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politische Rundschau. Deutschland. *Die Kaiserin ist mit ihren sämtlichen Kindern am Montag nach Abbazia abge reist. Der Kaiser gedenkt am 19. d. dorthin zu fahren. * Nach einem Anträge des Reichskanzlers an den Bundesrat soll die Neuprägung von 22 Millionen Mark in Silbermünzen — 11 Millionen in 5-Markstücken, 7 Millionen in 2-Mark- und 4 Millionen in 1-Markstücken — erfolgen, und zwar mit Rücksicht auf den schon seit längerer Zeit in den sächsischen und rheinisch- westfälischen Jndustriebezirken hervorgetretenen Mangel an größeren Silber-Scheidemünzen. *DerWiederzusammentritt derW « hrungs- enquete-Kommission bleibt auf Grund einer Verständigung des Reichsschatzsekretärs mit den in Berlin anwesenden Mitgliedern bis nach Schluß der Reichstags-Osterferien vertagt. Das Reichsschatzamt wird das Datum der nächsten Sitzung zur Kenntnis der Teilnehmer bringen. * „Wir nehmen Notiz — so schreiben die ,B. N. N/ — von einem in Börsenkreisen leb haft erörterten Gerücht, wonach dem Herm Reichskanzler nach endgültiger Annahme des russischen Handelsvertrages die gleiche Aus zeichnung zu teil werden würde, wie seinem Amts vorgänger im Jahre 1871: die Erhebung in den Fürstenstand. Wir erwähnen diese geschmack lose Nachricht, nur, weil sie in auffälliger Weise Zeugnis für den geringen geschichtlichen Sinn der betreffenden Kreise ablegt, die die „Handels verträge", bei denen nach dem eigenen Zuge ständnis seiner Verteidiger Deutschland außer einer zweischneidigen Stabilität nur sehr wenig gewonnen hat, in eine Linie mit der Bedeutung Blüchers und Bismarcks um die Be freiung und die Einigung des Vaterlandes stellen. Wie wir zuverlässig wissen, denkt Graf Caprivi ungleich bescheidener von seiner That." *Die Mandatsniederlegung des Abg. von Koscielski („Admiralski") gilt in parlamen tarischen Kreisen als Beweis dafür, daß inner halb der polnischen Abgeordneten die durch den Abgeordneten v. Jgzdzewski vertretene oppo sitionelle Richtung die Oberhand gewonnen hat. Der Rücktritt Koscielskis hängt mit Meinungs verschiedenheiten zusammen, die anläßlich der Debatten über polnische Fragen im preuß. Ab geordnetenhause ausgebrochen waren. * Der oldenburgische Landtag nahm mit erheblicher Mehrheit einen Antrag auf Einführung einjähriger Finanzperioden und all jährlicher Einberufung des Landtags an. Die Regierung gab jedoch abermals eine ablehnende Erklärung ab. Oesterreich-Ungarn. * In Wien begaben sich am Sonntag un gefähr 30 000 Arbeiter in einzelnen Gruppen nach dem Zentralfriedhof, um am Grabe der am 13. März 1848 Gefallenen Kränze niederzulegen. Ein Zwischenfall ist nicht vorge kommen. *Kossuth hat Anordnung getroffen, daß seine Leiche nur dann nach Ungarn überführt werden dürfe, wenn Ungam ein vollständig unabhängiges Land sei. Frankreich. *Jn der Deputiertenkammer wurde für zwei Gesetzvorlagen, durch die die Veröffentlichung der Untersuchung und der Verhandlungen in Anarchiste nproz essen verhindert werden soll, die Dringlichkeit genehmigt. Darauf wurde in die Verhandlung über die Zulassung des Antrages des Deputierten Bourgeois betr. die Revision der Verfassung zur Be ratung eingetreten. Der Bericht der Kommission spricht sich gegen die Zulassung aus. Der Deputierte Bourgeois tritt für die Revision ein. Der Deputierte Goblet tritt für die Notw keit der Revision ein, die von zahlre^ck . >9'- tierten befürwortet werde. Tu on 1875 sei orleanistisch. Dü des Präsiden n der Repul. -o des " - da- - . /. . einen ver ruß- . v > > Die Dco> .. . ' och fortgesetzt. England. * Das Parlament ist am Montag wieder eröffnet worden. Die Thronrede sagt kein