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Allgemeiner Anzeiger : 28.03.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-03-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189403280
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- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1894
-
Monat
1894-03
- Tag 1894-03-28
-
Monat
1894-03
-
Jahr
1894
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 28.03.1894
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Volttische Rundschau. Deutschland. *Beim Kaiserpaare in Abbazia war bereits für den Ostermontag der Besuch des Kaisers Franz Joseph angesagt. Der österreichische Monarch gedachte einen halben Tag in Abbazia zu verweilen. * In Berliner Hofkreisen verlautet, der Zar werde sich bei der am 19. k. in Koburg statt findenden Trauung seiner Nichte Prinzessin Viktoria von Koburg-Gotha mit dem Großhcrzog von Hessen durch den Zarewitsch vertreten lassen. Der Hochzeitsfeier wird auch die Schwester des Großherzogs, Prinzessin Alice von Hessen, beiwohnen. Angeblich soll die wiederholt ange kündigte, aber wegen konfessionellen Schwierig keiten immer wieder hinausgeschobcnc Verlobung des Zarewitsch mit der Prinzessin Alice bei dieser Gelegenheit nunmehr erfolgen. (Also wieder einmal verlobt!) * Das neue Apotheken-Gesetz ist im preuß. Kultusministerium nusgearheitet'und dem Reichskanzler als Material für ein Reichs- gcsetz mitgeteilt worden. Es soll nach der ,Volks-Ztg/ bestimmen, daß fortan nur noch Personalkonzessionen erteilt werden. Der Staat nimmt bei Todes- bezw. Verkaufsfall die Kon zession wieder zurück. Betreffs der jetzigen Inhaber von Apotheken soll eine Uebcrgangszeit von 30 bis 40 Jahren vorgesehen sein, wohin gegen bei allen neuen Konzessionierungen nach der Neu-Organisation lediglich das Personal- Prinzip in der Weise, wie es oben angedeutet, zur Geltung kommen würde. * Eine neue Gewerbezählung wird im Deutschen Reiche voraussichtlich mit der Volkszählung 1895 verbunden werden. Die letzte ausführliche Gewerbezählung fand im Jahre 1875 statt, während die gewcrbestatistischc Auf nahme im Jahre 1882 nur einen Teil der Be rufszählung dieses Jahres bildete und an Voll ständigkeit und Umfang an jene des Jahres 1875 nicht heranreichte. Die neue Gewerbezählung soll nicht nur über den Umfang des in den ein zelnen Gewerbebetrieben verwendeten Personals, sondern auch über die Art, die Leistungsfähigkeit und sonstige Eigenschaften der benutzten Motoren und Arbeitsmaschinen eingehende Auskunft er mitteln. Oesterreich-Ungarn. *Der Abschluß eines Handelsprovisoriums zwischen Rußland und Oesterreich- Ungarn auf Grundlage der Meistbegünstigung steht, wie verlautet, unmittelbar bevor. Das Provisorium wird nur so lange währen, bis die Formalitäten zum Abschlusse des bereits ge sicherten Handelsvertrages erledigt sein werden. Rußland hat die Ermäßigung des Noggen- zoll cs fallen lassen. Am Karfreitag fand im ungarischen Abge ordnetenhause die Traue rsitzung für Kossuth statt. Alle Abgeordneten er schienen in Trauerkleidung. Der Ministerpräsi dent Wekerle teilte mit bewegter Stimme die Nachricht von dem Ableben des greisen Gouver neurs mit und beantragte eine Resolution, wo nach die Verdienste Kossuths um Ungarn proto kollarisch verewigt werden sollen und eine Depu tation nach Turin gesandt werden möge, um dort einen Kranz auf den Sarg Kossuths niederzu legen. Der Vorsitzende der Unabhängigkeitspartei betrachtete diese Forderung nicht für ausreichend und beantragte das Begräbnis