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Allgemeiner Anzeiger : 03.03.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-03-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189403032
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18940303
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1894
-
Monat
1894-03
- Tag 1894-03-03
-
Monat
1894-03
-
Jahr
1894
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 03.03.1894
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Politische Rundschau. Deutschland. * Der Bundesrat hat dem Entwürfe über die Aufhebung des Identitätsnach weises in seiner Sitzung am Montag die Zustimmung erteilt. * Die Verweisung des Handelsver trages an eine K o m missio n steht fest; eine große Mehrheit des Reichstags dürfte sich dafür entscheiden, woraus aber selbstverständlich keinerlei Präjudiz für das Schicksal des Ver trages selbst zu folgern ist. Die Kommission wird im wesentlichen aus denselben Mitgliedern bestehen, die schon die kleinen Handelsverträge vorberaten. Die Meldung einiger Blätter, daß sämtliche süddeutsche Zentrumsmitglieder gegen die Vorlage stimmen werden, wird nur für die Bayern als zutreffend bezeichnet, nicht für die Württemberger und Badener. *Jm Reichstage zirkuliert das Gerücht, es sei noch in letzter Stunde eine Kundgebung des Fürsten Bismarck zu guusten des russischen Handelsvertrags zu erwarten. * Von vertrauenswerter Seite wird der ,Voss. Ztg.' gemeldet, daß sich Minister M i q u e l, der dem Festmahl des Brandenburgischen Provinzial- Landtages als Ehrengast beiwohnte aus diesem Feste in privater Unterhaltung ' sehr deut lich gegen dieH and el s v ertr ag s p o liti k ausgesprochen und seiner Ueberzengung Ausdruck gegeben habe, daß kein Agrarier für den deutsch russischen Handelsvertrag stimmen werde. Herr Miquel that diese Aeußerungen, wie der Ge währsmann weiter versichert, so nahe dem Kaiser, daß dieser sie sehr wohl hätte hören können. — Daß Meldungen ähnlicher Art nur schwer kon trollierbar sind, ist begreiflich. Zunächst dürfte man der Mitteilung voll Zweifel gegenüberstellen. Die nächsten Tagen werden über die Angelegen heit fraglos Näheres zu allgemeiner Kenntnis bringen, denn es ist eine Nachricht, die nicht nur bedeutsam, sondern auch nicht frei von einem pikanten Beigeschmack ist. * Durch die Zeitungen geht die Mitteilung, die Reichsverwaltung sei schon seit einiger Zeit damit beschäftigt, einen den Wünschen aller Bundesregierungen möglichst entsprechenden Ge setzentwurf betr. den Strafvollzug im Deutschen Reiche fertig zu stellen, womit ein früherer Reichstagsbeschluß zur Ausführung ge bracht werden würde. Der Meuzztgck zufolge soll aber kein Gesetzentwurf ausgearbeitet, sondern die Angelegenheit auf dem Verordnungs - Wege geregelt werden. Nach Befragung der Bundesregierungen finden jetzt Beratungen zwischen Kommissarien des Reichs-Justizamtes und der Preuß. Ministerien des Innern und der Justiz statt. Ist dann eine Vereinbarung erfolgt und vom Bundesrate genehmigt, so soll sie als Ver ordnung des letzteren erlassen werden. *Jn eingewcihten politischen Kreisen ver- autet, wenn der Abg. v. Bennigsen neuer dings den Wunsch zu erkennen gegeben habe, aus dem politischen Leben demnächst ganz aus zuscheiden, so sei der