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Allgemeiner Anzeiger : 24.03.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-03-24
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189403246
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- Saxonica
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- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1894
-
Monat
1894-03
- Tag 1894-03-24
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Monat
1894-03
-
Jahr
1894
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 24.03.1894
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lassen 8' F ^eil Börsenaufsichtsorganen - ? : ad, daß beim Kommissions- . menten keine höheren Stempel- „uug gestellt werden, als vom jclbst bezahlt worden sind; 3) die Gesetzentwurf Angegangen Petittonen gefaßten Beschlüsse für erledigt zu er ¬ achten." * Die Regierung beabsichtigt, wie verlautet, eine neue Expedition in das unmittelbare Hinterland vonKamcrun zu entsenden. Man wartet nur erst die Organisation der neuen Schutztruppe durch Hauptmann Morgen ab, der bereits im Mai zurückzukehren gedenkt. Oesterrcich-Ungar«. *Jm ungarischen Abgeordnetenhaus wurde am Montag die Generaldebatte über die Ehegesetzvorlage, die einen Monat ge dauert hat, unter Eljenrufen geschlossen. Frankreich. * Feier des ! M ? (Jahrestag Politische Rundschau. Deutschland. * Kaiser Wilhelm ließ am Montag nach mittag gegen 3 Uhr die ganze Berliner Garnison alarmieren und hielt mit derselben auf dem Tempelhofer Felde eine Felddicnstübung ab. — Ani Dienstag vormittag ist der Kaiser nach Abbazia abgereist. *Der Kaiser hat dem Kriegsministcr Bron- sart v. Schellendorff den Schwarzen Adlerorden verliehen und dem Minister die Auszeichnung persönlich überreicht. * Prinz Reuß, der deutsche Bot- sHafter in Wien, wird nach Ueberreichung seines Abberufungsschreibens seinen Wohnsitz zu Trebschen in der Mark Brandenburg, eine Meile von Züllichau entfernt, nehmen. * Nunmehr wird auch im ,Reichsauzeigei" be kannt gemacht, daß auf Bundcsratsbeschluß von der Forderung eines besonderen Ursprungs- Nachweises für die aus meistbegünstigten Ländern eingehenden Waren mit Ausnahme von Wein und Most in Fässern sowie von getrock neten Mandeln vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des russischen Handelsvertrages au, also vom 22. an, abgesehen wird. * Nach dem Reichshaushalts-Etat für 1894/95 belaufen sich die Ueberweisungen an die Bundesstaaten aus dem Ertrage der Zölle und der Tabaksteuer, aus dem Ertrage der Ver brauchsabgaben für Branntwein und des Zu schlags dazu, sowie aus dem Ertrage der Reichs- stcmpelabgaben auf 855 450 000 Mk., die Matrikularbeiträge hingegen auf 397 497 420 Mk., sodaß die Bundesstaaten 42 047 420 Mk. mehr an das Reich heraus zahlen müssen, als sie von diesem erhalten. In dem Etat des laufenden Etatsjahres betrugen die Matrikularbeiträge 380 064145 Mk., sodaß sich die Matrikularbeiträge für 1894/95 um 17 433 275 Mk. gegen das laufende Etatsjahr erhöhen. *Mit dem 1. April tritt eine neue Be- Kraft, nach »er solche Familienväte r strafrechtlich ver- folgt werden können, die in der Lage sind, ihren Angehörigen den notwendigen Unterhalt zu ge währen, es aber vorziehen, den Verdienst für sich zu behalten und die Familie der Armenverwaltung zu überlassen. Die Armenverwaltungen werden ohne Zweifel mit aller Schärfe gegen die pflichtvergessenen Ehe männer und Väter vorgehen, sofern diese