Kossuths auf Staatskosten. Bei der Abstimmung wurde indessen die Resolutton der Regierung mit großer Mehrheit angenommen. * Die Kossuthfrage dürfte nunmehr in einem für das Kabinett Wekerle günsti gen Sinn gelöst werden, da man fast allseitig bestrebt ist, die Sache ohne jede Kränkung des Monarchen zu erledigen. Auch die Söhne Kossuths, die anläßlich der Trauerfeier in Buda pest erscheinen, wirken in versöhnlichem Sinn. Der Ministerrat hat allerdings gegenüber dem Verlangen der äußersten Linken einhellig be schlossen, daß bei der Bestattungs Kossuths und bei allen Kundgebungen über Kossuth jede amt liche Beteiligung unterbleiben müsse. *Die Kommune Budapest will auf eigene ' Kosten für Kossuth einLeichenbegäng- n i s veranstalten, die Leiche Kossuths nach Buda pest überführen, in einem Ehrengrabe bei setzen und ein Mausoleum errichten. Bis nach erfolgter Beerdigung hat der Munizipal-Aus schuß eine besondere Kommisstou eingesetzt. Ein aus Bürgern aller Parteien gebildetes Komitee beschloß, Sammlungen in ganz Ungarn behufs Errichtung eines Denkmals für den Ver storbenen zu veranstalten. * In Budapest haben am Donnerstag und Karfreitag wiederholt Tumulte vor und in den Theatern stattgefunden, weil einige von ihnen keineTrauerfahnen gehißt hatten; am Freitag sammelten sich vor dem Abgeord netenhause große Volksmengen an, weil jene nachträglich gehißten Fahnen wieder eingezogen worden waren. Es kam zwischen der Volks menge und der einschreitenden Polizei zu heftigen Zusammenstößen; auch wurden vielfache Ver haftungen vorgenommen. Frankreich. *Die internationale Sanitäts- Kommission in Paris genehmigte endgültig sämtliche Vorschläge ihrer Ausschüsse und nahm auch alle Anträge ihrer Delegierten an. Darauf vertagte sich die Kommission, um das amtliche Schriftstück, das ihre Resolutton enthalten soll, vorzubereiten und alsdann zu unterzeichnen. Dieses Schriftstück wird die abgekürzte Be zeichnung „Pariser Konvention" erhalten. England. *Lord Rosebery gab in einer Versammlung der Mitglieder der Londoner Grafschaft die Er klärung ab, das jetzige Ministerium werde sich mehr mit der Verbesserung der Lage der Arbeiter beschäftigen, als dies bisher der Fall war. Wenn den Arbeitern keine Forde rung bewilligt würde, würden Ereignisse eintreten, die schlimmer seien als der Krieg. Ueberhaupt müsse ein neuer Geist die Politik im Ministerium leiten. *Ein Schreiben Gladstones an seine Wähler in Midlothian besagt, er werde seinen Platz im Unterhause behalten, seine parlamentarische Thätigkeit hänge jedoch von seiner Gesundheit ab. Er glaube, der Konflikt zwischen den beiden Kammern werde demnächst eine Be rufung an das entscheidende Urteil des Landes nötig machen. Die wichtigsten Erfolge für das Reich würden erst dann eintreten, wenn Irland Gerechtigkeit zu teil geworden sei. Belgien. *Die Entscheidung über die belgische Mi ni st e rkri s is wird in den nächsten Tagen erfolgen. Der König kehrte am Donnerstag von seiner italienischen Reise nach Brüssel zurück. Am Freitag vormittag hat er den Ministerpräsidenten Beernaert empfangen. Der König lehnte es entschieden ab, Beernaerts Abschieds gesuch zu bewilligen, berief sodann die übrigen Minister und fordert dieselben auf, auf Beer naert einzuwirken, daß dieser im Amte bleibt. Italien. *Die Fin an z k o mmis s i o n der Depu tiertenkammer scheint ihre Aufgabe nicht durch führen zu können. Die Regierung hält au der Mprozentigen Rentenstcuer fest (d. h. sic will ein Fünftel weniger als bisher für die Staats schuld