merkte Erna altklug, „der Papa hat doch schon an dem einen Kummer genug." Aber Wolfgang hatte für diese Erwägung keine Ohren. „Wenn ich nur erst einmal Student bin, dann sollst du mal sehen," sagte er stolz. In diesem Augenblick trat die Mutter herein, eine zierliche kleine Frau mit sanften Zügen und guten freundlichen Augen, um die es indessen wie eine bestängige Wolke von Kummer und Sorgen zu liegen schien. Die Kinder liefen ihr entgegen und küßten sie. „Nun, seid ihr auch mit den Schularbeiten fertig?" fragte sie gütig, und als beide mit einem stolzen „Ja, Mama" antworteten und sich um den Kaffeetisch drängten^ wehrte fie ab: „Ihr wartet! Der Papa wird gleich kommen, und ihr wißt doch, daß ihr nicht vorher anfangen sollt." Worauf dann die beiden sich beschieden, doch mit sichtlicher Ungeduld, und begehrliche Blicke nach den schönduftenden Brötchen warfen. Der Staatsanwalt, der jetzt hereinkam, war ein großer stattlicher Mann von etwa fünfund vierzig Jahren, aber hager und von der Arbeit etwas gebeugt. Seine Gesichtszüge hatten etwas Strenges, fast Finsteres, und auch in seinem Blicke war eine gewisse Schärfe und Härte. Dieser Eindruck wurde noch verstärkt durch den langen und dichten Schnurrbart, der das Gesicht energisch in zwei Hälften teilte; er war ebenso wie das ursprünglich dunkle Haupthaar bereits von einem weißlichen Schimmer bedeckt. Der bereits seit 1891 in versicherungspflichtiger Be schäftigung und hatten somit bis jetzt je sechzig Marken in ihren Karten verwendet zu erhalten, ' so daß sie demnach in annähernd neun Jahren! ' zum Genüsse der Invalidenrente gelangen konnten. ' Wamm soll daher eine jetzt dreißig oder fünfzigjährige Arbeiterin nicht im stände sein, in ihrem 39. oder 59. Jahre die Invalidenrente zu erlangen, also vielleicht gerade zu einer Zeit, wo sie sie am allernotwendigsten gebrauchen kann? M Tritt doch auch im Staats- und Kommunal- § dienste, sowie in privaten Bettieben das Recht auf eine Pension (Rente) häufig erst nach zehn- und vielmehrjähriger vorheriger Dienstzeit ein! Dazu kommt, daß jeder Verficherungspflichtige das Recht hat, sich durch Verwendung von Doppelmarken freiwillig fortzuversichern — wozu nur dringend zu raten ist — und daß es dem- > nach jeder in der Hand hat, die Wartezeit be- liebig von 20, 15, 9 Kalenderjahren auf deren ! 5 und noch weniger herabzusetzen. Mit der Erfüllung von 235 Beittagswochcn : ist unter allen Umständen eine Invalidenrente j von einem Grundbetrage von jährlich 110 Mk. s nebst der sich aus der Zahl der verwendeten s Marken ergebenden Rentensteigerung für die Zett , des Eintritts der Arbeitsunfähigkeit gesichert. Es bleibt nur übrig, dafür zu sorgen, daß i . die erworbene Antwartschaft auf Rente nicht ! wieder erlischt. Dem wird dadurch vorgebeugl, ! daß mindestens alle vier Jahre eine mit Pflicht- > oder im Falle der freiwilligen Fortsetzung der ! Versicherung mit Doppelmarken gefüllte Quittungs- ! karte zum Umtausch gebracht wird. Uon Uah und Fern. In der Verkehrsordnung für die Eisen bahnen Deutschlands sind für die Be- und Entladung der Wagenladungsgüter bestimmte Fristen festgesetzt worden. Nach Ablauf der Be- oder Entladefrist wird für je angefangene 24 Stunden und jeden Wagen an Standgeld erhoben: für die ersten 24 Stunden 2 Mk., für. j die zweiten 24 Stunden 3 Mk. und für jede weitere 24 Stunden 4 Nik. Das Wagenstand geld kommt auch für zwischenfallende