der an sie zunächst ergehenden Aufforderung zur Ver sorgung ihrer Angehörigen nicht nachkommen. * Dem Reichstag ist der Bericht der Kom mission über den Entwurf des Stempel- gesetzes zugegangen. In der Anlage ist eine Zusammenstellung des bestehenden Gesetzes, der Regierungsvorlage und der Kommissions-Be schlüsse gegeben. Die Kommission beantragt: „Der Reichstag wolle beschließen: 1) dem Gesetz entwurf wegen Aendcrung des Gesetzes betr. die Erhebung von Rcichsstcmpelabgabcn vom 1. Juli 1881 bis 29. Mai 1885 in der sich aus der Anlage ergebenden Fassung die verfassungs mäßige Zustimmung zu erteilen; 2) die ver bündeten R-m -nmgen zu ersuchen, zu veran- der Pariser Commune) wird aus Paris ge meldet: Im Laufe des Nachmittags fanden zur Feier des Jahrestages des Communeaufstandes einige Versammlungen statt, die jedoch ohne Zwischenfall verliefen. Auf dem Kirchhofe Pcre Lachaise, wo sich zahlreiche Besucher eingcfunden hatten, ist es zu keinem Zwischenfall gekommen. England. * Die Regierung hat im Unterhause die Er klärung abgegeben, in den Marine-Werk stätten die a chtu nd v ierz igstündig e Arbeitswoche einzuführen. *Die von Gladstone eingeleitete Bewegung gegen das Oberhaus scheint an Umfang stetig zuzunehmen. Der Premierminister Lord Rosebery hielt in Edinburg eine Rede, in der er die Ansicht aussprach, die Opposition gegen Homerulc werde bei den nächsten Wahlen be deutend geschwächt werden. Das Oberhaus bilde gegenwärtig eine große Gefahr für das Land. Die Regierung rechne auf die Unter stützung des Volkes, dann werde sie vorgehen. Die Vermehrung der Flotte bedeute keineswegs eine kriegerische Absicht, sondern sei die beste Gewähr für den europäischen Frieden. Belgien. * Originell ist, daß das Ministerium Bcer- naert sein Entlassungsgesuch nicht an den Mann, d. h. an den König — bringen konnte; denn man wußte selbst in offiziellen Kreisen nicht genau, in welchem Bade König Leopold weilt. Das offiziöse,Journal de Bruxelles' hatte zuerst San Remo, dann Montreux angegeben, aber das vom Ministerium eingereichte Entlassungs- gcsuch hat den König nicht in Montreux ge troffen. Endlich erfuhr man, daß er sich in Aix-le-Baius befinde und von dort aus am Mitt woch in Brüssel eintreffen wolle. Holland. *Der Amsterdamer ,Staats-Courant' ver öffentlicht einen von der Königin-Regentin unter zeichneten Erlaß, durch den die Kammern aufgelöst werden. Aus dem Kabinett ist nur der Minister des Aeußern, Tienhoven, aus- von Harlem, Ritter Borel v. Hoglanden, ersetzt werden. Dänemark. * Eine beantragte Ersparnis im dänischen Heere soll 250000 Kronen betragen. Die Stärke der Infanterie soll beschränkt, die Festungsartillerie und das Genickorps dagegen vermehrt werden. Spanien. *Jm spanischen Ministerrat erstattete der Minister Moret Bericht über die Verhand ln n g e n mit M a r o k k o und verlas den mit dem Sultan am 5. d. abgeschlossenen Vertrag. Der Ministerrat erteilte dem Vertrage die Zu stimmung und wird denselben der Königin zur Genehmigung unterbreiten. Rußland. *Das russische Unterrichtsministerium hat, wie aus Dorpat gemeldet wird, dem Rektor der Universität die Weisung zugehen lassen, sämtliche Dorpater S tud ent env er b i n d un g en, die einen deutschen Namen oder deutschen Charakter haben, aufzuhcben und nur Studentenverbindungen mit russischem Rainen und russischem Charakter zu gestatten. Außerdem sollen die Geldmittel der deutsche n Burschen schaften dem Unterrichtsministerium