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Allgemeiner Anzeiger : 16.09.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189309169
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18930916
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18930916
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-09
- Tag 1893-09-16
-
Monat
1893-09
-
Jahr
1893
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 16.09.1893
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Es habe sich nur um die Auffindung der Leiche eines Mädchens gehandelt, das sich in einem Anfalle von Geistesstörung ins Meer gestürzt hatte. Für die russische Kaiserfamilie ist in Kopenhagen eine neue Jacht bestellt worden, die für Fahrten auf dem Schwarzen Meer bestimmt ist. Die neue Jacht soll nach dem Muster des „Polarstern" gebaut werden, auf dem der Za in der Regel nach Kopenhagen fährt und er kürzlich Libau besuchte. Die Jacht soll 350 Fu lang sein bei einem Tiefgang von 20 Fuß und einer Wasserverdrängung von 4000 Tons; die Maschine wird 600 Pferdekräfte haben; die Schnelligkeit ist auf 20 Knoten in der Stunde bemessen. Eine furchtbare Tamvferkatastrophe hat sich bei Astrachan auf der Wolga zugetragen. Auf dem mit Schmieröl beladenen Dampfer „Schirmokscha", der sich auf der Fahrt strom aufwärts befand, entstand plötzlich Feuer, wo durch der Dampfer bis zum Wasserspiegel aus- brannte. Vou den auf dem Dampfer befind lichen 27 Personen (18 davon gehörten zur Be satzung), die sämtlich über Bord sprangen, er tranken 15, darunter der Kapitän, dessen Frau und zwei Kinder. Ein Millionen-Prozesi. Vor dem Ge richt in Orenburg begann soeben ein Prozeß, der in ganz Rußland das größte Aufsehen erregt Es handelt sich um eine Summe von zwöl Millionen Rubel, die einer der Neffen und Erbei des verstorbenen Nervinzow, des ehemaligen Be sitzers riesiger Goldbergwcrke in Sibirien, von den andern Erben seines Oheims fordert. Der Kläger ist taubstumm und besitzt nicht einen roten Heller, so daß er natürlich nicht im stände ist, die ungeheuren Prozeßkosten zu tragen. Zu seinem Glücke hat jedoch Fürst Urusow, der be rühmteste Rechtsanwalt in Moskau, die ganze Prozeßführung auf seine eigene Rechnung und Gefahr übernommen. Gelehrte Kellnerinnen. Eine interessante Thatsachc ist die, daß viele junge Damen, welche stniversitätsstudien gemacht, Kellnerinnen in der Ausstellung zu Chicago sind. Sie verdienen dadurch die Mittel, die sie in den Stand setzen Werden, im nächsten Jahre ihre Studien an einer der Universitäten fortzusetzen. Die Frauen, die in Amerika eine „höhere Erziehung" genießen, sind äußerst zahlreich. Viele der einträglichsten Stellen auf dem Gebiete der Erziehung sind in °en Händen von Frauen. Erben gesucht! Im deutschen Hospital zu New Jork starb letzter Tage ein Drechsler, namens Wilhelm Braun, im Alter von Jahren. Braun war ein Geizhals — aus Gewohnheit. Vor 40 Jahren kam er aus Danzig her, als fleißigem Arbeiter fehlte es ihm dicht au Verdienst; dann ging er nach Kali- mnien und kehrte mit einem Vermögen von ?0000 Dollar nach New York zurück. Obwohl Hm seine Mittel jeden Luxus erlaubt hätten, lohnte er in einer dürftigen Dachkammer, sein ganzer Lebensunterhalt kam ihm auf 25 Cents Tag zu stehen; von Jugend auf an Spar- wwkeit gewöhnt hatte er keine Wünsche. Da er Musik liebte, so baute er sich selbst einen Leier- Wen, auf dem er Hymnen spielte, bis er aufs Totenbett sank. Da sich für den mehr als ^0000 Dollar betragenden Nachlaß Erben bis- mr nicht gemeldet haben, dürfte dieser der Stadt Zufällen. Ende eines berüchtigten Pferdediebes, om Armenhause von Butler (Amerika) ist eine Merkwürdige Verbrecherlaufbahn zum Abschluß ««kommen. Daselbst starb John Hicks, der von den 88 Jahren seines Lebens 45 Jahre hinter Kerkermauern verbracht hat. Sein Spezialfach Mir der Pferdediebstahl, und es gibt kaum einen Slawin der Union, wo Hicks sein Handwerk als Pferdedieb nicht ausgeübt hatte. Im Westen stand er mehrmals in Gefahr, von Lynchern auf ¬ geknöpft zu werden. Mehrmals wurde er nieder- gefchoffen, sodaß man ihn für tot am Wege liegen ließ; aber stets erholte sich der alte Sün der wieder und kühne Pferdediebstahle ließen die Farmer nicht lange darüber im Zweifel, daß „Old Hicks" seine Thätigkcit wieder ausgenommen. In einem Neste in Illinois wurde er einmal getheert und gefedert und mit Stockschlägen aus der Ortschaft getrieben. Diese Behandlung gefiel dem alten Hicks nicht, weshalb er den Schauplatz seiner Thätigkeit nach den Mittelstaaten und dem Osten verlegte. Sein unstätes Leben, mehr-ache Kugelwunden und sein langer Aufenhalt im Zuchthause machten seinen Körper schließlich doch mürbe, und physisch gebrochen landete er vor mehreren Jahren im Armenhause von Butler County. Gertchtshalle. London. Ein Hund, der nicht heulen wollte, war der Mittelpunkt einer Gerichtsverhandlung, die neulich vor dem Polizeigericht in der Bow street geführt wurde./ Nicht alle Engländer lieben die Musik, auch Mr. Carr thut eS nicht. Und nun erst gar die Musik von drei verschiedenen Instrumenten, wie sie ihm von sei en Nachbarn zugemutet wurde! Der Gequälte nahm seine Zu flucht zu „Friski", dem Mops, den er teuer vom Hundehändler erstand. Dieser hatte versichert, daß „Friski" ein entschiedener Gegner der Musik sei und dieses bei jeder Gelegenheit durch ein jammervolles Heulen laut bekunde. Das war gerade Herrn Carrs Fall, und „Friski" wanderte mit ihm nach Hause. Schon am selbigen Abe d sollte sein Herr Gelegenheit haben, den Wert feines neuen Hausgenossen zu erproben; die drei noch wenig in die Musik eingeführten Kinder der Nachbarn begannen ihr Trio den stolzen Eltern vorzuspielen. Jetzt sollte nun „Friski" zeigen, was er dagegen leisten könnte. Herrn Carrs Herz und Augen lachten schon im voraus. Doch — wer nicht winselte, wer keinen Ton von sich gab, als den eines schönen, lauten Schnarchens aus süßem Schlummer, in den ihn eben jene Musik eingewiegt hatte, das war „Friski". Nun — die Hundescele konnte ja müde sein am ersten Tage in dem neuen Heim, damit vertröstete sich Herr Carr auf den folgenden Tag. Doch — sei es nun, daß das Vieh plötzlich seinen Ge schmack geändert —sei es, daß der Hundehändler dem enttäuschten Mr. Carr etwas vorgelogen — kurzum, Friski" hörte am zweiten, am drittel, wie am vierten Tage, teils mit geschlossenen, teils mit offenen Augen, wohlgefällig und ohne einen Ton der Mißstimmung von sich zu geben, der Musik aus der Nachbarwohnung zu. Alle Fuß stütze seines Herrn halfen nichts, und als endlich zwei Wochen verflossen Ware', wandte sich Herr Carr, den Hundehändler Smith als Betrüger anklagend, an das Gericht. Der Richter aber wies den Kläger, der sein Geld zugleich von Smith zurückerstattet haben wollte, mit seiner stlagc ab; er erklärte, daß es unmöglich wäre, estzustellcn, welche Art von Musik dem einzelnen Hunde gefalle oder mißfalle, und daß er den Händler für die Geschmacksrichtung „Friskis" nicht verantwortlich machen könne. Gegen die Futternot. Im nichtamtlichen Teil des Meininger Regie rungsblattes veröffentlicht Oekonomierat Hoffmann von Stendach zu der Frage: „Welche Maßregeln haben wir Landwirte jetzt zu ergreifen zum Schutz gegen den Futtermangel im Frühjahr 1894?" das Folgende: Die Saatzeit