Suche löschen...
Allgemeiner Anzeiger : 13.09.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-09-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189309131
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-18930913
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18930913
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-09
- Tag 1893-09-13
-
Monat
1893-09
-
Jahr
1893
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 13.09.1893
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Politische Rundschau. Deutschland. * Das Befinden des Kaisers ist, wie gemeldet wird, trotz der großen, mit den Manö- vern, Empfängen ic. verbundenen Anstrengungen ein vortreffliches, auch ist die Stimmung des Monarchen dank den in den Reichslanden zum Aus druck gelangten Aeußerungen wärmster Anhäng lichkeit an Kaiser und Reich eine gehobene und freudige. »Die Kaisermanöver des württem- bergischen Armeekorps finden am 16. d. bei Ludwigsburg statt. Es steht nunmehr fest, daß der Kronprinz von Italien auch an den Stutt garter Kaisertagen teilnimmt; im Restdenzschloß werden die König Wilhelm-Zimmer für ihn her gerichtet. *Jn der Adresse der italienischen Ar beiter an den Kronprinzen von Italien, die in Metz überreicht wurde, heißt es: „Seit Jahren wenden sich unsere Landsleute in großer Zahl nach dem gastfreundlichen Deutsch land, wo sie unter dem Schutze einer mächtigen und wohlwollenden Regierung lohnende Arbeit finden. — Wir bitten daher E. k. Hoheit gehor samst, S. M. unserem Könige von diesen unseren Gesinnungen Kenntnis zu geben, zugleich aber auch S. M. dem Kaiser Wilhelm II. den Aus druck unseres aufrichtigsten Dankes für den mächtigen Schutz, dessen sich unsere Landsleute in allen Teilen des großen Deutschen Reiches zu erfreuen haben, zu übermitteln." »Es scheint, daß gewisse französische Kreise den gegenwärtigen deutschen Botschafter in Paris, den Grafen Münster, gern los werden möchten. Der ,Figaro' behauptet nämlich, der Graf werde seines hohen Alters wegen gegen Ende dieses Jahres seinen Posten verlassen. Zum Nachfolger sei der jetzige deutsche Botschafter in Madrid, Herr v. Rado- witz ausersehen. Graf Münster steht allerdings im 73. Lebensjahre, aber trotzdem wird sich die Meldung des .Figaro' wohl nicht so bald bestätigen. * Der ,Pfälzische Kourier' schreibt: „Zum Befinden des Fürsten Bismarck sind wir in der Lage, aus absolut zuverlässiger Quelle mitzuteilen, daß sich der Fürst besser befindet, den Strapazen einer längeren Reise jedoch nicht gewachsen ist. * Trotz der Geheimhaltung der Beschlüsse der Steuerkonferenzen will ein hiesiger Berichterstatter erfahren haben, daß man sich in der Weinsteuerkonferenz für das Prinzip der Weinsteucr entschieden habe, daß sich dagegen in der Tabaksteuer-Konferenz die Ansichten noch wenig geklärt hätten. »Wie bereits mitgeteilt, wird die Ein stellung der Rekruten in diesem Jahre erheblich früher erfolgen. Es sind darüber jetzt endgültige Feststellungen dahin getroffen worden, daß die Einstellung der Mannschaften bei der Linien-Jnfanterie am 14. Oktober, bei der Kavallerie am 5. Oktober und für das Winter halbjahr des Trains am 2. November erfolgt. Bei der Garde werden die Rekruten bei der Infanterie am 4. Oktober und bei dem Train am 2. November eingestellt. Bei der Linie er folgt auch die Einstellung der Rekruten für Jäger, Feld- und Fußartillerie und Pioniere am 14. Oktober. Die Oekonomie - Handwerker- Rekruten treten am 2. Oktober ein. »Auf Anregung des Regierungspräsidenten von Liegnitz