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Allgemeiner Anzeiger : 03.03.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189403032
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18940303
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- Zeitungen
- Saxonica
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- Strukturtyp
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1894
-
Monat
1894-03
- Tag 1894-03-03
-
Monat
1894-03
-
Jahr
1894
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 03.03.1894
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Wickede eine Dynamitpatrone in den Mund und brachte dieselbe zur Explosion. Der Kops wurde vollständig in Fetzen nach allen Seiten geschleu dert. Der Selbstmörder war im vorigen Herbst vom Militär entlassen worden. Der Grund zu der gräßlichen That ist unbekannt. Verhaftung. In Hanau wurde auf Air ordnung der Staatsanwaltschaft in Darmstadt der an der Realschule angestellte Oberlehrer D. verhaftet. D. war eifriger Homöopath und soll als solcher für gewisse Zwecke Mittel verabreicht haben, die durch gewissenhafte Aerzte nicht zu er langen sind. Unterschlagung und Selbstmord. Bei der am 24. d. stattgehabten Revision der Wiener Staatsschuldenkasse wurde eine Defraudation von 102 000 Gulden entdeckt. Der Hauptkassierer Ferles hatte einem Geldsäckchen Zwanzig-Kronen- stücke entnommen und durch Heller ersetzt, und auch ans der Sandkasse Hundert-Gulden-Scheine entwendet. FerleS entfernte sich während der Revision, bevor die Kommission die kritischen Geldsäckchen untersuchte, unter dem Vorwand des Unwohlseins und kehrte nicht mehr zurück. Ferles war eine stadtbekannte Persönlichkeit, Komman dant der vereinigten Wiener Militär-Veteranen- Vereine und galt als wohlhabender Mann. Er miterhielt in letzter Zeit kostspielige Beziehungen mit der Zirkus-Inhaberin Angeli. Am Sonntag wurde Ferles, wie schon kurz berichtet, im Prater erschossen aufgefunden. Eine internationale Ansstellung in Lyon ist, wie wohl wenige Leute außerhalb Frankreichs wissen werden, für dieses Jahr in Lyon geplant. Das Unternehmen ist von den städtischen Behörden Lyons in einem so großen Plaßstabe gedacht, um als würdiger Vor läufer der im Jahre 1900 angesetzten Pariser Weltausstellung gelten zu können. Die Lyoner Ausstellung soll sich auf alle Gebiete der kom merziellen, litterarischen, industriellen, wissen schaftlichen und künstlerischen Thätigkeit erstrecken, einen spezifisch internationalen Charakter aber nur in bezug auf die Seidenindustrie, das Elek trizitätsfach und die Hygiene tragen. Als Er öffnungstermin wird der 26. April, als Schluß termin der 1. November bezeichnet. Aus der Champagne werden Unruhen gemeldet, die dort abermals wegen der Reblaus- Abgabe stattfanden. Als dort vor zwei oder drei Jahren die sachgemäße Behandlung der von der Reblaus verheerten Weinberge durch die Verwaltung angeordnet und stellenweise selbst vorgenommen werden mußte, entstand in ver schiedenen Ortschaften gewaltige Aufregung. Die neuesten Berichte zeigen, daß die Stimmung sich nicht wesentlich gebessert hat; einige Weinberg besitzer in Vcrtus weigerten sich, die geringe Abgabe zu bezahlen, und sollten gepfändet werden, was jedoch mißlang. Als am 18. d. die Staats anwaltschaft und der Untersuchungsrichter mit Gendarmerie nach Vertus kamen, trat ihnen eine bewaffnete, etwa 300 Mann starke Bande ent gegen, an deren Spitze sich zwei Berittene be fanden. Auch Radfahrer und Trompeter gab es in der Schaar, die stark angeheitert war. Einer solchen Uebermacht waren die zwölf Gendarmen nicht gewachsen. Der Untersuchungsrichter wurde verhindert, in die Häuser zu dringen, wo