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Allgemeiner Anzeiger : 09.12.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-12-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189312095
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- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18931209
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18931209
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-12
- Tag 1893-12-09
-
Monat
1893-12
-
Jahr
1893
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 09.12.1893
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Politische Rundschau. Teutschland. * Einer Petersburger Meldung dc. .Köln. Ztg.' zufolge hat der Zar ein Glückwunsch- Telegramm an den Kaiser und den Grafen Caprivi zur glücklichen Abwendung des „Mordanschlages" gesaidt. * Herzog Alfred von Sachsen-Ko- burg und Gotha hat, wie die .Koburger Zeitung' meldet, die Mitgliedschaft zum englischen Geheimen Rat mcdergelegt. *Wie der,Post' aus Hamburg geschrieben wird, findet in dortigen Interessentenkreisen die Unterstützung lebhafte Anerkennung, die deut - schen Handelsschiffen während der Feind seligkeiten vor Rio von dem Kommandanten des deutschen Geschwaders und der Vertretung des Reichs bewiesen worden ist. Es wird in be sonders warmen Ansdrücken daraus hingewiesen, daß deutsche Schiffs - Interessen während der ganzen Dauer der Revolution an den heimischen Vertretern einen weit stärkeren Rückhalt gehabt hätten, als in vielen Fällen Angehörige anderer Nationen. * In parlamentarischen Kreisen verlautet, daß die Polen, entgegen ihren bisherigen Er klärungen, jetzt entschlossen seien, für die Handelsverträge cinzutreten; auch die Gegner im Zentrum bleiben hinter der Hälfte zurück, so daß die Annahme auch des rumänischen Handelsvertrages gesichert erscheine. Die zweite Lesung im Plenum dürfte am 11. Dezember stattfinden. *Der Arbeitsplan im Reichstag ist bis zum Beginn der Weihnachtsferieu fest- gestellt. Auf die ersten Beratungen jedes einzelnen Steuergesetzes werden mindestens drei Tage ge rechnet. Das Stempelabgabengcsetz wird den Reigen eröffnen und sollte bis Donnerstag durch- becaten sein. Am Freitag, den 8. d., wird die Plenarsitzung wegen des katholischen Feiertages ausfallen. Tags darauf würde alsda n die erste Beratung deS Taoaksteuergesetzes beginnen und bis Mitte nächster Woche, etoa 13. d., währen. Den Schluß würde die erste Beratung des Wein steuergesetzes machen und den Rest dec nächsten Woche ausiüllen. Der Reichstag beabsichtigt, am 16. d. in die Weihnachtsferieu zu gehen. *Die Handels- und Gewerbekammcr iu Stuttgart hat sich auf Grund einer aus führlichen Motivierung für die Reichswein - steuer unter Voraussetzung einer Wertgrenze von 70 Mk., anstatt wie in dem dem Reichstage vorliegenden Entwürfe von 50 Mk. ausgesprochen. In der Motivierung wird insbesondere ausge führt, daß eine Abwälzung der Steuer auf die Winzer unter der obigen Voraussetzung in keiner Weise zu befürchten sei. Oesterreich-Ungar«. * Man glaubte bisher immer noch, der unga rische Zivilehegesetz- Entwurf werde schließ lich im Oberhause scheitern. Dort hat sich in zwischen ein Stimmungswechsel vollzogen, nach dem dec Justizminister in einer längeren Rede den Entwurf verteidigt hat. In Maguatenkreisen soll man jetzt die Zivilehe „im Interesse