Wort über Homemle und das Oberhaus. *Die Londoner Polizei tritt nun auch end lich den Anarchisten entgegen. Mit der Verhaftung von 38 solcher angenehmen Leute, die am Sonntag stattgefunden hat, glaubt sie einen glücklichen Griff gethan zu haben. Sämt liche Häftlinge gehören dem „Alberto-Klub" an; zehn von ihnen wurden im Gefängnis zurück- bchalten, da festgestellt wurde, daß dieselben die engsten Beziehungen zu auswärtigen Anarchisten unterhielten. Es wurde auch ermittelt, daß der durch Bombenexplosion selbst getötete Anarchist Bourdin stets ein eifriger Besucher des „Alberto- Klub" gewesen war. Belgien. * Das Kriegsministerium beschäftigt sich gegenwärtig damit, die Teilung des 1. und 2. Armeekorps vorzunehmen. Man begründet diese Maßregel, die einer Verstärkung gleich kommt, damit, daß das erste Armeekorps die Bestimmung habe, den ersten Anprall der deutschen Truppen auszuhal ten, wenn diese in einem eventuellen deutsch französischen Kriege in Belgien einfallen sollten. Es verlautet, daß das neue Armeekops nach Arras stationiert wird. Spamen. * Das neue Kabinett ist wie folgt zu sammengesetzt: Sagasta Präsidium, Amos Salvador Finanzen, Aguilera Inneres, Groizard Arbeiten. Die Minister Capdepon (Justiz), Moret (Handel), Dominguez (Krieg) und Pas- quin (Marine) behalten ihre Portefeuilles. — Das wichtigste Moment bei der Umbildung des Kabinetts ist die Entlassung des Finanzministers Gamazo. Dieser beabsichtigte eine Steuerreform, die besonders die bisherigen Steuervorrechte der baskischen Provinzen beseitigen sollte. Der Plan, der auf lebhaften Widerstand Meß, scheint nun aufgegeben zu sein. Balkanstaaten. *Jn einer demnächst erscheinenden Flug schrift, betitelt: „Zwei Regentschaften", erzählt der ehemalige Regent Ristitsch, daß in den 70er Jahren zwischen Rumänien, Griechenland, Serbien und Montenegro Verhandlungen wegen eines zu errichtenden Balkanbundes statt gefunden haben und daß die betreffenden Ver träge bereits abgeschlossen gewesen seien. Trotz dem scheiterten die Verhandlungen an der Un ausführbarkeit des Planes, so daß selbst Ristfitch zu dem Schluffe gelangte, daß der kühne Ge danke eines Balkanbundes überhaupt nicht durch führbar sei. Amerika. *Den neuesten Nachrichten zufolge dürste der Aufstand in Brasilien nunmehr beendet sein. Die bisherige Regierung ist als Siegerin hervorgegangen und Admiral da Gama ist bereit, sich zurückzuziehen. Die Aufständischen geben die Forts und die Schiffe in der Bai von Rio an die rechtmäßige Regierung zurück und liefern die Gefangenen aus, wogegen sich Admiral da Gama mit seinen Offizieren unter dem Schutz der portugiesischen Regierung in das Ausland zurückzieht, während den aufständischen Soldaten und Matrosen das Leben gewährleistet wird. Nach anderweitigen Mitteilungen hat sich Admiral da Gama an Bord eines portugiesischen Schiffes begeben und Peixoto mitgeteilt, er und seine Angehörigen seien bereit, sich zu ergeben, vor ausgesetzt, daß ihm Schutz zugesagt werde. Wie eine Depesche aus Jamaika meldet, hat ein haitisches Kriegsschiff eine mit Kriegsmunition für die Aufständischen auf Haiti be ladene Dacht weggenommen und nach dem Hafen von Haiti gebracht,, wo die gesamte Bemannung auf Befehl des Präsidenten Generals Hippolyte erschossen wurde. Asten. * InKorea wurde eine Verschwörung gegen den König, den Thronerben und die Staatsminister entdeckt. Im Schrein der Ahnen des Königs sollten die Genannten mittels einer Pulverexplosion getötet werden. Viele Personen, die an der Verschwörung beteiligt sind, wurden verhaftet. Deutscher Reichstag« In der Montagsitzimg wurde zunächst der Gesetz entwurf betr. die Verlängerung des