er Er mittelungen hatte anstellen sollen, und einige Leute, die die Gendarmen neckten und verhöhnten und von ihnen abgesaßt wurden, fanden Be freier in ihren kecken Kameraden. In dem Hand gemenge verwickelte sich der Gendarmerie-Haupt- Mann in seine Sporen, fiel zu Boden und erhielt von einer Person, die er hatte verhaften wollen, einen Fußtritt ins Gesicht; seine Leute mußten blank ziehen, um ihn aus den Händen der Wütenden zu retten. Die Untersuchung wird eingeleitet. Eine aufregende Entweich«»«, die viel Lärm macht, wird aus Cahors gemeldet. Zwei Gendarmen hatten einen Gefangenen, einen gewissen Delpsch, unter ihre Obhut genommen und fuhren mit ihrem Schutzbefohlenen in einem Abendzuge nach St. Jean, wo der Staats anwalt seine Vorführung verfügt hatte. Zwischen sieben und acht Uhr erheuchelte der Gefangene eine Anwandlung vou zunehmender Uebelkeit und bat endlich, den Kopf zum Fenster Hinaus strecken zu dürfen, was ihm auch gestattet wurde. Im nächsten Augenblick hatte er aber den Wagenschlag geöffnet und war mit einem Satz in die Nacht hinaus auf deni Schienenweg. Der eine der Gendarmen sprang sofort nach, der andere zog die Notbremse und brachte nach kurzer Zeit den Zug zum Stehen. Den pflichteifrigen Gendarm fand man bald darauf mit einem gebrochenen Bein auf dem Schienenwege, der Gefangene war verschwunden und ist auch von einer ganzen Abteilung Gendarmerie in einem regelrechten Treibjagen bisher nicht wieder auf- gcspürt worden. Die ungesundeste Stadt Europas ist Barcelona, wo die Sterblichkeit am stärksten ist. Letztere stellt sich nach amtlicher Erhebung in nachgenannten Städten folgendermaßen: Von 1000 Einwohnern sterben jährlich in Edinburg 19 ; in London 20; in Stockholm 21; in Brüssel 22; in Paris 23; in Berlin 23; in Wien 26; ... in Barcelona 31! Wenn nicht ein fester Zuzug aus dem flachen Lande erfolgte, so wäre die Stadt in verhältnißmäßig kurzer Zeit aus gestorben. Im Jahre 1893 wurden dort 800 Sterbefälle mehr als Geburten verzeichnet. Diese Verhältnisse sind großenteils dem Umstande zuzuschreiben, daß Barcelona auf einem sumpfigen Boden erbaut ist und unterirdischer Abzugskanäle entbehrt. Eine Bombe ist in Pisa am Sonntag abend im „Theatro nuovo" während der Vorstellung des „Othello" durch ein Fenster hinter der Bühne geworfen. Es erfolgte eine heftige Explosion, die Fenster zersprangen. Der Orchesterdirigent ließ die Königshymne und die Garibaldihymne spielen. Das Publikum glaubte, es handle sich uni einen zur bengalischen Beleuchtung gehören den Effekt; ein Unglücksfall ist nicht vorgekommen. Der mutmaßliche Thäter wurde verhaftet. Bei einer Kcsselexplosion in der großen Andrejewschen Eisengießerei zu Alexandrows im Dongebiet wurden 25 Arbeiter getötet und zehn schwer verletzt. Das Kesselhaus ist gänzlich zer trümmert. Die angrenzenden Fabrikgebäude sind arg beschädigt. Wer lebt am besten? Nach der Statistik des Dr. Dodge sind es die Amerikaner, die sich am meisten „gönnen". Sic essen durchschnittlich dreimal so viel Fleisch als Franzosen und Deutsche und doppelt so viel als die Engländer, die sich unter den europäischen Völkern doch am kräftigsten nähren. Jeder Einwohner Nordamerikas braucht 17 Pfund Baumwolle, 8 Pfund Wolle und drei mal so viel Seide als der Bewohner der alten Welt. Ueberhaupt verbrauchen die Amerikaner, die doch nur ein Zwanzigstel der Erdbevölkerung ausmachen, von der gesamten, auf der Erde pro duzierten Wolle ein Fünftel. Die Löhne sind in Amerika durchweg um zwei Drittel höher als in Europa. Dem entspricht es, daß nirgends so viele und so große Vermögen zusammen gespart werden wie drüben. Im Staate New Hamshire gibt es zweimal so viele