der Festigung des ungarischen Staatswesens" für notwendig halten und demgegenüber mußten alle anderen Interessen zurücktrcten. Dagegen fordern die Magnaten, in dem Entwurf solle die Be stimmung über die Religion der Kinder dem Verlangen des Fürstprimas entsprechend geändert und die Konfessionslosigkeit fallen gelassen werden. Die Annahme der Reformen ist mit dieser Ab änderung im Magnatenhaus gesichert. Frankreich. *Da das Ministerium Casimir Perier gerade ain 2. Dezember, dem Tage des Staats streichs Louis Napoleons, zu stände kam, so hatte es Perier für zweckmäßig erachtet, sich und seine Kollegen erst am Montag, 4. d.» der Kammer vorzustellen. Die Erklärung, mit der sich sein Ministerium vorstellte, spricht sich gegen die Revision der Verfassung, gegen die Einkommen steuer, sowie gegen die Trennung der Kirche vom Staate aus. Die Regierung wird das demo kratische Programm innehalten, dem Gesetzentwurf betr. die Altersversorgung zustimmen und die sozialistischen Ansprüche zurückweisen. Die Er ¬ klärung schließt mit der Versicherung, daß die Regie ung nach außen für die Aufrechterhaltung des Friedens bemüht sein werde. *Die Russenfeste in Frankreich haben, wie aus einer Nachtragsforderung der französische i Regierung hervorgeht, den franzö sischen Staat 386 000 Frank gekostet. England. * Trotz Verbotes versuchten die Anarchi sten in London auf Trafalgar - Sguare ein Meeting abznhalten. Viele Neugierige hatten sich eingefunden, man bemerkte viele Ausländer. Das Anarchistenblait.Commonwcal', das einen Artikel enthielt, betitelt „Bomben", in dem das Attentat iu Barcelona gepriesen wird, fand vielen Absatz. Zahlreiche Polizeimannschaften waren zur Stelle. Um 3 Uhr nachmittags versuchte ein Anarchist, den Sockel der Nelsonsäule zu besteigen; er wurde unter dem Zischen dec Menge verhaftet. Als die Versuche, den Sockel der Nelsonsäule zu besteigen, sich wiederholten, er schienen fünfzig beritte Polizisten auf dem Platze und trieben die Menge auseinander. Die übrigen Polizcima nschaften schritten gleichzeitig ein, und da Widerstand von der Menge nicht geleistet wurde, war der Platz bald gesäubert. Belgien. * Nachdem in Brüssel bereits am Freitag ein Mensch, der bei der Abreise des Herzogs von Sachseu-Koburg „Hoch die Anarchie" rief, verhaftet worden war, folgten noch zwei weitere Verhaftungen. Außerdem wurden Schriften anarchistischen Inhaltes beschlagnahmt. Mehrere Anarcyisten, die seit den jüngsten Maßnahmen der Pariser Polizei nach Brüssel geflüchtet waren, verließen eiligst die Stadt. Italien. *Das neue Ministerium Zanardelli ist nun mit vieler Not und Mühe zusammenge bracht worden; es besteht ganz aus Männern der Linken. *Ein von 30 Deputierten der äußersten Linken, darunter Cavallotti, Colajanni und Jmbriani, unterzeichnetes Manifest an das Volk verurteilt das Wirken des Kabinetts Giolitti auf das lebhafteste und führt als Abhilfemittel unter anderm auf: Verminderung der Ministerien, Herstellung des Gleichgewichts im Budget durch Ersparnisse am Kriegsbudgct und Herabsetzung der Zivilliste. Ferner spricht sich das Manifest gegen jede neue Steuer >'nd gegen die Erhöhung bereits bestehender Steuern aus, verlangt eine im Einvernehmen mit den Gefühlen des Landes geleitete äußere Politik, und schließt, die nationalen und ökono mischen Interessen deS Landes