Suche löschen...
Sächsische Elbzeitung : 19.01.1918
- Erscheinungsdatum
- 1918-01-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787841065-191801192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787841065-19180119
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787841065-19180119
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Elbzeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-01
- Tag 1918-01-19
-
Monat
1918-01
-
Jahr
1918
- Titel
- Sächsische Elbzeitung : 19.01.1918
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
'am England zu gute, da die Dünen der jivinjchenBuner hauptsächlich deshalb bedurften, weil sie ihre eigene hoch wertige dänische Butter sehr vorteilhaft nach England ab- sehten. Die winterliche Buttererzeugung auS Sibirien, die natürlich hinter der Soinmererzeugung bedeutend zurück- tand, siel dagegen fast ausschließlich Deutschland zu, weil >ann England zur Genüge mit australischer Butter ver argt war. Der Hauptmarkt für die sibirische Butter wurde Hamburg, wohin die Butter von Windau oder Riga und auf schnellen Ostscedampfern in zwei- bis drei lagiger Fahrt geliefert werden konnte. Fachleute erklären, baß die Beschaffenheit und Verpackung der sibirischen Lutter stets tadellos war; sehr selten einmal gab eS Grund »u Beanstandung. DaS Eintreten friedlichen ZusiandcS mit unserm öst« üchen Nachbarn könnte uns also vielleicht daL Leben in Bezug auf eine bessere Versorgung mit Fett wieder an- ienehnier gestalten. Vor allem ist zu bedenken, daß ja der englische Wettbewerb, der eine Menge wegnahm, vorläufig nicht fehr fühlbar werden wird. Der Weg über die neutralen nordischen Länder gebt immer noch über daS gefährliche Seesperregebiet. Gewiß werden auch manchmal Schiffe durchkommen, aber mit Sicherheit können die russischen Exporteure ebenso wenig auf daS Gelingen der Lieferung rechnen wie di, englischen Käufer selbst. /(. WM -n ImMlün M smmck» Ml! Üble Begleiterscheinungen. „DaS KriegSernährungSamt ist sich seiner schweren Verantwortung voll bewußt, und für mich und meine Mit arbeiter ist tue Sorge für daS öffentliche Wohl der alleinige Leitstern aller Maßnahmen." DaS versicherte StaatSminister v. Waldow in der Ansprache, mit der er einen neuen Lehr gang über Ernährungsfragen vor rund 700 Teilnehmern auS allen Berufskreisen eröffnete. Auch er stand an scheinend bereits unter dem nicht gerade ermutigenden Eindruck, daß die Bevölkerung für die ehrliche und müh same Arbeit des KriegSernährungLamtS kein rechtes Verständnis zeige, daß sie die Mängel und die Lücken seiner Organisation mit unerbittlicher Strenge kritisiere, feine beträchtlichen Verdienste um die Aufrechterhaltung unserer Erzeugung und die möglichst gleichmäßige Ver teilung der vorhandenen Vorräte dagegen als eine Selbst verständlichkeit hinnehme, und daß sie ihrerseits wenig oder gar nichts dazu beitrage, um die Behörden in der Durchführung ihrer verantwortungsvollen Aufgaben zu unterstützen. Herr v. Waldow wendet sich nicht mehr an daS Publikum; wie noch sein Vorgänger, Exzellenz o. Batocki, eS getan, der von einer förmlichen Ver schwörung der Verbraucher gegen die Maßnahmen des KriegSernährmigSamtö sprach und damit die Schuld für ein etwaiges Mißlingen unserer Versorgungspolitik von vornherein nach Gebühr zu verteilen suchte. Er tut seine