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Allgemeiner Anzeiger : 10.03.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-03-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189403104
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18940310
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1894
-
Monat
1894-03
- Tag 1894-03-10
-
Monat
1894-03
-
Jahr
1894
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 10.03.1894
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Politische Rundschau. Deutschland. *Aus Abbazia wird gemeldet, daß an den Vorbereitungen für den Empfang der hohen Gäste fleißig gearbeitet wird. Die Villa Szemere ist für die Herren des Hofstaats, die Villa Angio- lina für die kaiserlichen Kinder, Erzieher und Wartcfrauen bestimmt; die Villa Malia ist für das Kaiscrpaar gemietet. * Wahrscheinlich am Mittwoch schon wird die Reichstags - Kommission, die den russischen Handelsvertrag vorberät, mit ihrer Arbeit zu Ende sein. Da eine Absicht, die Verhand lungen aufzuhalten, auf kciuer Seite vorhanden ist, so wird inan sich wohl für mündliche Be richterstattung entscheiden. Die zweite Lesung im Plenum wird am Donnerstag oder Freitag stattfindcn können. Man glaubt nicht an um fangreiche Debatten für zweite und dritte Lesung, da das Schicksal des Vertrages entschieden und seine Annahme zweifellos ist. ^'Reichstag sowohl als Preuß. Ab geordnetenhaus werden an demselben Tage, am 16. März, ihre Ostervertagung eintreten lassen und ihre Arbeiten am 3. April wieder anfnchmen. Die rechtzeitige Erledigung des Etats ist in beiden Häusern sehr zweifelhaft. * Die durch einzelne Blätter laufende Notiz, daß die Außerkurssetzung derV er ei n s th al e r österreichischen Gepräges für Deutsch land verfügt worden sei, entbehrt dem „Reichs- anz." zufolge jeder Begründung. *Der Vertrag zwischen Preußen und Lübeck betr. den Elbc-Trave-Kanal und der Gesetzentwurf betr. die Gewährung eines Beitrages Preußens zu den Kosten der Her stellung dieses Kanals durch die freie Stadt Lübeck beschäftigte am Montag den Haushalts ausschuß des Abgeordnetenhauses. Der Vertrag sowie der Gesetzentwurf wurden einstimmig a n - genommen. *Die polnische Fraktion hat dem Preuß. Abgeordnetenhause folgenden Antrag zur Be schlußfassung unterbreitet: „Das Haus der Ab geordneten wolle beschließen, die königliche Staatsregierung zu ersuchen: die baldthunliche Aufhebung des Gesetzes vom 26. April 1886 betr. die Beförderung deutscher Ansied lungen in den Provinzen Westpreußen und Posen durch eine entsprechende Vorlage in die Wege zu leiten." * Auf Bestellung des Auswärtigen Amtes hat eine Firma in Berlin in jüngster Zeit fünf Leuchtfeuer angefertigt; dieselben sind zur Sicherung der Schiffahrt an der ost afrika nischen Küste bestimmt. Diese Leuchtfeuer werfen ihr intensives Licht bis auf drei deutsche Meilen in das Meer hinaus. Oesterreich-Ungarn. * Wie sich die ,Post' aus Wien melden läßt, werden während der Anwesenheit der beiden Kaiserin Abbazia drei österreichische, zwei deutsche und drei italienische Kriegsschiffe in den Hafen von Fiume einlaufen. * Ein in Budapest unter dem Vorsitze des Grafen Kalnoky abgehaltener Ministerrat erzielte einen Ausgleich der Meinungsverschiedenheiten über den österreichisch - russischen Handelsvertrag. Ungarn gab seinen Widerstand gegen die Ermäßigung des Roggen zolles auf. Eine diesbezügliche Note der gemein samen Regierungen wird nunmehr sofort nach Petersburg abgehen, so daß das Zustande kommen des Vertrages noch in dieser Woche stattfinden und der Vertrag somit gleichzeitig mit dem deutsch-russischen Handelsverträge in Kraft treten kann. Frankreich. * Der jetzige Kammerpräsident Dupuy hatte seiner Zeit als Minister aus Geheimfonds Gelder an die berüchtigte ,Cocarde' bezahlt und wurde dieserhalb in der Kammer von den Sozialisten heftig angegriffen. Die Regierung sprang ihm bei und infolgedessen unterlagen die Sozialisten mit ihrem Anträge auf Rückerstattung der Summe. * In Paris nahm am Sonntag früh die Polizei dreizehn weitere Verhaftungen von An archisten vor, wobei zahlreiche anarchistische Zeitschriften und Druckhefte beschlagnahmt, sowie bei mehreren der Verhafteten mit Pulver und anderen Sprengstoffen gefüllte Bomben entdeckt wurden. *Die gerichtliche Untersuchung gegen den Anarchisten Henry, den Urheber des Bombenattentats im Cafe Terminus, ist noch immer nicht abgeschlossen. Henry gebärdet sich den Richtern gegenüber äußerst bockbeinig. So sollte er am Sonntag zum letzten Mal einem Verhör unterzogen werden; er weigerte sich jedoch, sich vor den Untersuchungsrichter zu be geben, weshalb man ihn mit Gewalt in dessen Amtszimmer bringen mußte. Hier verweigerte Henry jede Auskunft. Der bei dem Attentat schwer verwundete Zeichner Borde liegt im Sterben. England. *Dcr durch Gladstones Rücktritt frei- gcwordene Premierministerposten ist, wie voraus zusehen war, an Lord Rosebery übergegangcn. Das Auswärtige wird zukünftig Lord Kimberley leiten. Herbert Gladstone (der Sohn des Zurück getretenen) ist zum Staatssekretär für Irland er nannt worden. * Nachdem am Montag die Parlaments session mit einer kurzen Thronrede geschlossen worden ist, beginnt die neue Session am nächsten Montag. Belgien. * General Brialmont hat der belgischen Kammer mit seine» Ausführungen, daß die belgische Grenze bei einem eben aus brechenden Kriege zwischen Deutschland und Frankreich von Deutschland verletzt werden würde, nicht Angst machen können. Die Kammer verwarf die Anträge des Generals Brialmont auf Verstärkung des Heeres um 240000 Mann und den weiteren Ausbau der Maas- befestigung, sowie auf Erhöhung des Kriegsbudgets. Dänemark. *Jn Kopenhagen hat der Finanzausschuß des Folkething infolge des Antrags der deutschen Reichspost- und Telegraphen-Verwaltung betreffs Herstellung einer telephonischen Verbin dung zwischen Dänemark und Deutsch land seine Zustimmung dazu gegeben, daß die Leitung Kopenhagen-Odense so gelegt wird, daß dieselbe als Glied einer eventuellen Leitung über Odense-Kolding-Hamburg-Berlinverwendetwerden könnte. Italien. *Das Ministerium Crispi hat in der Deputiertenkammer für seine Maßnahmen zur Unterdrückung der Unruhen in Sizilien und Oberitalien ein Vertrauensvotum er halten. Nach mehrtägigen Debatten wurde die Tagesordnung Damiani, welche die auf Aufrecht erhaltung des öffentlichen Friedens gerichtete Aktton der Regierung billigte und das Ver trauen der Kammer aussprach, die Regierung werde den öffentlichen Frieden mittels der ent sprechenden gesetzgeberischen Maßnahmen end gültig zu sichern wissen, in namentlicher Ab stimmung mit 342 gegen 45 Stimmen und 22 Stimmenthaltungen angenommen. Spanien. * Die Unterhandlungen zwischen dem spani schen Marschall Martinez Campos und dem Sultan von Marokko sind beendet; Marokko wird eine Entschädigung von 20 Mill. Pesetas (Frank) an Spanien zahlen. Rußland. *Der ,Sswet', unter den russisch-panslawisti schen Blättern das verbissenste im Dentschenhasse, ist durch dieEnthüllungendesPariser ,Figaro' in die höchste Entrüstung versetzt, offenbar weil er die mögliche Rückwirkung der Mitteilungen des Pariser Blattes auf den Zaren fürchtet. Er überhäuft die französische Regierung mit den bittersten Vorwürfen, daß sie den,Figaro' nicht unterdrücke. Ueber die Beweggründe des für den Urheber des Artikels im .Figaro' er klärten Grafen d'Aunay kursieren nach diesen Blät tern in Patts zwei Ansichten. Nach der einen sei der Artikel auf persönliche Rache des Grafen wegen seiner Amtsentsetzung zurückzuführen, nach