für Winterroggen ist gekommen; es muß wiederholt darauf hin gewiesen werden, daß bei dem Mangel an Rauh utter, bedingt durch die schlechte Ernte 1893 — möglichst viel — mehr als seither — an Winter roggen und Weizen, jetzt ausgeiät wird. Die Roggenherbstsaat kann zeitig im Frühjahr 1894 zu 1 Teil mit unseren gewöhnlichen Wicken besät werden, die man einwalzt; diese Mischsaat dient als Grünfntter. Reinsaat von Winterroggen wird 1894 ebenfalls als Grünfutter dienen müssen; endlich wird und muß ein Teil derselben grün gemäht, aufgedockt, getrocknet, als Ersatz ür fehlendes teueres Heu und Stroh zur Ver wendung kommen. Auf schwerem Boden kann man eine Mischsaat von Roggen und Weizen vornehmen, etwa Roggen, '/- Weizen, oder ?/- Roggen, Weizen, die aber später zu Grün futter dient, als Roggen allein. Wo es jetzt an Dünger für die Herbstsaaten fehlt, sollte Kopf düngung im Spätherbst bei Frost oder im Winter erfolgen. Künstlicher Dünger kann jetzt, z. B. Superphosphat eingeackert werden, Chili- salpeter aber noch im Frühjahr zur zweckmäßigen Verwendung kommen. Nach grün abgemähtem Roggen können 1894 noch Runkeln und Kohl rüben gepflanzt werden, wenn der nötige Dünger vorhanden ist; auch Senf wird zu Herbstfutter hier Platz finden, dessen Gedeihen bei der mög lichen frühen Saat auch in rauhen Gegenden ge sichert ist. Die Hauptaufgabe der Landwirte besteht jetzt in folgendem: 1) möglichst viel und frühzeitig Grünfutter zu erbauen für 1894, durch vermehrten Anbau von Winterroggen, mit oder ohne Wicken, durch baldige Aussaat von Wick futtermenge 1894, 2) möglichst viel und bald Stroh zu erbauen für 1894, das geschieht durch vermehrten Anbau von Wintergetrcide, Korn und Weizen. Die landwirtschaftlichen Vereine würden jetzt besonders segensreich wirken, wenn sie die vorstehenden Vorschläge zur Besprechung bringen und allgemein zur Ausführung empfehlen wollten. Völkerkunde. Der Kannibalismus ist in Französisch- Congoland , nach einem in Brazzaville ge schriebenen Briefe des dortigen Bischofs Augouard, noch stark im Schwange. Dieser Missionar ging Anfang dieses Jahres nach dem oberen Ubangi, um dort eine neue Missionsstation anzulegen, und traf dort die Menschenfresserei noch in einer Verbreitung an, daß er fürchtet, selbst eines Tages verspeist zu werden. Sonst aber seien die Leute dort gute Kerle, die nicht viel Be dürfnisse haben und an Sommer- und Winter kleidung nur ein Taschentuch für eine Familie von zehn Personen gebrauchen. Als die Ein geborenen den Ring und das Brustkreuz deS Bischofs untersuchten, streichelten sie ihn und be merkten, daß das Fleisch eines Weißen und zu mal eines so großen Mannes, mit Bananen ge kocht, sehr gut schmecken müßte. Bei der Station Bangli mußte man des Nachts ans der Hut sein vor den wilden Budjos, die heimlich einbreche', um irgend einem Schläfer den Hals abzuschneiden und den Leichnam zu verzehren. Sie können ihrer schrecklichen Begierde nach Menschenfleisch so wenig widerstehen, daß sie selbst ihre i Freund zu diesem Zweck töten, wenn sie ihn allein und ohne Waffen finden, wie eine Ente oder ein Kaninchen. Eine Schildwache wurde vor den Pallisaden überrascht, getötet, kunstgerecht aus geweidet und das Fleisch fortgeschleppt. Schon sind Belgier und Franzosen ihnen zum Opfer gefallen. Ein Holländer ertrank in den Stromschnellen, seine bereits in Fäulnis über gegangene Leiche wurde von den Budjos ge funden und verzehrt und dem Bischof gelang es nur noch gerade, drei Kinder, die man verzehren wollte, gegen ein altes Steinschloßgewehr und ein Pfund Pulver von ihnen loszukaufen. Verkehrswesen. Der Zonentarif. Als seiner