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Allgemeiner Anzeiger : 07.10.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-10-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189310075
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18931007
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18931007
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-10
- Tag 1893-10-07
-
Monat
1893-10
-
Jahr
1893
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 07.10.1893
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politische Rundschau. Deutschland. * Kaiser Wilhelm wird am 18. Oktober inBremenzur Enthüllung des Kaiser Wilhelm- Denkmals eintreffen. *Jn militärischen Kreisen nimmt man an, haß im nächsten Jahre auch im nördlichen Deutschland große Armeemanöver, zu welchen verschiedene Korps herangezogen werden dürste -, stattfinden werden. Natürlich ist hier über noch nichts Bestimmtes von unserer Heeres leitung festgestellt, allein es verlautet zuverlässig, daß sowohl der Kaiser, als auch der König von Sachsen die Notwendigkeit solcher ganz feldmäßig angelegten Manöver auch für Deutschland betont habe. Wie weiter verlautet, hat der General stabschef Graf Schlieffen eine diesbezügliche Denkschrift ausznarbeiten. Als Führer dieser zwei Armeen, deren jede aus zwei Korps mit Reserveformationen bestehen dürfte, werden Ge neraloberst v. Loe und General der Kavallerie Graf Waldersee genannt, die an gewissen Tagen die Führung an den Kaiser abtreteu. *Die Verhandlungen über den deutsch - russischen Handelsvertrag sind am Montag unter Vorsitz des deutschen Delegierten v. Thielmann eröffnet worden. Die Verhand lungen werden sich auch nach der formalen Seite in die Länge ziehen, da sie in französischer Sprache geführt werden müssen. Von den russi schen Vertretern ist nur Raffalowitsch des Deut schen mächtig. Die Protokolle werden außerdem in deutscher und russischer Sprache ausgenommen. * Der Redaktionsausschuß der Börsen- Untersuchungskommission ist, wie der .Neichsanz/ mitteilt, so weit mit seinen Arbeiten vorgeschritten, daß deren Beendigung in wenigen Tagen zu erwarten ist. Das Plenum der Kom mission wird voraussichtlich noch im Laufe dieses Monats zur endgültigen Feststellung des Berichts berufen werden. *Nach einem bei der Antisklaverei-Gesellschaft eingegangenen Telegramm ist Major v. Wiß mann am 7. Juli am Tanganyika einge- troffen. Major v. Wißmann hatte daselbst schwere Kämpfe zu bestehen, die jedoch sieg reich endeten und wobei mehrere Hundert Sklaven befreit wurden. Oesterreich-Ungar«. *Am Sonntag ist der ungarische Minister präsident nach Wien gereist und hat beim Kaiser eine Audienz gehabt. Nach einer Privatmeldung bat der Monarch seine Zustimmung zu dem Gesetzentwurf betr. die Zivilehe gegeben. * Die Jungtschechen haben jetzt ein Manifest vom Stapel gelassen. Dasselbe greift den Grafen Taaffe mit starken Schmähungen an und erklärt schließlich, es soll aüf dem bisherigen Wege der Bekämpfung der Regierung fortgeschritten werden in der Ueber- zeugnng, dabei die Unterstützung des gesamten tschechischen Volkes zu haben, das alle Folgen des Kampfes auf sich nehmen werde. Frankreich. * Wasserstrahl auf Wasserstrahl sendet man von Rußland über die Franzosen. So wird jetzt bekannt, daß weder der Großsürst Alexis, noch der im Seebad Biarritz weilende Großsürst Wladimir den russisch-französischen Festen beiwohnen würden. Der Großfürst Alexis verlasse am 5. d. Vichy und reise nach Odessa ab, während der Großfürst Wladimir bis Ende dieses Monats in Biarritz verbleiben werde. Belgien. * Voneinem„a