Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 21.04.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-04-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189404217
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18940421
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18940421
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1894
-
Monat
1894-04
- Tag 1894-04-21
-
Monat
1894-04
-
Jahr
1894
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 21.04.1894
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Politische Rundschau. Deutschland. * Die Kaiserin ist am Montag mit den ' älteren Prinzen nach Venedig gefahren, um die Sehenswürdigkeiten dieser Stadt in Augen schein zu nehmen. *Wie der ,Köln. Ztg.' aus Petersburg ge meldet wird, werden in dortigen unterrichteten Kreisen die Gerüchte von einer Drei-Kaiser- Zusammenkunft als unbegründet bezeichnet. *Eine Reichsanleihe im Betrage von 160 Mill. Mk. wird der ,Nordd. Allg. Ztg.' zufolge in den nächsten Tagen aufgelegt werden. * Im Reichstag müssen in dieser Session, wie die ,N.-L. C.' meint, „unbedingt" noch er ledigt werden: die Stcmpelsteuervorlage, die Gesetzentwürfe über die Verlängerung der Frist für den gewerblichen Fortbildungsunterricht, über den Reichsinvalidenfonds, über die Waren bezeichnungen, über Viehseuchen, über Brief tauben, ferner die drei noch rückständigen Wahl prüfungen, die Interpellation über die Maßregeln zur Hebung der Landwirtschaft. Die Zolltarif- Novelle, die noch allerlei Einzeluntersuchungen erfordern wird, kommt voraussichtlich nicht mehr zur Erledigung. Ein genauer Tag für den Schluß der Reichstagssession ist bei diesem immerhin noch ansehnlichen Arbeitspensum heute noch nicht anzugeben. * Für den Fall, daß die Tabakssteuer- Vorlage noch in irgend einer Form ans Plenum gelangen sollte, hat sich das Zentrum, der,Franks. Ztg.' zufolge, schlüssig gemacht, die Vorlage im ganzen abzulehnen und sich nur einer Erhöhung des Tabakszolls, namentlich für Zigarren, geneigt zu zeigen. *Der diesjährige ordentliche Berufs - g c n o s s e n s ch a f t s t a g des Verbandes deutscher Berufsgenossenschaften wird am 6. Juni in Dresden abgehalten. Oesterreich-Ungarn. *Jm österreichischen Koalitionsministerium kriselt es. Wie bekannt wurde, hat Justiz minister Schönborn ein Rundschreiben an die Oberstaatsanwälte erlassen, wonach bei Be schlagnahme von Zeitungen diesen nicht sogleich gesagt zu werden braucht, warum die Beschlagnahme erfolge. Die Linke hat daher einen mit großer Mehrheit angenommenen Antrag auf Abänderung des Gesetzes eingebracht, auf jene ministerielle Verfügung sich stützend. * Das ungarische Abgeordnetenhaus setzte die Spezialdebatte über das Ehegesetz fort. Graf Apponyi beantragte strenge Bestimmungen zur Erschwerung der Ehescheidungen und bat, den betreffenden Abschnitt der Vorlage an den Justizausschuß zurückzuverweisen. Der Justizminister stimmte dem Anträge mit dem Bemerken zu, daß er die Loyalität der Gegner, die der Vorlage keine überflüssigen Schwierig keiten bereiteten, erwidern wolle. Frankreich. * Präsident Carnot hat an den öster reichischen Kaiser ein besonderes Dank schreiben für die Verleihung des Großkreuzes des Stefansordens gerichtet. *Dic französische Regierung stellte 1'/, Mil lionen Frank in den Haushalt für 1895 ein, die als Aufbesserung für etwa 35 000 pensionierte Mitglieder der Arbeiter - Unterstützungs - Vereine dienen sollen. Der Staatshaushalt soll zu diesem Zwecke einen alljährlich wachsenden Betrag enthalten. Dem ,Temps' zufolge bildet diese Maßnahme gewissermaßen die Vorstufe eines Arbeiterpensionsgesetzes, anderer seits verlautet, die Regierung wolle hierdurch die Arbeiter-Unterstützungs-Vereine für die durch die Rentenumwandlungen