verlangen, daß die bisher geforderten übermäßig großen Opfer aufhören. Spanien. *Nach Meldungen aus Melilla besetzten die spanischen Truppen die gesamte G:e zlinie und errichteten an ihr drei Forts. Die Kabylen beschränken sich auf eine aufmerksame Beobachtung der Spanier und überschreiten die Grenze nicht. Rußland. * Die Vorgänge bei der französischen Ministerkrisis haben iu Petersburg sehr peinlich berührt. Es fehlt in den russischen Blättern nicht an Seitenhiebeu auf Carnot. Interessant ist die Bemerkung des.Grashdanin', der seine Worte den in den höchsten Kreisen herrschenden Ansichten anpaßt und welcher sagt, man solle nicht vergessen, daß das Parlament schon wenige Tage nach seiner Einberufung das selbe Ministerium stürzte, das am meisten zur Annäherung an Rußland gethan; diese Thatsache bedeute schwerlich etwas Gutes für die Zukunft der französisch-russischeu Sympathien. Balkanstaaten. * Der junge König von Serbien hat die neuerlich von Do kitsch krankheitshalber er betene Entlassung angenommen. Hierauf reichte das gesamte Kabinett seine Entlassung ein. Der König hat nunmehr den General Gruitsch mit der Bildung eines neuen Kabinetts beauf tragt. (Dokitfch war bekanntlich der Erzieher des Königs und wurde von diesem nach dem Staatsstreich zum Ministerpräsidenten ernannt.) * Ueber das gegen den Fürsten Ferdinand geplante Attentat vernimmt man noch fol- < gendeS Nähere: Iwanow lauerte dem Fürsten in Philippopel vier Tage vergeblich auf; am fünften Tage wurde er von seinem ehemaligen Brigadier erkannt, worauf er flüchtete, aber bald arretiert wurde. Das Geld zur Ausführung des Attentats erhielt Iwanow aus Rußland von dem bekannten Emigranten Gmew. Asien. *Der „Pufferstaat", welcher dem zwischen England und Frankreich geschlossenen Abkommen zufolge im Norden von Sia m gegründet werden wird, soll unter die Botmäßigkeit Chinas gestellt werden. Der.Standard' erfährt aus Schanghai, daß China Vorbereitungen trifft, die englische Politik iu Siam thaikräftig zu unterstützen. Vier englische und mehrere chinesische Kriegsschiffe sind nach Bangkok unterwegs. Deutscher Reichstag. Auf der Tagesordnung der MontagS-Sitzung steht zunächst die Novelle zum Unterstützungswohnsitz. — Abg. Greiß (Zentr.) befürwortet die Ueber- weisung der Vorlage an eine Kommission von 21 Mitgliedern und begründet kurz seinen Antrag. — Abg. Brüh ne (soz.) verlangt die Ausdehnung des Nntcrstützungswohnsitz-Gesctzes auch aus Etsaß- Lothringen, sowie Bayern. Dann könne es nicht mehr Vorkommen, daß unterstützungsbedürftige L nie, die bayrische oder reichsländischc Angehörige seien, einfach aus Preußen ausgewiesen werden. Eine Herabsetzung der Altersgrenze sei wünschenswert, ebenso die Verteilung der Armenlasten auf das Reich. — Abg. O s a n n (nat.-lib.) spricht auch für Ausdehnung auf Elsaß-Lothriugcn; Einzelheiten des Gesetzes mögen in der Kommission eingehend geprüft werden. — Staats sekretär v. Bötticher ist erfreut über die sym pathische Aufnahme der Novelle. Alle Wünsche in dieser Novelle könnten vorläufig nicht befriedigt werden, weil noch keine Einigung unter den Einzel staaten erzielt worden sei. Die reichsländische Regie rung stehe der Ausdehnung auf Elsaß-Lothringen sympathisch gegenüber für den Fall, daß die Stcner- und Verwaltungsrcform endgültig burchgeführt sein werde. — Abg. v. Holleuffcr (kons.): Die Herabsetzung der Altersgrenze auf 18 Jahre genügt nicht, vielmehr sei dieselbe auf 16 Jahre festzusetzen. Redner plädiert gleichfalls für Kommissionsüber- wcisung.