Sonn- und Festtage zur Erhebung. Wie es heißc, wird seitens der Preuß. Staatsbahnverwaltung „aus Billigkeitsgründen" das tarifmäßig zu Recht erhobene Wagenstandgeld für die ersten 24 Stunden, wenn diese auf einen Sonntag oder Festtag fallen, auf Anttag zurückgczahlt. Der Anttag ist an das zuständige königl. Eisen bahnbetriebsamt zu richten. Die Galerie Schack. Der Beschluß des Kaisers, nach dem die ihm hinterlassene Gemälde galerie des verstorbenen Grafen Schack in der Stadt München und im bisherigen Heim ver bleiben soll, hat in der bayrischen Hauptstadt selbstverständlich große Freude verursacht. Die Depesche des Kaisers wurde in feierlicher gemein samer Sitzung der dortigen Stadtbehörden, des Magistrats- und Gemeindekollegiums offiziell verlesen. Es wurde darauf einstimmig beschlossen, eine gemeinsame Deputation nach Berlin zu senden, um dem Kaiser den Dank der Stadt gemeinde auszusprechen und die Mitteilung zu machen, daß in der Galerie Schack eine Marmor tafel angebracht werden soll, aus der das Tele gramm, inhaltlich dessen der Kaiser die Samm lung der Stadt München beläßt, verewigt wird. Daft das Thüringische Husaren-Re giment Nr. 12 seine Garnisonen Merseburg und Weißenfels in absehbarer Zeit verläßt und nach Torgau verlegt wird, ist be schlossene Sache. Es ist eines der von Sachsen ? übernommenen Regimenter, welches General Bellegarde, General-Inspekteur der Kursächsischen , Kavallerie, im Jahre 1791 errichtete. Am 17. Juni 1815 wurde der größte Teil des ' Regiments in preußischen Dienst übernommen j und aus diesem sowie noch anderen in preußische b Dienste übergettetenen Mannschaften der sächsischen i Armee ein Husarcn-Regiment unter dem Namen, 12. Husaren-Regiment (2. Magdeburgisches) st errichtet. Seinen jetzigen Namen führt es seit 1860. Prozeft Ahlwardt. In der Strafsache gegen den Reichtstagsabgeordncten Ahlwardt ganze Mann erschien als die Verkörperung von stolzem Pflichtbewußtsein, aber auch von un beugsamer Härte; und es ließ sich schwer unter scheiden, wie viel von diesen Eigenschaften ihm ursprünglich eigen war und wie viel ihm eftt durch seinen Beruf vermittelt worden. Die Kinder begrüßten ihn gleichfalls freund lich, doch mehr mit Respekt als mit herzlicher Zuneigung. Während er beide küßte, schien sich sein Blick aufzuhellen und es war darin etwas wie Stolz mW Freude zu erkennen. Doch trübte sich derselbe sogleich wieder, als er im Zimmer umhersah und bemerkte, daß der fünfte Platz leer sei. „Wo ist Wilhelm?" fragte er ruhig, aber t» einem Tone, durch den es wie Aerger klang. „Er ist noch nicht aufgestanden," sagte Fra» Rettberg ängstlich, indem fie den Kaffee eiv schenkte und möglichst ihr Gesicht vor ihre« Manne zu verbergen suchte. Denn er sollte darin nicht lesen, was sie wußte. Doch zitterte ihre Hand, indem sie die Tassen füllte. Der Staatsanwalt sah sie einen Augenblick prüfend an. „Er weiß es doch, daß ich das nicht will," sagte er ingrimmig. „Er soll uns nicht unser Familienleben zerreißen. Aber freilich, wenn man die Nacht durchschwärmt . . . Oder," fuhr er mit strenger Frage fort, „er ist wohl noch gar nicht nach Hause gekommen, wie?" Und er blickte dabei so zomig, daß seine Frau fast die Kanne fallen ließ. Sie hatte es schon heute morgen gesehen- Sein Zimmer war leer, das Bett noch unberührt gewesen. Wie gern hätte fie es verheimlicht, uN
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