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Allgemeiner Anzeiger : 21.10.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-10-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189310216
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18931021
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18931021
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-10
- Tag 1893-10-21
-
Monat
1893-10
-
Jahr
1893
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 21.10.1893
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Politische Rundschau. Teutschlanv. * Der Kaiser ist am Mittwoch früh in Bremen ein getroffen, woselbst das Denkmal für Kaiser Wilhelm I. enthüllt worden ist. * Am Montag sind im Reichsamt des Innern die Mitglieder des Ausschusses des Zoll beirats iür die deutsch-russischen Handels vertrags-Verhandlungen zu gemei samer Sitzung mit den Kommissaren des Reiches zusammen getreten. Es wird angenommen, daß ihnen die Resultate der ersten Lesung des Tarifs zur Begutachtung vorgelegt und sie beauftragt werden, die einzelnen Interessenten über die einzelnen Sätze zu hören. *Jm Reichsschatzamt haben am Montag die Beratungen begonnen, die auf die Erzielung höherer Einnahmen aus der Börsen steuer Bezug haben. Zu den Beratungen sind auch Sachverständige der Börse zugezogen worden. Von einer Verdoppelung der gegenwärtig zur Erhebung kommenden Steuersätze, wie der frühere Reichsschatzsekretär Frhr. o. Maltzahn-Gültz sie Vvrgeschmgen hatte, ist endgültig Abstand ge nommen worden. * Tas Reichs-Marineamt hat Be stimmungen veröffentlicht, die dahin gehen, zur Disposition gestellte höhere See-Offiziere so viel wie möglich in einem Dienstverhältnis zu dieser Behörde zu belassen, um ihnen Gelegen heit zu geben, ihre in den langen Jahren ge sammelten Erfahrungen und Kenntnisse noch im Staatsinteresse zu verwerten. *Die beim Berliner Landgericht als reichs- gerichtliches Kommissorium geführte Vorunter suchung wegen Landesverrats gegen die i n Kiel verhafteten Franzosen soll so weit abgeschlossen sein, daß die Untersuchungs akten schon in den nächsten Tagen der Ober reichsanwaltschaft zur weiteren Veranlassung werden zugestellt werden können. Nach Lage der Sache erachtet man die Erhebung der Anklage für unzweifelhaft. Die Angeschuldigten verharren auch jetzt noch bei ihren Unschuld-rbeteuerungen. * Das Reichsversicherungsamt hat entschieden, daß, wenn die Invalidenrente geringer ausfällt als die Altersrente, der Renten berechtigte den Anspruch auf Auszahlung der Altersrente erheben kann. Es sei zwar eine Lücke im Gesetz; aber dieselbe müsse im Geiste des Gesetzgebers ausgefüllt werden, welcher den jenigen, der bereits die Altersrente beziehe, durch die Zubilligung der Invalidenrente nicht schlechter gestellt wissen wollte. *Ter Preuß. Kriegsminister hat den Erz- priester Hein in Grottkau seiner Stelle als Militär-Seelsorger enthoben. Grund zu dieser Maßregel ist nach der.Köln. Volksztg.' die Agitation, die Herr Hein bei den letzten Reichst« swahlen gegen Herrn v. Schalscha ent wickelt hat. Oesterreich-Ungar«. *Erzherzog Albrecht geht demnächst nach Berlin, um dem Kaiser für seine Ernennung zum Feldmarschall zu danken. *Die Auflösung des österreichischen Abgeordnetenhauses wird nun auch von Wie. er offiziöser Seite angekündigt, oder viel mehr es wird gedroht, daß die Auflösung erfolgt, falls das Abgeordnetenhaus auch nur eine der von der Regierung dieses Mal eingebrachten Vor lagen ablehnen sollte. Ein Wiener Blatt be hauptet sogar, die Regierung sei bereits im Besitz der betreffenden kaiserlichen Ermächtigung. , Zweifellos wird es auch zur Auflösung kommen, wenn nicht eher, dann bei dem