der andern Meinung sei Graf d'Aunay selbst unfreiwilliges Werkzeug einer auswärtigen Jn- trigue geworden. (Da der Graf erst infolge des Artikels, weil man einen Schuldigen haben muß, seiner Stellung enthoben worden ist, kann ihn die Abberufung unmöglich zur Abfassung des Artikels veranlaßt haben.) Amerika. * Die Aufständischen inBrasilien dringen siegreich durch den Staat Sao Paulo vor. Peixoto hat über ganz Brasilien das Stand- reDt verhängt. (Das dürfte allerdings der Anfang vom Ende sein.) Deutscher Reichstag. In der Sitzung vom Montag wurde die zweite Beratung des Militäretats beim Kapitel Militär - Iustizverwaltung fortgesetzt. Da bei wurde zugleich die von der Budgetkommission beschlossene Resolution mit zur Beratung gestellt, worin die verbündeten Regierungen wiederholt er sucht werden, nach dem Vorgänge der Veröffent lichungen über die allgemeine Kriminalstatistik auch die Veröffentlichung einer Statistik über die von den Militärgerichten abgeurteilten Strafsachen zu ver öffentlichen. Kriegsminister General der Infanterie Bronsart v. Schellendorff kommt auf den „Fall Kirchhoff" zurück und betont dabei namentlich, daß das Recht der Begnadigung und der Ver leihung von Dekorationen ein souveränes Recht des Königs von Preußen sei, über das im Reichstage keine Kontrolle zulässig sei. Man berufe sich im „Falle Kirchhoff" auf die öffentliche Meinung; er seinerseits berufe sich auf das öffentliche Gewissen, lieber die vom Abg. Bebel vorgebrachte Fälle von Soldatemnißhandlungen könne er sich, da er die Akten nicht zur Haud habe, heute nicht äußern. Früher von demselben Herrn Abgeordneten angeführte Fälle hätten sich teils als unrichtig, teils als über trieben erwiesen. Mißhandlungen der Soldaten würden von der Militärverwaltung durchaus miß billigt. Sie wolle vor allem gute, brave und ehren hafte Soldaten erziehen, die namentlich den Ver lockungen einer Partei — natürlich außer halb dieses Hauses — widerstehen, welche sich nicht entblödetcn, die Soldaten zum Bruch des Fahnen eides aufzufordern. Die Militärverwaltung wolle und werde die Mißhandlungen beseitigen, die Zahl derselben sei ja auch bereits zurückgegangen. — Abg. Lieber (Zentr.) will keineswegs über den General Kirchhoff den Stab brechen, kann aber nicht aner kennen, daß derselbe sich im Falle der Notwehr be funden habe. — Abg. Lenz mann betont, daß der Kriegsminister die menschliche und rechtliche Seite des „Falles Kirchhoff" nicht auseinandergehalteu habe. An der weiteren Debatte, die sich hauptsächlich uni den „Fall Kirchhoff", Soldatenmißhandlungen, Selbst morde der Soldaten, die Duellfrage u. a. drehte, beteiligten sich außer dem Kriegsminister Bronsart v. Schellendorff namentlich die Abgg. Frhr. von Manteuffel (kons.), Bebel (soz.), v. Bennigsen (nat.- lib.), Barth sfrs. Vgg.), Schall (kons.), Kröber (südd. Vp.), Lieber (Zentr.). — Demnächst wurde das Kapitel 18 des Militüretats genehmigt und die von der Budgetkommission beantragte Resolution betr. die militärische Strafstatistik angenommen. — Ohne Debatte wurden dann auch die Kapitel 19 bis 23 (höhere Truppenbefehlshaber, Gouverneure rc., Adjutanturoffiziere rc., Generalstab und Landes vermessungs-Wesen, Ingenieur- und Pionicrkorps) erledigt. Auf der Tagesordnung von Dienstag steht zu nächst der Gesetzentwurf betr. den Schutz der Brieftauben und den Brieftaubenver kehr im Kriege, in zweiter Beratung. Auf Antrag des Abg. Lcnzmann (fr. Vp.) wird be schlossen, diesen Gesetzentwurf einer Kommission zu überweisen. Hierauf wird die Beratung des Milt- täretats beim Kapitel Geldverpflegung fortgesetzt. Kriegsminister Bronsart v. Schelle ndor ff erklärt, es sei irrig, wenn einige Blätter schreiben, er hätte seine am 3. d. gethane Aeußerung betr. den „Fall Kirchhoff" am