frikanischenSkandal" hatte kürzlich die,Jndöpendance Belge, berichtet, indem sie behauptete, daß die Kolonial behörden Deutschlands und Englands gestattet haben sollten, daß unter Verletzung der Antisklaverei-Akte den Arabern Pulver zugeführt würde. Dadurch sollte die Antisklaverei-Expcdition Descamps um so mehr gefährdet sein, als Wiß manns „blutiges Vorgehen im Nyassalande" alle Ei geborenen und Araber zum Hasse gegen die Europäer angestachelt haben sollte. Diesen An schuldigungen gegenüber erklärt die Brüsseler Antisklaverei-Gesellschaft, daß sie keinerlei Nachricht über eine Verletzung der Anti- sklaverei-Akte durch Deutschland und England er- Am Ziel. »s (Fortsetzung.) Frau Wildbach begann zu kokettieren mit zwei jungen Leuten, die kaum in das Jünglingsalter getreten waren. Bald begünstigte sie den einen, bald den andern. Die jungen Männer, ehedem die besten Freunde, fingen an sich zu hassen, es kam zu einem Streite, schließlich zum Duell. Der eine, der einzige Sohn einer hochachtbaren Familie, wurde erschossen, der andere floh ins Ausland. „Das Glück zweier Familien war durch Frau Wildbachs Koketterien für immer zerstört. Alle ihre Bekannten zogen sich von ihr zurück; sie, die sonst so Gefeierte, führte in der Residenz ein einsames Leben, so zog sie es vor, aufs Land zu gehen, bis die Sache ins Vergessen geraten sei; aus freiwilliger Buße hat sie dies sicherlich nicht gcthan, ich kenne zu gut den Charakter dieser Frau. Finden Sie es nun begreiflich, daß es ihr nur angenehm sein kann, mit einem anderen Namen wieder in die Oeffentlichkeit zu treten, ob sie nun Herrn von Walkendorf liebt oder nicht? „Hätte der Pfarrer auch nur die leiseste Ahnung von diesen Vorgängen, die Thür seines Hauses wäre ihr verschlossen geblieben, dies weiß Chartotte wohl, deshalb trachtet sie auch so bald als möglich unter einen anderen Schutz zu kom men, denn ein böswilliger Zufall könnte noch immer das Ganze enthüllen — Sie werde i gewiß nichts verrate! ?" Sie sah mich ernst an. „Ich glaube, dazu bedarf es keiner Ver halten habe und daß der Vormarsch der Expedition DeScamps nach dem Tanganjikasee den besten Fortgang nehme. Holland. * Die holländische Regierung hat den Juden, die aus Rußland vertrieben, den Durckzug durch ihr Land verboten. Die Polizei in Amsterdam hält häufig Nachsuchung in den Herbergen nach solchen russischen Aus wanderern und nimmt die Aufgefundeneu in Gewahrsam, um sie später wieder an die Grenze zurückzubeiördern. Eine Ausnahme wird nach neuester Verfügung nur mit denje igen gemacht, die bereits eine Schiffskarte nach Amerika be sitzen. Italien. *Der Gemcinderat von Tarent hat 15 000 Frank für festlichen Empfang der englischen Flotte bestimmt, ebenso haben die umliegenden Ortschaften größere Summen für denselben Zweck auSgewvrsen. Ueberall bilden sich Komitees, um daS Ereignis zu feiern. Spanien. *Die Anarchisten in Barcelona sind trotz der nah dem letzten Attentat er griffenen strengen Maßre eln schon wieder an der Arbeit. Wenigstens läßt sich das aus einer lakonischen Meldung des ,Wölfischen BürcauS' schließen, wonach am Sonntag am Palast der schönen Künste in Barcelona eine Dynamitbombe gefunden wurde. — Das Befinden des Marschalls Martinez Campos, der bekanntlich durch die Explosion einer von dem Anarchisten Pallas ge schleuderten Dynamitbombe nicht unerheblich ver wundet wurde, hat sich soweit gebessert, daß der Marschall bereits das Bett verlassen konnte. NustlauL- * Der zunehmenden Einwanderung von christlichen Armeniern aus der Türkei in Rußland begegnet die russische Regierung