haben 16 Kommunen Niederschlesiens Einrichtungen getroffen, Arbeit suchenden Personen solche unentgeltlich nachzuweisen. Um nun wenigstens einen Teil dieser Personen ihrer früheren Beschäftigung auf dem Lande wieder zuzuführen, hat der Regierungspräsident die landwirtschaftlichen Vereine angegangen, ihrerseits Meldestellen für Arbeitgeber einzurichten, Der Vorstand des landwirtschaftlichen Zenlral- vereins hat sich der Sache ebenfalls angenommen, so daß ein günstiger Einfluß dieser Einrichtungen auf die Arbeitsverhältnisse zwischen Stadt und Land nicht ausbleiben dürfte. Oesterreich-Ungarn. * Der Führer der kroatischen Oppo- sition, David Starcevitsch, bereist im Triumph- Arn Ziel'. 2j (Fortsetzung.! Nach Tische kam der Lehrer, ein blonder, stiller, junger Mann und wie mir schien, ein be sonderer Günstling des Pfarrers. Er lobte be redt den Eifer, mit welchem der junge Mann seinen Pflichten oblag, und wie bescheiden und fleißig er sei. Der Pfarrer schlug den jungen Leuten vor, ein wenig zu musizieren. Sabine blickte scheu nach mir hin, trat jedoch sofort zum Pianino, der Lehrer holte seine Geige und das Duett begann. Beide spielten vorzüglich; es war ein wahrer Genuß, dem tiefempfundenen, schönen Spiele zu lauschen. Selbst ich vergaß für Momente die zauberisch schöne Frau an meiner Seite, um den süßen Klängen zuzuhören; es war ein herrlich verbrachter Abend. Ich kam erst spät heim, die Musikklänge rauschten noch in meinem Ohre und vor den Augen schwebte mir beständig das Bild der schönen Frau — Herz und Sinn waren voll ständig gefesselt. Am andern Tage war ich wieder im Pfarrhause. Wir hatten einen Spazier gang verabredet, ich ging deshalb schon am Nachmittag hin; meine Hoffnung hatte mich nicht getäuscht, Charlotte begleitete uns, auch Sabine war mit von der Partie, nur Wilhelmine blieb zu Hause. Ich vermißte sie nicht; ich war glück lich, an der Seite der schönen Frau wandeln zu dürfen, alles andere war für mich Nebensache. Wir gingen durch den Wald; es war ein wunder schöner Weg, über unseren Häuptern rauschte es luse in den Bnumwipfeln, nur hier und da zuge Böhmen, begleitet von der Stadtvertretung von Leitomischl und Trübau. In der Freitag- Nacht wurden auf dem Gebäude der Prager Staatsanwaltschaft die kaiserlichen Reichsadler herabgerissen und im Kot geschleift. »Am 23. d. sind hundert Jahre seit der zweiten Teilung Polens verflossen. Anläßlich dieses Gedenktages veröffentlichen ver schiedene galizische Polen-Blätter Aufrufe, in denen die Polen aufgefordert werden, diesen Tag entsprechend zu feiern. Jeder Pole müßte es be kennen, daß er seine Rechte nie aufgcbe und mit unveränderter Beharrlichkeit auf Polens Freiheit hoffe, die ebenso sicher eintreffen werde, wie sie für Italiener, Serben, Rumänen, Bulgaren und andere Völker eingetroffen sei. „Diesen hundert jährigen Gedenktag unseres Falles," so heißt es weiter, „müssen wir so feiern, wie es Bürgern eines mächtigen, wenn auch jetzt scheinbar jeder politischen Bedeutung baren Volkes geziemt. Wir müssen uns vor allem von den Sünden unserer Väter lossagen — die Polens Teilung verschul det haben — und müssen durch ausdauernde Arbeit an der Entwickelung unserer Nation thätig sein, namentlich an der geistigen und materiellen Entwickelung unseres arg geschädigten Volkes." Frankreich. »Der Bürgermeister von Toulon wird nächster Tage in Paris erwartet, um den Präsi denten Cornot und die Minister zu dem bei Gelegenheit des russischen Flotten - besuches stattfiudenden Feste einzuladen. Die Festlichkeiten