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Allgemeiner Anzeiger : 18.11.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-11-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189311188
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18931118
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18931118
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1893
-
Monat
1893-11
- Tag 1893-11-18
-
Monat
1893-11
-
Jahr
1893
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 18.11.1893
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politische Rundschau. Deutschland. *An den Hosjagden inLetzlingen, die am 17. und 18. d. stattfinden sollen, werden mit dem Kaiser Prinz Heinrich und Prinz Friedrich Leopold, Großfürst Wladimir von Ruß land, Prinz Ludwig von Bayern, Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, Prinz Albert von Sachsen-Altenburg teilnehmen. * Nach den ,Hamb. Nachr.' haben die rusfi sch e n U n t e r h ä n d l e r bei den deutsch-russi schen Zollverhandlungen ein vorläufiges Abkommen vorgeschlagen, daS aber diesseits als unannehmbar abgelehnt worden ist. *Die Finanzminister von Bayern und Württemberg, Frhr. v. Riedel und Dr. v. Riecke sind am Sonntag in Berlin eingeiroffen, um an den in diesen Tagen statt- findenden Verhandlungen des Bu idesrats über die neuen Reichssteuergesetze teilzunehmen. Be kanntlich schweben noch bezüglich der Wein steuer erhebliche Differenzen. Darauf ist offen bar die sonst ungewöhnliche Beteiligung der süd deutschen Finanzminister an den Bundesrats- Verhandlungen zurückzuführen. * Zum Stempelsteuerges etz ist dem Bundesrat nunmehr ebenfalls die Begründung zugcgangen. Der Ertrag aus dem Anschaffungs stempel wird auf mehr als 11 Millionen be rechnet. Aus der erhöhten Steuer für Lotterie lose wird ein Mehr von östr Millionen, aus der Quittungssteuer ein Ertrag von 6—7 Mill. Mk. erwartet. Der Ertrag der Besteuerung der Checks und Giroanweisungen wird auf 5- bis 800 000 Mark geschätzt. Die Besteuerung der Fracht briefe soll eine Gesamteinnahme von 8 bis 9 Mill. Mk. bringen. *Der Gesetzentwurf zur Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten wird an den Reichstag gelangen. Die Abände rungen, die der frühere Entwurf inzwischen er fahren hat, sind nicht erheblicher Natur. Die Begründung des Entwurfs beschäftigt sich auch mit den Vermögensverlusten, die die Bevölkerung Deutschlands durch Krankheiten Jahr für Jahr erleidet. Diese Verluste lassen sich annähernd nacd den Ergebnissen der gesetzlichen Kranken versicherung schätzen, die Zahlenangaben über die Häufigkeit des Erkrankens für große Gruppen der erwerbsmäßigen Bevölkerung liefern. Danach betrug die Gesamtzahl der in die gesetzliche Krankenversicherung eingetragenen Personen Ende 1891, ungerechnet 481 610 in Knappschastskassen versicherten Personen 6 530 513, also insgesamt mehr als 14 Prozent der Bevölkerung. Oesterreich-Ungar«. * Die neuen Minister unter dem Fürsten Windischgrätz haben dem Kaiser am Sonn tag bereits den Treueid geleistet. Mehrere der zurückireteuden Minister erhalten vom Kaiser Handschreiben, die den Scheidenden hohe Aner kennung zollen. * Der Reichsrat wird für den 21. No vember zur Fortsetzung seiner Thätigkeit ein berufen. Das gemischte Kabinett verfügt über 200 Stimmen im Abgeordnetenhause, wovon 112 aus die deutsche Linke fallen. Das Ministerium wird sich mit einer Erklärung Vorsteven und darin auch sein Programm bezüglich der Wahl reform ankündigen. Wie verlautet, liegt es im Plan der Negierung, eine neue Wählerklasse der Mindestbesteuerten und der nicht