mit Anordnungen, die die Auswanderung der MohammedanerimKaukasusgebiet nach der Türkei befördern sollen. Allen solchen, die auf türkisches Gebiet überzusiedeln wünschen, soll die Erlaubnis ohne weiteres erteilt werden. Im Terek-Gebiet ist infolgedessen die Auswande rung der Mohammedaner sehr in Schwung ge kommen. Balkanstaaten. *Ueber die thatsächlich vorhanden gewesene Krisis in Bulgarien erfährt man jetzt folgendes Nähere: Das Blatt .Freies Wort' in Sofia, daS vom Fürsten Ferdinand mit Geld mitteln unterstützt wird, hatte vor einiger Zeit scharfe Angriffe gegen Stamdulow gebracht, wes wegen denn auch der Redakteur verurteilt wurde. Daraus erfolgte der Artikel der Stambulowschen .Swoboda', in dem der Prinz darauf aufmerksam gemacht wurde, daß es kein gefahrloses Unter nehmen wäre, falls er sich Stambulows zu ent ledigen versuchen sollte. Persönliche Verstimmun gen, zu denen der Einfluß der von der Hoheit ihrer Stellung durchdrungenen Prinzessin bei getragen haben mag, scheinen also obgewaltet zu haben. Solche sind bei der maßgebe den Stellung Stambulows begreiflich, dürften aber in ihrer Bedeutung überschätzt worden sein. Stambulow kann des Prinzen und dieser jenes nicht entraten. Aegypten. *Jn Aegypten herrscht einlandwirt - schaftlicher Notstand, der sich noch ver schlimmern dürfte. Wie die ,Times' aus Alexan drien melden, werden wegen des niedrigen Wasser standes des Nils 10 000 Acres in Ober-Aegypten trocken bleiben. Da die Baumwollenerute um einen Monat im Rückstände ist, bewilligte die Regierung einen Aufschub für die Zahlung der Grundsteuer. Amerika. * Die Bemühungen des diplomatischen Korps in Rio de Janeiro, eine friedliche Lösung herbeizuführen, sind ohne Erfolg geblieben. Der Admiral de Mello lieb am Sonntag während des ganzen Tages die Forts bombardieren. Die Preise für Lebensmittel sind so hoch, wie während einer Hungersnot. In der Stadt herrscht eine Panik. Aste:?. * Zwischen F r a n k r e i ch und S i a m wurde ein endgültiges Abkommen getroffen. sicherung," entgegnete ich — „ich kann nur Ihren Edelmut bewundern." — „Hätten Sie mich einer so gemeinen Rache für fähig gehalten?" unterbrach mich Sidonie mit blitzenden Augen —' „ich hasse diese Frau, denn sie hat mir ein schweres Leid zugefügt, ich mache keinen Hehl aus diesem Haß; die Schwelle meines Hauses wird sie nie betreten, aber ebenso wenig könnte ich mich dazu herbcilassen, sie aus dem schützenden Asyl zu vertreiben, das sie im Pfarrhause gefunden hat. — Kommen Sie jetzt und sehen Sie sich meine neue Statuette an; vor einigen Tagen erhielt ich einen Brief vom Hofrat, er will zu Besuch kommen." Plaudernd schritten wir noch eine Zeitlang in der Halle auf und ab; Sidonie sprach die Absicht aus, den Karneval in der Residenz zu verbringen, wie dies alljährlich ihre Gewohnheit sei. Später gesellten sich die beiden Herren zu uns, der Oberst gab einige Jagdabenteuer zum besten, der Baron erzählte Anekdoten, aber es wollte keine rechte Heiterkeit aufkommen. Sidonie war sichtlich zerstreut und mir gaben ihre Mit teilungen reichlichen Stoff zum Nachdenken. Was war aus meinem Ideal geworden? Die schöne, geistreiche, liebenswürdige Frau war nichts als eine eitle, genußsüchtige Kokette ohne Herz und Gefühl — nichts blieb von meinem Ideal übrig als die blendende Schönheit, die auch mir bald verderblich geworden wäre. Ich nahm Abschied und kehrte heim, um den Abend allein zu ver bringen; über meinen Büchern suchte ich die ganze Welt zu vergessen, samt all' den Idealen, die wir uns bilden, erhoffen und doch niemals erlangen. ! Nach den ,Times' ist