sollen sehr glänzend werden. Fast alle Provinzialblätter stimmen dem Gedanken zu, den Russen seitens der Pariser Presse ein Fest zu veranstalten. Die Blätter verlangen, daß eine Abordnung einfacher russischer Matrosen nach Paris gesandt werde, um sich dort mit den Parisern zu verbrüdern. Italien. * Der Papst ließ der ,Polit. Korr.' zufolge der französischen Regierung mitteilen, daß der Ausfall der Wahlen in der Politik des Vatikans keinerlei Aenderung bewirke. Hoffentlich werden die Regierung und das Volk Frankreichs der vatikanischen Politik, deren mäßigender Einfluß ungeachtet der Niederlage der Ralliirten doch bei den Wahlen zu Tage ge treten sei, Rechnung tragen und in der Gesetz gebung und der Gestaltung der Beziehungen sich von den früheren Gesinnungen beseelt zeigen, wie der Papst sie Frankreich gegenüber bekunde. Rußland- * Die angebliche V e rlobungdesrussi- schen Thronfolgers wird wieder einmal gerüchtweise gemeldet. Diesmal soll seine Aus erkorene die 16jährige Prinzessin Sybille von Hessen, aus dem landgräflichen Hause, sein. An laß zu diesem Gerücht hat die Thatsache gegeben, daß die genannte Prinzessin gegenwärtig in Fredensborg weilt. * Auch ein Zeichen der Zeit! Die russische Adels-Agrarbank bietet neuerdings 1222 Güter zum Verkauf aus. Aegypten. »Der .Daily Chronicle' erfährt aus Kairo aus sehr guter Quelle, daß der Vizekönig von Aegypten beschlossen habe, England im Frühjahr zu besuchen. In einer kürzlichen. Unterredung habe er geäußert, er wolle England besser kennen lernen, und auch die Engländer sollten ihn besser kennen lernen. — Bisher ver folgte der junge Abbas auch die Absicht, daß die Engländer ihn „kennen lernen" sollten, aber er meinte das in anderem Sinne. Jetzt hat er anscheinend — wohl infolge der väterlichen Be lehrung,. die er bei seinem Besuch in Konstanti nopel von dem älteren und staatsklügeren Sultan erhalten hat — eingesehen, daß bei seinem jugendlich leichtsinnigen Anstürmen gegen die britische Herrschaft nichts Gutes herauskommen kann. Amerika. * In Brasilien hat eine neue Revo lution begonnen. Die Flotte hat sich gegen die Regierung aufgrlehnt und diese zum Rück tritt aufgefordert. Die Regierung hat diesem Ausinüen nicht stattgegeben und erklärt, sie fühle sich stark genug, die Ordnung aufrecht zu erhal ten, könne aber ein Bombardement der Haupt stadt nicht hindern. Präsident Peixoto ist zum Diktator ausgerufen worden. Die Flotte besteht aus 48 größeren und mehreren kleineren Kriegsschiffen, hat etwa 6500 Mann Besatzung und 367 Offiziere. Don Schloß UrviUe, dem Absteigequartier des Kaisers, bringt der ,Frkf. G.-Anz.' eine Schilderung, der folgendes entnommen sei: „Für einen kürzeren kaiserlichen Aufenthalt, wie er in diesem Jahre vorgesehen ist, genügt das Schloß Urville vollständig. Das Erdgeschoß erhebt sich nur um eine Stufe über dem Vorplatz; in ihm sind sechs größere Räume und einzelne kleinere Gelasse. Die Mitte des Erd geschosses nimmt der Speisesaal ein, in dem etwa 40 Personen bequem untergebracht werden können. An den Speisesaal schließen sichdieZimmer für die dienstthuenden Adjutanten und Kammer herren an. Die Zimmer des Kaisers befinden sich im ersten Stockwerk, zu dem vom Erdgeschoß eine breite steinerne Treppe hinaufführt. Nach Süden liegt das geräumige Arbeitszimmer deS Monarchen; durch die drei Fenster hat man einen freundlichen Blick über das Nied-Thal, das sich freilich, wie überhaupt die ganze Gegend, nicht durch besonders romantische Reize aus zeichnet. Die innere Ausstattung