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Allgemeiner Anzeiger : 09.08.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-08-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Public Domain Mark 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189308096
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18930809
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- Bemerkung
- Vorlagebedingter Textverlust
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- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1893
-
Monat
1893-08
- Tag 1893-08-09
-
Monat
1893-08
-
Jahr
1893
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 09.08.1893
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Politische Rundschau. Deutschland. * Sicherem Vernehmen der Fiel. Ztg/ nach wird der Kaiser am 8. d. mit seiner Jacht „Hohenzollern" in Kiel eintreffen, um am nächsten Tage mit der gesamten Flotte in See zu gehen und eine Flottenschau abzuhalten. Die Abreise soll am 14. d. erfolgen. * Der Herzog Ernst Friedrich vonSachsen - Altenburg beging am Donnerstag sein vierzig jähriges Regierungs-Jubiläum. *Die Reichsregierung hat die Gesuche um Befreiung solcher russischer Waren, die auf Grund früher abgeschlossener Verträge in nächster Zeit zur Einfuhr gelangen würden, vom Zuschlagszoll prinzipiell ablehnend beschieden. *Jm preuß. Finanzministerium ist, wie die ,Natlib. Korr/ berichtet, eine eingehende Denkschrift über die Reichssteuer- re form ausgearbeitet, die der Frankfurter Finanzminister-Konferenz vorgelegt und alsdann voraussichtlich auch veröffentlicht werden wird. "Zur Regelung der industriellen Sonntagsruhe sind die Vorschläge des Reichsamts des Innern bereits seit längerer Zeit fertig gestellt. Man beabsichtigt auch, dieselben durch die Landesregierung den beteiligten Kreisen zugänglich zu machen. Man wisse aber noch nicht recht, wem man sie geben solle, da die Arbeiterkreise darüber verstimmt werden könnten, wenn einige Arbeitgeber die Vorschläge eher er führen als die andern. — Dieser Grund für die lange Geheimhaltung scheint nicht recht plausibel. * Im Wahlkreise Alsfeld - Lauter bach hat in der Stichwahl der Antisemit Bindewald über den Nationalliberalen Backhaus gesiegt. Der Wahlkreis war auch schon im vorigen Reichstag antisemitisch vertreten. * In B r omb erg ist Scheidung derPoIen in zwei Gruppen eingetreten. Für den 1. August waren daselbst zwei vollständig ge sonderte Polen-Versammlungen anberaumt, die über die gleichen Gegenstände entgegengesetzte Beschlüsse fassen sollten. Es zeigt sich, daß die „Volkspartei" dort mehr Anhänger als die „Hof partei" besitzt. *Der Hotelbesitzer Liebel aus Sansibar, der sich für seinen Plan, den Kilimandscharo mit Deutschen zu besiedeln, auf die Unterstützung der deutschen Regierung berufen hatte, hat seinen Plan allerdings dem Gouverneur Frhrn. v. Scheele vorgelegt. Dieser hat sich, der ,Nordd. Allg. Ztg/ zufolge, dahin ausgesprochen, daß er allen auf verständiger Grundlage be ruhenden Bestrebungen zur wirtschaftlichen Ent wickelung des Schutzgebietes jede Fürsorge wid men werde. Anderseits sei Herrn Liebel darüber kein Zweifel gelassen worden, daß es zur Zeit noch verfrüht erscheine, mit dem Versuch einer Kolonisation bitz zum Kilimandscharo vorzugehen. Frankreich. "In Siam hat Frankreich jetzt die unbe schränkte Herrschaft. Nach Meldungen aus Saigon ist General