Personen, die bares Geld bei den Banken deponiert haben, wie Familienhäupter. Und dabei ist niemand, dessen hinterlegte Summe nicht 5000 Mk. über stiege. Gerichts Halle. Lüneburg. Das hiesige Schwurgericht ver urteilte den wegen Ermordung der Dorothea Schmalfeldt aus Winsen a. d. Luhe angeklagten Maurergesellen Hermann Beecken aus Tappen- stedt nach zweitägiger, unter großem Zudrang des Publikums stattgehabter Verhandlung wegen Totschlags, dem Antrag des Staatsanwalts gemäß, zu einer Zuchthausstrafe von 14 Jahren und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf 10 Jahr- Siegen. In Siegen hat am Montag der Prozeß wegen Zusammenbruchs des Siegener Bankvereins unter großem Andrang des Publi kums begonnen. Angeklagt sind Bankdirektor Brüggemann, Bankkassierer Költzsch, das Mitglied des Aufsichtsrats Schröder und der Kaufmann Franz wegen Unterschlagung, Betruges, Bilanz- fülschung und unerlaubten Betteibens von Differenzgeschäften mit Bankgeldern bezw. Bei hilfe zu dem Vergehen. Durch die Machinationen kam das Bankunternehmen, nachdem es um etwa ' 2 Mill, geschädigt worden, in Konkurs. Der ! Prozeß nimmt mehrere Tage in Anspruch. Hertzkas Frerland. Von einem Teilnehmer an dem bekannten Freiland-Unternehmen, der enttäuscht zurück getreten, gehen der ,Köln. Volksztg/ folgende Mitteilungen zu: „Man thut den Führern des Freiland-Unternchmens am Kenia in Britisch- Ostafrika unrecht, wenn man annimmt, daß sie ihre Mitmenschen absichtlich ins Verderben führen wollen, sicherlich ist man aber berechtigt, sie als unverbesserliche Schwärmer zu bezeichnen. Ob wohl es klar ist, daß sie nicht in der Lage sind, ihre Ideale in die Wirklichkeit umzusetzen und ihre Versprechungen zu erfüllen, halten sie doch an ihrem Plan fest. In der That fehlt es an allen Grundbedingungen, um den erträumten freien und unabhängigen Zukunstsstaat in dem geplanten Umfange ins Leben zu rufen. Zu nächst mangelt das Notwendigste für eine Nieder lassung: der Grund und Boden. Denn gerade diejenigen Land strecken, welche allein für euro päische Niederlassungen in Frage kommen können, sind nach Auskunft der an Ort und Stelle be findlichen Vertreter der britisch-ostafrikanischen Gesellschaft dicht bevölkert und noch dazu mit den Europäern feindlichen Eingeborenen, die zu nächst unterworfen und von ihrem Eigentum vertrieben werden müßten, damit Platz für die Freiländer geschaffen würde. Ein solches Vor gehen würde aber nicht nur ganz erhebliche Mittel erfordern und dadurch schon von vorn herein die Existenzfähigkeit des Unternehmens in Frage stellen, sondern auch einem Hauptpunkt des Programms, nämlich die Eingeborenen auf friedlichem Wege der Zivilisation entgegen zu führen, widersprechen. Außerdem ist es im höchsten Grade unwahrscheinlich, daß das Klima Europäern auf größeren und zusammenhängenden Gebieten die Beackerung des Landes ohne Hilfe der Eingeborenen gestattet. Das merkwürdigste ist aber, daß die Freiland-Gesellschaft ihren eigensten und wichtigsten Prinzipien untreu ge worden ist, indem sie sich der britisch-ostafri kanischen Gesellschaft gegenüber verpflichtet hat, von den Organen derselben nach englischem Gesetz Recht zu nehmen und sich den von der Gesell schaft einzuführenden Steuern und Abgaben zu unterwerfen. Wo bleibt da der nach außen voll kommen freie und unabhängige Zukunftsstaat?" Uom Husten. Hustenmittel müssen der Ursache des Leidens angepaßt sein und versuchen, wenn möglich, die Ursache zu beseitigen. Es liegt auf der Hand, daß ein Husten gemildert werden kann, entweder durch Entfernung der Ursache des Reizes oder durch Verminderung der Reizbarkeit des Nerven apparates, durch welchen er weiter