verursachte Verminderung ihres Einkommens entschädigen *Die Entdeckung des D y u a m i t l a g ers beiAubervilliersist durch Verrat mehrerer verhafteter Anarchisten erfolgt, denen Straflosigkeit und eine Geldbelohnung zügesagt war. Die ge fundenen Bomben, etwa 10 an der Zahl, sind der Bombe Vaillants ähnlich, sie stammen offen bar aus derselben Werkstätte. England. *Jn London hat man einen italienischen! Anarchisten namens Polti verhaftet, der sich im Besitz von Materialien zur Bombenfabrikation befand. * Wie dem ,Büreau Reuter' auS dem Matabelelande gemeldet wird, ist Dawson von Shangani nach Buluwayo zurückgekehrt und hat die Leichen des Majors Wilsonund seiner Schar mitgebracht. Sie sollen unter den Ruinen von Zimbabwe bestattet werden. Auch die Weiber und Kinder Lobengulas, für die die britisch-südafrikanische Gesellschaft sorgen wird, hat Dawson nebst einigen Matabele-Häuptlingen, die noch vor kurzem den Widerstand nicht auf gegeben hatten, nach Buluwayo geführt. Die Neichsschutztruppe wird bis zum Mai im Mata beleland bleiben. Dann tritt die Schutztruppe der südafrikanischen Gesellschaft an ihre Stelle. Italien. * lieber die italienische Finanzfrage er klärte Crispi am Montag in der Deputirten- kammer, wenn die Kammer am Militäretat große Ersparnisse vornehmen werde, wisse die Regierung, was sie zuthunhabe. Er drohte bei einer geteilten Beratung der Finanzmaßnahmen mit einer Kabinettskrisis. Spanien. *Der Ministerpräsident Sagasta soll der Königin-Regentin bereits seine Absicht mitgeteilt haben, im Falle der Ablehnung der Handelsverträge durch den Senat zurück zutreten. Man spricht für den Fall des Rück tritts des Kabinetts Sagasta von der Berufung eines liberalen Geschäftsministeriums unter dem Vorsitz des Marschalls Martinez Campos. * Die Regierung hat den Zivilgouver- neur von Valencia wegen seines Ver haltens gegenüber den Angriffen der Volksmenge auf diePilger, die sich nach Rom einschifften, a b g e s e tz 1. Rußland. * Das russische Justiz-Ministerium hat einen Gesetzesanttag ausgearbeitet über Abänderungen des Systems der Bestrafung minder jähriger Verbrecher; das Projekt faßt in erster Linie ins Auge die möglichste Besse rung dieser unmündigen Verbrecher und die Be seitigung des schädlichen Einflusses, den die ver derbte Umgebung, in die sie bei Abbüßung ihrer Strafe häufig versetzt wurden, auf sie auszuüben pflegte. * Die in Russisch-Polen kürzlich abgehaltenen Prüfungen deutscher Meister und Techniker in der russischen, sowie polnischen Sprache sind jetzt beendet. Von 234 Meistern, denen im vergangenen Jahr ein Aufschub zu gestanden war, haben 124 die Prüfung bestanden und das Recht erhalten, in ihren Stellungen zu verbleiben; 53 waren in der Zwischenzeit selbst Firmeninhaber geworden oder hatten im Innern Rußlands Stellung gefunden; 27 ferner haben einen weiteren Aufschub erhalten, weil sie zum Teil so tüchtige Fortschritte gemacht hatten, daß man annimmt, sie wurden in kurzer Zeit die russische Sprache vollkommen beherrschen; zum Teil waren es hervorragende Arbeitskräfte, deren Entlassung der Industrie direkt zum Schaden gereicht hätte. Dreißig Meister endlich haben sie Prüfung nicht bestanden nnd müssen ihren Dienst verlassen. Balkanstaaten. * Das bulgarische Ministerium hat be- chlossen, wegen des Grenzkonfliktes eine dringende Note nach Belgrad zu richten. Aegypten. *Der Vizekönig von Aegypten hat in den sauren Apfel beißen und ein Ministerium ernennen müssen, das mehr englisch als ägyptisch gesinnt ist. Nubar Pascha führt den Vorsitz. Amerika. * Im Washingtoner Repräsentanten hause wird gegenwärtig ein Anttag beraten, wodurch jeder Abgeordnete, der ohne triftigen Grund bei einer Sitzung fehlt, eine Buße von 10 Dollar zu erlegen hat. Der