Dnchemin, der Befehlshaber der Truppen in Indo-China, von Tongking mit Infanterie- und Artillerie-Abteilungen, die als Verstärkungen erbeten waren, dort cingetroffen. Oberst Thoreux ist mit einer Kompanie nach dem oberep Mekong aufgebrochen. "Der ehemalige Senator Leguay, der wegen der Veruntreuungen bei der Dynamit-Gesellschaft zu 5 Jahr Gefängnis ver urteilt worden war, ist begnadigt worden, nachdem er kaum ein Jahr seiner Strafe verbüßt hat. Vielleicht bewirbt sich Leguay nun um ein Deputiertenmandat. Die Regierung scheint ihm ja freundlich gesinnt zu sein, und sie hätte kaum Anlaß, ihm zu verweigern, was sie dem berühmten Schwiegersohn Grevys, dem Monsieur Wilson, zugesteht. Dieser ehrenwerte Herr hat in LocheS seine Kandidatur aufgestellt und wird dort von keinem Regierungs-Kandidaten bekämpft. England. "Die Zahl der Aus ständigen in England beträgt über 400 000. Diese Zahl vermehrt sich in nächster Woche noch um 30 000 Mann, die ordnungsmäßig gekündigt haben. In den großen Werken von Manchester, Bradford, Nottingham stellt sich bereits Kohlenmangel ein. Man befürchtet, daß der jetzige Streik so allge mein werde, wie die Welt ihn noch nie- gesehen. Belgien. "Die belgische Senatsreform scheint in letzter Stunde vollständig gescheitert zu sein. Nachdem trotz der anfänglichen Neigung der Parteien, zu einer Einigung zu gelangen, die Verhandlung sich immer mehr in die Länge ge zogen hatte, suchte in der Dienstagssitzung der belgischen Kammer Minister Burlet einen Druck auf die Kammermitglieder auszuübpn dadurch, daß er die Krone in die Reformfrage, verwickelte. Er erklärte, die Anträge der Regierung über die Senatsreform seien die letzten Zugeständnisse, die die Krone geneigt sei, zuzugeben. Diese Bloß stellung der Krone, die der Minister als die eigentliche Hemmungsinstanz bei der Senatsresorm dargestellt hat, hatte eine ungeheure Aufregung zur Folge. Janson und die ganze Linke erhoben sich gegen den Minister, der auf schroffe Weise die Krone bloßstelle. Zugleich zog die Linke alle ihre Anträge zurück und verweigerte die weitere Teilnahme an der Debatte über die Senatsreform. Ruhland. * Pariser Morgenblätter bringen Mitteilungen über einen Einbruch im russischen Konsulat in Serajewo (Bosnien) und über die Entwendung der geheimen Korre spondenz des Konsuls mit dem Gesandten. Der Diebstahl geschah in Abwesenheit des Konsuls angeblich durch einen früheren Polizei-Beamteu, der nach Wien entflohen sein soll. Balkanstaaten. * Wie das Organ der serbischen Fort schrittspartei, ,Videlo', wissen will, zeigt sich unter den Radikalen die Neigung, die Minister an klage nur bis zur Verurteilung durch den Staatsgerichtshof zu treiben, dann aber auf Grund des Artikels 42 des Ministerverantwort lichkeitsgesetzes einen Begnadigungsantrag durch die Skupschtina an den König zu richten. Es sei den radikalen Führern nur darum zu thun, eine Warnung vor künftigen verfassungswidrigen Experimenten aufzurichten. Sie wollen durch Verurteilung der Mitglieder des früheren Kabi netts Avakumowitsch verhüten, daß sich zum zweiten Male Leute finden, die es unternehmen, ohne Skupschtina zu regieren. (Nach den Reden' in der Debatte über den Anklageantrag scheint es kaum glaublich, daß bereits eine so versöhn liche Stimmung in die radikalen Gemüter einge zogen sei sollte.) Nmeriku» "Der gegenwärtig in Chicago tagende „S i lb e r k o n g r e ß" ist