Handels- Provisoriums mit Spanien debattelos in dritter Lesung genehmigt und sodann die zweite Beratung des Handelsvertrages imt Ruß land bei Art. 19 fortgesetzt. Derselbe behält beiden Reichen die Freiheit zur Ausgestaltung der Eisen bahntarife vor. Doch müssen die Tarife gegenüber den Angehörigen beider Reiche gleichmäßig ange wendet werden. — Abg. Graf Mirbach (kons.): Für die in diesem Vertrage stipuliertcn Begünstigun gen Königsbergs rc. danke er der Regierung, aber diese Begünstigungen bedeuten kein großes Zuge ständnis Rußlands, da wegen des billigeren Fracht tarifs nach London auch Rußland ein Interesse an dem Export über Königsberg habe. Einen Tropfen Wermut erhalte aber dieser Artikel dadurch, daß er diese Begünstigungen nicht bloß auf die Durchfuhr erstreckt habe. Dadurch, daß das russische Getreide auch in unseren freien Verkehr, von Königsberg und Danzig aus, übergehen könne, werde unsere Land wirtschaft und Mühlenindustrie schwer geschädigt. Die Aufhebung der Staffeltarife sei durchaus zu be dauern. Der Vertrag mit Rußland binde nicht bloß unsere Zölle, sondern verhindere uns auch, unsere Tarife nach unseren Wünschen festzusetzen. — Regie rungsrat Frhr. v. Thielmann: Wenn der Vor redner die tarifarischen Vereinbarungen mit Ruß land überhaupt bemängele, so richte sich dieser Vor wurf nicht gegen die jetzige Regierung, sondern gegen das Ministerium Manteuffel, denn schon dieses habe mit Rußland in den 50er Jahren Verträge ge schlossen. in denen dieselben Grundsätze enthalten ge wesen.— Abg. Kroeber (südd. Volksp.) erklärt namens seiner Partei, daß dieselbe in den Staffel tarifen für Getreide eine schwere Schädigung der süddeutschen Landwirtschaft und Müllerei erblicke. — Abg. Hammacher (nat.-lib.): Die Aufhebung der Staffeltarife hängt sachlich gar nicht mit derjenigen des Identitätsnachweises zusammen, denn seiner Ansicht nach könne die Aufhebung des Identitätsnachweises Deutschland nicht schaden, sondern nur nützen. — — Abg. Frhr. v. Hammerstein (kons.) erblickt in der Aufhebung der Staffeltarife ein Handels geschäft. Noch im Juni vorigen Jahres habe sich der Eisenbahnminister Thielen für den Fortbestand der Staffeltarife erklär:. — Reichskanzler Graf v. Caprivi: Am 28. Juni 1893 hätten wir uns noch in dem ersten Stadium der Verhandlungen mit Rußland befunden. Es hätte damals noch niemand wissen können, ob ein Vertrag zu stände kommen werde. — Abg. Schädler (Zentr.) wahrt der bayrischen Kammer ihr Recht, über Dinge zu ver handeln, die bayrische Interessen berühren, ganz ohne Rücksicht auf das Mißfallen des Grafen Mirbach. Nach weiterer Debatte wurde auf Antrag des Abg. Rickert (frs. Vgg.) die Debatte geschlossen und Artikel 19 des Vertrages angenommen. — Nach Artikel 20 desselben soll der Vertrag am 20. März. d. in Kraft treten und bis zum 31. De zember 1903 in Geltung bleiben. — Abg. Graf Kanitz (kons.) begründet seinen Antrag, wonach der Vertrag am 20. März 1894 in Geltung treten und in Kraft bleiben soll bis zum Ablauf eines Jahres von den: Tage ab, an welchem er von einem der beiden vertragschließenden Teile gekündigt sein wird. — Nach längerer Debatte wurde der Antrag Kanitz abgelehnt und Artikel 20 nach der Vorlage angenommen; ebenso Artikel 21 ohne Debatte. Im weiteren Verlaufe führte Tarif .V namentlich die Nummer 26 (Hopfen), zu eingehender Debatte, sie wurde indes schließlich genehmigt. Nachdem dann der ganze Tarif die Genehmigung des Hauses erhalten, wurde noch vom Schlußprolokoll der zweite Teil (zum russischen Vertragstarif) nach kurzer De batte genehmigt. In der Dienstagsitzung Wird die zweite Beratung des Handelsvertrages mit Rußland