—Abg.G a m p (freikons.) spricht sich im Sinne v. Holleufers aus und schlägt eine bestimmte Altersgrenze, z. B. 60 Jahre, vor, mit der das Recht auf Unter stützungswohnsitz erlischt. — Der Staatssekretär v. Boetticher wendet sich in kurzen Erläuterun gen gegen letztgemachten Vorschlag. — Abg. Win- terer (Els.) verteidigt die elsaß-lothringische Son derstellung. Die Bevölkerung der Neichslandc sei infolge der zahlreichen Privatanstaltcn besser daran, als cs das Unterstützungswohnsitzgesetz ihnen gewähren könne. — Abg. Schaedlcr (Zentr.) : Auch Bayern möchte das Gesetz nicht auf sich ausgedehnt wissen. — Abg. Frhr. v. Gültlingcn (Rpt.) ist gegen Her absetzung der Altersgrenze. — Abg. Molkenbuhr (soz.): Die Landgemeinden dürfen nicht auf Kosten der Jndustriegemeinden entlastet werden. Eine völlige Abänderung der Armengesetzgebung ist notwendig. Wir erstreben mit dieser Gesetzreform zugleich eine Abänderung des Strafgesetzbuches. Der Entwurf wird hierauf an eine Kommission von 21 Mitgliedern Verwiesen, Es folgt die erste Beratung der Novelle zum Viehseuchengcsctz. Die Vorlage wird nach längerer Debatte an eine Kommission von 21 Mitgliedern verwiesen. Die Ucbersicht der Reichseinnahmen und Ausgaben für 1892 und 1893 wird an die um 7 Mitglieder verstärkte Rechnungskommission ge wiesen, ebenso die Uebersicht der Reichscinnahmcn und Ausgaben für Kamerun, Togo und das süd westafrikanische Schutzgebiet für 1892/93. Nach kurzer Erledigung einiger Rechnungssachen erfolgt der Schluß der Sitzung. In der Tienstagssitzung steht auf der Tages- Ordnung die erste Beratung des Stempelstcucr- gesetzes. Bayr. Finanzminister v. Riedel: Es ist nicht möglich, bei Besprechung der Stcmpelabgabcu gänzlich von anderen Steuerfragcn abznsehen. Die § Finanzvcrhältnisse zwischen Reich und Einzelstaaten bedürfen dringend der Aufbesserung; die Matrikular- bciträge dürfen nicht länger die Ueberweisungen übersteigen. Zur Deckung der etwa zwei Milliarden Neichsschulden wird vielfach eine Reichscinkommen- steuer vorgcschlagen; ich muß mich ganz entschieden gegen eine solche erklären, denn sie bedeutet einen schweren Eingriff in die Autonomie der Emzelstaatcn. Wir wollen notwendige Lebensbedürfnisse nicht be steuern und auch die Landwirtschaft schonen. Die Ouittungssteuer berührt den kleinen Mann wenig oder garuicht. Für die Weinsteuer hätten Sie (links) Vielleicht selbst plädiert, wäre sic von der Regierung nicht in Vorschlag gebracht worden. Von der Tabak steuer befürchten Sie einen erheblichen Konsumrück gang und eine dadurch bedingte Entlassung zahl reicher Arbeiter. Man soll doch bei der Tabaksteuer immer bedenken, daß niemand gezwungen wird, zu rauchen. Direkte Steuern würden die breiten Volks massen in Bayern ungleich erheblicher belasten; wollte Bayern die Kosten der Matriknlarbeiträge durch Erhöhung der direkten Steuern aufbringen, so müßte es dieselben um 50 Prozent steigern. — Abg. Richter (frs. Vp.): Die Herren von der Regierung berufen sich bei ihren Einwänden gegen die Einkommensteuer auf die Autonomie der Einzcl- staaten. Warum bringen Sie denn nicht in Ihren einzelnen Ländern die Wein- und