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Allgemeiner Anzeiger : 21.04.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-04-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189404217
- PURL
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18940421
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
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- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1894
-
Monat
1894-04
- Tag 1894-04-21
-
Monat
1894-04
-
Jahr
1894
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 21.04.1894
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überlassen werden soll. Der Verein hat schon von dem Parkdirektor Benquc in Bremen, dem Schöpscr des Bremer Bürgerpaks, einen Plan ausarbeiten lassen, nach dem die Errichtung ver schiedener größerer Spielplätze, mehrere Schutz- Hütten sowie eines Sommcrtheatcrs und eines freundlichen Volkshcims vorgesehen ist; auch hofft man, eine die Landschaft belebende Wasser fläche schaffen zu können. Eisenbahnunfall. Bei der Haltestelle Kinzenbach hinter Gießen trug sich ein schweres Unglück zu. Ein Landwirt aus dem Dorfe Heuchelheim kehrte vom Felde mit einem Wagen voll Futter zurück und befand sich gerade auf dem Bahnkörper, als ein Gütcrzug heranbrauste und Manu und Wagen überfuhr. Das Fuhr werk nebst den beiden Kühen wurde zermalmt; der Fuhrmann, der vom Wagen geschleudert wurde, erlitt schwere innere Verletzungen und am Kopfe, einen Bruch des Schädels u. s. w., so daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. Tas Zugpersonal trifft keine Schuld; es hat es an Warnungssignalcn nicht fehlen lassen, allein der Mann saß auf dem Wagen und rührte sich nicht, er scheint geschlafen zu haben. Der Ueber- gang ist ohne Schlagbäume. Ein fein gekleideter Fremder sprang, wie aus Mainz gemeldet wird, abends von der i Wohl 80 Fuß hohen Straßenbrücke in den Rhein. Derselbe tauchte sofort unter, erschien indes bald ! wieder an der Oberfläche des Wassers. Mehreren in einem Kahn nacheilenden Schiffern gelang es, den Mann bewußtlos, aber noch lebend aus das Trockene zu schaffen. Vor seinem verwegenen . Sprung verteilte der Fremde, der sich übrigens seinen Lebensrettern gegenüber wenig dankbar zeigte, an die Passanten der Brücke Visitenkarten mit der Aufschrift: Albert Körner, Schneider meister aus Nixdorf bei Berlin. Selbstmord. Aus Mannheim wird schon wieder über den Selbstmord eines Bankiers be richtet. Kornelius Schloß, Teilhaber des Bank hauses Schauer, Hirsch und Schloß, hat sich die Pulsadern geöffnet. Wie man annimmt, wirkten die Weigerung eines Großspekulanten, seinen Verpflichtungen nachzukommen, sowie das Mißtrauen, das seit der Mannheimer Bank- Karastrophe den Banken entgcgengebracht wird, zusammen, die That herbeizuführen. Amerikanisch: In Karlsruhe versetzte an läßlich eines Wortwechsels der an der dortigen technischen Hochschule studierende Sohn des Präsidenten Rodriguez von der Republik Nica ragua dem Gerichtsschreiber Mathes einen lebens gefährlichen Dolchstich in die Brust. Rodriguez wurde verhaftet. „Zur Schule gehen wir nicht." In Alt-Isenhagen kündigte der Lehrer den Schülern an, daß der Nachmittagsunterricht noch bis zum 1. Juli fortgesetzt werden solle. Aber der Lehrer wartete Nachmittag auf Nachmittag vergebens aus seine Zöglinge, denn Jung-Deutschland weigerte sich, die Schule noch jetzt ani Nach mittag zu besuchen, da es früher auch nicht Sitte gewesen, daß in den Sommermonaten nachmittags Schule abgchalten wurde. Der fürstliche Augenarzt, Herzog Karl Theodor in Bayern nebst Familie ist zu längerm Aufenthalt in Meran eingctroffcn und wird