fortgesetzt mit dem Tarif (deutscher Tarif). Bei den Positionen Getreide und Flachs liegt ein Antrag v. Frege u. Gen. (kons.) vor, den Zoll auf Weizen und Roggen auf 5 Mk. zu belassen, statt ihn, wie es in dem Vertrag geschieht, auf 3'Z Mk. herab zusetzen. — Abg. v. Staudy (kons.) betont, daß das Wohl und Wehe der Landwirtschaft wesentlich von der Politik des Reiches abhänge. Die Land wirtschaft müsse zu Grunde gehen, wenn die Reichs regierung in ihrer Politik davon ausgchc, daß Deutschland ein Industriestaat sei. Gehe der Vertrag durch, so halte er das für ein nationales Unglück. — Abg. Graf Arnim (srcikons.) tritt ebenfalls für den Antrag v. Frege ein Wie die russische Börsen presse selbst Mitteilen, lagern in Rußland große Vorräte und alles rüste sich, um sie nach Deutschland zu Wersen. Schon die bloße Aussicht auf den Vertrag habe die Preise gedrückt. Ter Vertrag sei ein dunkles Blatt in unserer Geschichte. — Staatssekretär Frhr. von Marschall betont, daß die Ausführungen beider Vorredner, sowie der vorliegende Antrag sich mit dem Worte charakterisieren „fort mit dem Handelsvertrag! Es lebe der Zollkrieg!" Wie lange der Zollkrieg dann dauern würde, sagten die Herren nicht, weil sie es selbst nicht wüßten. Es komme eben alles darauf an, wer es am längsten aushalte. Eine solche Politik möchte er mit dem Hazardspiel ver gleichen. Das könne ein einzelner Mann mit seinem Vermögen machen, nicht aber die Regierung mit den wichtigsten Interessen des Landes. Wenn der Ver trag angenommen sein werde, so werde sich Heraus stellen, daß die Landwirtschaft auch ohne den fünf Mark-Zoll, bei dem 3,50 Mark-Zoll bestehen könne. — Demnächst sprachen Abg. v. Ploetz (kons.) für den Antrag v. Frege, beziehungsweise gegen den Vertrag, Abg. Schultz - Lupitz (sreikons.) für, Abg. Burger (Zentr.) gegen den Vertrag. Abg. Graf Holstein erklärt, daß er sich freuen würde, wenn er für den Vertrag stimmen könnte, daß er aber nach Lage der Verhältnisse im Interesse der Landwirtschaft den Vertrag ablehnen müsse. Abg. Bachem (Zentr.) begründet sein Votum für den Vertrag. Ein Schluß antrag wird angenommen. Die Position Flachs wird angenommen, ebenso Weizen. Die Abstimmung über den Antrag v. Frege bezüglich der Position Roggen ist eine namentliche. Dieselbe ergibt die Ab lehnung mit 205 gegen 151 Stimmen. Die Positionen Roggen und Hafer werden darauf nach dem Ver tragstarif angenommen. — Bei Position Bau- und Nutzholz entspinnt sich eine kurze Debatte, in der Bundesbev. Geh. Rat Heule aussührt, daß neben Oesterreich und Schweden-Norwegen Rußland hauptsächlich als Holzauclle in Betracht komme. Die Position wird angenommen. Ebenso wird die Position Fleisch und der Rest des Tarifs angenom men. Nunmehr kehrt die Beratung auf den am 10. d. ausgesetzten Artikel 7 des Vertrages zurück, der bestimmt, daß keine anderen als die in den Tarifen festgesetzten Zölle erhoben werden dürfen, desgleichen auf Artikel 6, der den beiderseitigen Boden- und Gewerbeerzeugnissen generell die Meist begünstigung zusichert in bezug auf die Zollbehand- lung einschließlich des Verkehrs in zollamtlichen Niederlagen und des Wiederausfuhr- und Transit verkehrs. Nach kurzer Debatte werden die Artikel 7 und 6 angenommen, desgleichen die Bemerkungen des Schlußprotokolls. Damit ist die zweite Be ratung des deutsch-russischen Handelsvertrages erledigt. Preußisch»» Landtag. Am Montag wurde im Abgeordnetenhause die Beratung des Kultusetats fortgesetzt. Es wurde zunächst der Rest des Kapitels „Elemcntar-Unter- richtswesen" sowie das Kapitel „Kunst und Wissen schaft" erledigt. Ebenso sand das Kapitel „Tech nisches Unterrichtswesen" ohne erhebliche