Steuer zahlenden und des Lesens und Schreibens Kun digen zu schaffen, der etwa 80 neue Mandate zugewiesen werden sollten. Die Wählerkategorien des Großgrundbesitzes, der Handelskammern und des Bürger- und Bauernstandes sollen ihre bis herigen Mandate behalten. Frankreich. *Nach einer Meldung der ,Temps' aus Kotonu soll General Dodds Atscheribe einge nommen haben, wo Behanzin sei e Residenz aufgeschlagen hatte. Die Dahomeyer sollen sich unterworfen und vierhundert Gewehre, vier Kanonen und Munition ausgeliefert haben. Wie der,TempS' weiter meldet, hätte General Dodds Abgesandte der benachbarten Stämme empfangen, die das Versprechen abgegeben, Behanzin an der Flucht zu verhindern. Eine offiziöse Bestätigung dieser Meldung des ,Temps' fehlt. *Jn Besancon wurden zwei Anarchisten wegen Verbreitung von Plakaten verhaftet, in denen das Attentat in Barcelona verherrlicht wird. * Die russisch-französischen Ver - brüderungsfeste zeitigen noch seltsame Blüten. Der .Figaro' veröffentlicht an dec Spitze des Blattes einen Artikel des bisherigen Deputierten Pion, der bekanntlich Gründer der katholischen konstitutionellen Partei ist. In diesem Artikel wird behauptet, daß der Haupt urheber der russischen Alliance der Pap st sei, durch dessen direkte Ratschläge die Bedenken des Zaren besiegt worden seien. * Der setzt wieder so viel genannte Cornelius Herz scheint sich plötzlich zu erinnern, daß er Großoffizier der Ehrenlegion ist. In Frankreich hatte man das übrigens nicht ver gessen; denn monatelang hatte die Presse ge fordert, daß der internationale Abenteurer aus den Listen der Ehrenlegion gestrichen werden solle. Die Gerichtsbehörden erweckten sogar den Glauben, daß dies bereits geschehen sei; denn der Haftbefehl gegen Herz wurde von dem Unter suchungsrichter eines Tribunals erster Instanz erlassen. Nun aber macht der Anwalt Herz' geltend, daß der Befehl kraftlos sei, weil ein Haftbefehl gegen einen Großoffizier der Ehren legion nur durch einen Rat am Appellhof aus gefertigt werden dürfe. So steht man in dem Augenblick, in dem der langwierige Handel end lich in das kritische Stadium treten zu sollen schien, vor einem neuen Hindernis, das der schlaue Patient bis zum richtigen Augenblick aus gespart hatte. England. * Ueber die Stellung des H er z o g Äl f re d von Sachsen-Koburg-Gotha zur eng lischen Regierung und zur englischen Armee äußerte sich Gladstone am Montag im Unterhause wie folgt: „Der Herzog behalte seinen Platz in der Liste der Marineoffiziere, als eine Auszeichnung für langjährige hervorragende Dienste, aber ohne Gehalt und ohne dem aktiven Dienst anzugehören. Bezüglich seiner Stellung als Mitglied des Geheimen Rats bestehe gegen wärtig nicht die Absicht, eine Veränderung vor zunehmen. *Die Flotten frage steht in England noch immer in erster Linie auf der Tagesordnung. Die,Times' stellen in einem Artikel Vergleiche an bezüglich der europäischen Flotten und be stehen darauf, die englische Flotte auf einen unüberwindlichen Stand zu bringen, selbst wenn weitere 100 Mill. Pfund für die Vermehrung der Flotte ausgegeben werden müßten. Spanien. *Das Dynamit-Attentat in Barce lona hat der spanischen Regierung Anlaß zu scharfen Ausnahme-Maßregeln gegeben. Die An kündigung, daß die Verfassungsbestimmungen, die die persönliche Freiheit der Bürger garantieren, suspendiert werden sollen, hat jedoch bisher keine Bestätigung gefunden. Die Pariser .Autoritö' will wissen, daß die spanische Regierung die Initiative ergreifen werde zur Zusammenberufung einer inte r n ationalen Kommission, die mit der Ausarbeitung von Maßregeln