seine ärztliche Praxis wieder ausüben. Flüchtig. Der bekannte Wiener „Lebe- mann" August Ritter v. Koperer, Sohn des irühcrcn Generaldirektors der Franz-Joseph- Bahn, ist in den letzten Tagen nach Verübung großer Betrügereien in Höhe von 80 000 Gulden flüchtig geworden. Nachdem auf Anordnung Kaiser Wil helms in Deutschland ältere Militärmusikstücke von geschichtlicher Bedeutung und musikalischem Werte aufs neue zu Gehör gebracht werden, hat kürzlich in einem Erlaß auch das österreichische Kricgsministerium die Regimentskommandeure auf gefordert, in ihren Archiven nach älteren Ton- itücken Nachschau zu halten. Das österreichische Kricgsministerium beabsichtigt, die älteren geschicht lichen Märsche, die ihr Entstehen ruhmvollen Kriegsereignissen verdanken, sowie Märsche, die der Erinnerung an glorreiche Regenten, berühmte Heerführer oder Regimentsinhaber gewidmet wurden, zusarmnenstellen und an sämtliche Mili tärkapellen zur Verteilung bringen zu lassen. Ein Peitschenduell. In dem Flecken Galizewka (Kreis Shitomit) hat zwischen zwei Vertretern der dortigen Intelligenz, einem Lehrer und einem Juristen, ein ganz absonderliches Duell stattgefunden. Die Gegner, von denen jeder seinen Sekundanten mitgebracht hatte, hieben nämlich mit dicken Peitschen aufeinander los. Dem Lehrer gelang es, mit dem ersten Peitschenhiebe seinen Gegner zu entwaffnen, worauf er ihm 12 wohlgezählte Peitschenhiebe versetzte, bis der Jurist sich für besiegt erklärte und die Sekundanten davon Akt nahmen. Der durchgepeitschte Jurist setzte sich sodann jin seine Equipage und fuhr nach Hause. Im Pfandhause: In Temesvar wurde die Entdeckung gemacht, daß der Meßner der Domkirche zu verschiedenen Malen die höchst wertvollen Altargerätschaften dieser Kirche ver setzt hatte. Der Bischof konnte jüngst das Hoch amt nicht abhalten, da sich die Geräte wieder in der Pfandleihanstalt befanden. Die Ent deckung des Unfugs ruft unter der Bevölkerung heftigen Unwillen hervor. Wieder ein L>pfer von Monte Carlo. Sonntag nacht sprang Miß Clytton, eine reiche englische Dame, die in der vorigen Woche in Monte Carlo eine halbe Million verloren hatte, von der Brücke der Badeanstalt „Neptun" ins Meer. Sie wurde als Leiche aufgefischt, in den Taschen ihrer Kleider fand man noch 35 Cente- simi, in ihrem Hotelzimmer weder Geld noch Kleidungsstücke. Selbst,nord eines Schauspielers. Einer der bedeutendsten und beliebtesten Schauspieler Italiens, Francesco Garzes, hat am Sonntag in Mestre bei Venedig seinem Leben durch einen Revolverschuß ein Ende gemacht. Garzes war das Haupt einer der besten italienischen Schau spieler-Gesellschaften und galt als der beste Dar steller von Bonvivants und feinkomischen Salon figuren. Er brillierte aber auch in Helden-, Charakter- und Liebhaberrollen und verdankte u. a. einen seiner größten Erfolge der Dar stellung des Grafen Traft in Sudermanns „Ehre". Garzes war auch ein talentierter Bühnen schriftsteller, aber seit längerer Zeit in mißlichen Vermögensverhältnissen und in sehr gedrückter Stimmung; seine Freunde wollen auch ein be denkliches Nachlassen seiner Fähigkeiten bemerkt haben. Die Patti auf Reisen. Der Impresario der Sängerin Adelina Patfi, Oberst Mapleson, sagt, daß es ein gar nicht leichtes Unternehmen sei, die berühmte Sängerin auf Kunstreisen zu führen. In Amerika benutzte die Diva auf ihrer letzten Tournee einen besonderen Waggon, der unter anderen luxuriösen Gegenständen eine aus massivem Silber gefertigte Badewanne ent hielt. Das finanzielle Risiko ist auch nicht un bedeutend. Oberst Mapleson hatte der Patti außer den ungeheuren Nebenausgaben 5000 Dollar für