Zeit von der Einführung des Zonentarifs viel gesprochen und geschrieben wurde, hieß es von feiten der Bahn- Verwaltungen immer, daß mit Einführung der niedrigen Zonentarife die Frequenz eine so be deutende werden würde, daß die Bahnen unge zählte Summen auf die Vermehrung ihrer Transportmittel verwenden müßten. Dem gegenüber behaupteten die Anhänger des Zonen tarifs, daß dies eine unbegründete Voraussetzung ei, weil von dem Fahrmaterial der Bahnen der veitaus größte Teil leer laufe und nur besser ausgenützt zu werden brauche. Wie sehr diese letztere Entgegenhaltung begründet ist, geht aus mchstehender Aufzeichnung über die Ausnützung der Wagen auf der Werrabahn hervor. Von den Sitzplätzen der in den Zügen laufenden Personenwagen sind im verflossenen Jahr durch schnittlich nur 24,26 Prozent benutzt worden. Die in den Güter- und Gepäckwagen beförderte Nettolast hat auch nur 43,52 Prozent der Trag fähigkeit der Wagen betragen. Die Ausnützung der Personenwagen ist gegen das Vorjahr um 0,21 Prozent gestiegen, die der Güterwagen um 1,14 Prozent zurückgegangen. Wie statistische Erhebungen lehren, sind vorstehende Zahlen relativ auch auf die weitaus größte Zahl der übrigen deutschen und ausländischen Bahnen an zuwenden. In betreff des Aufenthalts in de« Wartesälen der Bahnhöfe während der Nacht, namentlich auch seitens der Angehörigen der Reisenden, ist eine bemerkenswerte Entscheidung getroffen worden. Ein Herr erwartete auf dem Ostbahnhof in Königsberg im Warteraum seine Verwandte, die nachts dort augekommen und demnächst morgens weiterfahren wollte. Da er einen weiten Weg zu seiner Wohnung hatte, beschloß er, mit seiner Verwandten die Zeit bis zur Weiterfahrt in dem Wartezimmer zuzubrin gen, obwohl um jene Stunde die Wartesäle ge schloffen zu werden pflegen, doch verwies ihm dieses ein Bahnbeamler mit dem Bedeuten, daß allein die Dame als Reisende bleiben dürfe, ihm aber der Aufenthalt wegen des Schließens der Wartesäle nicht gestattet werden könne. Der Herr beschwerte sich nun darüber und dasEisen- bahn-Betriebsamt entschied, daß die Beschwerde begründet und jener Beamte im Unrecht ge wesen sei. Gemeinnütziges. Um den vielen Verfälschungen der Butter mit schlechtem Fett zu steuern, haben die land- und mtlchwirtschaftlichen Korporationen einen Preis von 10 000 Mk. ausgesetzt für Er findung eines Verfahrens, das der Nachweis von Butterfälschungen leicht und mit Sicherheit ermöglicht. Behandlung welker Blumen. Ein altes, aber wenig bekanntes Mittel, um welk gewordene Blumen wieder aufzufrischen, ist das folgende: Man beschneidet die Stiele welker Blumen so weit als sie getrocknet find und steckt den frisch beschnittenen Stiel in heißes Wasser, und zwar so, daß die Hälfte des Stieles im Wasser steht. Allmählich werden sich die Blumen wieder er holen, und meist sind sie nach dem Erkalten des Wassers wieder frisch. Schneidet man nun den Stengel noch ein wenig ab, so können die Blumen wieder in kaltes Wasser gestellt werden, in dem sie sich noch eine Zeitlang frisch erhalten. Auf alle Blumen ist das Verfahren nicht von gleichem Einfluß, doch ist dasselbe bei Blumen mit dunklerer Färbung von besserem Erfolg begleitet, als bei solchen von Heller Farbe. Kuntes Allerlei. Ueber die Baireuther Bühnenfestspiele wird dem,Fränk. Kur.' geschrieben: Es erregt in weiten Kreisen Befremden, daß der Ver waltungsrat der Bühnenfestspiele im nächsten Jahre auch Wagners meist verbreitete Oper „Lohengrin" inszenieren will. Dem gegenüber wird versichert, daß, da alle „Lohengriu"-Aus- sühren, selbst die Musteraufführnngen in Paris an der Großen Oper, namentlich hinsichtlich