Pflicht, rechnet auf die Wirkungen der Belehrung und Auf klärung, die er im Lande verbreiten läßt, und — ruft im übrigen die Hilfe der Staatsanwälte auf, die überall da mit aller Rücksichtslosigkeit zugreifeu sollen, wo Ver fehlungen gegen die bestehenden Vorschriften sestgestellt werden. Danni kommt er einer Forderung der öffentlichen Meinung nach; aber es fragt sich doch, ob auf diesem Wege viel Gutes zu erreichen ist. Nor allen Dingen soll den Kommunalverbänden daS Handwerk gelegt werden, die, wie die Neuköllner Denk schrift eS so anschaulich schilderte, nur noch unter Über schreitung der Höchstpreise, unter Benutzung von Schleich- und Kettenhandel ihren Pflichten gegenüber der Bevölke rung gerecht zu werden vermochten. Rian war im Publikum einigermaßen überrascht, als ersichtlich wurde, daß zur Bekämpfung dieser Mißstände nichts anderes als der Staatsanwalt in Äewegung gesetzt werden sollte. Denn in Wirklichkeit lagen doch auch hier die Ver hältnisse so, daß lediglich ein Keil den andern trieb, daß die Bürgermeister und Gemeindevor steher mit den Wölfen heulen mußten, wenn sie nicht zuseheu wollte«, daß iu der Nachbarschaft reichlichere Lebensmittel gespendet wurden, oder daß ein Teil ihrer Einwohnerschaft bessergestellt war als der andere. Sie handelten also aus reiner Fürsorge für die ihnen anver trauten Bevölkerungsschichten, deren körperliche Leistungs fähigkeit ebenso wie die seelische Spannkraft fortgesetzt auf merksamste Förderung erheischten. Aber — niemand wird auch imstande sein, den Behörden ein besseres Mittel zu empfehlen, selbst auf die Gefahr hin, daß wir uns damit in einem fehlerhaften Kreise herumbewcgen: indem wir durch das ganze System unserer öffentlichen Versorgungswirtschaft Übelstände erzeugen, die dann wieder durch gewaltsame Gegenwirkungen künstlich unterdrückt werden sollen. Auch Herr v. Waldow beruft sich darauf, daß wir während des Krieges an diesem System nichts Wesentliches ändern können; also werden wir eben seine Schattenseiten nach wie vor in den Kauf nehmen müssen. DaS Übel, gegen das jetzt mit allen Machtmitteln LeS Staats angekämpft werden soll, ist ini ganzen Lande weit verbreitet. Die groben Betriebsleitungen, namentlich in der Kriegsindustrie, haben wohl den Anfang damit gemacht, weil sie eS für notwendig oder doch für ersprieß lich hielten, ihre Arbeiter über die staatlichen Rationen hinaus mit Lebensmitteln zu versehen. Daun folgten, aus naheliegen den Gründen, die Kommunalverbände, und schließlich mochten auch große staatliche Betriebsverwaltungen nicht hinter diesem allgemeinen Wettlauf zurückbleiben, denn da das Hilfsdienstgesetz der Freizügigkeit der Arbeitskräfte weniger Schranken gezogen hatte, als manche Kreise erwartet batten, mußten auch sie auf eine möglichst verlockende Aus gestaltung ihrer Arbeitsbedingungen Bedacht nehmen. Nun aber soll „gegen jede amtliche Stelle, die sich der Nicht achtung kriegswirtschaftlicher Gesetze schuldig macht, rück sichtslos, gegebenenfalls durch Einleitung des Disziplinar verfahrens gegen die schuldigen Beamten sowie durch Anzeige bei der Staatsanwaltschaft" vor gegangen werden. Man wird ja sehen, was bei diesem Verfahren herauskommen wird. Noch mehr Denunziationen, noch mehr Arger, noch mehr Verdruß und Schreibarbeit auf alle Fälle. Wer aber wird den