Tabak- und ähn liche Steuern ein ? Weil Sie zu Hause so etwas gar nicht wagen dürfen! Ob die Tabaksteuer nach dies maliger Ablehnung bald wieder erscheinen wird, be- zwciflc ich. Wird sie aber angenommen, dann haben wir. sicher das Monopol in Aussicht. Ich komm; jetzt zur Stempelsteuer. Man sucht es immer so dar- znstellen, als ob die Landwirtschaft und Industrie die einzig produktiven Berufe wären, und die Han deltreibenden betrachtet man als Schmarotzer. Daß die Börse so ohne weiteres besteuert werden könne und müsse, kann ich nicht zugebcn. Mich leiten hier keine politischen oder persönlichen Interessen, denn an der Börse spielen Leute aller Bcrufsklassen und Par teien. Die endliche Abschaffung sämtlicher Staats- lottcrien ist durchaus wünschenswert. Ich komme zur Ouittungssteuer. Die neulich ausgesprochene Minister- Weisheit des Herrn Grafen v. Posadowsky: „Wer baar zahlt, braucht keine Quittung!" ist ganz neu. Hier in Berlin wird bei Barzahlung von Handwerkern und Kaufleuten Quittung ausgestellt. Die Quittungs- steucr würde somit gerade den Ordnungssinn in der Geschäftsführung beeinträchtigen. Wir werden das Stcuerboukctt der Regierung nicht annehmen und denen die Verantwortung überlassen, die für die Militärvorlage gestimmt haben. — Reichtschatzsekretär Graf v. Posadowsky: Die Reichsregicrung läßt sich durch Kassandrarufe der Opposition in ihrer Steuerpolitik nicht stören. Die Börse ist ein Institut von internationaler Bedeutung; kein Mensch wird daran denken, sie unterdrücken zu wollen. Anderseits muß aber zugegeben werden, daß sich das unerfahrene Publikum gern verleiten läßt, schlechte ausländische Papiere zu kaufen, wodurch dem vaterländischen Kapital ein erheblicher Abbruch gethan wird. Den Quittungsstempel wird der kleine und mittlere Händler nnd Handwerker nicht bezahlen, sondern der Käufer. Was nur da Herr Richter vorgeworfen hat, so muß ich bemerken, daß ich lange genug im prak tischen Leben stehc und weiß, daß vielfach Quittungen bei Barzahlungen erfolgen. Eine Belästigung des Frachtvcrkehrs infolge der Stempelsteuer befürchten wir nicht. Wir stehen vor der Notwendigkeit, neue Steuern schaffen zu müssen, und wir glauben, daß die neue Vorlage den kleinen Mann verhältnis mäßig am wenigsten belastet. Prüfen Sic dieselbe mit Wohlwollen oder setzen Sie etwas Besseres an ihre Stelle! — Abg. Graf v. Kanitz (kons.) wen det sich in längerer Darlegung gegen die Ausführun gen des Abg. Richter in betreff der Börscnstcucr. Die von Richter beregte Abschaffung der Staats lotterien möchte Redner wenigstens in eine Reform umgewandelt wissen, weil sich bei dem gegenwärtigen Modus die kleinen Bundesstaaten auf Kosten der größeren bereicherten. Den Arbitragehandcl betreffend, iuahnt Redner die Kapitalisten zur Einschränkung! andere Leute müßten dies auch thun. Was den Quittungsstempel in der Fassung der Vorlage be treffe, so plaidiere er für eine Abstufung der Sätze; auch für Checks- und Giroanweisung sei eine Ab stufung wünschenswert. Zum Schluß empfiehlt Redner die Ueberweisung der Stcmpelsteucrvorlage an eine Kommission von 28 Mitgliedern. Darauf wird die Wcitcrberatung vertagt. > > > Don Uah und Fern. Zu den Jubilaren des nächste« Jahres gehört in erster Reihe der Kaiser. Am 27. Januar, als au seinem Geburtstage, wird der oberste Kriegsherr seine 25jährige