Debatte seine Erledigung. In der Dienstags-Sitzung des Abgeordneten hauses wurde die Beratung des Kultusetats zu Ende geführt. Die einzelnen Positionen wurden in un erheblichen Debatten erledigt. Beim Kapitel „Medi zinalwesen" machte der Kultusminister die Eröffnung, daß bereits ein Gesetzentwurf ausgearbeitct sei, der das Apothekenwesen auf Grund der Personalkon zession neu regele. Uon Uah und Fern. Eine neue Heldenthat des Herrn Leist. In London sind abermals Nachrichten aus Kame run eingetroffen, denen zufolge der stellvertretende Kanzler Leist die erste That, der er seine „Be rühmtheit" zu verdanken hat, noch Überboten hat. Der ,Voss. Ztg/ wird gemeldet: „Als Samuda, der Anführer der meuterischen Daho meyer, zur Hinrichtung geführt wurde, rief er dem anwesenden Gouverneur zu: „Die Meuterei wäre lediglich durch seine Schuld entstanden. Genugthuung hätte es den Dahomeyern bereitet, wenn sie ihn hätten töten können." Der Gou verneur geriet dadurch in solche Wut, daß er einem Soldaten das Gewehr entriß und mit dem Kolben Samuda einen furchtbaren Schlag auf den Kopf versetzte." — Für Herrn Leist gäbe es nunmehr nur noch eine Entschuldigung: die Annahme, daß er die Herrschaft über seinen Verstand gänzlich verloren hat. Wahrscheinlich wird sich die obige Meldung ebenso bestätigen, Wie die früheren, gleichfalls über London ein- getroffencn Nachrichten ihre volle Bestätigung gefunden haben. Dann wird es aber die höchste Zeit sein, Henn Leist, der inzwischen allerdings wieder durch den Gouverneur v. Zimmerer ab gelöst worden ist, aus Kamerun abzubenffen und ihn hier der verdienten Strafe zu überliefern. Haifischfang. Der von seiner Fangreise zurückgekehrte Fischdampfer „Amcly" in Bremer haven brachte wieder einen Hai von außerge wöhnlichen Größenverhältnisscn mit. Derselbe mißt in der Länge 3,40 Meter und hat ein Gewicht von 600 Pfund. Eine zweite Abnormität brachte derselbe Dampfer gleichzeitig mit, näm- „Ich wollte, dein Vater gäbe mir keine der artigen Aufträge," sagte Lady Gordon ärgerlich, „er weiß doch, wie viel ich zu denken und zu be sorgen habe." Klara lachte, was sie meistens bei derartige» Klagen ihrer Mutter that. Es war ein überaus liebevolles Verhältnis zwischen ihnen, aber Klar» darf meinen Trauring auch nicht tragen, ich habe kein Recht dazu." Sie zog ihn langsam vom Finger, und heiße Thränen fielen darauf, als sie ihn küßte. Die Sonne neigte sich zum Untergang und Carmen stand eilig auf. „Ich muß fort," sagte sie, „ich versprach Lady Long, um acht Uhr zu Hause zu sein." „Ich mag dich nicht in abhängiger Stellung sehen! Gib mir jedenfalls deine Adresse." Sie nannte sie ihm und sagte traurig: „Ich bin ja wieder Carmen Ercell, nicht deine Frau." „Du wirst es bald sein, ich werde alles vor» bereite: und es dir dann mitteilen, dir überhaupt alle Tage schreiben. Das Leben kommt mir schon weniger schwer vor, seit du hier bist!" Aber ihre Augen standen beim Abschied voll Thränen. . . Sie wußte selbst später nicht, wie sie in ihrer Verzweiflung nach Hanse gekommen war; sie ging gleich in ihr Zimmer, und es war gut, daß an dem Abend keine Pflichten mehr ihrer warteten. Sie war ganz vernichtet, und hatte sich unter wegs immer sagen müssen: „Ich bin nicht Viktors Frau, ich gehöre nicht zu ihm." Sie hatte kaum je über die äußeren Vorteile nachgedacht, die ihre Heirat für sie mit sich brächte, weder der Titel noch die Stellung be rührten sie; eS war volle, reine Liebe, die sie zu Lord Ryeburn hinzog. Lange Zeit überwog das Gefühl von Zorn und verletztem Stolz jeden Kummer, aber zuletzt brach dow das bittere Weh durch, und als der nächste Morgen tagte, saß blickte. . „Wir