gegen die Anarchisten betraut werden soll. Derartige Gerüchte waren früher schon öfters verbreitet. Ob sie diesmal sich bewahrheiten, bleibt abzu warten. *Die Spanier haben jetzt 10000 Mann in Melilla stehen, obwohl für höchstens 6000 Mann Unterkunft vorhanden ist. Gefechte und Geplänkel mit den Kabylen finden täglich statt. Asien.. *Die Prophezeiung, daß die Franzosen an ihren neuen Erwerbungen auf Kosten Siams wenig Freude haben würden, hat sich sehr schnell bewahrheitet. Wie die,Times' aus Bangkok melden, versuchten die Franzosen die Eingeborenen zur unentgeltlichen Frohn arbeit bei der Erbauung von Straßen am linken Ufer des Mekong heranzuziehen und schossen mehrere von den Laos, die sich weigerten zu arbeiten, nieder. Der ganze gebirgige Teil von Tongking ist infolgedessen im vollen Aufstande, dem gegen über die Franzosen ohnmächtig sind. Die einge ¬ borenen Truppen sind demoralisiert und schließen sich den Rebellen an. Australien. *Von Honolulu eingegangene Berichte lassen die Wiedereinsetzung der Königin Liliuo- kalani und somit die Wiederherstellung der hawaischen Monarchie als nahe bevor stehend erscheinen. Die kaiserliche Kabinettsordre an die Offiziere der Armee aus Anlaß des Spieler- und Wucher-Prozesses in Hannover ent hält noch keinerlei neue Strafbestimmungen für Ausschreitungen im Spiel und üppigen Lebens wandel, wie sie sich an einzelnen Stellen der Armee leider gezeigt haben. Der Kaiser hat, nach der,T. R.' in der soeben erlassenen Ordre lediglich befohlen, daß auf „Grund der Verord nung über die Ehrengerichte vom 2. Mai 1874 gegen alle Offiziere, die auch nur im geringsten in den Spieler- und Wucherer-Prozeß verwickelt gewesen sind, auf ehrengerichtlichem Wege ein geschritten, und daß jeder Offizier unnachsichtlich und ohne Ausnahme zur Verabschiedung einge geben werden soll, der hierbei die Standesehre irgendwie verletzt hat. Im weiteren Verlauf der Ordre hat der Kaiser seinem Unwillen Ausdruck gegeben, daß die genannte alte und eine ähnliche bei seinem Regierungsantritt gegebene neuere Ordre über die Notwendigkeit einer einfacheren und sparsamen Lebensweise so wenig beachtet worden ist, und hat an die General-KommandoS den Befehl erlassen, ihm diejenigen Regiments- Kommandeure namhaft zu machen, die in der Befolgung dieser OrdreS nicht mit der nötigen Strenge vorgegangen sind und die ihnen anver- trauteu Offizierkorps nicht mit der erforderlichen Sorgfalt überwacht haben. In der Verordnung vom 2. Mai 1874 sind als Handlungen, die dem Ruf des einzelnen und der Genossenschaft nachteilig werden können, ausdrücklich genannt: alle Ausschweifungen, Trunk und Hazardspiel und die Uebernahmc solcher Verpflichtungen, mit denen auch nur der Schein unredlichen Benehmens ver bunden sein könnte, sowie überhaupt jedes Stre ben nach Gewinn auf einem Wege, dessen Lauter keit nicht klar erkennbar ist. „Völlige Erschütte rung des Grundes und Bodens," heißt es da, „worauf der Offizierstand steht, ist die Gefahr, die das Streben nach Gewinn und Wohlleben mit sich bringen würde." Somit ist die Sühne für die Vergehen in Hannover in die Hände der Ehrengerichte, also der OssizierkorpS selbst gelegt. Uon Uah und Fern. Eine originelle Rechtsfrage sollte dieser Tage in Berlin der Entscheidung des Zivil gerichts unterbreitet werden. Ein Lebensüber drüssiger hatte sich in seiner Wohnung erhängt. Durch das Gewimmere und Gestöhne des frei willigen Todeskandidaten wurden Hausbewohner angelockt, die kühn entschlossen die verschlossene Thür sprengten, in die Wohnung drangen und den Selbstmörder noch im letzten Moment ab