neuen Wahlgesetz. *Zu dem Taaffeschen Wahlreformvorschlag beabsichtigt die deutsche Nationalpartei einen Gegenantrag auf Einführung des allgemeinen gleichen direkten Wahlrechts zu stellen. Wäre dies nicht durchzusetzen und soll die Interessenvertretung beibehalten werden, dann seien für Bauern- und Gewerbestand besondere Interessengruppen einzuführen. Frankreich. * Präsident Carnot hat den russischen Admiral Ave la ne zum Großosfizier der Ehrenlegion ernannt und den meisten anderen russischen Offi zieren, die jetzt in Paris weilen, Ordensaus zeichnungen zuerkannt. Am ZieL 13) «Fortsetzung.) „Sidonie, das ist zu viel,* sagte er leise, denn schon hörte man ganz in der Nähe Stim men — „du thust mir bitter Unrecht. Reden Sie doch," wandte er sich an Charlotte, „habe ich jemals Ihre Nähe gesucht?" Die schöne Frau neigte leicht das Haupt. „Soll ich denn dieser Frage widersprechen?" flüsterte sie. „Genug, genug," sagte ich, meiner Sinne kaum mehr mächtig — „verlieren Sie kein Wort weiter, das wäre vergebliche Müh', denn ich ver achte Sie beide!" Ein dumpfer Laut entfuhr seinen Lippen — im selben Moment trat eine Gruppe von Herren und Damen auf uns zu, im Saal erklangen die heiteren Weisen eines beliebten Walzers, man forderte mich zum Tanz auf und ich ging. Selbst wenn ich gewußt hätte, dem sicheren Tode ent gegenzugehen, ich hätte diese Tour zu Ende getanzt, ich wollte den beiden den tötlichen Schmerz nicht zeigen, der mein Inneres durch wühlte; meine Nebenbuhlerin sollte keine Ursache haben, über meine Schwäche zu lächeln. Allein ich halte de uwch meine Kraft überschätzt. Ein heftiges Unwohlsein überfiel mich, ich mußte nach Hause gebracht werden zur größten Bestürzung meines armen Vaters, der von dem ganzen Vor gang auch nicht die geringste Ahnung hatte. Ich verbrachte eine qualvolle Nacht, vielleicht die qualvollste meines Lebens. Am andern Tag war mein E t schloß gefaßt, ich wollte den Ge- *Der russische Admiral Avelane ist, be gleitet von seinen Offizieren, am Montag nach Paris abgereist. Eine dichtgedrängte Menschen menge begrüßte denselben begeistert auf der Fahrt zum Bahnhof. Im ganzen waren 165 000 Gäste nach Toulon gekommen, um den Festlichkeiten zum Empfang der Russen beizuwohnen. * Endlich ist die große Frage, ob sich Carnot in eigener Person in Toulon einfinden wird, ent schieden. Der Präsident Carnot wird sich am 26. d. nach Toulon begeben, um den Besuch des Admirals Avelane zu erwidern. Am fol genden Tage wohnt der Präsident dem Stapel- lauf des Panzerschiffes „Jaureguiberry" bei und kehrt unmittelbar daraus nach Paris zurück. *Mac Mahon, Herzog von Magenta, ist am Dienstag im Alter von 85 Jahren ge storben. Die Erstürmung des Malakowtnrmes im Krimkriege, der entscheidende Eingriff bei Magenta im französisch-österreichischenKriege haben ihm kriegerische Lorbeeren gebracht. 1870 hatte er das Elsaß zu verteidigen; seine Niederlage bei Wörth, seine Verwundung und Gefangennahme bei Sedan sind noch frisch im Gedächtnis. Nach dem Sturze Thiers' 1873 zum Präsidenten von Frankreich gewählt, muteten ihm die Monarchisten einen Staatsstreich in ihrem Sinne zu; als aber die Wahlen 1879 eine große republikanische Majorität ergaben, trat er zurück; seitdem hat er sich an der Politik nicht mehr beteiligt. Dänemark. * Der Zar mit seiner Familie ist am Mitt woch von Kopenhagen nach Rußland zurückgereist. ,WolffS Büreau' läßt sich noch aus Kopenhagen telegraphieren: Die Meldung auswärtiger Blätter von der Verlobung deS Großfürsten-Thronfolgers mit der zweiten Tochter des Prinzen von Wales wird von gut unterrichteter Seite als jeder that- sächlichen Grundlage entbehrend bezeichnet. *Aus Kopenhagen wird