wirkt. Beide Methoden werden gewöhnlich in Anwendung ge bracht und die meisten populären Hustenmittel enthalten ein Auswurf beförderndes Husten mittel (Expektorant) und ein beruhigendes (Seda tivum), in eine schleimige oder Zuckersubstanz ver teilt. Die sedativen Mittel vermindern die Reizbarkeit der Nervenzentren, durch die der Akt des Hustens hervorgerufen wird. Opium in genügender Menge hemmt jeden Husten, aber wenn die Ausscheidungen in den Luftwegen sich anhäufen, muß der Patient husten dürfen, oder er muß ersticken. — Schleimige und Zucker substanzen mildern den Reiz. Da es nun häufig der Fall ist, daß der den Husten ver ursachende Reiz in der Zungenwurzel oder in denjenigen Teilen des Halses vorhanden ist, die sich durch Bonbons und Plätzchen, die sich lang sam im Munde lösen, erreichen lassen, so bringen diese oftmals Linderung, namentlich bei trockenem, hackenden Husten und bei dem Kitzelgefühle im Halse. Aber beim Absaugen der Bonbons be obachte man eine Vorsicht: Die letzten Stückchen der mit Vorliebe gekauften frischen Bonbons nehmen so scharfe Kanten an, daß sie beim Ver schlucken Speiseröhre, Magcnwand und Magen verwunden können und das hat seine Gefahren. Magengeschwüre werden ja am häufigsten bei Mädchen und Frauen gefunden, ^dic vorzugs weise gern Bonbons naschen. Solche scharfe Splitter können den Tod herbeiführen und sollten nie verschluckt werden. — Isländisches Moos, Althee und Gummi arabicum sind weitere Linderungsmittel, die wahrscheinlich in der Art wirken, daß sie die entzündete und reizbare Stelle direkt mit einer schleimigen Hülle be kleiden und sie gegen weitere Einflüsse der Lust und sonstige Reize schützen. Jede entzündete Stelle, sei sie außen oder innen, wird durch Reibung schlimmer, folglich wird die entzündete Fläche der Luftwege schon durch den bloßen Akt des Hustens weiter gereizt. Deshalb rät man mit Husten geplagten Personen, diesen zu „ver halten." Alles Husten, soweit es nicht durch aus zur Entleerung der Schleimansammlung nötig ist, sollte vermieden werden, denn es schädigt die leidenden Teile durch Reibung und erschöpft den Kranken. Die durch einen heftigen Hustenanfall in Anspruch genommene Muskel- ansttengung ist ganz bedeutend; ein Tag starken Hustens greift wirklich mehr an, als ein Tag harter Arbeit. Die Schwierigkeit in der Aus wahl der Hustenmittel liegt darin, daß ver schiedene Husten verschiedene Mittel verlangen, und was den einen Husten mildert, den anderen schlimmer machen kann; ferner ist der allgemeine Gesundheitszustand des Kranken in Bettacht zu ziehen, was alles nur von feiten des Arztes richtig erwogen werden kann. Gemeinnütziges. Zur Wohnungshygieue. Bei der Er richtung von Neubauten wird im allgemeinen auf die Zwischendecken wenig Rücksicht genommen und es kommt nicht selten vor, daß Schutt aller Art als Füllmaterial benutzt wird. Das kann unter Umständen sehr gefährlich werden. Meist haben diefe Zwischendecken gar keine Ventilation, enthalten aber eine Menge Mikroorganismen und Zersetzungsstoffe, die Kohlensäure entwickeln und an die Zimmerluft abgeben. In manchen Zimmern will zur Verzweiflung der Hausstau trotz aller Lüftung ein gewisser modriger, meist sehr unangenehmer Geruch nicht weichen. Wo das der Fall ist, untersuche man die Zwischen decken, da liegt in den meisten Fällen des Rätsels Lösung. Den Baumeistern sollte eine sorgfältige Wahl des Füllmaterials vorgeschrieben werden und der Baupolizei eine sorgfältigere Ueberwachung in dieser Beziehung. Alte Tuchkleider reinigt man auf sehr einfache Weise mit folgender Brühe: 16 Gramm Tabak und 1000 Gramm Wasser werden einmal miteinander abgckocht. In dieser Brühe taucht