schnitten. Bei dem Rettungswerk war die Woh nungsthür arg beschädigt worden und mußte repariert werden. Der Hauswirt verlangte die Kosten von dem Mieter, dieser aber weigerte sich, zu zahlen, indem er behauptete, daß er zur Be schädigung der Thür keine Veranlassung gegeben, auch keinen Vorteil davon gehabt habe, da ihm sein Leben gar nichts wert sei. ES kam deshalb zur Klage, dem Amtsrichter glückte es aber schließlich, einen Vergleich herbeizuführen. Die Umgebung des Fürsten Bismarck behütet den Fürsten mit besonderer Sorgfalt und läßt keinen der zahlreichen Fremden, die Frie- drichsruh in der Absicht besuchen, den ehemaligen Reichskanzler zu sehen und zu sprechen, bis zu ihm vorzudringen. Das hat kürzlich wieder der Vertreter eines großen Pariser Blattes erfahren, der eigens die weite Reise nach Friedrichsruh gemacht hatte, um den Fürsten über seine Meinung bezüglich der russisch-französischen Ver brüderung auszufrage», und der trotz einer yankeeartigen Unverfrorenheit unverrichteter Sache abziehen mußte. Tod auf den Schienen. Auf der Berlin- Hamburger-Eisenbahn wurde am Freitag mittag in der Nähe von Paulinenaue durch den von Hamburg kommenden Schnellzug der Bahnwärter Drewicke überfahren und sofort getötet. Drewickc, an dessen Bude kurz vorher ein Güterzug vorbei- gesahren, beobachtete denselben, kam aber dabei dem zweiten Geleise zu nahe und wurde vom Schnellzug erfaßt und bis zur Unkenntlichkeit zermalmt. Der Schnellzug hielt infolge des Un falls in Paulinenaue. Seit wann ist Helgoland bewohnt? Jedenfalls seit der mittleren Steinzeit, das ist vor kurzem bewiesen worden. Mau fand aus Anlaß der Befestigungsarbeiten zwei regelmäßig gearbeitete und polierte Feuersteinbeile von 20 und 13 Zentimeter Länge, das eine in der Mitte des Oberlandes, das andere an der Nordspitze, jedes 1 Meter tief im Saude. Beide zeigen die gleiche Art, wie die in Schleswig-Holstein und in Hanno ver in großer Masse gefundenen. Man will auch Spuren einer Werkstätte gefunden haben, roh ge schlagene Messer, Abfallsplitter u. a., die zu sammen mit de - zwei Beilen dem Museum für Völkerkunde in Berlin überwiesen werden. Bei dem kürzlichen Aufruhr-Prozeß wegen der Exzesse in der Matthias-Straße in Breslau wurden bekanntlich 18 der inhaftierten Personen freigesprochen. Diese wurden aber widerrechtlich länger als nötig war, ihrer Freiheit beraubt. Das Urteil wurde am 11. d. abends um 9 Uhr gefällt, die Freigesprochenen hätten also noch an demselben Abend entlassen werden müssen. Dies geschah aber nicht, vielmehr er folgte die Freilassung erst am 12. früh. Durch ihren Verteidiger haben die Betroffenen berechtigte Beschwerde bei den zuständigen Behörden erhoben, worauf ihnen vom Regierungspräsident der Be scheid zugegangen ist, daß in Zukunft Vorkehrun gen getroffen sein werden, „daß Untersuchungs- gefangene, deren Entlassung aus der Haft erst nach erfolgtem Einschluß der Gegangenen gericht lich angeordnet wird, auch wirklich alsbald aus der Haft entlassen werden." Aus dem Zuchthaus in Kassel waren, wie s. Z. gemeldet worden, vier Gefangene aus gebrochen, von denen drei von den nachsetzenden Aufsehern wieder ergriffen wurden. Der vierte, der Einbrecher Biermann aus Westfalen, konnte nicht mehr eingeholt werden und man glaubte, daß ihm die Flucht gelungen sei. Man wollte ihn sogar schon wieder in seiner Heimat bei seinem sauberen Handwerk bemerkt haben. Am Donners tag nun wurde seine Leiche am Rechen der Logischen Mühle nahe dem Zuchthaus ausge funden. B. ist also damals, während feste Genossen nach einer kleinen Insel gelangten, untergegangen. Die