überwiesen werden. Gewiß echt russisch! Balkanstaaten. * Die im vorigen Jahre zu stände gekommene Aussöhnung zwischen Milan und Na - talie ist nochmals offiziell bekräftigt worden. Die serbischen Blätter veröffentlichen einen von der bischöflichen Synode vollzogenen Akt, durch welchen die von dem verstorbenen Metropoliten Theodosius ausgesprochene Ehescheidung der Eltern des Königs für ungültig erklärt und die am 5. Oktober 1875 geschlossene Ehe derselben als zu Recht bestehend erklärt wird. Die Rück kehr der Exkönigin Natalie nach Belgrad wird anläßlich der serbischen Ostern erwartet. — Im vorigen Jahre hatte die Synode erklärt, die Ehescheidung brauche garnicht aufgehoben zu werden, da sie von vornherein nicht rechtsgültig gewesen sei. Amerika. * Trotz des Erfolges vor Rio de Janeiro ist die Lage im Lande für die brasilianische Regierung keineswegs günstig. Die Aufständi schen verstärken ihre Stellung an der Grenze des Staates Sao Paulo, es scheint also, daß die vier Südstaaten, in denen gegenwärtig die Insurgenten die Oberhand haben, sich nicht so leicht ergeben werden. In dem nördlichen Staat Pernambuco sind die Staatswahlen zu gunsten der Autonomisten ausgefallen, deren Führer noch immer gefangen gehalten werden. — Die portu giesischen Schiffe „Minidello" und „Alfonso Albuquerque" sind unbehelligt mit da Gama und 70 aufständischen Offizieren aus Rio de Janeiro abgegangen. Der Hauptverein für Knaben- hanbarbeit hielt am 17. d. in Berlin seine Hauptversamm lung, die von zahlreichen Gästen, auch von einem Vertreter des Preuß. Kultusministeriums, Geh. Rat Brandy, besucht war, ab. Die gleichzeitig veranstaltete Ausstellung von Schüler- und Lehrerarbeiten im daneben befindlichen Oberlicht saal des Berliner Rathauses wurde eifrig in Augenschein genommen. Die verschiedenen Papier-, Flccht-, Stäbchenarbeiten der jüngsten Knaben, die im Alter von acht Jahren stehen, allerliebste Schnitzereien, die schweren Hobelbankarbciten er regten sichtlich die Aufmerksamkeit der Betrachter, noch mehr vielleicht der fesselnde Vortrag des Prof. Dr. Waetzold, den er nach Erledigung der geschäftlichen Angelegenheiten hielt. Die „Aus stellung von Erzeugnissen des Handfertigkeits- Unterrichts aller Länder auf der Weltausstellung in Chicago" schilderte er aufs anschaulichste. Unter sechs großen Vitrinen waren diese Er zeugnisse dort ausgestellt. Und was Görlitz, Berlin, das Leipziger Seminar, die Bockenheimer Realschule (die einzige, an der ein obligatorischer Handfertigkeitsunterricht besteht) ausgestellt, fand die neidlose Anerkennung der Amerikaner. Von misgestellten Gegenständen werden wir aber nichts wiedmcqcii, fuVliRi? Philadelphia wurden sie insgesamt erstanKlk? Der Amerikaner hat, wohl hauptsächlich aus seiner ursprünglichen Stellung als vereinzelter Kolonist, eine besondere Anlage und einen Hang zur Handarbeit. Schon im Kindergarten, der als ein wesentlicher Bestandteil der Schute ge dacht wird, beschäftigt sich das Kind mit Zeichnen, mit Modellieren in Sand und Thon. Vom ersten Tage an wird in der Schule gezeichnet, derselbe Gegenstand wird beschrieben, gezeichnet oft sogar farbig und noch modelliert. Zeichnen ist dem Amerikaner ebenso wichtig wie Schreiben. Man hat auch die Erfahrung gemacht, daß Kinder, die sich für Sprachen unempfänglich zeigten, gerade im HandfcrtigkeitSuntcrricht sich auszeichneten und geistig sich entwickelten. Nicht weniger als 500 Lehrer unterrichteten in New