man eine steife Bürste und bürstet das Tuch nach dem Strich. Der Erfolg ist ein vorzüglicher. Kuntes Allerlei. Zahlenspielerei. Das Gesamtalter der Reichstagsabgeordneten beträgt der ,N. A. Z.' zufolge 20 343 Jahre. Der Durchschnitt des Alters liegt zwischen dem 50. und 51. Jahre. Das jüngste Glied Deutschlands liefert die ältesten Parlamentarier: die 8 Elsässer sind durch schnittlich 57 Jahre alt. Ihnen folgt die Reichs partei, deren Mitglieder 54 Jahre zählen; fast im gleichen Alter stehen die Herren von der frei sinnigen Vereinigung. Das Zentrum verkörpert in Summa das Alter von 5189 Jahren, so daß auf den einzelnen 57 Jahre kommen. Die Nationalliberalen weisen im Durchschnitt 52 Jahre auf, die Konservativen 51 Jahre. Die Mitglieder der freisinnigen Volkspartei haben ein Durchschnittsalter von 53 Jahren. Im all gemeinen find die radikalsten Parteien am jüngsten. Die Sozialdemokraten, deren Benjamin erst 28 Lenze zählt, stehen durchschnittlich im Alter von 41 Jahren. Mr Autographen-Jäger dürste folgende „Postkarte" Roseggers im ,Heimgartcw von Interesse sein: „Von jetzt ab können Gesuche um „Autographen" wieder berücksichtigt werden, denn ich habe einen Schreiber ausgenommen, der bevollmächtigt ist, dieselben in meinem Namen auszufertigen." Wenn man sich verspricht! In der bayrischen Abgeordnetensitzung entfesselte jüngst Abgeordnete Lutz einen Heiterkeitssturm, als er, eine Viehversicherungs - Gesellschaft kritisierend, bemerkte: „Meine Familie war bei ihr seit 1870 versichert!" «. „Wollen Sie alle nehmen?" fragte sie lachend. „Die Versuchung ist groß," erwiderte er, und sie war es wirklich, als er ihre strahlenden Augen auf sich gerichtet sah. „Widerstehen Sie ihr und nehmen Sie nur die besten. Sic müssen die Walzer nehmen, ich tanze sie so gern." Sie kehrten in den Ballsaal zurück und Lord Ryeburn sah eine:. Schatten des Bedauerns über Klaras Gesicht fliegen, als der Tanz zu Ende war und ein anderer Partner seine Rechte geltend machte. Der Abend brachte Lord Ryeburn einen weiteren Beweis, daß Klara lieber mit ihm, als mit einem anderen tanzte. Ein russischer Großfürst war anwesend und bat sie um einen Walzer; sie erwiderte ihm offen, daß alle Tänze versagt wären. Lord Ryeburn, der in der Nähe stand, kam auf sie zu. „Ich hörte Ihr Gespräch mit dem Groß fürsten," sagte er; „bitte, nehmen Sie keine Rücksicht auf mich, ich trete zurück, wenn Sie es wünschen." „Möchten Sie das?" fragte sie lachend. „Nein, gewiß nicht, aber der Großfürst — nun, er ist imu eihin ein Großfürst, und ich dachte, Sie würden vielleicht gern mit ihm tanzen." Sie lachte wieder und sagte: „Ich möchte um keinen Preis einen unserer Walzer verlieren." Als er sah, wie die vornehmsten Herren ihrer Schönheit huldigte , und wie sie nur für ihn Blicke und Worte hatte, wie sie aus ihrer gewöhnlichen Ruhe heraustrat, um freundlicher gegen ihn zu sein, schmeichelte ihm das, aber er vergaß darüber Carme i keinen Augenblick. Der Ball bildete ei en Lebensabschnitt für zwei Menschen. Lord Ryeburn fühlte, daß ein neues Glied in die Kette, die ihn band, ein- ge ügt war; denn er konnte sich der Thatsache nicht verschließen, daß Lady Klara ihn. liebte, und diese wurde sich immer mehr bewußt, daß das Interesse ihres Lebens einzig und allein in dem Grafen Ryeburn von Lacedene gipfelte. Lady Gordon und ihre Tochter brachen zeitig auf. „Sie besuchen natürlich noch Ihren Klub," sagte die erstere zu ihrem Begleiter, „wir werden Sie dort absetzen." Lady Gordon schloß die Augen, sobald sie im Wagen saß, und Klara sah Lord Ryeburn an und wartete auf das, was er ihr noch sagen würde. Aber das sanfte Licht der Sterne hatte seine Gedanken