Vorschlag, der sich hauptsächlich gegen die repu blikanischen Abgeordneten richtet, begegnet er bittertem Widerstand * Wenn die neuesten von der brasilia nischen Regierung verbreiteten Nachrichten sich bewahrheiten, so darf der Aufstand jetzt als völlig beendet angesehen werden. Admiral Mello ist mit dem Rest der Aufständischen auf uruguayisches Gebiet übergetteten, wo eine Ent waffnung stattfand. * Der über Rio de Janeiro verhängte Belagerungszustand ist noch bis zum 30. Juni verlängert worden. Deutscher Reichstag. Auf der Tagesordnung der Montag-Sitzung stand zunächst die dritte Beratung des vom Zentrum ein gebrachten Gesetzentwurfs bett, die Aufhebung des Jesuitengesetzes vom 4. Juli 1872. In der Generaldiskussion spricht Abg. Graf v. Hom pesch (Zcntr.) sein Bedauern darüber aus, daß die Gegner des Antrages immer die Behauptung auf stellten, die Aufhebung des Jesuitengesetzes würde geeignet sein, den konfessionellen Frieden zu gefähr den. Die bisher geführten Verhandlungen dürften doch dazu beitragen, den Nachweis zu führen, daß diese Befürchtung eine ganz unbegründete sei. Die Zurückberufung der Jesuiten würde im Gegenteil lediglich die Beseitigung des konfessionellen Haders im Gefolge haben. Die katholische Kirche habe ein Recht, für ihre Institutionen in Deutschland eine Heimat zu fordern, und er hoffe, daß der Reichstag seinen Beschluß zweiter Lesung aufrecht erhalten und ein Gesetz aufheben werde, das die katholische Be völkerung tief betrübt und dem Reiche keinen Nutzen geschaffen habe. — Abg. Lenzmann (freis. Vp.): Das Verbot des Jesuitenordens sei nicht vereinbar mit den Grundsätzen eines rechtlich denkenden Men schen. Bei Fragen der Gerechtigkeit kenne er aber keine Fragen der Taktik und der Erwägung; wo er ein Unrecht finde, kämpfe er dagegen an, und wenn man ein Unrecht gut machen wolle, so hebe man das Gesetz gegen den Jesuitenorden auf. — Abg. Dr. Friedberg (nat.-lib.) erklärt, daß seine Fraktion gegen das Gesetz stimmen werde. Sic wolle keine erregte Diskussion Hervorrufen, zumal sie der Ueber- zeugung sei, daß, wenn das Gesetz auch hier ange nommen würde, dasselbe doch seitens des Bundes rats eine entschiedene Ablehnung erfahren werde. — Abg. Liebknecht (soz.) erklärt, daß seine Freunde stets den Grundsatz verfolgen : Gleiches Recht für alle. Aus diesem Grunde hätten sie im Jahre 1872 gegen das Jesuitengesetz gestimmt, auch ehe ein Sozialistengesetz bestanden hat. Wenn man die Jesuiten bekämpfen wolle, dann trenne man die Kirche vom Staat und von der Schule und mache die Religion zur Privatsache. Seine Partei stimme also für den Antrag. — Abg. v. Stumm (sreik.) erklärt namens seiner Freunde, daß sie auch heute gegen den Antrag stimmen würden. — Abg. S ch r ö- der (frs. Vg.) betont, daß der konfessionelle Friede unter allen Umständen geschützt werden müsse. Des halb stimmten seine Freunde gegen den beantragten Gesetzentwurf. — Abg. Frhr. v. Manteuffel (kons.) erklärt, daß seit der zweiten Lesung sich die Verhältnisse in keiner Weise geändert hätten. Seine Freunde würden also auf ihrem damals eingenom menen Standpunkte beharren. — Nach einer Reihe persönlicher Bemerkungen werden die einzelnen Para graphen des Gesetzes angenommen, worauf dann in namentlicher Abstimmung, die vom Abg. Marquardscn beantragt war, der Gesetzentwurf mit 168 gegen 148 Stimmen angenommen wird. — Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfs zum Schutze der Warenbezeichnungen. Ohne eine erhebliche Debatte wurden die ersten fünfzehn Paragraphen unter Ablehnung der hierzu gestellten Amendements nach den Kommissionsbeschlüssen angenommen. — Zu eingehender Erörterung führte dagegen ein An trag des Abg. Roeren, der einen neuen 8 15 b einfügen will, dessen erste Alinea