Zinsen bezahlen), während die Kommission — angeblich aus Rücksicht auf die auswärtigen Gläubiger! — von dieser Verkürzung nichts wissen will. * Die Leiche Kossuths sollte Montag und Dienstag in der protestantischen Kirche Turins ausgestellt werden. Amerika. *,New Dock Herald' meldet, daß Peixoto alte kaiserliche Dekrete wieder in Kraft gesetzt hat, denen zufolge die Hinrichtung aller Personen — In- und Ausländer —, die der Revolution Vorschub geleistet haben, ohne ge richtliches Verfahren statthaft ist. (Hoffent lich sprechen die Mächte, soweit es die „Aus länder" angeht, hier auch noch ein Wörtchen mit. *Jn den brasilianischen Südstaaten sind die Insurgenten obenauf. Admiral Mello nahm ein von Argentinien kommendes Schiff weg, dessen Ladung aus Waffen bestand, die für den Präsidenten Peixoto bestimmt waren. Der Staat Parana beabsichtigt eine Anleihe auf zunehmen, um die revolutionäre Bewegung zu unterstützen. Die provisorische Regierung in Desterro entsendet Anibal Falcao als diplo matischen Agenten nach Europa. Beitrag der deutschen Industrie zu den KostenderArdeiterverficherung Nach amtlicher Zusammenstellung betrug Ende 1892 die Gesamtsumme des für die Unfall versicherung seit dem 1. Oktober 1885 ange sammelten Reservefonds 86 Mill. Mk., wovon auf die industriellen Betriebe etwa 84 und auf die landwirtschaftlichen nur etwa 2 Mill, ent fallen. Wenn auch der Versicherungsschutz auf die Landwirtschaft erst seit 1888 in Kraft ist, so sprechen die angegebenen Zahlen doch für eine ganz überwiegende Beteiligung der Industrie an diesen Lasten, gegenüber den landwirtschaft lichen Bettieben. Zieht man ferner in Rechnung, daß zu dem Vermögen der Krankenversicherung, das sich Ende 1892 auf 110 Mill. Mk. belief und zu demjenigen der Jnvaliditäts- und Alters versicherung mit einem Bestände von 151 Mill. Mark die industriellen Kreise ebenfalls in er heblichem Maße beisteuerten, so muß man der Industrie das Zeugnis geben, daß sie in be trächtlichem Umfange zur Verbesserung der Lage der Arbeiter beiträgt. Bemerkenswert ist ferner, daß für die drei Arbeiterversicherungen seit deren Bestehen von feiten der Arbeitgeber etwa eine halbe Milliarde bezahlt worden ist. Bezüglich des schon mehrfach besprochenen Vorschlages: die berufsgenossenschaftliche Organison der Unfall versicherung in eine regionale umzuwandeln, d. h. Errichtung einer einzigen Versicherungs anstalt für sämtliche einem Staate oder Regie rungsbezirk angehörigen Berufsarten, ist darauf hinzuweisen, daß bei letzterem System die Ver waltung einen büreaukratischen Anstrich erhalten und bei dem Zusammenwerfen der verschiedensten Berufszweige technisch bedeutend schwieriger und teuerer werden würde, so daß den Industriellen nur erhöhte Lasten erwachsen würden. Uon Uah und Fern. Sedanmedaillen. Nach einer in den schlesischen Kriegervereinen verbreiteten Version soll der Kaiser beabsichtigen, den Kämpfern im deutsch-französischen Kriege 1870/71 gelegentlich der 25 jährigen Wiederkehr des Tages von Sedan eine Erinnerungs-Medaille zu verleihen, ähnlich, wie sie den Kämpfern der Freiheitskriege anläßlich der 50. Wiederkehr der Schlacht bei Leipzig verliehen wurde. Die Medaille soll nur den Inhabern der Kriegsdenkmünze von 1870/71 für Kombattanten verliehen werden, die im Besitz der militärischen und bürgerlichen Ehrenrechte sind und vorwurfsfrei ihre Landwehrdienstzeit abgeleistet haben. Als Material zu den Medaillen soll Bronze aus französischen Geschützen benutzt werden. Dowes Platzpatrone. Das