jedes Auftreten zu zahlen und ein zweihundertmaliges Auftreten zu garantieren. Ein kleiner Zwischenfall ereignete sich auf der jüngsten Tournee auf der Reise nach Montreal. Die Eisenbahngesellschaft forderte auf irgend einen Grund hin 300 Dollar mehr. Als sich Oberst Mapleson weigerte, zu zahlen, ließ die Gesellschaft den Waggon einfach in einen Stall fahren. Dort blieb der Waggon, bis Oberst Mapleson die Summe erlegt hatte. Die be rühmte Sängerin erfuhr ihre zeitweilige Gefangen schaft erst nach ihrer Erlösung. Zuvorgekommen. Die Ver. Staaten beab sichtigten, das Wrack des an den Roncador- Riffen gestrandeten Kriegsschiffes „Kearsage" zu bergen, zu welchem Zweck der Kongreß 45 000 Dollar bewilligte. Der zur Flottmachung des Schiffes entsandte Dampfer „Orion" fand aber, als er bei den Roncador-Riffen ankam, daß das unbewacht gebliebene Kriegsschiff mittlerweile von Strandräubern ausgeplündert und in Brand ge setzt worden war. Der „Orion" mußte demnach unverrichteter Dinge zurückkehren. Gerichts Halle. Bochum. Die hiesige Polizeibehörde hat vor etwa Jahresfrist ein strafrechtliches Ver fahren gegen sieben Milchfahrer und zwei Oeko- nomen aus der Umgegend wegen Nahrungs mittelfälschung eingeleitet. Die Anklage stützt sich auf eine städtische Polizei-Verordnung, nach der die hier zum Verkauf kommende Milch wenigstens 2'/, Prozent Fett und 11 Prozent Trockensubstanz enthalten muß. Bei einer uner wartet genommenen Probe stellte der städtische Chemiker einen Mindergehalt an Fett fest, wes halb die Anklage erhoben wurde. Das hiesige Schöffengericht hat sich wiederholt mit der Sache zu befassen gehabt, und in der jüngsten Ver handlung waren sogar drei Sachverständige anwesend. Einer von denselben stellte fest, daß der Gehalt an Fett bei ein und derselben Milch je nach der Fütterung und sogar nach der Zeit, wann die Milch gemolken werde (Mittags und Abendmilch sei bedeutend fetter als Morgen milch), sehr verschieden sei. Immerhin ließen die vorliegenden großen Abweichungen auf eine Fälschung schließen, indes sei ein sicheres Urteil ohne gleichzeitige Stallprobe gar nicht möglich. Wesentlich auf Grund dieses Gutachtens sprach der Gerichtshof sämtliche Angeklagten frei. Thorn. Das hiesige Militärgericht hatte zwei Arbeiter aus dem Kreisen Briesen, welche nach einer Kontrollversammlung einen Krawall veranlaßten und dabei einen Gendarmen und den Bezirksfeldwcbel thätlich angriffen, zu fünf Jahren, resp. fünf Jahren und einem Monat Zuchthaus verurteilt. Auf dem Gnadenwege hat sodann der Kaiser für die Verurteilten die Zuchthausstrafen in Gefängnisstrafen umge wandelt. Gemeinnütziges. Nachweis des Farbstoffes in der Butter. Die Pharmazeutische Gesellschaft in Bordeaux gab ihren Mitgliedern folgende Methode zum Nachweise der Farbstoffe in der Butter an: Eine geringe Menge Butter wird mit Alkohol gemischt, und nachdem man 2—3 Minuten hat absetzen lassen, gießt man den Alkohol ab und verdampft über einer Weingeistlampe. Reine Butter soll keinen Rückstand zurücklassen. Ist Orleanfarbstoff vorhanden, so bleibt ein braun roter Rückstand übrig, der auf Schwefelsäure blau wird; Curcuma gibt einen dunkelrosaroten Rückstand, der auf Zusatz von Schwefelsäure in braun übergeht, aber dunkelbraun wird, wenn man Kali- oder Natronkarbonat einwirken läßt ; Safran gibt einen roten Niederschlag auf Zusatz von Bleiacetat, und Mohrrüben (Karotten) werden mit Alkali grün. Zur Gemüsezubereitung. Das Waschen des Gemüses soll erst geschehen, wenn man es für die Küche oder Tafel zubereitet. Kartoffeln, weiße Rüben, Möhren, Sellerie ?c. verlieren ihren eigentümlichen feinen Geschmack schnell