Aork 22 000 Kinder in allerlei Handarbeiten. Redner beleuchtet dann die Leistungen der ver- fchicdenen Staaten auf diesem Gebiet und kann die den Amerikanern sich jetzt aufdrängende An sicht, daß die Franzosen auf pädagogischem Gebiet unsere schärfsten Konkurrenten seien und uns auf dem der Handfertigkeit sogar überflügelt hätten, nicht fo von der Hand weisen. Nachdem er noch einen interessanten Einblick in eine höhere Handarbeitsschule Chicagos gegeben, bei der man förmlich zum „Doktor" in Handfertigkeit aus gebildet werden kann, schließt er unter lebhaftem Beifall der Versammelten. Umr Uah und Fern. Ueber die Toiletten der deutschen Kaiserin wird berichtet: Die Promenaden toiletten der Kaiserin für Abbazia sind echt deutsche Moden und „im Hanse", das heißt im kaiserlichen Schlosse verfertigt worden. Die Kaiserin hat selbst bei Berliner Modewarcn- Geschäften ersten Ranges die Einkäufe der Stoffe gemacht und 14 Schneiderinnen hatten unter Aufsicht eiuer Direktrice eines bekannten Modewarenbazars in den letzten Wochen die ge samte Reisetoilette der hohen Frau hergestellt. Bisher waren es stets Pariser Moden, nach denen für die Kaiserin von Berliner Modistinnen gearbeitet wurde, ebenso wurden die dazu ver arbeiteten Stoffe von Pariser Lieferanten be zogen. Diesmal hat sich die Landcsmutter bei der Hausschneiderei lebhaft beteiligt und die Moden zu den einzelnen Kostümen selbst an gegeben. Die starken Schneestürme der letzten Lage in der Lausitz, im Ricsengebirge und im nördlichen Böhmen haben vielfache Bahnverwehungen un Gefolge gehabt, so daß einzelne Linien tagelang den Verkehr cinstellen mußten. Von zwei abenteuerlichen Gymnasi asten berichtet man aus Sagan: Bei der hie sigen Polizei ging aus Landsberg a. W. die Nachricht ein, daß zwei Schüler des dortigen Gymnasiums, 16 und 13 Jahre alt, von Abenteuerlust befallen, seit einigen Tagen ver schwunden seien. Kaum drei Stunden fpäter war es der Polizei gelungen, die beiden jungen Burschen, welche von Landsberg bis Sagan zu Fuß gewandert waren, fcstzunehmcn. Die beiden Schüler wollten das Riesengebirge über steigen und durch Böhmen und die Donau- fürstentümcr nach der Türkei wandern, um sich dort einer Räuberbande anzuschließen. Sie ver fügten über reiche Geldmittel und führten über ihre Reiseerlebnisse genau Tagebuch. Heute kamen die telegraphisch herbeigerufenen Väter der Burschen) Gctreidehändler Groddek und Steuerbeamter Pflugmacher hier an, um die Abenteurer wieder nach Hause zu geleiten. Die durch Verbrühungen bei der Schreckenskatastrophe auf der „Brandenburg" Verletzten gehen erfreulicherweise ihrer völligen Genesung entgegen. Am Sonntag wurden der Maschinist Zimmermann und der Ober-Feuer meistersmaat Herre aus dem MarinelcHarctt ent lassen; die Brandwunden derselben sind voll ständig geheilt. Im Marinelazarett liegt noch der Oberheizer Bölsch. Die übrigen Verwundeten, Maschinenbauer Ebert und Bollhoff und Werft arbeiter Rausch, wurden in den akademischen Heilanstalten untcrgebracht. Schreckliches Geständnis. In Petersdorf bei Bcgen (Niederbarnim) starb vor einigen Pie auf dem Sterbebette be kannte, daß sie "eineT Jahren in dortiger -Gegend spurlos verschwundenen MMer ermor dete und ihren ersten Mann nach und nach durch Tabak ebenfalls vergiftete. Wegen Mordver suches an ihrem zweiten Manne, den sie in den Brunnen lockte und mit Steinen überdeckte, wurde sie seiner Zeit zu acht Jahr Zuchthaus verurteilt. Die