selbstverständlich fast ausschließlich von den Silber erzeugenden Staaten der Union und den hervorragenden Silberinteressenten beschickt. Die Mehrzahl, jeden falls ein sehr erheblicher Teil der Versammelten, gehört der „Volkspartei" an. In dem BeriA des Kongreß-Ausschusses wird dagegen protestiert, daß die finanzielle Politik der Ver. Staaten von der Meinung oder Politik fremder Regierungen abhängig gemacht werde. Das einzige Heilmittel gegen die finanzielle Krise sei die Eröffnung aller amerikanischen Münzen für Gold und Silber mit Beibehaltung des alten Wertverhältnisses von 16 zu 1. (Das läßt sich leider nicht so einfach verfügen.) "Die Nachrichten aus Argentinien lauten fortgesetzt günstig für die Aufstä dischen. Wie das „Reutersche Bürean" aus Buenos-Ayres meldet, hat der Gouverneur von Santa Fs sein Amt niedergelegt. Der Unter- Gouverneur setzt den Widerstand gegen die Radi kalen fort. Der Präsident weigert sich, das Dekret zur Entwaffnung der Truppen zu unter zeichnen. Die Regierung von Santa Fö droht ebenfalls zurückzutreten. Der frühere Präsident Pellegrini ist von der argentinischen Regierung herbeigerufen worden. Auch aus den Provinzen Salla und Tucmann wird der Ausbruch der Revolution gemeldet. Die wichtigste und für die Fortschritte der Revolution am meisten sprechende Nachricht ist die aus Buenos-Ayres nach Paris gelangte Mitteilung, daß der Präsident des Senats, General Roca, erklärt habe, er trete von jeder politischen Thätigkeit zurück. General Roca ist das Haupt der liberalen Partei,' gegen die der Aufstand sich in erster Linie richtet. "Auch in Brasilien scheint die Auf- sfandsbewegung Erfolg zu haben. Die Aufständischen in der Provinz Santa Catharina sind siegreich geblieben. Der Gouverneur hat am Dienstag die Residenz verlassen. Kon Uah und Fern. Ein furchtbares Unglück ereignete sich am Mittwoch nachmittag auf dem Flaggschiff „Baden", das, mit dem Prinzen Heinrich und dem Admiral Schröder an Bord, bei einem Uebungsschießen im Kieler Hafen begriffen war. Bei einem Schieyversuch explodierte eine 26 Zentimeter-Kartusche mit 97 Pfund Pulver Inhalt. Die Explosion ist, so weit bis jetzt festgestellt werden konnte, auf das Steckenbleiben des Geschosses und eine rückläufige Wirkung auf den Keilverschluß zurückzuführen. Getötet wur den neun Personen, darunter drei Offiziere; ver letzt zwei Offiziere und 16 Matrosen. Bei keinem der Verwundeten ist Lebensgefahr vor handen, doch haben mehrere derselben, wie bereits festgestellt, das Augenlicht ein gebüßt. Während der Explosion befand sich Prinz Heinrich mit dem Admiral Schröder und dem Kommandanten auf der Kommandobrücke. Der Prinz beteiligte sich eifrigst an den Hilfeleistungen für die Ver wundeten und veranlaßte eine ausführliche tele graphische Meldung an den Kaiser. Deine Unter suchung des Unglücksfalles ist im Gange. Der Heringsfang ist noch niemals vorher so ergiebig gewesen, wie in diesen JahVe. Nach den Fachblältern sind diesmal gerade noch ein mal so viel Fische gefangen worden als im vorigen Jahre. Die Nonnenraupe verheert die Waldungen des Bolkenhainer Kreises. Der Landrat fordert die Kreisbewohner auf, gegen diesen bösen Feind energisch vorzugehen. Hinrichtungen. Am Donnerstag früh wurde in Düsseldorf der Lustmörder Brendger durch den Scharfrichter Reindel aus Magdeburg enthauptet. — Am gleichen Tage wurde in Amberg Gutten berger, der Mörder der