Hauptgrund, den er hierfür geltend machte, der, daß er den Eindruck ge wonnen habe, als ob es mit der Zeit schwieriger geworden sei, den Wünschen der Parteiführung Geltung zu verschaffen. Uebrigens stellt die Magdb. Ztg.' fest, daß Bennigsen nicht daran denkt, sich aus dem politischen Leben zurückzu ziehen. * Die Sammlungen für dieHinterbliebenen der auf der„B r and e n b ur g"V eru n g l ü ckte n fließen sehr reichlich; auch der König von Dänemark hat 500 Mark geschickt. In der Presse aber mehren sich die Stimmen, welche es für würdiger erachten, daß das Reich für die Witwen und Waisen eintritt, anstatt daß die Privatwohl- thätigkeit in Anspruch genommen wird. * In der bayrischen Presse wird neuerdings auf eine anderweite Regelung des Hausier - gewerbes im Sinne der Vorschläge der bayri schen Regierung gedrungen. Vorderhand ist wenig Aussicht vorhanden, daß gesetzgeberische Schritte in dieser Beziehung gethan werden. Es bestehen zur Zeit sehr viele Fabriken in Deutschland, die nur für das Hausiergewerbe arbeiten, dieselben würden ungezählte Arbeiter sofort entlassen müssen, wenn jetzt Maßnahmen getroffen werden sollten, die die Möglichkeit des Hausierens soweit ein schränkten, wie chies von einigen Seiten ge fordert wird. Oesterreich-Ungarn. * Der Bürgermeister vonWienDr. Prix ist infolge eines Schlaganfalls gestorben. Der Tod erfolgte auf einem Ausfluge in den Wiener Wald in Rekawinkel auf dem Wege zum Bahnhof. Prix hatte schon früher an Herz krämpfen gelitten, und die Aufregungen der letzten Zeit haben sein Ende anscheinend be schleunigt. Frankreich. * Die Deputiertenkammcr beschloß nach leb hafter Diskussion mit 465 gegen 2 Stimmen die Ungültigkeit der Wahl Wilsons, des durch seine „Ordens"thätigkeit bekannten Schwie gersohnes Grcvys. * Die Pariser Polizei hat jetzt über reichliche Gelegenheit, Eifer, Tüchtigkeit und Scharfsinn zu beweisen. Sie entwickelt eine fieberhafte Thätigkeit, um das ganze Anarchisten nest auszunehmen, schreitet täglich zu neuen Ver haftungen und knüpft auch mit auswärtigen Polizeibehörden Verbindungen an, um den ge fährlichen Verbrechern auf ihren internationalen Irrfahrten besser folgen zu können. Am Montag mittag wurden in Paris wiederum neun An archisten verhaftet und zahlreiche Papiere und Broschüren bei ihnen beschlagnahmt. *Ueber die gegenwärtige Lage in Tim buktu, wo die Franzosen bekanntlich vor kurzem eine empfindliche Niederlage erlitten haben, wird berichtet: Die Berproviantierungskolonne des Kommandanten Joffre ist am 13. d. in Timbuktu eingetroffen. Joffre übernahm den Befehl in Timbuktu. Die Lage daselbst ist durch aus nicht beunruhigend. Italien. * Die sizilianis ch en Vorgänge be schäftigen andauernd die italienische Deputierten kammer. In der Erwiderung auf die Inter pellationen Bonajutos und Jmbrianis über die Verhaftung des Deputierten de Felice und die Verkündigung des Belagerungszustandes hob Ministerpräsident Crispi hervor, außerhalb der gegenwärtigen Einrichtungen gebe es nur Anarchie oder Despotismus, daher sei es notwendig, diese zn verteidigen und zu achten. Altobelli begründete eine Anfrage über die Gesetzmäßigkeit der Ein richtung der Kriegsgerichte auf Sizilien und in Massa Carrara. Rustland. *Die kürzlich angekündigten Vermehrungen der russischen Grenzwache