nach Lissabon gele kt, hin zu der Zeit, wo sie dort sein Glück beschienen, und Klara hatte ihn zweimal angeredet, ohne eine Antwort zu erhalten. Ob er ihr wohl noch ein liebe volles Wort sagen würde, ehe sie sich trennten, oder wie so viele ihrer Verehrer, um eine der Blumen bitten, die sie trug? Nein. Der Wagen hielt vor dem Klubhaus, und Lord Ryeburn verabschiedete sich förmlich von den Damen. Als er fort war, lehnte sich Klara zurück und sagte siegesgewiß: „Und du sollst mich doch noch lieben lernen, ehe das Jahr zu Ende geht." 13. Es war ein nutzloser Kampf, den Lord Rye ¬ burn kämpfte, er mochte thun was er wollte, oh e unhöflich zu sein, konnte er nicht umhin, Lady Klara Gord) ! oft und viel zu sehen. Ihre Mutter hatte ihn förmlich mit Beschlag belegt, sie behandelte ihn, als ob er schon ihr Sohn sei, und er war nicht im stände, ihre Bitten abzuschlagen. Seine Ritterlichkeit, seine Dankbarkeit und das Bewußtsein, welche Ent täuschung er ihnen allen bald bereiten mußte, ließen ihn u gewöhnlich freundlich und aufmerk sam gegen sie sein. Lord Gordon wurde am 3. Juli zurück erwartet und am 27. mußte das auf Lancedene stehende Geld abgetragen werden; er hatte es so eingerichtet, daß er Zeit hatte, in den dazwischen liegenden Wochen alle Geschäfte zu erledigen. Jetzt war es Mai und die betreffende Firma hatte Lord Ryeburn eine Notiz geschickt, daß sie den Verkauf von Lancedene beantragen würde, wenn sie das Geld nicht rechtzeitig erhielte. Der unglückliche junge Mann stöhnte laut. „Als ob ich daran erinnert zu werden brauchte!" rief er aus. „Als ob der Gedanke mich eine Minute bei Tag oder Nacht verließe! Wohin ich sehe, steht der Name Lancedene vor mir, und ich kann den Verlust nicht überleben." Jeder wunderte sich, warum Lord Ryeburn so elend aussah; man sah ihm an, daß er einen Kummer mit sich herum trug, den er nie mand mitteilen konnte, und keiner begriff, was es sein könnte. Er hätte mit jedem tauschen mögen, es konnte keinen schwerer geprüften Menschen in der Welt geben. Sobald Lord Gordon zurückkam, mußte er ihm sagen, daß eine Verbindung zwischen ihren Familien unmöglich sei. Er mußte dessen Vor würfe still him ehmen; ach, wenn er nur allein zu leiden gehabt hätte, aber seine Mutter u d Schwester würden am härtesten getroffen werden. Wenn das alles geordnet war, wollte er Carmen abholeu und mit ihr nach Amerika aus- wandcrn. Es war kein sehr lockender Plan, und sein Herz blutete, wenn er daran dachte. Den noch mußte er ausgeführt werden. Der Mai verging, der Juni kam heran. Lord Ryeburn schwankte, ob er seine Mutter vorbereite i sollte, beschloß aber, sie noch so lange wie möglich in glücklicher Ungewißheit zu lassen. Es war ein großes Gartenfest auf einem Land sitze der Herzogin von Kent in der Nähe Londons. Die Gräfin Ryeburn sah in ihrem eleganten Anzuge gut aus, und ihr Gesicht trug einen so glücklichen Ausdruck, der ihrem Sohne ins Herz schnitt; wußte er doch, wie bald selbst solche Vergnügungen ihnen verschlossen sein würden. Die Gräfin fragte nach Lady Klara Gordon, und die Antwort der Herzogin war bezeichnend: „Wo Sie eine kleine Gruppe Herren bei sammen sehen, einige mit glücklicher, andere mit mißvergnügter Miene, aber alle voll Bew.mde- inng, da können Sie sicher sein, daß Klara Gordon in der Nähe ist." Gräfin Ryeburn lachte, aber die Beschreibung traf zu. Die Gruppe ging auseinader, als Lord Ryeburn herantrat; denn jeder hatte gesehen, wie die Augen des jungen Mädchens ihm e t- gegenglänzten. Sie begrüßten sich freundschaft lich und gingen zusammen eine der schattigen Alleen hinunter. W IZ tüorljeyuug jolgt.z
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