Diamant-Hochzeit begingen in dem lübeckschen Dorfe Utecht der Hauswirt Heinrich Oldenburg und seine Ehestau. Von dem Prediger wurde ihnen die vom deutschen Kaiser verliehene silberne Ehejubiläums-Medaille in Gegenwart von Kindern und Kindeskindern nach feierlicher Ansprache überreicht. Ueber ein Bahnstcig-Karten-Kuriosum wird von einem Düsseldorfer Kaufmann ge schrieben: Wir wohnen von der Post ziemlich entfernt und ließen deshalb unsere Briefe nach dem nahegelegenen Bahnhof Derendorf bringen^ wo sie direkt in den Briefkasten des Postwagens geworfen wurden. Seit der Absperrung der Bahnsteige mußte zu diesem Zwecke natürlich eine Bahnsteigkarte gelöst werden. Nun kam unser Hausdiener, dem die Besorgung der Briefe, oblag, auf eine schlaue Idee: er erinnerte sich, daß ein Billet vierter Klasse für die Fahrt von Bahnhof Derendorf nach dem Hauptbahnhof Düsseldorf nur 5 Pfennig kostet, also nur halb so viel wie eine Bahnsteigkarte. In der Folge löste er also stets eine solche Karte, warf seine Briefe in den Postwagen und verzichtete auf die Fahrt. Einige Mal glückte ihm das Verfahren, dann aber wurde ihm von dem dienstthuenden Beamten auseinandergesetzt, daß es nicht angän gig sei. Wenn er eine Fünf-Pfennigkarie löse, so sei er allerdings zum Betreten des Bahn steiges berechtigt, er müsse dann aber auch die etwa 8 Kilometer lange Strecke von dem Dorf nach dem Düsseldorfer Hauptbahnhof wirklich fahren; ein Verzicht auf diese Fahrt sei nicht statthaft. Wenn er nur den Perron zum Zivecke der Briefabgabe betreten wolle, so müsse er eine Bahnsteigkarte für zehn Pfennig lösen. Das ist io- i^ortiehuna.! „Und nun erzähle mir, wie du diese Ge schichte gehört hast", sagte Lord Ryeburn. „Ist doch ein Körnchen Wahrheit daran?" „Daß ich je daran gedacht hätte, jemand anderes als dich zu heiraten? Nein. Daß ich sehr gegen meinen Willen in eine falsche Stellung zu Lady Klara Gordon gekommen bin? Ja. Sieh mich nicht so strafend an, mein süßes Kind; ich schwöre dir, daß jeder Gedanke, jeder Wunsch aur dir gehört hat, du bist für mich der Mittel punkt meines Lebens gewesen." „Ich glaube dir, Viktor," sagte sie, „ich habe auch nie an dir gezweifelt." Er nahm ihre Hände fest in die seinen. „Und nun sage mir, was du gehört hat." „Ich hörte, daß du Lady Gordon heiraten würdest, und daß ihr Geld dich vor dem Bankrott retten sollte." Lord Ryeburn biß die Zähne zusammen. „Also das sagt man; was weiter, Carmen?" „Daß du Lady Gordon liebtest und sie dich auch." „Und was dachtest du von mir, als du das hörtest?" „Ich weiß nicht, ich war erst wie betäubt und konnte mich garnicht besinnen. Als ich den ersten Schmerz überwunden hatte, sagte ich mir nur das eine: daß du mich liebtest." „Ich danke dir für dein Vertrauen! Es thut mir leid, daß du davon gehört hast, aber einmal mußtet du doch alle meine Sorgen kennen und teilen. Ich bin vir nie untreu gewesen, aber ich habe viel durchgemacht." „Ist es wahr, daß du ruiniert bist?" fragte sie leise. „Ja, mein Herz," erwiderte er. „Und würde Lady Gordons Geld dich retten?" „Ja, aber ich beabsichtige nicht, es anzurühren." „Willst du mir alles genau sagen, offen und ehrlich, damit ich weiß, wie eS mit dir steht?" bat sie. „Das möchte ich lieber nicht, Carmen, es hat keinen Zweck und würde dich unölig bekümmern." „Ich habe aber ein Recht, es zu wissen, Viktor, ich verlange dein volles Vertrauen." Viktor erzählte Carmen alles; wie er nach Hause gekommen war, nur von dem