Zugehörigkeit zur Armee feiern. Am 27. Januar 1869 wurde der damalige Prinz Wilhelm zum Sekond-Leutuant ernannt. Eine märchenhafte Meldung der fran zösischen Zeitschrift ,Nature' verbreitet das Depcschenbüreau „Herold". Danach soll Kaiser Wilhelm wegen Ankaufs deS in der Kapkolonie gefundenen Diamanten „Exzelsior" unterhandeln lassen. Der Diamant soll der größte der Welt sein und 205 Gramm wiegen. Die englische Regierung soll bereits 12 Mill geboten haben. Brandverluste im Preussischen Staate Nachdem die Brandzählkarten aus dem Jahre 1889 vollständig aufbereitet sind, stellen wir den danach ermittelten Gcsamtschaden dem während der drei Vorjahre entstandenen gegenüber. Es , wurde dec im preußischen Staate durch Feuer vernichtete Wert an feststehenden und beweglichen Höhe Holö. ISj «Fortsetzung.» Erdmuthe, einst seine Erdmuthe! Seine Hoff nung, seine Sehnsucht waren in Erfüllung ge gangen, und nun war es ihm leid darum, bitter leid. DaS war nicht das sanfte, leidende, resignierte Mädchen, welches er wiederzusehen gehofft hatte, das Mädchen, daS noch immer um seinen Verrat trauerte, sondern ein beglücktes Weib, das die ganze Vergangenheit vergessen zu haben schien. Jetzt fiel der Blick ihrer großen, dunklen Augen von Leonies feinen Zügen auf Erwins Gestalt und Antlitz, ein Schatten flog über ihr Gesicht, sie blieb zögernd stehen; dann aber kam ein verächtliches Leuchten in ihre Augen, ein seltsames Lächeln spielte um ihre Lippen, und mit klarer, deutlicher Stimme sagte sie laut: „Hier sehe ich Sie wieoer, Herr Feldbach, wie seltsam das ist! Sie müssen wissen, gnädige Frau," wandte sie sich an Leonie, „daß Ihr o.err Gemahl eines Tages meines Väterchens Gast war, daheim in Ostfriesland." „Ach, Erwin, das hast du mir ja nie er zählt," rief Leonie mit leisem Vorwurf; „bist du krank, lieber Mann?" fuhr sie erschreckt fort. „Du bist so sehr bleich." Sie ergriff angstvoll Erwins Hand und schmiegte sich innig au ihn. Er ließ sie gewähren, einen fast verzweiflnngsvollen Blick auf Erdmuthe werfend, und entgegnete: „Ich bin etwas abgespannt, das ist alleS; mache dir keine Sorgen, liebes Kindt" Herr Pärson hatte Frau von Messingen in ein Gespräch verwickelt und machte ihr in reizend altmodischer Art und Weise den Hof inzwischen faßte sich Feldbach mit der Selbstbeherrschung, weiche allen wohlerzogenen Menschen eigen zu sein pflegt, und nahm an dem Gespräch teil. Messingen schien die Erkennungsszeue über sehen zu haben, so unbefangen wandte er sich an Erwin; seine Blicke aber waren dankend und grüßend zu Erdmuthe gepflogen, und ein leichtes Neigen seines Hauptes sprach der jungen Frau seine Zufriedenheit aus. „Ich schlage vor," begann er dann launig, „die Herrschaften gestatten mir, mit Ihnen unsern Reise - Proviant zu teilen; die Suppe, die die liebenswürdige Almfee uns bereitet, scheint mir für zivilisierte Europäer ungenießbar. Siehst du, wie gut es war, Erumthe, daß ich unS mit Speise versehen habe, sonst müßtest du die Suppe dort genießen." „Und das wäre wirklich furchtbar," lächelte die junge Fran, „und du hättest die Verant wortung, Kraft; ich habe dir von Anfang an Regen prophezeit. Aber so sind die Männer." Herr Pärson drohte ihr schalkhaft mit dem Finger. „Und unser beständiger Seufzer ist: oosi k»n tntts, gnädige Frau," erwiderte er; „nur gut, daß wir