gemeldet, der Zar sei durch den übertriebenen Russenrummel in Frankreich sehr verstimmt. Es ärgert ihn, wie er einer hochgestellten Persönlichkeit gegen über geäußert haben soll, daß der Flotte..besuch in Toulon, der ein bloßer Akt der Höflichkeit sei, von den Franzosen politisch ausgebeutet werde. Italien. *Der Empfang des englischen Ge schwaders war würdig und sympathisch. Es wurden keine bombastischen Reden gehalten. Da gegen waren der Hafen und die Häuser der Stadt reich geflaggt. Das Geschwader bleibt bis zum 20. d. in Tarent und begibt sich sodann nach Spezzia, wo es am 23. eintrifft und bis zum 28. verbleibt. *Jn Genua fand am Sonntag unter großer Beteiligung der Bevölkerung die En thüllung des Garibaldi-Denkmals statt. Hier auf folgte bei Quarto al mare eine Gedächtnis feier zur Erinnerung an die Abfahrt der „Tausend" unter Garibaldi nach Sizilien, wobei Crispi eine Rede hielt. Spanien. * Gegen die Kabylenstämme, die noch immer in drohender Haltung vor der spanischen Festung Melilla lagern, entfaltet die spanische Regierung ein ansehnliches militärisches Auf gebot. Nachdem die Jnfanteriebesatzung Melillas wesentlich verstärkt worden ist, ist neuerdings noch ein spanisches Geschwader, bestehend aus dem Flaggschiff „Pelayo", und vier Kreuzern in Alge- stras eingetroffcn. * Zu einem spanisch-marokkanischen Krieg wegen der Melilla-Angelegenheit kommt es nicht und selbst die Bekämpfung der Riff- kabylen wird sich in engen Grenzen halten. England hat bereits der spanischen Regierung seine guten Dienste beim Sultan von Marokko angeboten und dies nur in der Absicht, Marokko nicht wehe zu thun, damit die marokkanische Frage nicht aufgerollt, aber damit auch der englische Handel keine Störungen erleide. Balkausiaate». * Das rumänische ,Amtsblatt' veröffent licht folgenden königlichen Erlaß: „Durch den Segen der Vorsehung ist die Er b p r i nz e s s i n Ferdinand, meine vielgeliebte Nichte, von einemSohn entbunden worden, der den Namen Karol erhalten hat. Meine Dynastie liebten meiden und Vergessenheit suchen. Ich drang mit Bitten und Flehen so lange in meinen Vater, bis er schließlich nachgab und mit mir trotz meines leidenden Aussehens noch am selben Tage die Residenz verließ. Wir machten weite Reifen und kehrten erst nach einem halben Jahr nach Monbijou zurück. Ich hatte alles mögliche gethan, nm meinen Schmerz zu übertäuben, vergeblich — ich liebte den Mann noch immer, trotzdem, daß ich mir sagte, seine Liebe hätte nur der reiche - Erbin gegolten; vielleicht auch, daß ihn eine Art von Trotz bewogen, mir Mühle zu heucheln, die noch immer seiner ersten Geliebten gewidmet waren. Ich habe ihn seitdem nicht wiedergesehen. Ich erfuhr nur so viel, daß er seine Stellung in Wien aufgegeben und ins Ausland gegangen sei. Bald darauf starb mein Vater; ich stand nun gänzlich vereinsamt da. Mein Herz verhärtete sich immer mehr und mehr. In jedem Menschen, der sich mir nahte, sah ich den Glücksjäger, der nach meinem Gelde strebte — in den meisten Fällen werde ich wohl auch recht behalten haben. Als Charlotte Witwe wurde, harrte ich mit ängstlicher Spannung der folgenden Ereignisse. Ich bildete mir ein, er müsse zurückkommen, um die Jugendgeliebte als sein Weib heimzutühren; er kam nicht und blieb verschollen. Vielleicht ist er gestorben oder er hat in den Armen einer andern Trost für das vergangene Leid gefunden. Wie dem auch sei — für mich ist er tot — denn selbst wenn seine mir bezeugte Liebe nicht das Resultat eigennütziger Berechnung gewesen — ich könnte den Gedanken nicht ertragen, daß ihn nur ein gewisses Pflichtgefühl zurückgehalten, Char- ist durch dieses glückliche Ereignis neu gefestigt worden. Das Land sieht