des ganzen Schlosses ist zwar einfach aber vornehm. Des Kaisers Arbeitszimmer ist weiß getäfelt, die Möbel sind weiß mit Goldverzierung; die Be züge sind rot; dieselbe Farbe haben auch die Vorhänge und Teppiche. Aehnlich sind auch die übrigen kaiserlichen Wohuräume ausgestattet. Im Schlafzimmer hat der Kaiser, wie sein Großvater, Kaiser Wilhelm I., eine eiserne Bettstelle. Der zweite Stock umfaßt die Räumlichkeiten für das Gefolge und die persönlicheDienerschaft des Kaisers. Zur Schaffung der Wohnräume für das Gefolge und die Dienerschaft habe von die Baumeister ein altes etwa 50 Meter langes, in unmittelbarer Nähe des Schlosses gelegenes Oekonomiegebäude verwertet, das ehemals als Orangerie, Stallung, Scheune und Remise verwandt wurde. Dies Gebäude wurde vollständig umgebaut und hat einen kleinen Anbau erhalten, so daß eS jetzt Raum für 14 Kavalieczimmer und für etwa 40 Bediente enthält. Hier befindet sich auch die Post- und Telegraphenanstalt. Die ganze Nord front des Gebäudes ist für Küchen- und Wirt schaftszwecke eingerichtet. In ihr sind drei ge räumige Küchen, Abwasch- und Vorratsräume, die Silber- und Geschirrkammer, das Anrichte zimmer und der Speisesaal für die Dienerschaft untergebracht. Die Ausstattung der inneren Räume deS Schlosses und der Nebengebäude er folgte unter unmittelbarer Leitung des Hof marschallamtes unter persönlicher Aufsicht des Hausmarschalls Freiherrn v. Lynker, der dieser Tage hier weilte und die letzten Anordnungen für den Empfang des Kaisers getroffen hat. Ein großer Teil der Einrichtung und dec Möbel wurde aus Metz geliefert, ein Teil aus Berlin besorgt. Die Wachträume befinden sich in dem Unterhause des nahe gelegenen Gärtnerwohn hauses. Das etwa 1500 Personen, zählende Dorf Kürzel liegt von Urville aus gerechnet, jen seits der Nied bezw. der Eisenbahn, zu beiden Seiten der Landstraße; es besitzt, was eine Seltenheit in Lothringen ist, eine eigene, aus etwa 230 Köpfen bestehende protestantische Ge meinde. Kon Uah und Fern. In Sache« des Xantener Knabenmordes beschäftigt sich, wie die ,Kreuz - Ztg.' meldet, in der That das Ministerium des Innern schon seit ein paar Monaten mit Wiederaufnahme der Ange legenheit. Auf Antrag des Justizministers wurde vom Minister deS Innern der Polizeipräsident aufgefordert, bis Ende August einen Kommissar namhaft zu machen, der sich Anfang September nach Xanten begeben und seine Thätigkeit dort beginnen solle. Dies ist nun geschehen; der Kriminal-Kommissar Rautenberg hat sich nach dort begeben, ihm liegt die schwierige Aufgabe ob, Licht in das Dunkel zu bringen. Zur Kieler SPionenaffäre. Die beschlag nahmte englische Jacht „Insekt" ist wieder frei ¬ fiel ein gedämpfter Sonnenstrahl durch die dichten Laubkronen auf unseren Pfad. Endlich hatten wir das Ende des Waldes erreicht; wir traten hinaus aus einen kleinen Hügel, zu unseren Füßen breitete sich ein liebliches Thal aus. Ein kleiner Bach schlängelte anmutig sein schmales Silberband durch grüne Wiesen, über die Stoppel felder spann der Altweibersommer seine zarten Fäden. Alles ringsum atmete Eintracht und Frieden. „Dort drüben liegt Monbijou," sagte Sabine zu Charlotte. Die schöne Frau brachte eine goldene Lorgnette an die Augen. „Das Besitztum von Fräulein Göllern," sagte sie spöttisch. „Ein sehr schöner und sehr gut verwalteter Besitz," sagte der Pfarrer. „Das Eigentum einer Närrin," meinte Frau Wildbach achselzuckend. „Fräulein Göllern ist wohl sehr exzentrisch, aber nicht halb so schlimm, wie sie die Leute machen," versetzte