lautet: „Wer zum Zwecke der Täuschung im Handel und Verkehr über den Ursprung und Erwerb, über besondere Eigen schaften und Auszeichnungen von Waren, über die Menge der Vorräte, den Anlaß zum Verkauf oder die Preisbemessung falsche Angaben macht, die ge eignet sind, über Beschaffenheit, Wert oder Herkunft der Ware einen Irrtum zu erregen, wird vor behaltlich des Entschädigungsanspruchs der Verletzten, mit Geldstrafe bis zu 3000 Mk. oder Gefängnis bis zu 3 Monaten bestraft." Der Antrag wird ange nommen. Der Rest des Gesetzes wird ohne Debatte genehmigt. Es folgt die dritte Beratung des von dem Abg. Schröder eingebrachten Gesetzentwurf betr. Kündigungsfrist der Handlungs gehilfen. Es liegen Abänderungsanträge zu Art. 61 und 64r» von dem Abg. Spahn vor und werden in der vom Abg. Spahn beantragten Fassung angenommen. Die Abstimmung über das Gesetz im ganzen wird ausgesetzt. Auf der Tagesordnung vom Dienstag steht der Gesetzentwurf betr. Verlängerung derFrist für Gestattung von Ausnahmen von der Bestimmung des Z 120 Abs. 1 der Gewerbeordnung (Sonntags- unterricht in Fortbildungsschulen). Handelsminister s Frhr. v. Berlepsch empfiehlt die Vorlage. Die- s selbe solle nicht die Interessen der Kirche schädigen, > sondern nur dazu dienen, für Ausführung des Kom promisses, der seiner Zeit im Interesse des Fort bildungsschulwesens angestrebt worden sei, des Kom promisses zwischen Kirche und Fortbildungsunterricht, eine längere Frist zu gewinnen. Es sei Thatsache, daß bei Verlegung des Fortbildungsunterrichts auf den Wochentag eine große Zahl von Lehrlingen selbständiger Gewerbetreibenden, die jetzt den Sonn tagsunterricht genössen, künftig an dem werktäglichen Unterricht sich nicht mehr würde beteiligen können. Auch die Unterbrechung des Unterrichts am Sonntag durch den Gottesdienst schädige den Unterricht. — In der Debatte führte Abg. Schädler (Zentr.) u. a. aus, daß seine Partei einem Gesetz nicht zu- stimmen werde, von dem die evangelischen Kirchm- bchörden behaupten, daß es in ihre Rechte cingreife. — Abg. Vogtherr (soz.) will prinzipiell die Ver legung des Forlbildungsunterrichts auf die Wochen tage und Regelung der Frage ohne Mitwirkung der Kirche. Tie Sozialdemokraten lehnten die Vorlage ab. Nach unwesentlicher weiterer Debatte folgt der Schluß der ersten Beratung; in der zweiten Be ratung, die keine Debatte veranlaßt, wurde der Ent wurf abgelchnt. — Es folgte die dritte Be ratung des aus dem Hause eingebrachten Gesetz entwurfs betr. Abänderung des Wahl gesetzes für den deutschen Reichstag vom 31. Mai 1869; die Beschlüsse zweiter Lesung erfuhren nur in einem Punkt eine formelle Verbesserung. Der Gesetzentwurf wurde im ganzen definitiv angenommen. — Demnächst begründete Abg. Graf v. Tönhoff- Friedrichstcin den aus dem Hause eingcbrachten Entwurf eines Heimstättcngcsetzes. — Abg. Schön lank (soz.) suchte auszuführen, daß der Entwurf, der sehr dilettantisch gearbeitet sei und über vieles schweige, was er enthalten müsse, den beabsichtigten Zweck nicht erreichen könne. Aller dings könnte durch denselben der unverschuldete, bäuerliche Besitzer in seinem Besitze erhalten werdens aber diese freien Bauern würden nicht gewillt sein, sich dem Zwange solchen Gesetzes zu unterwerfen.. Es sei auch sehr fraglich, ob die Reichsgesctzgebung kompetent sei für solche Agrargesetzgebung. Der Gesetzentwurf richte sich übrigens im Grunde gegen die Freizügigkeit. — Abg. Bachem (Ztr.) betont, daß das ganze Gesetz von der freiwilligen Annahme der Bevölkerung abhänge und nicht auf Zwang basiert sei, und beleuchtete die sozialpolitische Be deutung derselben. Die Kompetenz des Reiches fei zweifellos; übrigens überlasse ja gerade dieses Gesetz alles einzelne den Partikularstaaten. — Abg. Günther (nat.