darin die Erfüllung des Wunsches, der während eines halben Jahr hunderts so oft ausgedrückt wurde. Der Prinz, auf rumänischem Boden geboren und inmitten der Nation erzogen, über die er berufen ist, dereinst zu herrschen, wird das mächtigste Band zwischen der Dynastie und dem teuren Lande sein, oem ich seit 27 Jahren alle Kräfte und alle Gedanken weihte. Ich zweifle nicht, daß die Freude meiner Familie ein Fest für die ganze Bevölkerung bilden werde, und vertraue den jungen Prinzen mit Stolz der Liebe und der Anhänglichkeit meines geliebten Volkes an." Amerika. * Der ,New Jork Herald' veröffentlicht weitere Einzelheiten über das Bombardement von Rio de Janeiro. Danach erlitten die Re- gierungstruppen bedeutende Verluste. Das Schiff der Aufständischen „Aquidaban", eröffnete das Feuer. Es entspann sich ein Streit um den Besitz der Fabriken in Armaco, viele Gebäude wurden beschädigt, eine große Anzahl Fremder getötet oder verwundet. Die Regierungstruppen erwiderten das Feuer, aber ihre alten Kanonen konnten den Schiffen Mellos keinen Schaden zu fügen. Die Aufständischen bombardierten alsdann die Vorstädte von Rio. Der Verlust an Menschen leben soll ein beträchtlicher sein, obwohl die Re gierung diese Thatsache nicht einräumen will. Uon Nah und Fern. Die Cholera. Das Reichs-Gesundheitsamt macht folgende Cholerafälle bekannt: In Stettin wurde bei zehn zwischen dem 8. und 17. Oktober Erkrankten (davon fünf gestorben) Cholera nach gewiesen. Von den früher gemeldeten Fällen sind zwei tötlich verlaufen. In Stepenitz, Kreis Kammin, Bollinken und Bredow, Kreis Randow, je eine Erkrankung mit tötlichem Ausgang. In Pölitz, Kreis Randow, eine Erkrankung. In Küstrin wurde ein Krankheitsfall von Stettin eingeschleppt. In Hamburg ist von den früher Erkrankten einer gestorben. — Nach einer späteren Meldung aus Stettin sind dort abermals 4 neue Cholera-Erkrankungen und 5 Todesfälle festgestellt worden. Insgesamt hat Stettin seit dem 1. d. 42 Erkrankungen und 16 Todesfälle gehabt. Graf Blücher ermordet. Auf dem Ritter gut Wietzow bei Greifswald hat am Dienstag morgen eine schreckliche Blutthat stattgefunden. Graf Blücher, ein Nachkomme des „Marschall Vorwärts", hatte einem dem Trünke ergebenen und schon mehrfach ausgepfändeten Gärtner, dessen Schulden er schon wiederholt bezahlt hatte, endlich gekündigt. Der Gärtner, hierüber auf gebracht, entfernte sich, um bald darauf mit einer Büchse wieder zu erscheinen, die er sogleich auf den Grasen abfeuerte. Schwer getroffen sank dieser ohnmächtig zu Boden. Doch hiermit sich nicht begnügend, entfernte sich der Mörder wieder, holte neue Patronen und einen Hirsch fänger seines Herrn und feuerte dann aber mals auf den schon Verwundeten, der sich in zwischen wieder aufgerafft hatte, aber, nachdem er noch kurze Zeit mit dem Mörder gerungen Und noch einen Stoß mit dem Hirschfänger in den Unterleib erhalten hatte, entseelt zu Boden sank. Die jetzt erschreckt in das Zimmer tretende Gräfin erhielt sofort einen Schuß unter die Schulter, so daß auch sie sofort zusammenbrach. Der Mörder erschoß sich hierauf in demselben Gemach. Letzterer hinterläßt eine Frau und mehrere Kinder. Das gräflich Blüchersche Ehe paar ist kinderlos, hat aber vor Jahren einen Neffen adoptiert, der jetzt im 14. Lebensjähre steht. Der entsetzliche Tod des in der Mitte der fünfziger Jahre stehenden, allgemein be liebten und hochgeachteten Grafen findet allseitige Teilnahme. Tie Weinlese ist im Rheingau in vollem Gange und in manchen Orten schon beendigt. Das starke Faulwerden der Trauben ließ die selbe nicht länger hinausschisben und so hat die selbe so früh, wie noch selten, stattfinden müssen. Das Ergebnis ist sehr