des Chores, viel zu wünschen übrig gelassen hätten, man den Besuchern der Festspiele jetzt in Wirk lichkeit eine Musterausführung des „Lohengrin" bieten will. Sowohl was die stimmliche Be schaffenheit als auch die Sicherheit und Stärke des Baireuther Chores, in dem bekanntlich her vorragende Solisten mitwirken, anlangt, seien da die Chancen günstiger. Außerdem soll durch die Inszenierung des „Lohengrin", den mit „Parsifal" die Verwandtschaft des Stoffes, mit „Tannhäuser" die Gemeinschaft der Entstehungszeit verbindet, den Baireuther Festspielen im Jahre 1894 ein einheitlicherer und stilvollerer Charakter verliehen werden. In eiugewcihten Kreisen will man jetzt schon wissen, daß im Jahre 1896 das zwanzig jährige Werk der Baireuther Festspiele mit der Mederaufführung der „Nibelungen-Trilogie", die sie einst eingeleitet hat, gekrönt wird. Ausreden lasse». Vater: „Junge, was heulst du?" — Junge: „Mutter hat mich ge schlagen und gesagt, ich tauge nichts..." — Vater: „Da hat sie wahr gesprochen." — Junge: „. . . und hat gesagt, ich würde gerade fs'n Lump wie der Vater." deren man sie beschuldigt, entspringen doch nur dem Bedürfnis, sich zu zerstreuen; diejenigen, Kelche behaupten, sie wolle nur von sich reden Sachen, sind sehr im Irrtum, die arme Sidonie kird sehr verkannt." Die sanfte Wilhelmine hatte sich in einen Mer hineingesprochen, der ihr gar nicht übel stand, ihre blassen Wangen deckte ein leises Rot Pud ein verklärender Schimmer breitete sich über chr Antlitz, als sie so beredt die Freundin ver- '«ldigte. Wie ganz anders hatte sich Charlotte benommen! Sie, die so viele Eigenschaften be saß, um zu blenden und zu fesseln, hatte es nicht über sich gewinnen können, Sidonien das ge spendete Lob zu gönnen, sie hatte alles gcthan, uui den guten Eindruck zu schwächen, den die Amte des Pfarrers bei ihr hcrvorbringen konnten. M kamen in Monbijou an; es war ein Arliches kleines Schloß, in einem großen, sorg- M'S gepflegten Parke gelegen, alles zeugte von Achtum und einem exquisiten Geschmack. Sidonie Ming uns an dec Freitreppe; sie sah blaß u d a^' Dennoch überflog ein Freuden- Ml ihre Züge, als sie Wilhelmine erblickte, sie Ae lebhaft auf sie zu und schloß sie herzlich in . Arme. „Du Gute, sagte sie in dem weichen -armen Ton, den man so selten von ihr hörte ^..Keue ich mich, daß du gekommen bist, , dein ^onck allein verscheucht meine trüben Gedanken " ^nn^wandte sie sich zu mir. ' Sie mir herzlich willkommen unter «in ! ich hoffe, daß Sie dies Hans als Daheim betrachten werden, je länger vllwen, desto lieber wird es mir fein." " schritten dic Trepve hi an und traten in eine große, mit Blumen und Blattpflanzen reich geschmückte Vorhalle. Aus den Nischen, halb verdeckt vom üppigen Grün riesiger Myrten- und Orangenbäume, schimmerten weiße Statuetten hervor, die Fliesen waren aus Marmor und die Wände ganz von Ephen bedeckt. „Diese Halle ist das schönste, das ich je gesehen," rief ich ent zückt aus. Ein mattes Lächeln überflog Sidoniens bleiche Züge. „So sagen alle, die hierhcrkommen," versetzte sie, „ja, Monbijou ist schön, doch was nützt dies alles," sie brach ab und schritt eilig voran. Die Halle endete in einem mit Teppichen be legten Vorsaal, aus welchem Thüren in die Ge mächer führten; an den Wänden standen kleine Divans von dunkelrotem Plüsch, vom Plafond herab hing eine kostbare Ampel, alles atmete Luxus und den feigsten Geschmack. „Hier unten sind die Gesellschaftsräume," sagte Sidonie flüchtig im Wciterschreiten, „oben liegen meine Gemächer und die Gastzimmer, ich will Sie selbst dahi > führen." Ueber eine breite, teppichbclcgte Treppe