durch das Wasser. Bringt man Blumenkohl und andere Kohlarten in Berührung mit Wasser, so verdirbt dieses die Pflanzen schnell und nimmt ihnen Frische und Wohlgeschmack. Noch schlimmer ist es mit den Salatarten. Das Waschen sollte nur unmittelbar vor der Zubereitung geschehen, alles Wasser dann durch Ausschütteln und Schwingen in einem Bindfadennetz, Durchschlag oder einer Serviette entfernt und der Salat dann sogleich angemacht werden. Je frischer aus dem Boden, desto feiner schmeckt der Salat. Nichts verdirbt den Wohlgeschmack mehr und macht den Salat schneller schal, als wenn Wasser daran hängt. Ist der Salat ganz rein, so bereite mau ihn am besten ungewaschen zu; muß er aber gewaschen werden, so geschehe das rasch und man trockene danach die Blätter schnell mit einem reinen weißen Tuche, niemals aber lasse man irgend welchen Salat mehr als einige Minuten im Wasser. Der Maikäfer. Mit dem jungen Laub zugleich erscheint auch der Maikäfer und beschließt schon nach Ist? Wochen sein schwärmendes Leben, nachdem das Weibchen sich zuvor in feuchter Erde seiner Eier entledigt hat. Gegen den Hoch sommer entsteht aus dem Ei die Larve oder der Engerling, ein schmutzigweißes Gewürm mit langen Beinen und freßgierigen Kinnbacken. Zwei Jahre durchwühlt der Engerling den Boden der Wiesen und Aecker, mit unersättlicher Gier die Wurzeln der jungen Halme verzehrend und wohl ganze Ernten vernichtend, bis im Laufe des dritten Sommers die Larve sich fieser als sonst vergräbt und verpuppt. Nach acht Wochen steigt der erwachte Käfer nach und nach ans Tages licht empor. Anfangs noch bleich, nimmt er bald die dunklere Farbe an, dringt immer weiter nach oben und beginnt endlich im April und Mai die schnurrende Ausfahrt und setzt nun über der Erde sein Zerstörungswerk an dem jungen Laub fort. Es ist bekannt, daß einzelne Jahre, sog. „Flugjahre", massenhafte Schwärme von Mai käfern erzeugen. — Ein tüchtiger Gehilfe im Kampfe gegen die Engerlinge des Maikäfers ist der Maulwurf. Man soll letzteren deshalb auch nicht töten oder vertreiben, wenn er auch auf der Wiese oder im Garten ein paar Maulwurfs haufen aufwühlt. Hat man je gesehen, daß eine Wiese mit vielen Maulwurfshügeln weniger Gras gegeben hat? Gibt es etwa mehr, wenn die Engerlinge darin sitzen? Kuntes Allerlei. Für Handlungsgehilfen ist folgende Be stimmung nicht ohne Interesse. Viele befinden sich noch immer darüber im Zweifel, ob sie der Ansprüche auf Gehalt und Unterhalt verlustig gehen, wenn sic durch unverschuldetes Unglück an Leistung des Dienstes behindert sind. Der Rechtsspruch darüber lautet: Ein Handlungs gehilfe, der durch unverschuldetes Unglück an der Leistung seines Dienstes verhindert wird, geht dadurch seiner Ansprüche auf Gehalt und Unterhalt nicht verlustig. Jedoch hat er auf diese Vergünstigung nach Art. 59 des H.-G.-B. nur für die Dauer von sechs Wochen Anspruch. „Biernieren". Schon vor etwa 20 Jahren hatte Professor A. Forel in München bemerkt, daß bei den meisten secierten Leichen die Nieren geschrumpft und an der Oberfläche gekrönt waren und dies dem übermäßigen Biergenuß der Münchener zugeschrieben, der die Nieren mit einer überwältigenden Filtrierarbeit belastet. Aber erst der Erlanger Professor Strümpell erbrachte vor dem letzten Naturforschertage in Würzburg überzeugende Beweise, daß Herz und Nieren bei andauerndem Biermißbrauch entarten müssen und thatsächlich entarten. Aehnliches bezeugte, auf eingehende Untersuchung fußend, der Anatom Bollinger. Diese Ergebnisse wurden ganz kürzlich durch Dr. Brendels Vortrag in der bayrischen anthropologischen Gesellschaft über „den Alkohol als