Montag abgeschwächt. Er habe vielmehr nur der Auffassung widersprochen, als sei er eilt Vertreter des Faustrechts. Er habe nur ge sagt, daß ein solches Vorgehen ungesetzlich wäre, daß man aber mildernde Umstände bewilligen muß und das „muß" unterstrichen. Bei dem Kapitel der Geldverpflegung beschwert sich Abg. Bebel über die Offizier- und Beamtenvereine, durch welche die Privatgewerbetreibenden schwer geschädigt würden, auch würden alljährlich Hunderte von aktiven Mannschaften dem Dienst entzogen. Auf fällig seien auch die Zeitungsmitteilungen jüber'In anspruchnahme der Mannschaften zu Treibjagden. — Kriegsminister Bronsart v. Schellendorff: Ich bedauere aufrichtig, daß der Vorredner bei seinem lebhaften Interesse für die Armee ein so geringes Verständnis für die innere Einrichtungen hat. Die Kantinenwirtschaften können wir gar nicht entbehren, z. B. für detachierte Forts. Zu den Treib jagden werden die Soldaten nicht kommandiert, sondern sie gehen freiwillig. Jeder Soldat muß, wenn er frei«' Zeit hat, doch das Recht haben, Geld zu verdienen. — Das Kapitel Geldverpflegung der Truppen wird un verändert bewilligt. Zum Kapitel Naturalverpflegung beantragt die Budgetkommission 50000 Mark zu streichen. Das Haus beschließt demgemäß. Zum Kapitel Bekleidung und Ausrüstung der Truppen er klärte, auf Anregung des Abg. Hammacher, der Kriegsminister, daß er dem Allerhöchsten Befehl auf Entlastung der Infanterie auf dem Marsche Folge gegeben und Sr. Majestät Vorschläge gemacht habe, welche darauf hinausgehen, daß die Belastung der von den Infanteristen zu tragenden Gegenständen um etwa 13 bis 14 Pfund werde vermindert werden. Bei Kapitel Reisekosten und Truppengelder, Vor spann- und Transportkosten kam die von der Äudget- kommission beantragte Resolution zur Debatte, worin der Reichskanzler ersucht wird a) Ein leitung zu treffen, daß die Reisekosten und Tagegelder der Reichsbcamten, der Angehörigen des Neichsheercs und der Marine einer Regelung im Wege eines Ncichsgesctzcs unterworfen werden, b) dabei in Erwägung zu ziehen, auf welche Weise für Dienstreisen auf Eisenbahnen und Dampfschiffen die wirksamste Einrichtung zu treffen ist, daß die Reisekosten mit möglichster Berücksichtigung der wirk lichen Auslagen zur Vergütung kommen. Die Reso lution wurde in beiden Teilen angenommen. Zum Kapitel „Zur Unterstützung von Unteroffizieren und Gemeinen mit Familien" wurde eine von der Budget kommission beantragte Resolution angenommen, worin die verbündeten Regierungen ersucht werden, für die Hinterbliebenen solcher Militärpersonen des aktiven Dienstes und des Beurlaubtenstandes, die infolge der ' bei Friedensübungen erlittenen Beschädigungen ge storben sind, eine entsprechende Fürsorge treffen zu wollen. Nachdem die Ausgaben bewilligt, werden auch die Einnahmen debattelos genehmigt. Damit ist die zweite Beratung des Etats für die Verwal tung des Reichsheeres beendigt. Pr,»kischrr Landtag. In der Montag-Sitzung des Abgeordnetenhauses kam zunächst der Antrag Bachem (Zentr.) betr. statistische Mitteilungen über die nach dem neuen Wahlgesetz vom 29. Juni 1893 eingetretenen Wahl ergebnisse bei Abgeordnetenhaus - und Gemeinde- f Wahlen, zur Beratung. Der Minister des Innern teilte nnt, daß eine allgemeine Wahlstatistik bereits in der Ausarbeitung begriffen sei und demnächst ein Teil derselben dem Abgeordnetcnhause zugehen werde. Bezüglich der Kommunalwahlen habe sich die Zahl der Wähler der zweiten und dritten Klasse vermin- ( dert. Hinsichtlich der Wahlen zum Abgeordneten- hausc habe nur auf dem platten Lande eine Zu nahme der Wähler stattgcfunden. Der Antxag Bach/m I wurde schließlich in etwas veränderter Form arme- . nommcn. — Das Haus erledigte feyüer die Etats der allgemeinen Finanzverwaltung, der