stiegen wir empor, um iu einen lichten Korridor zu ge langen; auch hier gab es Blumen in ver schwenderischer Fülle; Sidonie öffnete eme Thur und lud zum Eintritt ein. Ich stand in einem geschmackvoll möblierten Gemach; welcher Kontrast zu meiner kleinen Bauernstube, die ich bisher m Wolkendorf bewohnt hatte! Die Schloghernn sandte einen flüchtigen Blick umher, ein leichtes Nickel, verriet, daß sie alles in Ordnung land. „Man hat schon Ihr Gepäck heraufgeschafft, das ist recht," sagte sie, „machen Sie es sich nun bequem; wenn Sie etwas bedürfen sollten, hier dieser Glockenzug führt in die Dienerstube hinab, in einer Stunde finden wir uns im Speisesaal, ein Glockcnschlag ist das Zeichen dafür, ich habe diese englische Sitte in meinem Hause eingeführt — also auf Wiedersehen." Sie bot mir die Hand und entfernte sich mit Wilhelmine. Ich war überrascht und fast be täubt von all' dem bisher Gesehene:; diese kleine unscheinbare Person mußte über einen großen Reichtum verfügen, um sich mit einer solchen Pracht umgeben zu können. Aber machte sie all dieser Reichtum glücklich? Ich ruhte einige Minuten, dann begann ich alle erdenkliche Sorg falt auf meinen äußeren Menschen zu verwenden; als ich fertig war, stellte ich mich vor den Spiegel, um mich mit prüfenden Blicken zu mustern. Ich zählte fünfunddreißig Jahre und war das, was man gewöhnlich einen hübschen Mann nennt, nicht mehr, nicht weniger; ich wußte, daß ich Verstand besaß und unterrichte! war, als so manche, die in den Salons als Löwen der Gesellschaft glänzten, an Selbstbewußt sein fehlte es mir auch nicht, warum also kam ich mir plötzlich so albern, so schrecklich unbe deutend vor? Ich starrte lange mein Spiegel bild an, dann wandte ich mich beschämt ab — was waren das für Gedanken, die mein Hirn durchzuckten! Pfui doch, ein Mann von Ehre und Herz stellt sich nicht vor den Spiegel gleich einer Modedame, um sein Aeußeres zu mustern und zu befragen, ob er wohl noch im stände sei, einen bleibenden Eindruck auf ein weibliches Herz zu machen. Wohin hatte ich mich verirrt: hatte meine glänzende Umgebung meine Sinne dergestalt bethört und verblendet, daß ich mich mit dem Gedanken trug, auf die reiche Erbin zu spekulieren? Wollte ich gleich einem Glücksritter mich verkaufen um schnöden Geldes willen? — Welcher Dämon war in mich gefahren, um eine solche, wenn auch noch flüchtige Idee zu fassen? „Ludwig, das war schlecht das war erbärm lich von dir," sagte ich zu mir selbst, „du ver achtest die Dirne, die sich vielleicht aus Not ver kauft, und du, der du ein Mann vou Ehre sein willst, hättest Lust, dich an ein Weib zu ver kaufen, bloß um glänzender leben zu können, als bisher; nein und tausendmal nein, und wenn du dieses Weib lieben würdest bis zum Wahn sinn, und sie würde dieses Gefühl erwidern, ihr Reichtum müßte dich von ihr trennen. Die Gattin deiner Wahl darf auch nicht einen Schatten des Mißtrauens hcgen, du habest sie gewählt nicht um ihrer selbst, sondern um ihres Geldes willen." Ein Heller Glockenschlag unterbrach meine Reflexionen. Draußen im Korridor hörte ich das Rauschen von Frauengewänoern und Wil- helminenS süße Stimme. Ich beeilte mich, den Damen zu folgen; in der Halle traf ich mit ihnen zusammen. Trotz ihrer reichen und ge schmackvollen Toilette sah Sidonie unvorteil-. Hafter auS denn sonst. Mit Mühe unterdrückte ich einen Ausruf der Ueberraschnng beim Anblicke Wilhelminens. Ich hatte sie stets in bescheidener Haustoilette mit dem obligaten weißen Latzschürzchen gesehen, jetzt stand eine vollendete Dame vor mir. S, tSorljetzung folgt.)
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