Völkergift," welcher Bericht dann auszüglich in die Münch. N. Nachr/ überging, weiteren Meisen vermittelt. Nach Bollingers Unter suchungen finden sich gesundes, tadelloses Herz und normale Nieren in München bei Erwachsenen nur ausnahmsweise. In früheren Zeiten war die ländliche Bevölkerung mehr an den Genuß von Milch gewöhnt und konnte der mehr aus gesetzten städtischen frisches Blut zuführen; jetzt ist sie auch von Alkoholvergiftung bedroht. Postalisches Frauenlied. Ein Mädchen, das aus seinen Träumen Noch nicht der Liebe Zauber rief, Gleicht dem geschrieb'nen, wohloerschloss'nen, Doch noch nicht adressierten Brief. Zeigt ihr als Braut zu neuem Leben Sich eine schöne, frohe Welt — Gleicht sie dem Brief, der aufgegeben, Doch von der Post noch nicht bestellt. Ist die Adresse auch die rechte, Und sehlt's nicht an der Frankatur? — Schon manches Brieflein ging noch immer Verloren leider ohne Spur! Erst wenn dem Manne sie verbunden, Der zum Altäre sie geführt, Ist sie an dem Bestimmungsorte Ein Brief, der richtig expediert. Doch wird sie eine alte Jungfer, Der längst der Ehe Hoffnung schwand, Gleicht sie dem Brief, der unerhoben Vergessen lieget posts restante! Wenigstens etwas. Student»: „Nun, wie ist es dir in der ersten Station des Examens gegangen?" — Kandidat der Medizin: „Es ging nicht sehr gut, aber wenigstens konnte ich die drei ersten Fragen glatt beantworten." — Student: „So, welche Fragen waren denn das?" — Kandidat: „Der Professor fragte mich nach Namen, Geburtsort und Alter." riet. Sie erzählte von der plötzlichen Trennung und dem bitteren Schmerz, als ein Monat nach dem andern verging und seine Briefe voll waren von Geldiorgen und der Unmöglichkeit, zu ihr zu kommen. „Ich kann nicht beschreiben, wie schwer es war," fuhr sie fort, „Sie sind Ihr ganzes Leben lang verzogen und geliebt worden. Sie können nickt verstehen, was er mir war. Und ich glaubte ja die ganze Zeit, daß ich seine Frau wäre! So ergriff ich die erste Gelegenheit, die sich bot, und kam nach England. Ä freute sich auch, mich zu sehen, aber er war verändert, und es fiel mir auf, daß er mich nie seine Frau nannte." Sie schwieg einen Augenblick, das Weh jener Stunde war noch immer nicht verwunden: dann erzählte sie Lady Klara, wie Lord Rycburn ent deckt hatte, daß die Heirat ungültig war. Lady Klara sah sie erstaunt an. „Sie waren nicht getränt?" fragte sie un- gläubig?" „Nein, aber als ich nach England kam, hielt ich mich für seine Frau, und als er mir die Wahrheit sagte, fügte er gleich hinzu, daß das Unrecht gut gemacht werden sollte, und daß er mich am andern Tage heiraten würde. Darauf hin besorgte er den DisvenS." „Und dann?" fragte Lady Klara, als Carmen schwieg. „Ich fürchte, waS ich jetzt sagen muß, wird Sie kränket" „Sagen Sie mir alles, verschweigen Sie mir nichts," bat Lady Klara. „Nun wohl," sagte Carmen und fuhr fort: „An dem Abend, als ich Lord Ryeburn ge sprochen hatte, war eine Gesellschaft bei Lady Long, ich hörte über seine Verhältnisse reden und erfuhr, dan er ruiniert wäre, wenn er nicht die Tochter des reichen Lord Gordon heiratete. Ich schlief die ganze Nacht nicht und faßte Len festen Entschluß, daß keine Macht der Erde mich ver anlassen sollte, Lord Ryeburn meine Hand zu reichen, wenn das, was ich gehört hatte, wahr wäre. Als ich ihn wiedersah, hatte er den Dis pens in der Tasche. Ich sagte ihm, was die Menschen geredet hätten und fragte ihn, ob es wahr wäre. Erst wollte er mir nicht antworten, aber dann erzählte er mir alles; er sprach von der großen Gitte Ihres Vaters und wie schön und liebenswürdig Sie wären, wie verächtlich er sich fände, wenn er Sie, die