sollen dem nächst stattfinden. In Kars wird eine neue Grenzwachbrigade in der Stärke von 18 Offi zieren, 205 Reitern, 459 Infanteristen gebildet. Bei den Brigaden von Eriwan und Jelissawetpol wird je eine neue Abteilung gebildet und ihr Gesamtstand um 10 Offiziere, 152 Reiter und 358 Infanteristen erhöht. Mannschaften und Offiziere werden den übrigen Brigaden entnommen, die sich wieder ergänzen. Die Brigaden an der Westgrenze werden um 126 Reiter und 1178 Infanteristen verstärkt. Die Jahresausgaben erhöhen sich dadurch um 412 649 Rubel. * Wie der ,Dziennik Poznanski^ meldet, hat die Regierung bestimmt, daß für die gesamte Korrespondenz, die von der römisch-katho lischen Geistlichkeit und geistlichen In stituten geführt wird, in den Gouvernements des Königreichs Polcir fortan nur die russische Sprache anzuwenden sei, mit Ausnahme der jenigen Schriftstücke, bei denen die lateinische Sprache vorgcschricben ist. Balkanstaateu. *Der Fürst von Montenegro hat neun Chefs der herzegowinischen Emigranten, die sich an König Alexander brieflich uni Auf nahme in Serbien gewendet hatten, wegen Hoch verrats verhaften lassen. Sie wurden zu län geren Kerkerstrafen verurteilt. Die Verhaftung hängt daniit zusammen, daß sich die Flüchtlinge anscheinend nicht mehr für das Interesse des montenegrinischen Prätendenten Karageorgiewitsch verwenden ließen. Dem Rüubcrfürsten von Montenegro kommt es unter solchen Verhält nissen auf einen Rechtsbruch mehr oder weniger nicht au. Dentscher Reichstag. Auf der Tages-Ordnung der Moutagsitzuug steht die erste Beratung des deutsch-russischen Handelsvertrages. Abg. Graf v. Mirbach (freik.): Eine Kontinuität zwischen dem rumänischen und russischen Vertrage besteht nicht, wie die Kom mission für den rumänischen Vertrag ausdrücklich festgestellt hat. Auch Frhr. v. Marschall hat dies eingestanden. Dieser Umstand erleichtert meiner Partei die Position. Persönlich wollen wir nicht in die Prärogative der Krone eiugreifen. Wir stehen in scharfem Gegensatz zur Wirtschaftspolitik der Regie rung. Zur Begründung der österreichischen und ita lienischen Verträge wies die Regierung darauf hin, daß sie durch die Verträge die befreundeten Mächte noch enger an Deutschland fesseln wolle. Fürst Bis marck, dessen politisch-wirtschaftlicher Blick freilich durch den Besitz von Ar und Halm getrübt war, hat stets eine Trennung inne gehalten zwischen politischen und wirtschaftlichen Fragen. Der jetzt vor liegende Vertrag mit Rußland soll nun nach Ansicht der Negierung das politische Verhältnis zu Rußland verbessern. Wenn sich die Regierung nur in dieser Hoffnung nicht täuscht. Die von Deutschland nach Rußland gehenden Importe beziehen sich überwiegend auf Handel und Industrie; der Nutzen, den der Ver trag unserem Handel und unserer Industrie bringen wird, wird den der deutschen Landwirtschaft er wachsenden Schaden nicht aufwiegen. Ich empfehle Ueberweisung der Vorlage an eine Kommission von 28 Mitgliedern. — Staatssekretär Frhr. v. Mar schall: Die Behauptung, eine Kontinuität zwischen dem rumänischen und russischen Vertrage bestehe nicht, halte ich auch noch heute aufrecht. Aber auch so viel steht fest: Was wir auderu Staaten gewährt haben, können wir auch nicht länger unsern: großen und mächtigen Nachbarn ver sagen. Ji: bezug auf die Tariffrage kam: von einer llnterweriung Deutschlands unter Rußland nicht die Rede sein. In der Geschichte der Handels verträge wird der mit Rußland einen hochragenden Denkstein bilden. Seit Beginn des deutsch-russischen Zollkrieges ist der Getreidepreis auf allen deutschen Märkten um 20 bis 30 Mk. per Tonne gesunken; der 7,50 Mk. Zoll hat also keinen Einfluß auf den Getreidcprcis ausgeübt. Nehmen Sie unsern Ver trag an. Er wird dem Vaterlande zum Segen ge reichen. — Abg. Graf v. Moltke (freik.): Für den rumänischen Vertrag habe ich gestimmt, weil ich der Ansicht war, ein bereits von der deutschen Industrie gewonnenes Absatzgebiet müsse ihr er halten werden. Hier aber handelt es sich um die Eroberung eines neuen Absatzgebietes, also um eine doch immerhin fragliche Angelegenheit für die Industrie; der deutschen Landwirtschaft wird der vorliegende Vertrag auf alle Fälle Schaden bringen. Die Hauptfreundc des Vertrages sind im Westen zu suchen, in den großen Jndustriebezirkcn. Ehe wir aber eine Industrie hatten, da haben die östlichen, d. h. die landwirtschaftlichen Provinzen schon den Staat ausrichten helfen. — Abg. Rickert (frs. Vgg.): Der russische Vertrag liegt nicht zum wenigsten im Interesse des Ostens. Die dentschen Gegner berufen sich darauf, daß der Vertrag Deutsch land im Gegensatz zu Rußland schädige; aber in Rußland sind Stimmen laut geworden, die da meinen, die russischen Unterhändler seien über das Ohr gehauen worden. Der Zollkrieg schädigt u. a. die Schiffahrt auf der Ostsee; die geschädigten Reeder klagen nur nicht, weil sie nicht verstehen zu schreien. Wir werden dem Vertrage zustimmen, weil wir hoffen, daß aus ihm viele gute Früchte erwachsen werden von denen wir jetzt noch keine Ahnung haben. Nehmen Sie den Vertrag an! Dann wird auch die Landwirtschaft neu erblühen. Am Dienstag wird die erste Beratung des deutsch- russischen Handelsvertrages fortgesetzt. In Verbindung damit steht die Beratung emes A u - träges v. Kardorff auf Einführung einer gleiten- ! den Zollsklala gegen Einfuhrländer mit Disagio. — - Abg. v. Kardorff (freik.): Die Darlegung des ! Gram: v. Mirbach, der 3,50 Mk. Zoll gegenüber Rußland sei nutzlos im Hinblick auf die schwankende Valuta, war vollständig richtig. Die von mir vor geschlagene Skala soll sich auf den Geldkurs basieren. Würde die Regierung unseren Wünschen nach Rege lung der Währungsfrage nachgekommen sein, so würde unsere Haltung dem Vertrage gegenüber eine andere sein. Ich bitte, meinen Antrag an dieselbe Kommission zu verweisen, der voraussichtlich der russische Handelsvertrag überwiesen werden wird. — Reichskanzler Graf v. Capr : vi: Der vorliegende Vertrag soll eine feste Brücke zum guten Einver nehmen zwischen zwei großen Nationen bauen. Die Angriffe des Vorredners auf die Währungs enquete-Kommission muß ich zurückweiseu. Tie leitenden Staatsmänner Oesterreichs, Ungarns und Italiens haben mir ihre Freude über das Zustande kommen des Vertrages mit Rußland ausdrückt. Die 10jährige Vertragsdauer wollen wir deshalb, damit eine Stabilität in wirtschaftlicher wie politischer Be ziehung herbeizuführen sei. Ich möchte den Bimd der Landwirte und seine Führer warnen. Von sach licher Prüfung habe ich beim Bund der Landwirte nichts gefunden. Durch den