KriegS- ministerium hat nunmehr dem Schneidermeister Dowe ein Schreiben zugehen lassen, in dem es heißt, daß die Gewehr-Prüfungskommission in Spandau-Ruhleben ermächtigt worden sei, die von Dowe erfundene Platzpatrone einer Prüfung zu unterziehen, das allgemeine Kriegsdepartement gehe jedoch irgendwelche Verpflichtungen nicht ein. Vor allem aber wird betont, daß die neu erfundene Platzpatrone nur dann auf Annahme zu rechnen habe, wenn sie abgesehen vom Kostenpunkte noch sonstige Vorzüge gegenüber den im Gebrauch befindlichen besitzt. General Gurko, der Generalgouver neur von Polen, ist aus Warschau in Berlin eingetroffen, um sich bei Professor Gerhardt in Behandlung zu begeben. Er dürfte längere Zeit hier verweilen. Als General Gurko schwer krank danicderlag, wurde, wie seiner Zeit ge meldet, Professor v. Bergmann nach Warschau berufen und seinen Rat gedachte der General auch jetzt wieder in Anspruch zu nehmen, doch wurde er, da sein Leiden des Eingriffes eines Chirurgen nicht bedarf, von Herrn v. Bergmann an Prof. Gerhardt verwiesen, mit dem Professor v. Bergmann schon nach seiner Rückkehr aus Warschau über den Gurkoschen Fall Rücksprache genommen hatte. Professor v. Bergmann ist zur Zeit von Berlin abwesend. Er hat sich dem Vernehmen nach zu kurzem Aufenthalt nach Bozen begeben. Der „Deutsche Juristentag'- wird in diesem Jahre ausfallcn und erst im nächsten Jahre in Bremen abgehalten werden. Um vier Flaschen Rotwein hatte jüngst in Königsberg ein junger Mann drei Kameraden gegenüber gewettet, daß er in jetziger Zeit ent- , kleidet den Pregel durchschwimmen werde. Am' vergangenen Mittwoch abends spät kam die ge fährliche Wette zum Austrag. Der Vorsicht halber folgten die drei jungen Leute dem wag halsigen Schwimmer in einem Boot, und das war sein Glück; denn in der Mitte des Stromes rief er plötzlich kurz hintereinander zweimal um Hilfe, sank dann unter und konnte von den jungen Leuten nur mit vieler Mühe gerettet werden. Vollständig leblos lag er im Kahn, mußte ans Ufer getragen und angekleidet werden, woraus man ihn seinen Eltern zuführte. Seit der Zeit liegt der junge Mann schwer krank danieder und nach dem Befunde des Arztes ist die Erkältung eine so hochgradige, daß der junge Mensch wohl noch jahrelang die Folgen dieser unüberlegten Handlung fühlen wird. Eine furchtbare Selbstverstümmelung ist nach der Host' in der Jrrenstation in Thorn verübt worden. Eine geistesttanke Frau hat sich in ihrer Zelle mit den Fingern beide Augäpfel aus dem Kopfe gerissen. Das Leben der Unglück lichen schwebt in Gefahr. 50 falsche Zweimarkstücke wurden in Ohlau angehalten, die ein Mädchen aus Ottag verausgabt hatte. Ausweisung. Im Sorauer Kreise, speziell in Wellcrsdorf, hatten sich im vorigen Jahre zwei Apostel der Mormonen-Sekte niedergelassen und von hier aus ausgedehnte Bekehrungs- Versuche unternommen, die von Erfolg begleitet waren. Eine Anzahl von Familien ist bereits nach dem Mormoncnlande ausgewandert, andere bereiten ihre Auswanderung vor. Zur Be kämpfung der Mormonen-Agitation und zur Auf klärung der irregeleiteten Menge hatten Pastoren schließlich Erbaunngsandachtcn veranstaltet, die jedoch den gewünschten Erfolg nicht hatten. Ain 15. März hat nunmehr die Regierung im Inter esse der öffentlichen Ordnung die Ausweisung der Mormonen-Apostel Julius Billcter und John Vetterli aus dem preußischen Staatsgebiete ver fügt. Bei der Ausschachtung des „Linden hotels" in Dortmund wurde am 18. d. ein Krug mit Silber- und Goldmünzen aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges gefunden. Die Münzen sind durchweg Dortmunder Gepräges und unter Ferdinand HI. geschlagen. Aus Furcht vor einer bevorstehenden Operation hat sich am Donnerstag früh in Leipzig die Frau eines Malers mit ihren zwei Kindern aus der dritten Etage eines Hauses ik der Schenkendorfstraße auf die Straße hinunter- gestürzt. Die Kinder waren sofort tot, die Frau trug lebensgefährliche Verletzungen davon. Altertumsfunde. In dem Garten des Einwohners Wilhelm Klöpfel in dem Flecken Mühlberg bei Erfurt sind in einer Tiefe von 3 Nieter zwei gut erhaltene Steinbeile und eine Lanzenspitze gefunden worden. Die Gegenstände sind sehr sauber gearbeitet, geschliffen und geglättet, und gehören der zweiten oder jüngeren Steinzeit Europas an. Besonders beachtenswert ist, daß die Steiuwcrkzcnge unter der Bank des Kalk- tuffes gelegen haben; hieraus folgt, daß es also zu einer Zeit, als Mühlberg und das weite Riedfeld zwischen Remberg, Hainbühl, Laugeh Wachsenburg und Schloßleite einem großen See glich, in dieser Gegend bereits menschliche An siedlungen gab. Ein Stellenschwindler raffiniertester Art haust seit einiger Zeit in Erfurt. „Inspektor Hoffmann" nennt er sich und macht bekannt, daß er Hausmeister-Stellen zu vergeben habe. Gegen postlagcrude Einsendung von 20 Pfg. in Brief marken ist der Herr Inspektor bereit, mit Stellensuchenden direkt in Verbindung zu treten. Zahlreiche Briefe gingen dem angeblichen Stellen- Mer liebte ihn mehr? 17s «Fortsetzung.» Carmen hob den Kopf: „Du mußt das nicht falsch auffassen," versetzte sie. „Ich weine, aber mein Entschluß ist gefaßt; so schwer es ist, dir entsagen zu müssen, so bleibt mir keine Wahl. Wenn unsere Jugend hinter uns liegt, wenn Leidenschaft und Liebe uns fern treten, dann wird uns klar werden, daß wir recht thaten, uns heute zu trennen. Es können Jahre ver gehen, bis wir so weit kommen, unser Haar wird vielleicht grau sein und unser Antlitz Falten haben, aber die Zeit kommt doch, wo wir auf diesen schweren Tag zurückblicken wie auf einen Traum und dankbar in dem Gefühl der erfüllten Pflicht." „Deine Worte brechen mir das Herz, Ge liebte. O, daß Adam Grant hier vor mir stände und ich ihn mit meinen Händen erwürgen könnte! Wäre er nicht gewesen, so wärest du mein eigen, und keine Macht der Welt könnte dich bewegen, von Trennung zu sprechen." „Nein, wenn wir getränt wären, nicht. Aber um deinetwillen darf ich das nicht wünschen, und deshalb mußte auch alles so kommen." „Und was wird aus dir werden, Carmen?" fragte er. „Darüber bin ich noch nicht klar," antwortete sie mit trüver Stimme, „ich muß erst meinen Schmerz Niederkämpfen, ehe ich Pläne mache. Ich werde mich sehr unglücklich fühlen, aber ich will mei c Leben nicht nutzlos hinbringen. Und wenn wir uns auch jetzt fremd gegenüberstehen müssen, Viktor, glaubst du nicht, daß wir später, wenn du erst einige Zeit verheiratet sein wirst, uns sehen und freundschaftlich verkehren können ?" „Warum sollten wir das nicht, Carmen?" „Ich werde England nicht wieder verlassen," sagte sie. „Der einzige Lichtblick meines Lebens wird sein, von dir zu hören, deinen Weg zu ver folgen und mich deines GlückcS zu freuen. Ucd wenn ich dich geehrt und geachtet von allen weiß, dann kann ich mir sagen, ich habe auch teil daran, daß du deinen Platz im Leben aus füllst." „Ich möchte lieber sterben, als auf dich ver zichten, Carme»," sagte Lord Ryeburn, und sah sie voll Zärtlichkeit an; „müssen wir das Opfer wirklich bringen?" „Ja, Geliebter," erwiderte