Leiche soll Verletzungen tragen. Es ist noch festzustellen, ob sie von dem Sprung von der hohen Mauer oder von einein der von dem Wachtposten nachgefeuerten Schüsse herrühren. Mehrere schwedische Damen haben sich in Begleitung schwedischer Kavaliere nach Elbing begeben, um daselbst einen Torpedojäger anzil- kaufen. Die Damen haben das dazu erforder liche Geld durch freiwillige Sammlungen aus gebracht und schenken das Schiff der schwedischen Kriegsflotte. Der „exzentrische" Fürst Sulkowski HK bekanntlich an der Gerichtsstelle in Bonn eine Klage auf Ungültigkeit seiner Ehe mit der früheren Opercttensängerin Ida Jäger angestrengt. Er machte dabei geltend, daß er zur Zeit der Eheschließung mit Fräulein Ida Jäger nicht zu rechnungsfähig gewesen sei. Nun hatte er aber in einem früheren Prozesse, in dem es sich UNI Aufhebung seiner E tmündigung handelte, aus drücklich erklärt, daß er niemals geistesgestört gewesen sei, und das Gericht hatte ihm damals Recht gegeben. Es mußte also lügischerwcise jetzt seiner früheren Auffassung treu bleiben und auch annehmen, daß Fürst SulkowSki vollständig Herr seiner Sinne war, als er mit Fräulein Ida Jäger an den Traualtar trat. Und so war denn der Ausgang des Prozesses, wie vorausgesehen werden konnte, für den Fürste» ungünstig. In diesen Tagen hat das Bonner Gericht die Ehe des Fürsten Sulkowski mit Ida Jäger für gültig erklärt und dem Fürsten aufgetragen, an seine Gemahlin eine jährliche Apanage von 12 000 Alk. zu zahlen. ES ist hierbei zu bemerken, daß diese Abmessung der Apanage nur provisorisch be- Kotze Kold. 6s «Fortsetzung.! Lecke Barßen aber saß da, breit und be häbig, und sprach in langsamen, abgemessenen Worten von seinem guten Verdienst, seinem stattlichen Hause, und seine listigen Augen liefen forschend von einem Gesicht zum andern. Die Wiebke Hemers gefiel ihm nickt, ihre dunklen Augen hatten einen so besonderen, durchdringen den Blick, und das war ihm unbequem! Was hatte sie ihn fortwährend anzublicken, es war doch nichts Verwunderliches an ihm? Was ging eS ihn an, wenn manche seiner Gäste das Tageslicht zu scheuen halten, wenn sie nur pünktlich und ordentlich die Zeche bezahlten! Sein Hinterzimmer war ja — gottlob — ficker genug, um ihn gegen Verrat und Ueber- fälle zu bewahre», wenn die Polizei etwa ein mal ihre Nase in den „Goldenen Dorsch" steckte. Leeke Barßen hatte im eigentlichen Gastzimmer ganz ausgezeichneten Rum und Arak, den auch die Spürnasen nicht verschmähten, und während sie den feurigen Stoff durch die Kehlen gossen, war von den Schmugglern nichts mehr zu sehen. Ja, ja, Leeke Barßen war ein pfiffiger Gesell, dem Fortuna gut sein mußte, sie mochte wollen oder nicht, und dem es niemand ansah, daß seine Wiege unter dem ehrlichen, markigen Fricsenvolk gestanden. „Ich habe dir 'was mitgebracht, Telse," begann er endlich ohne weitere Vorbereitung, in seiner Tasche suchend; Dietz', gefällt dir das Mädchen tz" Blutrot im Gesicht, sprang Telse vom Stuhl auf, mit leuchtenden Augen streckte sie die Ha d nach der roten Korallenschnur aus, welche der Wirt zwischen den Fingern hielt, der aber rief lachend: „Nicht so rasch, Telse, was gibst du mir für den Tano; denn umsonst ist der Tod." Das Mädchen ließ den erhobenen Arm sinken, ihre Lippen zuckten trotzig. „Behalt'S," sagte sie dann scharf; „mit dem, was du meinst, ist es nichts, ein für allemal nichts, das laß dir gesagt sein. So haben wir nicht gewettet, Leeke Barßen, verkaufen lasse ich mich nicht." „Nanu," rief der Wirt verwundert, mit weitgeüffneten Augen in das schöne Mädchen gesicht starrend, das