Bund hat die Land wirtschaft noch keine Mark verdient. Seine Pyätig- keit trägt den Charakter der MenschenverNeidung. Die Industrie steht infolgedessen der Landwirtschaft feindlich gegenüber; der Osten wird gegen den Westen, der große Besitz gegen den kleinen ausgespielt. — Abg. König-Witten (Antis.): Das Rückgrat des Staates, der Bauernstand, muß bei der neuen Wirt schaftspolitik zu Grunde gehen. Die Sozialdemokratie stimmt für die Verträge; sie weiß sehr wohl, daß ihr Weizen blüht, wenn es der Landwirtschaft schlecht geht. Die Haupt-Sympathie für den Vertrag ist nicht sowohl bei der Industrie, als in den Kreisen des Großhandels und der Spekulation. — Abg. v. Bennigsen (nat.-lib.): Ein Vertrag mit einem vdn der Natur so reich bedachten Lande, wie Ruß land ist, hat für Deutschland eminenten Wert. Der Differentialzoll auf Getreide hat keineswegs auf den Preis eingewirkt. Die Landwirte sollten vor allen Dingen die ihnen gebotenen Kom pensationen, wie Aufhebung des Identitäts ¬ nachweises, ernstlich prüfen. Die Aufhebung der Staffeltarife, in Verbindung mit dem jetzt vorliegen den Vertrage, ohne gleichzeitige Aushebung des Iden titätsnachweises wird geeignet sein, die Gegnerschaft gegen den Vertrag zu stärken. Die Folge der Ab lehnung des Vertrages würde der Verschärfteste Zoll krieg zwischen Rußland und Deutschland sein müssen; unberechenbare Schäden für beide Länder würden aus diesem Zollkriege erwachsen. — Abg. Lutz (kons.) weist in heftiger Weise die Angriffe des Reichskanzlers > auf den Bund der Landwirte zurück. Der Bund kenne weder Osten noch Westen, noch ziehe er Schranken zwischen Groß- und Kleinbesitz. Er, Redner, sei Bayer und Bayern liege westlich der Elbe und doch hätte die Mehrzahl der Bayern gegen den rumänischen Vertrag gestimmt und werde auch gegen den russischen stimmen. Nachdem noch der Reichskanzler den Vorredner widerlegt, vertagt sich das Haus. Pr«n-ifchrr Landtag. Am Montag stand im Abgeordnetenhause bei Fortsetzung der zweiten Etatsberatung der Etat der direkten Steuern zur Beratung, der zu bemerkens werten Diskussionen keine Veranlassung gab. Die Debatte beschränkte sich auf eine Erörterung über die Höhe des zulässigen Abzuges für Abnutzung von Ge bäuden von dem Einkommen bei der Veranlagung der Einkommensteuer und auf eine Reihe von Be- > schwerden über Veranlagungsvcrsahren und die Ver zögerung der Entscheidungen in Berufungs- und Beschwerdesachen. Am Dienstag erledigte das Abgeordnetenhaus zunächst das Extraordinarium des Etats der indirekten Steuern und sodann den Etat der Bauverwaltung. Die Debatten selbst boten kein weiteres Interesse. Darauf vertagte sich das Hans bis Donnerstag. Uon Uah und Fern. Germanisches Museum. Der deutsche Kaiser hat für das Germanische Nationalmuseum auf weitere drei Jahre einen Jahresbeitrag von > 1500 Nik. und ebenso weitere 600 Mk. jährlich für die Hohenzollernstiftung des Germanischen ! Museums bewilligt. , Keine Weltausstellung in Berlin. Herr Konsul von Hesse-Wartegg, der dieser Tage in ! Saarbrücken einen Vortrag über die Meltaus- ! stellung in Chicago hielt, erklärte, wie der ,RH.