also mit Strafe be drohten Kommunalbeamten und Betriebsleitern die Sorge für die ausreichende Ernährung ihrer Schutzbefohlenen ab nehmen? DaS ist die ungleich schwierigere, aber auch un gleich wichtigere Frage, an der ein Mann von der er probten Staatsgesinnung des StaatsministerS v. Waldow gewiß nicht achtlos vorübergehen wird. Er weiß sicherlich so gut wie nur irgend jemand, daß auch sein neuer Erlaß an die Regierungspräsidenten im besten Fall eine üble Begleiterscheinung dieses Aushungerungskrieges ist. Darüber hinaus erhöht sich nur das Maß seiner Ver antwortung, je strenger der Erlab zur Durchführung kommt. Um die vermehrten Pflichten, die ihm aus dieser Entwickelung aufgebürdet werden, ist das KriegsernährungS- amt wahrlich nicht zu beneiden. mörito erhalten. Admiral v. Capelle v. Capelle. die Nachfolge Posten eines Unterstaatssekretärs, bis er des v. Kroecher. unter seiner stets mit unanfechtbarer Ruhe und Unbefangen heit geführten Leitung alle Parteien auf der Rednertribüne zu ihrem Recht. Und wenn eS im Raume je einmal lauter und bewegter wurde, wenn die Geister aufeiuandcrprallten, so fehlte ihm nie eine kurze, ganz ihm ist und seinem goldenen Humor eigene Wendung zur Beilegung aller Unliebsam- leiten. So entspricht denn auch die Verfügung, daß sein Begräbnis in aller Stille und ohne Abordnung vor sich gehe, durchaus der Eigenart dieses seltenen Mannes. Präsidium und Fraktion des preußischen Abgeordneten hauses können sich deshalb nicht an dem Begräbnis be teiligen. den Orden Uour Is stammt aus Celle in Hannover und trat 1872 im Alter von 17 Jahren in die Marine ein. Sein Verwal tungs - technisches Talent lenkte schon früh die Aufmerk- samkeitaufihnund jo sehen wir ihn im Jahre 1904 als Direktor des Verwaltungs-De partements im Reichsmarineamt. In dieser Stelle erwarb er sich um die Ausarbeitung der Flottenvor- lagen besondere Verdienste. Seit 1914 bekleidete er den neuerrichteten Jahre 1916 antrat. —- Der verstorbene frühere langjäh rige Präsident des preußischen Ab geordnetenhauses Jordan v.Kroecher war einer der be kanntesten Par lamentarier. Ge rade als Leiter der Verhandlungen der zweiten preu ßischen Kammer war er eine in ihrer Art klassische Erscheinung. Trotz seiner strengkon servativen Gesin nung, die ihn zum unerbittlichen Gegner aller andern politischen Anschauungen machte, kamen Bilder aus der Zeii. Der Staatssekretär des ReichSmarineamtS Admiral o. Capelle, der eifrigste Förderer unserer U-Bootwaffe hat Großadmirals v. Tirpitz im Dom Tage. Indien ruft um Befreiung. Das indische Nationalkomitee in Stockholm sandti an die ukrainische Zentralrada in Kiew sowie nach Brest- Litowsk in deutscher Sprache ein Telegramm, in dem ei das ukrainische Volk als daS größte der bisher unterdrück gewesenen europäischen Völker bittet, mit allem Nachdruä bei den FriedenSverhandlungen für die Unabhängigketz Indiens einzutreten und die Ukraine davor warnt, sick durch die falschen englischen Darstellungen über die angeb liche Zufriedenheit des indischen Volkes mit der Herrschaft der Engländer irreleiten zu lassen. Solange Irland uni Ägypten in der Sklaverei deS englischen Raub- und An griffsunternehmens festgehalten werden, sei kein dauernde; Friede möglich. Irische Freiheit. l^. Die sofortige Lösung der irischen Frage wird in de- jüngsten