müssen wohl Lady Ryeburn heute n»? Nachricht geben, Klara," fuhr sie fort; „glaub!' du, daß er noch Herkommen wird?" Ein jähes Erröten flog über das liebst^ Gesicht. „Ich weiß es nicht," sagte sie. „Wann war er zuletzt hier? Es muß „Er war kein Geistlicher," wiederholte sie, „und ohne Geistlichen findet keine Trauung statt . . . Gott steh' mir bei, Viktor, wir sind garnicht verheiratet? Ich bin nicht deine Frau?" „Nein, Geliebte, mein Herz gehört dir, meine Treue und meine Liebe, aber mein Weib bist du nicht, doch du sollst es schon morgen werde:!, dann wirst du mein eigen sein, und ich lasse dich nie wieder." „Ich bin nicht deine Frau," sagte sie. Einige Minuten glaubte er, sie stürbe, so blaß lag sie mit geschlossenen Augen in seinem Arm. Er drückte sie an sich und nannte sie mit den zärtlichsten Namen, aber als sie die Augen wieder ausschlug, wußte er nicht, ob er sich darüber freuen sollte, ein solcher Ausdruck von Verzweiflung lag darin. „Ich kann doch nicht dafür, Geliebte," be gann er. „Gott weiß es, daß ich die Trauung für gültig hielt, und sie kann jeden Augenblick nachgeholt werden." „Nein," erwiderte sie, „eS hat nicht sein sollen! Ich kann es noch nicht glauben, nicht verstehe,., ich habe die ganze Zeit in einer Lüge gelebt; wäre ich doch gestorben, ehe ich hierher kam!" „Aber Carmen, ich leide ebenso darunter wie du, siehst du es mir nicht an, wie ich außer mir gewesen bin? Ich hoffte, du solltest mich trösten. Nimm eS nicht schwer, wir wollen es wie unser Verlöbnis an sehen, und ich will alles zu unserer rechtmäßigen Heirat vorbereiten." „Nicht gleich," bat sie, „ich muß den Schrecken erst verwinden, ich bin ganz verwirrt; und ich Carmen noch auf demselben Stuhl, auf den si< bei ihrer Rückkehr gesunken w«. 17. Es war der sechste Juni, als Lady Gordon, und ihre Tochter nach dem Frühstück zusammen saßen: ein Brief vom Hausherrn war eben an- gekommen, in welchem derselbe ihnen anzeigte,, daß unvorhergesehene Hindernisse seine Rückkehr noch um zwei Tage verzögerten, daß er abc: bestimmt am zehnten in London sein würde. bat seine Frau, Lord Ryeburn davon zu benach-l richtigen und ihm gleichzeitig mitzuteilen, daß siebzehn Tage vollständig zur Erledigung der K' schäfte genügen würden. war bei weitem die Bedeutendere, und wenn sie sich auch über die Bequemlichkeit ihrer Mutter anfhielt, so richtete sie sich doch nach jeder ihrer Launen und Eigenheiten, während Lady Gordo>' mit Liebe und Stolz auf ihre schöne Tocht^ Wer liebte ihn «ehr? 141 <Fortjetzung.> Lord Ryeburn fuhr eilig fort: „Als er verhört wurde, war ich anwesend, und als ich den Diann auf der Anklagebank näher ansah, erkannte ich ihn. Carmen: Adam Grant und Pastor Ward find ein und dieselbe Person!" „Ein und dieselbe Person," wiederholte fie erstaunt, aber kein Schatten von der Wahrheit dämmerte in ihr. „Wie ist das möglich?" fuhr sie foitt, „wie kam Pastor Ward in eure Berg werke ?" „Es hat nie einen Pastor Ward gegeben." „Wurde Euer Verwalter denn Geistlicher?" . fragte sie. „Ec war kein Geistlicher." „Kein Geistlicher? Wie hätte er uns da trauen können?" „Verstehst du es wirklich nicht?" fragte er. „Nein, ich dachte immer, ohne Geistlichen gäbe «S keine giltige Trauung." „Das gibt es auch nicht," erwiderte er. „Aber wir sind ja verheiratet, Viktor, und doch sagst du, daß es kein Geistlicher war?" „Mein süßes Herz," rief er aus, „ich würde lieber sterben, als dir die Wahrheit jagen zu müssen." Er nahm ihre Hände in die seinen. „Vergiß nicht, Carmen, daß das Unrecht gut gemacht werden soll, aber versuche zu verstehen, wie die Dinge lingen; ich bin nicht fähig, es dir mü dürren Worten auszusprechen."