sie sanft, „und du wirst mich nicht vergessen in den langen Jahren, die vor uns liegen; du wirst dich immer dessen erinnern, daß ich dich nur a ffgab, weil ich dich zu sehr liebte." Er antwortete nicht, der Kummer überwältigte ihn. Carmen sah, daß der Augenblick des Scheidens gekommen war, die Sonne sa ck und sie mußte fort. Lauft berührte sie seinen Arm. „Viktor," sagte sic, „ich darf nicht länger ver weilen." „Wie soll ich dir Lebewohl sagen?" rief er verzweifelt aus. „Wenn du jetzt von mir gehst, hat das Leben keinen Wert, kein Interesse mehr für mich." Sie schluchzte laut; ihr Entschluß war un widerruflich, aber jetzt beim Scheiden war das Weh stärker als sie. Endlich entwand sie sich seinen Armen, sie sah, daß er nicht im stände war, Abschied zu nehmen, daher mußte sie es thun; einmal noch preßte sie ihre Lippen auf die seinen. „Lebe wohl, Geliebter, für immer," sagte sie, dann stand sie schnell auf und ging fort. Sie hörte noch ihren Namen rufen, aber sie schaute nicht zurück; es mußte ein Ende haben, sonst hätte ihre Kraft sie verlassen, und so eilte sie durch de i Park und durch die Straßen, nur des einen Gedankens fähig: „Warum kann ich nicht sterben, da doch das Leben so furchtbar schwer ist?" - 20. Am Morgen des 10. Juni saß Lord Gordon allein in seinem Arbeitszimmer: vor ihm auf dem Tische lagen Papiere, Dokumente und Akten, die darauf schließen ließen, daß wichtige Sachen ihn beschäftigten. Die Seinigen hatten ihn voller Freude bewillkommt, sein Liebling, Klara, war noch schöner geworden und, um sein Glück vollkommen zu machen, hatte Lord Rye burn ihn um eine Unterredung gebeten. „Es geht alles nach Wunsch," sagte er zu sich, „Klara liebt ihn, und er wird heute noch um sie anhalten." Der Diener meldete Lord Ryeburn. Die beiven Herren begrüßten sich herzlich, aber Lord Gordon rief, als er seinen Gast näher ansah erschrocken aus: „Was ist Ihnen denn passiert? Sie sehen ja ganz krank aus, Sie haben sich doch nicht um die Geldangelegenheiten beun ruhigt ?" „Ich habe mir Sorgen gemacht," erwiderte Lord Ryeburn. „Dazu lag kein Grund vor; ich bat Sie doch, mir alles zu überlasseu, wir haben noch genügend Zeit, die Sache zu ordnen." „Es sind nicht allein die Geldverhält »isst, obgleich ich wegen Lancedene und der Meinen manche sorgenvolle Stunde gehabt habe; es istt noch etwas anderes. Darf ich ganz offen reden ?" Viktor wollte noch einen letzten Versuch! machen, wenn er auch wenig Hoffnung hatte. „Offen? Natürlich," sagte Lord Gordon. „Ich ehre Offenheit, wo ich ihr begegne, aber man trifft sie selten heutzutage." „Meine größt« Sorge ist die, daß Lady Klara mir geopfert wird, daß es ihr Geld ist, das mich vor dem Ruin bewahrt." Lord Gordon sah ihn freundlich an. Ivi Herzen dachte er: >„Ein nobler, anständiger Charakter." Laut sagte er: „Das braucht Sie nicht zu beunruhigen, Klara wird Sie aus voller Neigung heiraten, und vom rein geschäftlichen Standpunkt aus betrachtet, kann ich Ihnen nur sagen, daß ich Ihren Namen als ein ausreichende?' Aequivalent für die Mitgift ansehe, die ich meiner Tochter gebe." Lord Ryeburn verbeugte sich. Die letzte Chance war verloren l Im Herzen sagte er Carme» noch einmal Lebewohl, jetzt waren sie für immer getrennt. Lord Gordon stand auf und legte die Ha»' auf seine Schulter: „Mit Ihrem Vater verband mich wärmste Freundschaft, und ich habe dieselbe auf Sie über tragen ; wenn ich mir im ganzen Lande eine» Schwiegersohn auSsuchen könnte, keiner wäre m»
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