von der „Gesellschaft der Freunde irischer Freihe" an alle ausländischen Gesandtschaften in Stockholm n, Ausnahme der englischen überreichten Note verlangt. Wi> England die „irische Freiheit" auffaßt, erhellt aus einer Rede, die Graf Plunkett in einer Ansprache zu Dublin hielt. Der Graf erklärte, daß England Irland seiner Lebensmittel zu berauben drohe, die das Land für seine Bevölkerung notwendig brauche. Die Iren würden Mangel leiden müssen, wenn sie diese Lebensrnittel nicht im Land behielten. Es sei deshalb Aufgabe der Iren, dafür zu sorgen, daß die Lebensmittel im Lande bleiben, wenn nötig mit Gemalt. Inzwischen fabrizieren die Lloyd George, Churchill und Gei.offen immer aufs neue Redensarten vom Er- lösungswerk der Engländer an „unterdrückten" Völkern. Turati für einen Vcrnunftfrieden. Der Führer der offiziellen Sozialisten Italiens. Turati, erklärte einem Journalisten, an den Ausführungen Lloyd Georges sei daS Bedeutsamste, daß sie ein Ausdruck der seit kurzem in England eingetrctenen Strömung sei. die die Notwendigkeit eines baldigen Vernunftfriedens einsehe. Turati hofft, die italienische Negierung werde sich bald zu ähnlichen Erklärungen bereitfindcn. Allzu viel von einer vernünftigen Auffassung der Lage ist bisher bei den italienischen Machthabern nicht zu bemerken gewesen. Turatis Hoffnung steht also vorläufig auf schwachen Füßen. Montenegrinische Minister unterwerfen sich. Aus dem österreich-ungarischen Kriegsprcsseguartier erfährt man, daß der ehemalige montenegrinische Kriegs- Minister und General Radomir Versouic sich mit seinen Anhängern, unter welchen sich auch der gewesene montenegrinische Justizminister Miloslaw Raj esoic be findet, beim Bezirkskommando Andrejevica gestellt und da selbst die Waffen abgelielert hat. Die Minister nnd ihre Be gleiter werden, da sie sich innerhalb der von den österreich- ungarischen Behörden gesetzten Frist gestellt haben, der beim Geburtstag Kaiser Karls erlassenen'Amnestie gemäß, begnadigt. Ob nun die immer noch von der Alliiertenpresse hcrumgetragenen Erfindungen über erheblichen Widerstand in Montenegro verstummen werden? Notts- UNS Kriegswirtschaft. -X- Höchstmaße für Schuhwerk. Zur Ersparnis von Schuh- Oberleder darf nach einer sofort in Kraft tretenden Bekannt machung der „Kontrollstelle für freigegcbenes Leder" die Schafthöhe von Stiefeln lin der Mitte an der Seite bis zum Absatz gemessen) in den mittleren Gröben für Herren-13 Zenti meter, für Damen- 16'/- Zentimeter, für Mädchen- und Kinder stiefel 12 Zentimeter nicht überschreiten. Die übrigen Gröben sind entsprechend abzustufen. Wenigstens zwei Drittei der Er zeugung in Damenschuhwerk mub aus Halbschuhen bestehen. Aus wirtschaftlichen Gründen ist die Verarbeitung von zuge schnittenen Schäften gestattet. Knappe Zeiien. Wie man sich ehedem und beut» »u schützen versucht». .Da» L»b«n b« FrLH»r»n ist «In» Leh»« für dl» SpSt»r«a, dazu Satz d»r Mensch die L«br«i, welch» and»rn zutell »«worden stab, schau» and sich daran belehr», und die Le« schichte b«r alteren Völker les« und sich daraus unterrichte." So heißt e» tm Eingang zu den arabischen Ersählungen der .Tausend und eine Nacht". Wenn wir beute unter den Schrecken diese» beispiellosen Weltkriege« und mit un« fast alle Völker der Erde an dem Mangel leiden, was de« Leibe« Notdurft