verschieden. In verschie- > denen Gemarkungen wird kaum ein Viertel-Ertrag f erzielt und selbst die begünstigtsten Distrikten f können nicht von einem vollen sprechen. Die! edlen und hochreisen Truuben werden gewiß einen § lotten zu widerstehen — feine Liebe zu mir mußte so groß sein, um dieser selbst willen allen Versuchungen Widerstand zu leisten; um mich glücklich zu machen, mußte er mich inniger lieben, als er Charlotte je geliebt — daß er dies nicht konnte, nicht im stände war, daß er nur in seinem Pflichtgefühl den festen Halt in sich fand, das trennte uns und wird uns für immer trennen. — Sie wissen nun alles, alles! Sie kennen den Grund meines Hasses gegen Charlotte und mein zerstörtes LebenSglück; ich habe Ihnen nichts verheimlicht, nichts verschwiegen — und jetzt will ich eine ernste, inhaltschwere Frage an Sie richten: Fühlen Sie die Kraft in sich, an der Seite eines so seltsamen Wesens zu leben, nicht nur der Freund und Berater — sondern auch der Gatte dieses Weibes zu werden — so sagen Sie ja — und ich werde die Ihre. Ich verlange keinen zärtlichen Gatten, ich fordere keine Liebe, ich will nur Achtung und treue Freund schaft. Welcher Tollheiten man mich auch be schuldigen mag, die Ehre meines Namens ist stets unangetastet geblieben — Sie würden sich Ihrer Gattin nie zu schämen habe -, ich weiß, was ich einem Mann, wie Sie gegenüber schuldig bin. Nur um eins bitte ich Sie noch, seien Sie wahr gegen mich! Sprechen Sie ohne Scheu und rückhaltlos Ihre Gedanken und Em pfindungen gegen mich aus, es ist das einzige Recht, das ich von Ihnen zu beanspruchen habe, da ich das gleiche gethan." Sic schwieg und sah mich erwartungsvoll an. Mir schwindelte, ich wußte nicht, ob ich wachte oder träumte — Sidonie bot mir ihre Hand an. sehr feinen Wein geben, der den besten Gewachsen des Jahrhunderts sich anreihen kann. Trotzdem ist der Traubenverkauf sehr flau. Es werden nicht einmal die vorjährigen Preise erzielt. Daran mag die Furcht vor der Weinsteuer viel Schuld tragen. Abgelehnter Orde«. Bei der Einweihung der Lutherkirche in Stettin wurde am Sonntag dem Fabrikdirektor Lentz, der als Komiteemüglied den Bau hervorragend auch durch reiche Geld mittel gefördert, vom Konsistorialpräsidenten Richter der Kronenorden vierter Klasse überreicht. Wie die ,Neue Stett. Ztg.' mitteilt, lehnte Lentz indessen die Annahme des Ordens dankend ab. Verhafteter Stadtmifsio«ar. Der Stadt- misfionar Weil ist in Wiesbaden, wo er sich bei seiner Familie aufhielt, verhaftet und in das dortige Gerichtsgefängnis eingeliesert worden. In den ersten Tagen voriger Woche haben um fangreiche Vernehmungen von Schülern deS evangelischen Nordostvereins u. s. w. stattgefun den. Das dadurch gewonnene Material soll sehr belastend für Weil sein. Ausgebrochen. Auf äußerst verwegene Art sind aus dem Gerichtsgefängnis in Thorn drei schwere Verbrecher ausgebrochen und entflohen. Es sind dies Stellmacher Anton Kopisteki, der Ende Juni vom Schwurgericht wegen Ermordung des Grafen von der Goltz zu lebenslänglichem Zuchthaus, Arbeiter Prey, der wegen Diebstahls an Frachtgütern aus Eisenbahnwagen zu Zucht haus verurteilt worden, und ein anderer Ge fangener. Dieselben haben die Mauer neben den Traillen durchbrochen und sich aus dem zweiten Stockwerk an einem aus Strohsäcken hergestellten Seil herabgelassen. Von den Flüchtlingen, die, um sich unkenntlich zu machen, verschiedene Kleiderdiebstähle in der Vorstadt ausgeübt haben, fehlt jede Spur. Zu k«lt zum Selbstmord. In Hamburg traf neulich morgens gegen 7 Uhr ein Schutz mann ein 17 Jahre altes Dienstmädchen an, bei strömendem Regen, ohne Schuhe aus einer Bank an der Alster sitzend. Auf seine Anfrage