Stääts- schuldenverwaltung und den Etat der Ansiedlungs- Kommission. Am Dienstag setzte das Abgeordnetenhaus die Beratung des Kultus-Etats fort. Bei dem Titel „Ministergehalt" trat Abg. Stötzel (Zentr.) für die ! Zulassung des Franziskaner - Ordens in Essen ein. Dieser Orden soll die Behörden im Kampfe gegen die Sozialdemokratie unterstützen. Der Kultus minister führte aus, daß er an das Gesetz gebunden sei, aber das Bedürfnis zur Zulassung solcher Orden sei nicht vorhanden. Die weitere Debatte bewegte sich im wesentlichen um die von mehreren Zentrums abgeordneten erhobene Forderung, den polnischen Sprachunterricht auch iu Oberschlesien zuzulassen. Der Minister verhielt sich diesen Forderungen gegen über durchaus ablehnend. Uon Unh «nd Fern. Sammlungen für die Hinterbliebenen der ans der „Brandenburg" Verunglückten. Der König von Schweden sandte an die Prin zessin Heinrich 700 Mk. für die Hinterbliebenen der auf der „Brandenburg" Verunglückten. Bis her sind bei sämtlichen Sammelstellen etwa 60 000 Mark cingcgangcn. Das Lied vom braven Mann. Ein Bürger in NordHansen hatte sich kürzlich genötigt gesehen, ein in Konkurs geratenes Rittergut zu kaufen, um seine daraufstehende Hypothek zu retten. Bald darauf gelang es ihm, das Ritter gut zu verkaufen, und zwar so günstig, daß s nicht nur das Kaufgeld und seine Hypothek ge deckt, sondern auch ein tteberschuß von etwa 30 000 Mk. erzielt wurde. Diese letztere Summe hat der hochherzige Mann den Kindern des in Konkurs geratenen Rittergutsbesitzers geschenkt. Ein harmloser „Spion". Neulich be merkten Spaziergänger einen in der Nähe der Festungswerke von Thorn promenierenden Mann, der öfters Papiere aus der Tasche zog und in ' Wer liebte ihn mehr? 12l sFortietzuna.! Adam Grant verstummte einen Augenblick vor dem drohenden Blicke in Lord Ryeburns Auge und fuhr dann fort: „Ich will Ihnen erzählen, wie alles kam. Ich mußte England in irgend einer Verkleidung verlassen, und die sicherste schien mir die eines Geistlichen zu sein. Noch ehe meine Veruntreuungen bemerkt wurden, war ich in Paris und verkehrte dort als der Prediger Ward in den besten Kreisen. Eines Tages traf ich einen Geistlichen, dessen Bruder von der eng lischen Gemeinde in Lissabon angestellt war, die Brüder wollten gern einige Wochen in Paris zusammen sein, nur schien es unmöglich, eine Vertretung nach der Hauptstadt Portugals zu finden. Ich erbot mich sofort, denn eine sicherere Zuflucht konnte ich nicht finden, und reiste den folgenden Tag schon nach Lissabon ab. Ich bat Pastor Stuart, seine Rückkehr nicht zu beschleu nigen, nah n seine Stellung ein, wohnte in seinem Hause und ließ mich von seinen Leuten bedienen. Von meinen Landsleuten wurde ich freundlich ausgenommen, erhielt jeden Sonntag eine Ein ladung zu Tische und trank öfter Thee bei drei alten Jungfer." „Kommen Sie endlich zur Sache!" brauste Lord Ryeburn auf, „die Einzelheiten Ihres schändlichen Lebens haben kein Interesse für mich." „Lassen Sie mich ruhig weiter reden," sagte der Gefangene: „ich habe gar nist den Wunsch, Sie mit Einzelheiten zu belästigen, aber Sie müssen bedenken, daß diese erst ein Ganzes machen. Wenn Sie meine Geschichte nicht so hören wollen, wie ich sie erzähle, werde ich ganz schweigen." „Ich werde Sie nicht wieder unterbrechen," erklärte Lord Ryeburn. „Nun wohl," fuhr Adam Grant fort, „ich weiß, daß alle mich einen schlechten Menschen nennen werden, aber ich bin kein Heuchler, und ich kann Ihnen schwören, daß es mir nicht in den Sinn kam, irgend ein Unheil anzurichten, während ich als Geistlicher auftrat. Ich dachte, mit etwas Singen, einen Abschnitt aus der Bibel lesen und darüber reden, sei die Sache ab- gethan, mir fiel eS nicht einmal ein, daß ich in die Lage kommen könnte, zu taufen