der Pfarrer begütigend. Charlotte zuckte die Achseln und wandte sich dann an mich. „Herr von Reuben, was sagen Sie dazu? Sidonie Göllern, die Besitzerin von Monbijou, sitzt halbe Tage lang zu Pferde, raucht, spielt Karten wie ein Mann und treibt tausend tolle Streiche. Sie ist eine alleinstehende Dame und ihr Haus wimmelt von männlichen Gästen, sie findet es nicht einmal der Mühe wert, eine Ehrendame zu sich zu nehmen, und macht allein die Honneurs." „Charlotte," unterbrach der Pfarrer den Redefluß der schönen Frau, „wir alle haben unsere Fehler und Eigenheiten; etwas Schlechtes kann man dem Fräulein trotz ihres wilden Lebens nicht nachsagen, im Gegenteil, sie ist gut zu den Armen, und wenn die Art und Weise, wie sie gibt, nicht immer die sanfteste ist, sie gibt und hilft, wo sie nur kann." „Nun, das Fräulein hat ja in dir einen sehr lebhaften Verteidiger gefunden," spöttelte Char lotte mit unverkennbarem Aerger; der Pfarrer warf ihr einen ernsten Blick zu und begann von anderen Dingen zu reden. Ich war ein stummer Beobachter dieser kleinen Szene geblieben, eine Art von Mißstimmung beschlich mich, Charlotte kam mir fast häßlich vor, als sie so lebhaft sich bemühte, Fräulein Göllern in ein möglichst schlechtes Licht zu brin gen. Einsilbig und wortkarg schritten wir den Hügel hinab, um zu dem breiten Waldweg zu gelangen, der uns wieder heimwärts brachte. Als wir eben aus dem Walde heraus auf die Landstraße lenken wollten, kam eine Reiterin daher. Eine kleine, schmächtige Gestalt saß in höchst nachlässiger Haltung auf einem wunder schönen Tier, das gleich der Windsbraut daher gestürmt kam. Der Pfarrer zog höflich den Hut, ein leichtes Nicken mit dem von wildflatternden rabenschwarzen Locken umwogten Haupt, und die Reiterin war vorbei. „Sie haben Glück," sagte Charlotte lachend zu mir, „das war Sidonie Göllern, die Herrin von Monbijou." „Trotz ihrer schlechten Haltung scheint sie eine vorzügliche Reiterin zu sein," bemerkte ich nicht ohne Bosheit, denn ich war sicher, daß Charlotte gegeben worden und nach England zurückgefahren. Ueber das Ergebnis der Untersuchung gegen du beiden der Spionage verdächtigen Franzosen ver lautet von amtlicher Stelle noch immer nMs. Daß dies bald geschehe, wäre aber bei dem Um sehen, das die Affäre gemacht hat, dringend zu wünschen. Unsere Marine hat wieder ein be klagenswerter Unfall betroffen. AuS Saß nitz wird vom Donnerstag gemeldet: JmM Kenterns eines Bootes vom TorpedoschulMN „Blücher" sind drei Matrosen ertrunken. Die Namen derselben sind Meweries, Tiedt und Dettmers. Der „Blücher" dampfte mit den Leichen nach Kiel. 32 neue Ruhrerkrankungen sind in dm letzten Tagen in Tilsit polizeilich angemeldel worden. Bis jetzt sind im ganzen 135 Personen erkrankt, davon sind 9 gestorben, 83 genesen und 43 befinden sich noch in ärztlicher Behandlung Bei dem in Insterburg einquarticrten TilM Dragonerregiment sind die Ruhrerkrankungssäue jetzt leichter Natur. Bei der Katastrophe in der NE Militärschwimm-Anstalt im August ertranken bekanntlich sieben Soldaten; ein ander» Soldat, durch einen Stich mit einem BootrM" schwer verwundet, ist jetzt nach 13monatlich^ Krankenlager verstorben. Ei« Autodafe. Der LandtagSaussM zur Verwaltung der Staatsschulden macht kannt, daß am 9. d. in Dresden wiederum eine Anzahl verfallener, cingetauschter oder sE wertlos gewordener sächsischer Staatspapierc»» brannt werden soll, die einen einstigen Wert v° etwa 11^2 Millionen Mk. repräsentierten. „3^ , mann, soweit der Raum dies zuläßt, darf