aller Liebe wert seien, um Ihres Geldes willen nähme." „Sagte er das wirklich?" fragte Lady Klara. „Das und noch mehr, und dann teilte ich ihm meinen Entschluß mit, ihn nie zu hei raten." „Und doch liebten Sie ihn?" „Gerade weil ich ihn liebte mehr als mich selbst. Um seinetwegen entsagte ich ihm, ich wollte ihn nicht von seiner Höhe herabziehen und ihm ein Fluch werden." „Ich hätte ihm nicht entsagen können, wenn er mich geliebt hätte." Ich liebte ihn mehr als mich," sagte Carmen mit leuchtendem Auge. „Wenn er mich geheiratet hätte, so wäre seine Mutter unglücklich geworden, und er hätte Lancedene verloren — ich wußte ja, wie sein Herz an Lancedene hing." Mit an mutiger Bewegung küßte sie Lady Klaras Hand. „Wie habe ich Sie um das Glück beneidet, ihm Lancedene geben zu können '" „Beneidet? Sie mich? Sie besaßen doch seine Liebe!" „Aber Sie haben ihm seine Stellung, seinen Titel, Sie haben ihm Lancedene erhalten — Sie sind weit glücklicher als ich." Lady Klara sah das junge Mädchen ernst au. „Warum kamen Sie unter diesen Umstän den in das Haus meiner Schwiegermutter?" fragte sie. „Weil ich hörte, daß die Gräfin sich so ver einsamt fühlte, nachdem ihre Kinder sie verlassen hatten. Ich dachte, ich könnte mich dort nützlich machen und der Mutter des Mannes, den ich so sehr geliebt hatte, meine Sorge und mein Leben weihen. Verstehen Sie das? Es war nicht die Hoffnung, Lord Ryeburn zu sehen und mit ihm zu verkehren. Sie wissen, wie sehr ich das ver mieden habe, aber ich hatte doch noch eine ge ringe Beziehung zu ihm und konnte ihm Liebes erweisen. Wenn ich damit ein Versehen beging, so war es nur in der lautersten Absicht." „Er hat nur Sie geliebt, und nie mich," sagte Lady Klara traurig, „ich müßte Sie hassen, aber ich kann es nicht. Sie haben großmütig gehandelt, und ich habe Sie lieb." Carmen kniete neben der jungen Frau nieder. „Ich muß Ihnen noch etwas sagen, Lady Ryeburn," begann sie wieder. „Obgleich wir uns geliebt haben, obgleich wir jetzt lange in demselben Hause waren, find wir uns fremd gewesen; sein pflichttreues Herz hat keinen un lauteren Gedanken gehabt, sein Mund hat kein Wort gesprochen, welches Ihnen Unrecht that. Ich habe ihm schon ein Opfer gebracht, ich will ihm ein zweites bringen. Ich werde fortgehen, nicht nach Lissabon zurück, aber weit fort von hier. Und Sie, Lady Ryeburn, Sie sind so edel und gut, Sie werden mich nicht allein das Opfer bringen lassen?" „Nein, ich will thun, was ich kann," war die Antwort. „Das wußte ich. Wir, die wir ihn beide so sehr lieben, wir müssen viel sür ihn thnn. Ich werde sortgehen, Sie müssen hierbleiben. Ihre Aufgabe ist die schwerere, vor Ihnen liegt ein Leben, so groß, so voll Selbstverleugnung, daß es denen dec Märtyrer gleichkommt. Haben Sie Mut und Kraft dazu?" „Sagen Sie mir, was Sie darunter verstehen, dann will ich Ihnen antworten," erwiderte Klara. „Sie müssen hierbleiben und Ihrem Gatten nie sagen, was Sie entdeckt haben, ganz mit ihm verkehren wie früher, ihn lieb haben und mit Geduld seine Liebe zu gewinnen suchen, alle eifer süchtigen Gedanken zurückdräugen und genau so sein, als ob Sie nichts von dieser Sache wüßten. Wenn Sie sich dazu überwinden können, thun Sie weit mehr, als ich gethan habe." „Warmm wünschen Sie so besonders, daß Lord Ryeburn nichts erfährt?" „Wandern Sie sich darüber? Ich weiß, wie er gelitten hat, und verstehe sein zartes Gefühl. Ec würde unglücklich sein, wenn er es wüßte, während ich überzeugt bin, daß Sie mit der Zeit seine ganze Liebe gewinnen. Ist das nicht das schwere Opfer wert?" W 2t tvortjetzuug folgt.»
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