-lib.) steht dem Gesetzentwürfe sympathisch gegenüber. — Abg. Schall (kons.) empfiehlt die Vorlage mit warmen Worten. Die erste Beratung des Entwurfs wird geschlossen. Die zweite Beratung des Gesetzentwurfs wird auf Mitt woch verschoben. — Demnächst wird der Nach trag s c t a t in erster und zweiter Beratung debatte- los erledigt. Sodann wurde der Gesetzentwurf betr. , den Schutz der Brieftauben und den Brief- / taubenverkchr im Kriege, nach den Beschlüssen der ' Kommission in zweiter Beratung ohne Diskussion angenommen. Endlich wurde auch der vom Abg. Schröder eingebrachte Gesetzentwurf betr. die Ab änderung des Allgemeinen deutschen Handelsgesetz buchs (Kündigungsfrist und Handlungsgehilfen) in der Gesamtabstimmung angenommen. Preußischer Die dritte Beratung des Etats wurde am Mon tag im Abgeordnetenhause noch nicht zu Ende ge- ' führt. Die Debatten bei den einzelnen Etats waren , unerheblich. Am Dienstag beendigte das Abgeordnetenhaus die dritte Etatsberatung. Beim Etatsgesctz stellte' Finanzminister Miquel in Aussicht, daß er Gelegen-, heit nehmen werde, die Konsequenzen der Reichstags- beschlösse für die preußische Finanzlage eingehend zur Erörterung zu bringen, wenn der Generalbericht des i Abg. Sattler über die preußische Vermögenslage zur ' Beratung stehe. Präsident v. Köller gab der Hoff-' nung Ausdruck, daß bereits in der nächsten Woche über diesen Generalbericht verhandelt werden könne, s U-n Uah und Fern. Der Hauptgewinn der Freiburger Münster bau-Lotterie ist einem armen Bauern namens - Haas in Schönwald zugcfallen, der Vater von 7 Kindern ist. Die Errichtung eines großen Volks parkes in unmittelbarer Nähe der Stadt ! Dresden wird gegenwärtig vom dortigen Verein i „Volkswohl" geplant. Zu diesem Zwecke hat mau» bereits einen Vertrag mit dem sächsischen Staatsfiskus abgeschlossen, auf Grund dessen ein in der Nähe des „Feldschlößchcns" gelegenes Waldgebiet von 23 Hektar gegen einen jährlichen Pachtzins von 2000 Mark zunächst auf die Dauer von 20 Jahren dem Verein „Volkswohl" Wer liebte ihn mehr? 241 IForNeymiy.! Lady Klaras Gesicht erhellte sich, einen Augen blick vergaß sie das unglückliche Papier. „Sie haben Lord Ryeburn in der Kirche ge sehen ?" „Ja, ich saß unmittelbar hinter ihm." „Kanuten Sie ihn? Haben Sie mit ihm ge sprochen ?" „Ja," erwiderte Carmen, versuchend, in leich tem Ton zu sprechen, „wir haben zusammen gesprochen. Er verließ Lissabon ganz plötzlich, glaube ich." Die großen Augen sahen sie fest an. „Ca.men, har er sie geliebt?" 1 Das junge Mädchen fuhr auf. „Warum fragen Sie mich so etwas?" rief sie. „Ich verstehe es nicht, es ist nicht recht." „Ich habe Gründe, die ich angeben werde, n Aber Sie sind wahr und aufrichtig, sagen Sie mir, was iür Bezi bu gen zwischen Ihnen und meinem Ma-me bestehe." „Absolut gar keine," erklärte Carmen, „Lord Ryeburn und ich flehen uns vollkommen fern." „Aber das ist nicht immer so gewesen, Ihr s Gesicht sagt mir, daß ich recht habe; eS bedarf s keiner Worte." Carmen wußte nicht, was sie sagen sollte; , sie erwiderte nach einer Pause sauft: „Warum fragen Sie Ihren Gatten nicht, Lady Ryeburn? Er ist derjenige, der Jhnei Antwort zu geben und i Ihre Zweifel zu beseitigen hat, wenn Sie solche t haben." „Ich habe sehr viele," gestand Lady Klara traurig. „Sie zweifeln doch nicht an ihm?" rief Carmen aus. „Sie thun ihm Unrecht; ich glaube, daß es kaum einen Mann gibt, der seiner Fran treuer und aufrichtiger ergeben ist, als Lord Ryeburn Ihnen." „Glauben Sie, daß er mich liebt?" „Ja," erwiderte Carmen, „das glaube ich." „Auch als er mich heiratete? — Nein, darauf haben Sie keine Antwort, Sie wissen, wer damals sein Herz besaß!" „Warum sprechen Sie in solchem Ton mit mir, Lady Ryeburn?" ries das junge Mädchen