Wunsche beseelt, den Seinigen seine Heirat mitzuteileu und seine Frau zu holen; von den bitteren Kämpfen, als sein Vater im Sterben lag, und wie das Netz sich immer fester zusammengezogen hatte, bis er keinen Ausweg mchr wußte. „Sobald ich meiie Heirat bekannt hätte," sagte er, „wäre das Verderben über unS herein- gebrochen. Mir wäre das gleichgültig gewesen, denn ich hatte dich, aber meine Mutter, meine Schwester, Lancedene, alles wäre verloren ge wesen; so schob ich es von Tag zu Tag auf. Ich habe dich keinen Augenblick weniger geliebt, aber die Schwierigkeiten mehrten sich immer von neuem." CarmenS Gesicht wurde blaß, während sie zuhörtc, und ein schmerzlicher Zug prägte sich darauf aus. „Und was wirst du jetzt thun, Viktor?" fragte sie. „Zuerst mich mit dir trauen lassen, mein Lieb," war die Antwort. „Und dann?" sagte sie traurig. „Dich zu meiner Mutter bringen und ihr sagen, daß meine Liebe alles überwog." „Und dann?" fragte sie weiter. „Dann werde ich sehen, für meine Mutter und Schwester eine bescheidene Wohnung zu finden, und wir beide, mein Herz, wollen zu sammen auswandern und uns im fernen Westen eine Heimat schaffen, die uns lieb ist, und einen Namen, der dem alten an Ehre gleichkommt." „Du willst deinen Namen ändern?" „Ich werde nur den Titel fallen lassen und mich einfach Ryeburn nennen; was soll er uns da draußen nützen!" Ein Schatten flog über das liebliche Gesicht, dann sah sie ihn groß an. „Warum mußt du auswandern, Viktor? Ich verstehe es nicht ganz." „Weil ich nichts übrig haben werden, wenn ich für die Meinigen gesorgt habe, nichts auf der weiten Welt als die Liebe meiner Frau; wird es dir schwer werden, Carmen, die Armut mit mir zu teilen?" „Nein, gewiß nicht, ich bin mein Leben lang acm gewesen; mit dir gemeinschaftlich würde jedes Los mich beglücken." „Ich hatte so fest geglaubt, dir eine andere Zukunft bieten zu können, dich zur Gräfin Rye burn, der Herrin von Lancedene, zu machen, und dir alle Schätze, jeden Luxus zu Füßen zu legen. Es thut mir sehr weh, daß es jetzt anders ge worden ist." „Mit dir würde mir nichts zu schwer sein," sagte sie leise vor sich hin und nach einigen Minuten Stillschweigen rief sie auS: „Wie lieb mußt du mich haben, Viktor!" „Ich liebe dich mehr als mein Leben," ant wortete er, „glaube mir, Geliebte, du ahnst nicht, wie sehr." „Ja, deine Liebe muß sehr groß sein," wiederholte Carmen nachdenklich. „Wird dir das jetzt erst klar?" sagte Lord Ryeburn lächelnd, „ich weiß nicht, ob auf der weiten Welt ein Mann ein Weib so liebt, wie ich dich." „Wie glücklich mich das macht! Sage es mir immer wieder, Viktor!" Ec wunderte sich über ihre eigentümliche Art, aber er schloß sie fest in die Arme und über häufte sie mit Liebesworten, nannte sie mit den zärtlichsten Namen und küßte sie wieder und wieder. Es waren einige Minuten des reinsten Glückes, aber sie vergingen zu schnell, und dann hob Carmen ihren Kopf von seiner Brust und sagte: „Ich danke dir, Viktor, die Erinnerung an diese Augenblicke wird ein Glück sein, von dem ich zehren, werde; denn von nun an darf nicht mehr von Liebe zwischen uns die Rede sein. Ich werde dich nie heiraten." „Du wirst morgen schon mein Weib sein," erklärte er. „Nein, mein Geliebter, wir werden uns heute abend trennen und uns nicht widersehen, bis —" „Unsinn, Carmen, du solltest so etwas gar nicht sagen." „Aber wenn du mich heiratest, mich, die ich
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