beiderseitigen Grund zur Klage haben. Ich für meinen Teil nehme Ihre Einladung dankbar an und bitte Sie, zur Wieoervergeltung ein Glas Wein nicht zu verschmähen." „Aber, lieber Papa, davon weiß ich ja garnichts." rief Leonie verwundert; „gewiß hättest du unS nichts von dem Wein gespendet." „Sicherlich nicht, der war eigentlich für uns vorbedachten alten Leute; Fräulein Bertram und mich," neckte der alte Herr; „ein anderes Mal begebt euch nicht ungerüstet auf Ausflüge. Aber da Erwin erbärmlich aussieht, habe ich ein menschliches Rühren empfunden. Ich glaube, lieber Sohn, Leonie hat recht, du bist krank!" „Nein, nein, Papa, ich bitte Sie," protestierte Feldbach lebhaft, „ich fühle mich ganz wohl!" und dabei stieg ein Helles Rot in sein Antlitz. „Die Luft hier ist freilich zum Ersticken, ich werde einen Augenblick ins Freie treten." Er erhob sich, und bald stand er in dem klatschenden Regen draußen. Der Wind spielte in seinem Haar, ein Blitz folgte am umwölkten Himmel dem andern, die gewaltige Stimme des des Donners rollte in fast unaufhörlicher Folge durch die Berge. Tausend finstere Dämonen schienen entfesselt und bemüht, dem Erdensohn seine Kleinheit zu beweisen. Feldbach hatte die Zähne fest aufeinander gebissen, seine geballte Hand ruhte auf der Brust, ein fast feindseliger Blick flog zum Firmament empor. Die sturmerfüllte Finsternis, die zuckenden Blitze, der grollende Donner paßten zu dem Kampf in seinem Innern. Unbefriedigt, ruhelos zu sein, hatte er sich selbst verdammt, in Selbst verblendung und Thorheit hatte er daS wahre Lebcnsglück in falschen Sphären gesucht und mit einem Verrat zu erkaufen gedacht. Was besaß er denn nun? Glanz, Ehre und Reichtum und doch ein unbefriedigtes, sehnsuchtsvolles Herz! Und nun es zu spät war, zu spät für dieses ganze, lange Ädenleben, erfaßte ihn die Reue, der wahnsinnige, verzehrende Wunsch, rückgängig machen, widerrufen zu können. Unterdessen breitete Oberst v. Messingen mit Erdmuthes Hilse das einfache Mahl auf dem Tisch aus, plötzlich erfaßte die junge Frau feint Rechte und hielt sie mit dem Ausdruck innigster - Liebe in den reinen Zügen fest. „Kraft," fragte sie leise, „bist du zufrieden mit mir?" Wortlos legte der Oberst den Arm um sie und zog sie an sich. „Meine tapfere, kleine Frau," sagte er innig, einen Kuß auf ihre Stirn drückend, „ich danke dir!" Herr Pärson nickte Leonie bedeutungsvoll zu und fand das Benehmen des Ehepaars nach ahmenswert; Fräulein Bertram lächelte still vor sich hin, wunderbar, der weißköpfige Mann von einem blühenden, jungen Weibe geliebt; ja, ja, Liebe ist blind, und Leonie dachte selig an ihr eigenes Glück. Meili aber, die stämmige schwarzbraune Almerin, blickte mit pfiffigem Ausdruck auf die seltsamen Liebesleute und verbarg ein Lächeln hinter der vorgehaltenenen Hand. Was doch die Stadtleute g'spaßig waren, die beiden hätte sie für Vater und Tochter ge halten, und nun war es ein Ehepaar. Na, sie, die Meili, hielt's mit den schneidigen junge" Burschen, das wußte sie, mit den Weißköple» hatte sie nicht gern 'waS zu schaffen, und W Koni war der kühnste Jäger im Oberland. A"" hübsch und fein war die Frau, das war nctE und recht freundlich und leutselig gab sie w von dem süßen roten Wein zu trinken. , „Es thut mir leid", sagte sie mit w
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