außer sich. „Ich habe Sie niemals gekränkt und beleidigt, weder in Gedanken noch mit Worten. Warum sagen Sie mir solche Sachen?" „Weil Sie geholfen haben, mich zu betrügen. Sie sind ein Gast meines Hanfes und geben vor, meinen Mann nicht zu kennen, Sie sagen kein Wort, daß Sie ihn früher schon einmal gesehen haben, und doch weiß ich, daß Sie ihn so sehr geliebt haben, wie er Sie." „Ich will solche Worte nicht hören," sagte Carmen abweisend. „Sie haben eben keine Antwort darauf; Sie haben mich getäuscht, und ich hatte Ihnen ver traut. Wenn Sie mit in mein Zimmer kommen wollen, werde ich Ihnen meine Beweise zeigen." Carmen erwiderte: „Sie werden mir nie be weisen, daß ich Sie betrogen habe." Als sie Lady Klaras Zimmer betraten, drehte diese den Schlüssel hinter sich um, damit sie vor jeder Störung sicher wären, dann ging sie an ein Schränkchen , schloß ein Fach auf und. legt: den Dispens vor Carmen auf den Tisch, die nicht die leiseste Ahnung hatte, was das Schreiben enthielt. „Was ist das," fragte sie, „was soll ich lesen?" „Sehen Sie hierher," sagte Lady Klara und zeigte mit den Finger auf die Worte: Viktor, Graf Ryeburn und Carmen Ercell. „Dies ist mein Beweis, ein Dispens vom Erzbischof zur sofortigen Trauung Lord Ryeburns mit Ihnen. Ich kann die Worte jetzt ruhig aussprechen, der erste furchtbare Schlag ist überwunden. Sehen Sie genau hin, er ist zwei Tage früher ausge stellt, ehe Lord Ryeburn um mich anhielt und ich — ich glaubte, er liebte mich!" Carmen starrte unverwandt auf das Papier. Welche unverantwortliche Nachlässigkeit, eS da mals nicht zu vernichte-! Es war nutzlos, jetzt noch etwas verschweigen zu wollen. „Wo fanden Sie dies?" fragte sie. „Unter anderen Papieren, als ich nach einem verlorenen Dokument suchte. Aber mit diesem DispenS vor sich werden Sie doch nicht mehr behaupten wollen, daß Sie und Lord Ryeburn sich fremd gegenüberstandeu?" fragte Lady Klara und fügte aufschluchzend hinzu: „Und ich liebte ihn so sehr!" Carmen las das Schreiben durch, um Zeit zu gewinnen, ihre Gedanken zu sammel». Es blieb ihr nichts übrig, als die Wahrheit zu sagen, das sah sie ein. Sie ging auf die weinende junge Fra« zu und zog ihren Kopf an ihre Brust. „Lassen Sie mich Ihren Kummer teilen," bat sie, „ich habe auch bitteren Schmerz durch gemacht. Vergessen Sie in dieser Stunde, daß Sie die reiche Gräfin find und ich nur eine Gesellschafterin, denken Sie nur daran, daß ein Band uns verbindet, daß wir beide denselben Mann geliebt haben." , „Sie haben ihn also geliebt?" „Ja," erwiderte Carmen stolz, „mehr als mein Leben, aber seit er Ihr Gatte ist, habe ich mit keinem Gedanken mehr seiner gedacht." „Und er liebte Sie auch?" „Ja, er liebte mich, aber ich weiß bestimmt, daß er Ihnen nie mit einem Wort oder Ge danken untreu war. Ich will Ihnen alles er zählen." „Stimmt das Datum?" fragte Lady Klara. „Hal er diesen DispenS wirklich zwei Tage, ehe er sich mit mir veAobte, besorgt?" Es war unmöglich, dies abzuleug en, die Zahlen standen zu deutlich auf dem Papier. „Ja, es stimmt," sagte Carmen ernsthaft, „aber hö en Sie erst die näheren Umstände. Sie sind ja nicht die einzige, die leidet; mein Schicksal war weit schwerer." Und sie erzählte die ganze Geschichte, von ihrer ersten Begegnung in Lissubon, den schönen Stunden im Weinberge, und wie sie gelernt hatte, ihn zu lieben. „Sie waren seine erste Liebe, Carmen?" fragte Lady Mara, ihr blasses Gesicht erhebend. „Ja, aber nicht seine letzte; er wirb Sie mit der Zeit mehr sieben, als mich." Dann sprach sie von der Trauung, wie ihnen das Wesen des Geistlichen aufgefallen war, wie sie durch die Stabt gegangen waren und Viktor das Telegramm erhielt, welches ih - nach Hause
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)