Verbrennung beiwohnen." Daß unter den Bauern noch Geld n- bewies vorige Woche ein Hofbauer in der GW'" von Heidelberg. Er hatte seine Tochter auswärts verheiratet und sich den Spaß gew°v die Mitgift derselben in Thalern und stücken am Hochzeitstage auf die Tafel zu Das Faß mit Inhalt wog über 230 Pfund: waren 20 000 Mk. bar. Ein findiger Landwirt in der Nähe Neustadt a. 0. O. hatte kurz vor Beginn ° Exerzierens von Truppenteilen des 11- 2" korps Wicken in die Stoppeln gesät, «m größere Entschädigung zu erhalten. Der fiskus wählte aber "noch in letzter Stunde e anderes billigeres Grundstück zum ExerzierM' So kam denn der kluge Mann um den erhon Gewinn und hat noch obendrein allerlei Sp"«° reien zu ertragen. Gin seltenes Jubiläum wird im nächsten Jahres daS zum GroßherM Mecklenburg-Strelitz gehörige Fürstentum N"? bürg feiern können. Der Landtag des Länd^ ' der sich alljährlich versammeln soll, ist stä ° Jahre 1870 regelmäßig betufen worden, aber ist noch nicht ein einziges Mal beschlußfähig wesen, so daß er 1894 sein 25 jährigeS feiern kann, ohne auch nur einen einzige« schluß gefaßt zu haben. Die Bürger und Bam halten sich vom Landtag fern, weil die LandM ordnung ihren Wünschen nicht entspricht. - Die Witwe des JeldzeugmeiA Benedek hat dem „Joaneum" ihre ganze B«, sammlung im Werte von 60 000 Gulden macht. Das Joaneum wird einen eigenen Bene" Saal erhalten. Ein Hai gefangen. Einem NsF" °n Zengg au der kroatischen Küste gelang es, e' vier Meter langen, der gefährlichsten angehörenden Haifisch zu fangen. Die Seebeo wird dem Fischer eine Belohnung auszahlem Abgefastter Schmuggler. In der des Städtchens Lauenstein im Erzgebirge w.g Tage ein angesehener Bürger, der KaUsw Rehn, von der österreichischen Finanzwache Schmuggeln ertappt und verhaftet worden. hat bereits seit einer Reihe von Jahre« unsauberes Gewerbe betrieben und zwar, w^ jetzt herausgestellt hat, in ganz bedeuten^ Umfange. Bei dem Verhafteten wurde em buch beschlagnahmt, in dem sich außer einer ständigen Uebersicht der einzelnen Paschereie" die Namen einer Reihe Geschäftsleute der dor^ meine Bemerkung sehr ungnädig aufnebA würde. So war es auch wirklich der Fall- v Wildbach warf mir einen bitterbösen Blw A und schloß sich an Sabine an, die teilnao^ an unserem Gespräch langsam vorausges«'" war. Der Pfarrer erfaßte meinen Arm. „Es thut mir immer weh, von Fra« Göllern so reden zu hören," sagte der 6"^ Mann, „niemand als ich weiß eS besser, « gutes, edles Herz sie besitzt. Sie gibt mit W Händen, ohne ihre Wohlthaten an die Glocke zu hingen, wie es so viele andere > Kein Notleidender ist noch jemals von Thür gewiesen worden, sie geht uu8W-. z» die elendeste Hütte, um Trost und H"'" bringen. Freilich, sie hat dabei >hre Manier, denn sie weist jeden Dank unfreundlich zurück. Ihre Lebensweise w die eines Mannes als einer Frau und mancherlei Anstoß, das ist richtig, allem muß auch bedenken, welche Erziehung '' nassen hat. Von zehn Kindern ist jüngste, das einzige am Leben gebuevc' Mutter starb, als Sidonie kaum E zählte, der Vater ließ sie aufwachsen glciw Knaben. Ihr Wille war für ihn Befew, F die kleine Sidonie etwas anorduete, g die Dienerschaft noch schneller und bemr gk als dem Gutsherrn. Hübsch "ar ye wesen, aber sie konnte, wenn sie wollte v hinreißenden Liebenswürdigkeit sein; I ' ^0°' Jahren hat sie sich sehr geändert und iw sie führt ihre tollen Streiche nur auS, u -r geheimen Kummer zu übertauben. M Jahren ist ihr Vater gestorben und
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)