- Westf. Ztgll mitgcteilt wird, ihm sei von höchster Stelle, also wahrscheinlich vom Reichskanzler, . die Mitteilung geworden, daß das Projekt einer Weltausstellung in Berlin jetzt endgültig aufge geben ist. Michael Hornik 's-. Einer der hervor ragendsten wendischen Schriftsteller und ein be deutender slavischer Sprachforscher und Gelehrter, der Domherr Michael Hornil, ist am 23. Februar in Bautzen in: Alter von 59 Jahren gestorben. , H. hatte in Praa katholische Theologie und slavische Philologie studiert. Er gab mit Pfuhl ' und Seiler ein wendisch-deutsches und deutsch- ; wendisches Wörterbuch heraus, schrieb unter andern: auch eine Geschichte des wendischen Volkes . und war Begründer des katholisch-wendischen Volksbibliothekenvereins. Außerdem war Hornik Redakteur und Mitarbeiter verschiedener wendischer Zeitungen und Zeitschriften. Gräßlicher Selbstmord. Während der Schicht auf Zeche „Holstein" bei Wickede steckte j sich der unverheiratete Hauer Stieveling aus Wer ttMe ihn mehr? 10! sFortjeymw.» Ein leises Zittern überflog die schlanke Gestalt. „Ganz aufrichtig, Mama? Nun denn, was die Zukunft mir auch bringen mag, ob Freuden oder Sorgen, Schmerz oder Glück, Leben oder Tod, ich weiß nur eins, daß ich ihn liebe." „Wie stürmisch du bist, Klara!" „Ich sollte dir die volle Wahrheit sagen, dies ist sie." „Das freut mich von Herzen," sagte Lady Gordon zu ihrer Tochter, „dein Vater wird auch froh sein; das fördert alle seine Pläne. Und Lord Ryeburn liebt dich natürlich auch!" „Das weiß ich nicht, Mama," sagte das junge Mädchen nachdenklich, „er hat nichts gesagt, was mich daraus schließen lassen könnte; du siehst, daß die Neigung noch einseitig ist. Wann habe ich doch z erst von diesen: Hciratsplan gehört? Ich muß noch sehr klein gewesen sein, als Papa mich 'mal Gräfin Ryeburn nannte." „Das war sehr verfrüht," warf Lady Gordon ein. Ihre Tochter beachtete die Unterbrechung richt und fuhr fort: „Ich habe mich immer mit diesem unbekannten Liebhaber beschäftigt, und nun ist er in Wirklichkeit vor mich getreten. Ich biu glücklich, er ist ganz das, was ich von ihm erträumt hatte." Bist anmutigem Ernst fügte sie hinzu: „In dem Augenblick, als ich ihn sah, erkan- te ich mein Glück, fühlte, daß der Traum meines Lebens in Etfüllung gehen würde. Du wolltest, daß ich ganz aufrichtig sein sollte, dcs- halb habe ich dir das alles gesagt." Eine Stunde später saß Lady Klara allein in ihrem Zimmer. Ihr goldiges Haar fiel über ihre Schultern und das flackernde Feuer des Kamins warf einen rosigen Schein über ihre Gestalt; sie fühlte noch kein Bedürfnis, zur Ruhe zu gehen, sie mußte die Erlebnisse des Abends noch einmal durchdenken. „Ich liebe ihn," sagte sie zu sich, „seit Jahren hat diese Liebe in mir gelegen, und sowie ich ihn sah, ist sic zum Leben erwacht. Was gilt es es mir, daß die Verhältnisse günstig sind, — ich liebe ihn selbst, und wenn er morgen schon sei en Besitz, Titel und alles verlöre, so würde das für mich reuen Unterschied machen. Er liebt mich noch nicht, aber er wird es lernen; denn ich gefalle ihm. Wie sr.h bin ich, daß ich schön bin und jung, wie gut, daß ich ihm Reichtum und Liebe bringen kann! Wie sollte sie ahnen, daß dieser Mann sein ganzes Herz schon verschenkt hatte und für sie nichts übrig geblieben war."