mit den heißen Wangen, den blitzenden Augen einen neuen Reiz erhielt; „beruhige dich doch, es war nicht böse gemeint. Wollte dir im Gegenteil einen andern Vorschlag machen." Da Telse noch immer schwieg, nahm Frau Hemers endlich das Wort: „Sprich, Leeke, was hast du zu sagen? Die Telse ist ein Kindeskopf, die nichts vom Leben und seinen Lasten weiß; eine alte Frau wie ich hat bessere Einsicht." Dec Wirt vom „Goldenen Dorsch" trat dicht an der Ahen Seite, beide Hände in den Taschen, stand er breitspurig da und sagte langsam: „Zuerst habe ich gemeint, die Telse soll zu mir als Schenkmädchen kommen, Verdienst und Behandlung sollten gut sein. Die stolze Dirne aber wollte nicht, weil «S hierzulande nicht Brauch ist, und da mein' ich nun, sie soll mit mir gehen als meine Frau!" Frau Hemers hielt uiit einem scharfen Stoß ihr Spinnrad an, so daß der Faden zerriß; ein stolzes Lächeln des Glückes umspielte ihre schmalen Lippen, Leeke schaute sich triumphierend im Kreise um, Wiebke saß mit bleichem Antlitz und gefalteten Händen da, und von Telse wußte man nicht recht, ob sie lachen oder weinen wollte. „Ihr habt wohl nicht gedacht, daß es so kommen könnte?" fragte Leeke selbstgefällig; „besonnen habe ich mich natürlich, ehe ich an- frug. Telse ist ein armes Mädchen, und ich könnte die Reichste von drüben haben." „Dann nimm' sic, Leeke Barßen", und die schöne, große Friefin stand plötzlich dicht vor ihm in herausfordernder Haltung, mit den Hän den in der Seite und einem trotzigen Lächeln; „nimm sie getrost, mir soll eS gleich sein!" „Telse," fuhr die Mutter heftig empor, „was sprichst du für Zeug! Bedanken sollst du dich für die Ehre, die Leeke dir anthut, und nicht fo sprechen, als käme jeden Tag solch' ein Freier." Telse wollte antworten; aber Barßen ergriff ohne weiteres ihre Hand und legte die Korallen- schnur hinein. „Bist ein recht wilder Sturmvogel," sagte er belustigt, „zeigt alle Augenblicke Krallen und Schnabel, und daß ich cs gleich offen gestehe, dein Wesen gc'ällt mir! Ma chmal geht es im „Goldenen Do sch" bunt und lustig her, da muß die Wirtin Kourage haben und daS richtige Wort bei der Hand. Schlag' ein, Telse Hemers; ehe die Rosen blühen, fitzest du am Lande hinter dem Sckenktiich." Aber Telse stand regungslos da, wie ver steinert, jene Stunde, jene süße, selige Stunde fiel ihr ein, da Jens um sie nmrb, da sic freudetrunken an seine Brust gefloge < war, wie anders batte sic da empfunden! Aber sollte ne dem reichen Mann nun sagen: Ick kann dein Wcib nicht werden, ick habe einem andern Treue versprochen? Diefer andere war fern, vielleicht jahrelang, vielleicht kehrte er niemals heim, Wind und Wellen waren trügerisch und ohne Erbarmen! Nein, o nein, sie hatte das harte Arbeitsleben, welckeS sie bisher geführt und an Jensens Sette immer führen mußte, herzlich satt, eS war eben ein Traum gewesen, weiter nichts!" Sich hoch aufrichtend, hielt sie dem Freier die Reckte hin: „Dein Wort gilt, Leeke Barßen, von heute an bin ich deine Braut und im Sommer machen wir Hochzeit." „Telse," schrie Wiebke laut auf und warf beim raschen Vorstürzeu ihr Spinnrad zu Boden, „hast du alles vergessen, alles? Mach dich nicht unglücklich, denke an —" Aver Telse legte blitzschnell und flammenden Zorn im Auge ihre Hand auf der Schwester Mund und sagte bart: „Schweig', alberne Dirne, was gehen dich meine Sachen an, kehre vor deiner eigenen Thür!' .. Wiebke wick mit kreideweißem Gesicht zürn» und umklammerte krampfhaft ci e SluhNcb'c. Da mar sie, die Erfüllung ihrer Ah nu g! Teile
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