erklärte das Mädchen, daß es sich mit seinem Bräutigam erzürnt und deshalb den Entschluß gefaßt habe, sich zu ertränken; die Schuhe habe es schon ins Wasser geworfen, auch sei es selbst bereits hineiv- gegangen, da es aber so kalt gewesen, wieder zurückgetreten. Der Schutzmann nahm die voll ständig Durchnäßte mit auf die Wache, wo sie mit trockenen Kleidern versehen wurde. Später wurde sie durch ihre von dem Vorfall benach richtigte Mutter abgeholt. Ein Kirchenraub ist in der Freitag-Nacht in der katholischen Kirche zu Sauer-Schwaben heim verübt worden. Am Morgen fand mau die Kirchenthür offen, das Tabernakel war erbrochen und verschiedene sehr wertvolle Reliquien, ein goldenes Kreuz, der Kelch und Kustodie geraubt, ebenso wurden zwei wertvolle Meßkelche ent wendet. Der Wert der geraubten Kirchengesäße beträgt über 1000 Mk. Gegen den Unfug des Haberfeldtrei- bens rafft sich die oberbayrische Kreisrcgierung endlich zu energischen Abwchrmaßeegeln auf. Be drohte und betroffene Gemeinden haben sofort auf eigene Kosten drei Monate lang allnächtliche Sicherheitswachen von vier bis acht Mann zu stellen. Außerdem wird auf die Kostenersatzpflicht der Gemeinden für Militärausgcbot hingewiesen und das Haberfeldtreiben und dessen Begünstigung als Landfriedensbruch gekennzeichnet. Plötzlich wahnsinnig geworden. Die Passagiere des Eilzuges Lüttich-Brüssel hatten am 14. d. einen nicht geringen Schreck. Dicht hinter Schaerbeck hielt plötzlich der Zug auf freiem Felde an; der Heizer Maka war von einer Ge hirnerschütterung betroffen worden und unter heftigen Zuckungen kopfüber in den Tender ge fallen. Der Zugführer schritt von Abteil zu Abteil, um unter den Fahrgästen einen Arzt zu finden. Ein die Heilkunde studierender Kandidat der Loewener Universität meldete sich und begab sich nach der Lokomotive, nm dem Heizer zu helfen. Endlich konnte der Zug nach Brüssel geführt werden. Als der Nordbahnhof erreicht war, wollte man den Heizer von der Lokomotive herunternehmen, aber wild um sich blickend hielt er mit verzweifelter Kraft sich an der Maschine Da stand die Versuchung wieder vor mir, und diesmal so lockend nahe! Ich brauchte nur den Mund zu öffnen um ja zu sagen, und die Herrin von Monbijou war mein. Es hatte eine Zeit gegeben, da ich selbst im Unklaren über meine Gefühle gewesen, wo ich geglaubt Hütte, ich muffe dieses Weib, das so viel vom Engel und Teufel an sich besaß, lieben, ich müßte sie mir erringen und erwerben, aber war ich damals frei von jedem Eigennutz gewesen? Hatte ich nicht auch daran gedacht, daß der Gatte der Herrin von Monbijou zu gleicher Zeit einer der größten Großgrundbesitzer der ganzen Umgegend sei; war ich damals besser gewesen als alle die anderen, denen Sidonie so unverhohlen ih^e Verachtens zeigte? Hatte ich mir nicht selbst gelobt, jedem solchen Gedanken zu entsagen, selbst wenn ich iw geliebt hätte? — nur einige flüchtige Sekunden lang beherrschte mich die lockende Versuchung. Vor meiner Seele stieg rein und klar das süße Bild Wilhelminens empor — jetzt ward uh mir dessen bewußt, daß ich sie liebte, und das diese Liebe zu ihr mein einziger Leitstern, men ganze Hoffnung für die Zukunft sei. Selbst Ungewißheit, ob ich auch Wilhelmruens Gcg - liebe besaß, konnte an meinem Entschluße iw; ändern; so lange ich frei und ungebunden - hatte ich das Recht, an sie zu denken, st- » lieben — und für die Zukunft zu hosten konnte Wilheiminen entsagen, aber memal andere mein Weib nennen. ^crie, Da ich noch immer mit der Antwort zög^, begann Sidonie von neuem: „Sie i rascht von der Art und Weise, mit welche zu Ihnen spreche, mein Betragen weicht
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