— Lord Ryeburn war heute verzweifelter denn je nach Hause gekommen. Wäre Lady Klara nur weniger schön und liebenswürdig gewesen! Aber vor diesem schlanken, anmutigen Mädchen mußte sich jeder beugen, gefallen mußte sie jedem. Er sah Offenheit und Wahrheit in ihren klaren Augen, und wenn er Carmen nicht ge sehen hätte, so würde er dies Mädchen haben lieben können. Aber sein ganzes Herz gehörte Carmen, seinem Weibe, und mit keinem Gedanken wollte er ihr Unrecht thun. „Ich bin so glücklich, Viktor," sagte seine Mutter an dem Abend zu ihm, „ich glaube, Ich werde diese Nacht so gut schlafen, wie ich seit langen Monaten nicht gethan habe." Und er hatte nicht den Mut, ihr Glück mit einem Worte zu zerstören. 12. Den Ball beim französischen Gesandten vergaß Lord Ryeburn nicht. Er suhr zur bestimmten Zeit vor, um die Damen abzuholen, und wurde ins Wohnzimmer geführt, mit der Bitte, sie dort zu erwarten. Nach einigen Minuten trat Lady Klara ein. Sie trug weiße Spitzen mit zarten Blumen be setzt, und Diamanten glitzerten wie Tautropfen an ihrem schneeigen Hals und in ihrem goldigen Haar. Der ganze Anzug war künstlerisch schön, aber es war die königliche Erscheinung, die wunderbare Lieblichkeit des Gesichtsam drucks, welche Lord RyedurnS Aufmerksamkeit fesselte. Er stand bewundernd vor ihr, wie es schon so mancher gethan hatte, und sie freute sich des Eindrucks, den sie auf ihn machte. „Ich fürchte, wir haben Sie warten lasten," sagte sie, „und es war meine Schuld." Lady Gordon trat jetzt auch ein in einer kostbaren Toilette von grauem Samt. Lor Rye burn legte ihr den Mantel um, und als er Klara denselben Dienst leistete, zitterte er, als er sie berührte. Wenn er auch in seinem Herzen nicht einen Moment Carmen untreu wurde, so blendete Klaras Schönheit doch, und wenn er sie be achtete, fühlte er sich berauscht. Als sie den Ballsaal betraten, konnte er nicht umhin, zu bemerken, welches Aufsehen Lady Klara selbst hier unter vielen Schönheiten machte, und sie Ivar gleich von Bewunderern umgeben, die einen Tanz oder auch nur ein freundliches Wort von ihr zu erlange!: suchten. Es schien Lord Ryeburn eine Pflicht der Höflichkeit, auch um einen Tanz zu bitten, und er wählte den ersten, eine Quadrille, um bald damit fertig-zu sein; aber als er beendet war, legte Lady Klara die Hand auf seinen Arm und bat ihn, sie in den mit farbigen Lampen erhellten Wintergarten zu führen. Es blieb ihm nichts übrig als zu gehorchen. Er führte seine Dame zu einem bequemen Sitz in der Nähe einer kleinen Fontaine. „So liebe ich es," sagte sie, „Musik, Blumen und Licht. Wie schön ist doch die Welt!" „Sie sehen von allem nur die Helle Seite." Sie blickte ihn wehmütig an. „Ich glaube nicht, daß an Menschen, die im Ueberfluß leben, nie etwas Schweres herantritt, im Gegenteil, sie leiden vielleicht noch mehr als andere. Ich werde wohl kaum je mit Hunger und Kälte zu kämpfen haben, aber zuweilen habe ich ei-,e Ahnung, daß mir viel Kummer bevorsteht." „Das müssen Sie nicht denken," erwiderte er ernsthaft. „Wir wollen von etwas anderem sprechen,' versetzte sie. „Wie hübsch ist es heute Abend hier, und wie viele Menschen sieht man!" Dann reichte sie ihm ihre Tanzkarte und sagte: „Schreiben Sie sich für die Tänze ein, dir Sie gern mit mir tanzen wollen." Er nahm die Karte zögernd. „Sie sind sehr freundlich," sagte er, „aber ich fürchte, ich würde ma chen enttäuschen."
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