anbelangt, wenn wir Brot, Butter, Fletsch un» grammweise »»wiegen lassen müssen, wenn die Behörden scheffelweise Verordnungen auSschütten, da mit bei der allgemeinen Knappheit an Leben»- mitteln auf jeden Kopf ein Teilchen entfalle, wenn Hamsteret, Wucher und Schleichhandel beliebte und unzerstör bare Laster sind, die öffentliche Strafgewalt selbst gegen einzelne Behörden und Institutionen de» Staate» selbst zu Hilse gerufen wird, wie e» iu den letzten Tagen geschah, s» soll man nicht vergessen, dab im Lauf der Geschichte kaum ein Ereignis nicht seine Vorgänger und Vorbilder gehabt hat. Im Jahre >825 erschien da« berühmteste Werk de» groben italienischen Dichters Alessandro Manzoni, der Roman .Uronic»«; svori", in der deutschen Übersetzung .Die Verlobten" genannt. Da« Buch wurde in fast alle Sprachen übersetzt und stellte Manzoni mit einem Schlage auf die höchste Stufe lite rarischen NuhmS. Aber da« soll nicht der Gegenstand dieser Erinnerung sein, sondern die verblüffende, minutiöse Gleich artigkeit, die wir in den Schilderungen der.Verlobten" »u den heutigen Zuständen finden. Der Dichter baut seine Fabel aus die MailänderHistori« tm ersten Drittel de» 17. Jahrhundert« aus. Die Krieg«furie war entbrannt wegen der Erbfolge In den Herzogtümern Mantua und Monferrato. Spanien, Frankreich, Venedig, Kaiser und Papst verfechten ihre Wünsche, der Herzog von Savoncn und Don Gonzalo tun sich als Feldherren auf, französische und deutsche Heere rücken durch die Lombardei (ähnlich wie beute wieder in Venetien), der Krieg bringt Mangel, geringe Ernte, Teuerung. Hunger und schließlich die Pest. Im Gebiet Mailands reibt die Versorgung der Sol daten und die damit verbundene Vergeudung besonders grobe Lücken in die Vorräte und die Preise für Lebensmittel steigen ungeheuer. Das darbende Volk veranstaltet Straßen- ausläuse, beschuldigt Aufkäufer, Ladenbesitzer und Bäcker der Zurückhaltung des Getreides und de« Mehle«. Schließlich werden die Bäckerläden geplündert und zerstört. In Mailand gebietet ein spanischer Statthalter. Die Obrigkeit sucht den Aufruhr und die Unzufriedenheit damit zu beschwichtigen, dab sie Höchstpreise für verschiedene Lebensmittel sestletzt; jeder, der sich weigert. Waren zu verkaufen, soll bestraft werden. Eine Behörde wird ernannt, ein .KriegsernährungS- amt", daS die Angelegenheiten überwachen soll. Die Herren, erzählt Manzoni, traten zusammen, machten - einander Komplimente, hielten grobe Reden, beklagten oie traurigen Zeiten, diskutierten über Pläne, die nicht au«zu- führen waren. Den heute in Ausnahme gekommenen Aus druck „Klubsessel" bei der Kritik der ErnährungSümter ge- . brauchte man damals noch nicht. Aller Weisheit Schink war, hab nichts anderes übrig blieb, als den Preis des Brote« zu erhöben. DaS Volk wird wütend, ein Aufstand bricht los, die Bäcker müssen es büken. Einige Rädelsführer werden gehängt, die Bevölkerung mub sich unerhörten Pah- und Poüzeivor- schrtften unterwerfen. Die Verordnungen jagen sich, werden Legion, niemand kennt sich mehr darin aus. In einem Kncipengcspräch beklagt sich der bäuerliche Held des Buche« .Ist eS nicht eine eigentümliche Sache, dab alle, die am Ruder sitzen, bei jeder Gelegenheit mit Papier, Tinte und Feder an« gezogen kommen? Immer, gleich den Gänsekiel bereit! Was die Herren für eine Lust