dem Vertrag eine Kon vention angeschlossen, wonach Frankreich Tschan- tabun besetzt, bis das linke Ufer deS Mekong vollständig geräumt sei. Frankreich erklärte jedoch förmlich, eS werde Tschantabun so bald als möglich räumen. De Vilers hat die Forderung auf Absetzung der dänischen Offiziere zurück gezogen. Von Ralf und Fern. Rothscknlvs Kompagnon. Am Monbijou platz in Berlin verteilte vor einigen Tagen ein elegant gekleideter, etwa 40 Jahre alter Herr Zehn- und Zwanzigvfennigstücke unter die dort zahlreich versammelten Kinder. Selbstverständlich veranlaßte diese Freigebigkeit einen größeren Menschenauflauf, und nun zog der Spender größere Geldstücke aus der Tasche, die er unter die Menschenmenge warf; er amüsierte sich köst lich über die Balgerei um das Geld, an welcher sich Kinder und Erwachsene beteiligten. Mehreren Passanten war das seltsame Gebühren des Herrn jedo-b aufgefallen, sie suchten daher, das weitere Geldausstreuen dadurch zu verhindern, daß sie ihn nach einem benachbarten Restaurant schafften. Dort bezeichnete er sich zunächst als „Kompagnon von Rothschild", eS gelang aber den Leuten doch, nach und nach seine richtige Adresse zu ermitteln. Der sonderbare Herr soll ein Amtsrichter B. aus Königsberg sein, der in Begleitung seiner Gattin nach Berlin gekommen war, um hier einen be rühmten Spezialarzt für Nervenkranke zu konsul tieren. Die Aufregungen der Reise scheinen einen Ausbruch der Geisteskrankheit bei Herrn B. ver anlaßt zu haben, er entfernte sich heimlich aus dem Hotel, um die geschilderte Szene als „Kom pagnon Rothschilds" aufzuführen. Nachdem sein Irrsinn von zuständiger Seite konstatiert worden, wurde der Unglückliche in eine Irrenanstalt über führt. Dem Neubau der evangelischen Kirche in Jerusalem widmet der Kaiser lebhaftes Interesse. Er hat auf die Aufstellung des Bau planes nicht nur entscheidend eingewirkt, sondern auch den Anstoß zu den jetzt beschlossenen Formen des Baues und zwar bis auf die Einzel heiten hin selbst gegeben. Nachdem der mit der Bauleitung betraute Architekt und das erforder liche sonstige Personal sich an Ort und Stelle begeben haben, wird nunmehr auch der Geh. Oberbaurat Adler, dem die Superrevision der Pläne oblag, sich nach Jerusalem begeben, um die Einleitung der Bauausführung zu über wachen und zu dirigieren. Derselbe dürfte bereits die Reise angetreten haben. Bismarcks Erinnerungen. Die,Franks. Ztg.' meldet „aus verläßlicher Quelle", Fürst Bismarck habe sei"e Memoiren mit der Erlaubnis, sie kurz nach seinem Tode zu veröffentlichen, an eine hervorragende süddeutsche Verlagsanstalt für eine halbe Million Mark verkauft. Windhose. Ueber die Stadt Liegnitz ging am 28. v. nachmittags eine starke Windhose hin weg, die vielfachen Schaden anrichtete. Die Zahl der eingedrückten Fensterscheiben, der be schädigten Dächer,, Balkone, Zäune rc. ist groß. Die Schieferdächer der verschiedenen Kasernen flügel wurden zum Teil abgedeckt. Ein vom Lehrling gezogener Malerkarren mit Farben töpfen wurde wie ein Spielball in die Höhe ge hoben und eine Strecke weit fortgeschleudert. Leider ist auch der Verlust eines Menschenlebens zu beklagen. An der Ecke der Wörth- und Grenadierstraße riß der Sturm von einem Neu bau einige Ziegel herunter, die einem Arbeiter aus den Kopf fielen, so daß er einen Schädel bruch erlitt. Eine eigenartige Auszeichnung wurde kürzlich dem Gemeindevorstand a. D. Strauß in Loschwitz-Dresden insofern zu teil, als ihm in anbetracht seiner Verdienste, die er sich um den Bau der erst kürzlich vollendeten Elbbrücke zwi schen Loschwitz und Blasewitz