oder gar zn trauen. Ich will mich nicht besser machen, als ich bin — ich glaube nicht, daß ich meinen Plan darum anfgegebeu hätte, aber ich habe einfach gar nicht daran gedacht. Ich wußte, daß ich fließend sprach und das Kirchengebet mit feier licher Miene lesen konnte, und es gelang mir vollkommen. Niemand hegte Verdacht, keiner störte mich. Als Sie zu mir kamen, um Ihre Trauung zu bestellen, dachte ich, daß mich der Schlag rührte. Sie kannten mich nicht, aber ich kannte Sie, ich wußte, daß Sie der Sohn des Mannes waren, den ich — geradezu gesagt — beraubt hatte, und Sie kamen zu mir! — Ich sagte mir, daß ich Ihrer Familie schon genug Unrecht zugefügt hatte, und ich versuchte, Sie in so eindringlicher Weise von der Heirat abzubrin gen, daß vielleicht ein etwas argwöhnischer Mensch auf den Gedanken gekommen wäre, es lei nicht alles in Ordnung. Es beruhigte mich, daß die Heirat geheim bleiben sollte und Ihre Braut Ihnen nicht im Rang gleich stand; ich sagte mir, daß Sie den Schritt gewiß später bereuen würden und es sich vielleicht lohnen könnte, Ihnen dann die Wahrheit zu sagen." „Dann ist meine Heirat wirklich ungültig?" rief Lord Ryeburn aus. „Ich hatte nicht mehr Berechtigung, zu trauen, als Sie sie haben." Noch immer war Lord Ryeburn nicht über zeugt; er konnte es nicht glauben. „Sie sind ganz sicher, täuschen Sie sich wirk lich nicht?" fragte er. „Nein, sicher nicht. Sie wünschten Carmen Ercell zu heiraten, woher sollte ich den Namen wissen, wenn meine Geschichte nicht wahr wäre? Ich kann Ihnen auch die junge Dame genau beschreiben, sie war so schön und machte einen tiefen Eindruck auf mich. Ich gebe Ihnen die Versicherung, mein Herr, daß Sie die Zeremonie schleunigst wiederholen lassen müssen, wenn Sie wollen, daß die Dame Ihre recht mäßige Gattin ist!" Lord Ryeburn zweifelte noch immer. Es kam ihm zu ungeheuerlich vor, daß seine Heirat, die ihm monatelang die furchtbarsten Kämpfe ge kostet hatte, gar nicht bestand, daß er sich die ganze Zeit in Sehnsucht nach seinem Weibe ver zehrt hatte, und jetzt hörte, daß Carmen gar keinen Anspruch auf diesen Namen besaß. „War wirklich gar nichts Bindendes in der Trauung?" fragte er wieder, „sagen Sie mir jetzt die volle Wahrheit." „Ich habe es Ihnen schon gesagt, sie ist eben so wenig bindend wie eine Heirat auf der Bühne." „Und wie konnten Sie es wagen, ein sosches Unrecht zu thun?" rief Lord Ryeburn aus.. „Haben Sie nie daran gedacht, daß Sie zwei! Menschenleben vernichteten durch Ihre Schänd-! lichkeit?" „Ich war mir der Folgen wohl bewußt,, mein Herr, aber die Umstände zwangen mich, so zu handeln; ich sagte mir, daß Sie vielleicht! Verdacht schöpfen würden, wenn ich Ihnen die Trauung entschieden verweigerte, und der Selbsterhaltungstrieb war zu stark. Es thut mir leid, Ihre Sorgen zu vermehren, sie sind groß genug, wie ich höre, aber Sie sind ebensowenig verheiratet, wie ich es bin." Und als ihn Lord Ryebmn immer noch ungläubig ansah, fügte er hinzu! „Gehen Sie zu dem geschicktesten Advokaten und trage» Sie ihm den Fall vor, er wiro über die Idee der Gültigkeit solcher Trauung lachen; schreiben Sie an den Pastor Stuart und fragen Sie ihn nach dem Geistlichen, der seinen Bruder in Lissa bon vertrat, das wird Sie beruhigen." „Mich beruhigen! Sie haben dafür gesorgt, daß ich nicht wieder zur Ruhe über die Sache komme." Es hatte keinen Zweck, die Unterredung noch fortzusetzen, und es drängte Lord Ryeburn, Er kundigungen über die Angelegenheit einzuziehe»- Er telegraphierte an Pastor Stuart, den er u>» ausführliche und genaue Auskunft bat über de» Vertreter seines Bruders in Lissabon. Da»» suchte er einen tüchtigen Rechtsanwalt auf, er zählte ihm die ganze Geschichte, ohne Name»
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