daran haben, die Feder aus dem Papier herumfahren zu lassen!" Ein anderer Gast des Wirtshauses entwickelt eine voll ständige Theorie der Brotkarte: .Merkt auf, wie ich es machen würde. Ein mübigcr Preis, mit dem alle zufriedetr fein könnten. Und dann daS Brot vernünftig eingcteilt, denn es sind viele, die nie genug kriegen, die alles für sich be halten möchten, die ripsraps alles au sich reiben, und die Armen leiden hernach Not. Wso das Brot eingeteilt. Wie soll man das ansangcn? Hört! Jede Familie erhält nach Verhältnis der Esser einen Zettel, und holt sich damit Brok vom Bäcker. Es mub aber dabei immer richtig zugehen, immer nach der Zahl der Esser." , Später finden wir Hamsterei und Brolstreckuna be schrieben, .Wer etwas Geld liegen hatte, setzte eS in Brot und Mehl um, in Kisten, Fässern und Kesseln wurden Vor räte angehäuft." Ahec die Behörden sind mit der Ratio nierung und Beschlagnahme bei der Hand. Jedem, der Getreide oder Mehl im Hause hat, wird verboten, noch mehr davon zu kaufen, wenn auch noch so wenig, auch sollte nie mand bei .Geld- nnd Leibcsstrafe" für mehr als zwei Tage Brot kaufen. Und mutet es nicht gerade zcitgemäb an, wenn der Autor bemerkt: „Wer sich nun denken kann, daß man eine solche Verordnung befolgte, der mub eine grobe Einbildungskraft haben, denn soviel ist sicher, wenn alle üie zu teuer Zeit" erscheinenden befolgt morden wären, so mühte da» Erzherzogtum Mailand wenigstens ebenso viel« Leute zur See haben, als Großbritannien jetzt haben kann." Nun die Streckung. Den Bäckern, die Brot liefern sollten, fehlte das Mehl. Asan verfiel darauf, Reis unter den Brotteig zu nehmen. Eine Verordnung befahl, die Hälfte de« Reises, die jeder besah, in die öffentlichen Speicher abzuliefern Da dieser Beschlagnahme natürlich eine Reisverteuerung folgte, wurde der Preis deS Reises auf zwölf Lire für den Scheffel festgesetzt; wer mehr forderte, dem drohte ersatzlose Enteignung, Geldbuße oder sogar Leibes- und Galeeren strafe. Da solchergestalt ein wohlfeiler Preis für Brot und Mehl ziemlich gewaltsam erzielt war, strömten die Hamster aus der Umgebung massenhaft herbei. Der Statthalter verbot, für niebr als 20 Soldi Brot aus der Stadt mitzunehmen, bei Verlust des Brotes und Geldstrafe, „im Falle der Zahlungs unfähigkeit zweimal öffentlich gewippt zu werden, und bei noch härterer Strafe". Ebenso dursten Mehl und Getreide nur in kleinen Mengen „ausgeführt" werden. WaS in dem Buche noch m-.hr zu lesen ist von der ein- reihenden Kleidernot, von der allgemeinen Abmagerung, soll hier nicht näher wiedergegeben werden mit Rücksicht auf den Naum, obwohl die Gelegenheit zu Vergleichen ver führerisch ist. Jedenfalls ist zu ersehen, wie alle Dinge im Nundlauf der Zeiten wiederkehren, wie alles schon einmal oder öfter da- gemesen ist, wie menschlicher Verstand und menschliches Können in den gleichen Kurven sich bewegen, drei Jahrhunderte früher oder später. Und so darf man hoffen, daß auch die fürchter« . liche Flut diese» grausamsten aller Kriege verebben und fried lichem Zusammenleben der Völker Naum und lange Jahre geben wird, in denen die Dichter sich Hinsehen, um Tragik, Unzulänglichkeiten und Resultate dieses grandiosen NingenS in einen Roman zu bannen oder es wenigstens versuchen. L S.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)