erworben, nicht nur das Ehrenbürgerrecht von Loschwitz verliehen, sondern auch das Recht erteilt wurde, die Brücke, auf welcher auch für Personen ein Brückengeld besteht, lebenslänglich umsonst zu passieren. Hoch die Konkurrenz! Unter den Markt besuchern in Jersitz herrschte am Donnerstag Heller Jubel, da auf dem Wochenmarkt das Durch die Feiertage hatten unsere Leseabende eine kleine Unterbrechung erlitten; wir nahmen nun dieselben wieder mit erneutem Eifer auf, wir lasen nun Shakespeare und hatten sogar den guten Pfarrer überredet, uns in einigen kleinen Rollen auszuhelfen. Eines Abends, als ich ins Pfarrhaus kam, fand ich die Mitglieder unseres kleinen Lesezirkels ziemlich verstimmt. Charlotte hatte Migräne und war durch nichts zu bewegen, ihr Zimmer zu verlassen, um an der Vorlesung teilzunehmen. „Die Wahrheit ist, daß sie einen Zwist mit Walkendorf hatte," sagte. Wilhelmine lächelnd, bis morgen wird alles gut sein, für heute müssen wir freilich auf unsern Romeo verzichten." „Wenn die Hauptaktrice fehlt, wird der heutige Lese-Abend wohl ausfallen müssen," sagte der Pfarrer, zu Walkendorf gewendet; „Sabine soll uns etwas Vorspielen." „Fräulein Sabine," rief der junge Offizier, — „o, da habe ich einen glücklichen Einfall, lesen Sie die Julia!" „Ich?" versetzte Sabine glühendrot werdend, „nein, nein!" „Aber wenn ich Sie schönstens darum bitte, wenn die ganze Gesellschaft ihre Bitten mit den meinen vereint," bat er in den schmeichelndsten Tönen. Unsicher sah Sabine ihren Bruder an, „Soll ich?" fragte sie mit bebender Stimme. Warum nicht, Kind?" entgegnete der harm lose Pfarrer, „du wirst eben lesen, so gut du kannst, mehr verlangen wir nicht." „Nun gut, es seil" sagte sie, entschlossen nach dem Buche greifend. Fleisch teilweise geradezu verschenkt wurde. Zwischen den heimischen und auswärtigen Fleischern ist nämlich seit längerer Zeit ein äußerst heftiger Konkurrenzkampf entbrannt, der am gedachten Tage zu einer Art Entscheidungs schlacht führte. Die Verkäufer setzten die Preise für ihre Fleischwaren gegenseitig derart herunter, daß am Schluffe des Marktes z. B. gutes Schweinefleisch, das in der Stadt nicht unter 60 Pf. pro Pfund zu haben ist, zu 25 Pf. ver kauft wurde. Der Markt wurde infolgedessen von den Einwohnern geradezu gestürmt, da das Gerücht über die billigen Preise sich wie ein Lauffeuer im Orte verbreitet hatte. Das Wahrzeichen der Stadt Bunzlau, der große Topf, ist von seinem alten Standorte auf der Görlitzerstraße bei der Remholdschen Töpferei, auf dem er vor fast anderthalb Jahr tausenden (?) fabriziert wo. den ist, entfernt wor den. Zu diesem Zwecke mußte das achteckige Häuschen, das ihn in sich schloß, niedcrgeiissen werden. Sein neuer Platz ist nach dem,Ndschl. Kour.' in dem Befestigungsturm beim Stadt gärtner Neunherz. Mit dem Pferde gestürzt. Der bekannte Herrenreiter Rittmeister Philippsen ist bei dem Rennen am 1. d. zu Insterburg mit der Stute „Edeldame" gestürzt und hat außer einem Arm bruch schwere innere Verletzungen erlitten. „Edel dame", die den Distanzritt Berlin-Wien mitgemacht hat, blieb auf der Stelle tot. Von einem „schweren" Diebstahl wird auS Königsberg i. Pr. folgendes berichtet: In der Nacht vom 28. zum 29. v. ist aus dem vor dem Steindammer Thor belegenen Cranzer Bahnhofsgebäude der eiserne Geldschrank mit einem Inhalt von 950 Mk. gestohlen worden. Die Diebe haben den Schrank durch zwei Thüren getragen,, zu welchen sie sich wahrscheinlich vorher Nachschlüssel besorgt hatten, denn Spuren eines Einbruches sind nicht vorhanden. Der Geld schrank war stahlgepanzert. Unglücksfall oder Selbstmord? Der Vizepräsident des ungarischen Abgeordnetenhauses, Bokroß, stürzte in dem Fahrstuhlschacht seines im Bau begriffenen HauieS in die Tiefe und verschied nach wenigen Minuten. Bokroß Halle einen Ehrenhandel, welcher sich ungünstig für ihn gestaltete, weshalb aus mannigfachen Anzeiten auf Selbstmord geschlossen wird. Es soll ihm auch eine Anklage wegen Veruntreuung gedroht haben. Eine heitere Bergiftungsgeschichte. Aus Abbazia wird der ,N. Fr. Pr.' berittet: An jedem Morgen frühstückt König Alexander von Serbien mit seinem Vater und mit de« Gefolge vor dem „Hotel Quarnero" im Freiem Das herrliche Wetter gestattet eS. Kürzlich morgens war bereits beim Frühstückstisch das Gefolge deS jungen Königs versammelt, als dieser mit seinem Vater von einem Spaziergav- zurückkam. Der König sagte, die Herren mögen nur daS Frühstück einnehmen, er werde heute zuerst sein Bad nehmen und dann erst früh stücken. König Milan blieb auch zurück, früh stückte mit den Herren und nach drei Viertel stunden kehrte der König zurück, worauf man ihm sofort den Thee servierte. Der König nahm einen starken Schluck, ließ aber dü Schale auS der Hand gleiten und machte ein fürchterliches Gesicht! König Milan sprang auf und schrie, es sei eine Vergiftung! Unter dein Gefolge war eine Minute lang eine Panik em- getrcten. Der Leibarzt schüttete sich sofort eine andere Schale voll und kostete den Thee. I" diesem Moment stürzte der Küchendirektor ganz blaß daher und rief : „Verzeihung, Majestät, ich hafte mit meinem Kopfe, es ist nicht?, der Koch hat sich geirrt und hat den Thee statt um süßem Wasser mit — Meerwasser aufgekocht. Der König war der erste, der sich wieder be ruhigte ; er lachte herzlich. Milan umarmte seinen Sohn und weinte hell auf. Auch daS Gefolge war wie von einem Alp befreit. Der Kutscher Moore in Paris, der vor einigen Wochen dem Deputierten Lockroy ein Loch in die weiße Weste schoß, weil dieser de" dichterischen Erzeugnissen Moores nicht dasselbe Verständnis cntgegenbrachte, wie es einst MM Hugo in unvorsichtigem Humor gethan hatte, war bekanntlich nach dem Attentat in irrenärztlE Wir teilten uns die Rollen ein, so gut eben anging und begannen. Anfänglich la» Sabine mit leiser, kaum verständlicher Stimme, aber je länger sie las, desto mehr verlor ll« ihre Befangenheit. Mit glänzenden Augen M hochgeröteten Wangen las sie immer leiden M licher, immer bewegter, bis sie uns alle le , mit fortriß. Die Blicke des jungen Offizier» hefteten sich auf sie mit unverkennbare» Erstaunen; er hatte das kleine Mädchen nie viel beachtet, wie hätte er ahnen könne' daß sich so viel Glut und Leidenschaft HM diesem ruhigen, stillen Aeußeren berge; '" gegenüber hatte sie sich nicht anders als schlichte und zurückhaltend gezeigt. „Jetzt ist genug," sagte der Pf-ncr, °a» Buch vor sich hinlegend, wir sind da auc ' einen Eifer hineingeralen, als wären wir wir, auf der Bühne und nicht unter dem Dache em . bescheidenen Pfarrhauses, — o Shakespeare, w hast du aus uns gemacht! Lassen wir lest geistigen Genüsse und gehen wir zu den irdycy über, — Minchen, ein starker Thee wurde sehr gut thun." . Damit war der Bann gebrochen, d«" § alle gefesselt hielt; der gute Pfarrer verstano vortrefflich, alles wieder in das richtige ^ zubringen. Nach einem angenehm Plauderstündchen trennten wir uns, nS blieb oben in ihrem Zimmer und grouie Der beginnende Karneval trat störend unsere Leseabeude; Frau Wlldbach " ^t, Ball zu Ball. An Einladungen schließ denn in dem nahe liegenden Stavtch
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