Lehrerfamilie Brunner, hingerichtet. Tierhändler Hagenbeck fen. Vorige Woche ist in Hamburg der Gründer der in der ganzen Welt bekannten Tier-Importfirma, Karl Hagenbeck, im Greisenalter gestorben. Der biedere Mann, der zu den Patriziern der Hansastadt zählte, war in Hamburg ungemein populär und wurde überall, wo er sich zeigte, als „Papa Hagenbeck" begrüßt. Anders wurde er gar nicht angesprochen. Interessant ist, daß der „alte Hagenbeck", wie er selbst oft lächelnd zum Besten gab, seine Tierhandlung mit einem Seehund in einem Wasserbottich gegründet hatte. Aus diesem bescheidenen Anfang entstand die Weltfirma, die von dem gegenwärtig 49 Jahre alten Sohne des Verblichenen, Karl Hagenbeck und dessen Schwester Christiana repräsentiert wird und aus fernen Weltteilen Tiere nach Europa importiert. Um einen Begriff von der Ausdehnung des Geschäfts zu geben, führen wir an, daß Hagenbeck im letzten Jahre 200 Elefanten, 150 Panther, 70 Löwen, 80 Strauße, 500 Giraffen, 1600 verschiedene Reptilien und 40000 exotische Vögel im Handel umsetzte. Bei dem Ersatzgeschäft in Bottrop ereignete sich der seltene Fall, daß ein Militär pflichtiger seine Geburt nur durch seine Existenz nachweisen konnte. Die Eltern hatten es seiner Zeit unterlassen, den Jungen anzumelden; ge tauft ist ex auch nicht. Die Eltern, die beide noch leben, sind aus Furcht vor Strafe ins Ausland gegangen. Ueber einen Bergiftnngsfall durch eine milzkranke Kuh wird aus Untertürkheim fol gendes ^nitgeteilt: Im Auftrage einer Wein gärtnerswitwe hatte dieser Dage der Metzger Canz unter Mithilfe eines Verwandten der ersteren, namens Haug, eine milzkranke Kuh ge schlachtet und ausgedauen. Die Milz der kranken Kuh wog fast 30 Pfd., während die Milz einer gesunden Kuh nur 2 Pfd. schwer ist. Bei der Arbeit hatte sich Canz verletzt und trat Starr krampf und Auch sein M nach verletzt, Sterben. V! der Milzkraut teils vielleicht des Fleisches. Die Feuerwehr in benutzte beim Ausrücken immer deren Anstrich die französischen Farbei — Die Polizeibehörde sah sich veranlaßt, ?me Aenderung des Anstrichs anzuempfchlen. «mzu wollte sich die Feuerwehr aber nicht bequemen, trotzdem die Erneuerung des Anstrichs notwendig war. Am letzten Sonntag löste sich deshalb die Feuerwehr auf, und die Gemeinde ist Nun einer alten Trommel wegen ohne organisierte Lösch mannschaft. Jagd vom Eisenbahnfenster. Zwischen Delhi und Burthore in Vorderindien jagte Erz herzog Franz Ferdinand von Oesterreich-Este, nach seinen neuesten Briefen, vom Bahnsenstec aus auf Tiger. Der Erzherzog, der ein grobes Interesse für die Eisenbahn hegt, führte die Niaschine selbst auf einer schmalen Trace durch die Dschungeln. Der Zug fuhr schnell oder langsam, je nach dem Erscheinen und den Be wegungen des Wildes. Man jagt zu Pferde, zu Fuß, zu Elefant — die Jagd vom Bahnsenster aus dürste neu sein! Ueber einen großartigen Uhre«- schmnggel, der an der französisch-schweizeriM» Grenze getrieben wird, berichtet ein französischer Blatt folgende Einzelheiten: Vor einiger Ze" hat die französische Grenzpolizei einen gute» Fang gethau, indem sie einen solchen Unternehmer erwischte. Sie kam dadurch zu allerlei wertvollen Entdeckungen. So hat sich herausgestellt, daßM sechs Monaten, nämlich vom August 1892 ob zum Februar 1893, nicht weniger als 2200" Uhren mit einem Gesamtwert von zwei Millionen Frank durch ein einziges Schmugglergeschäft über die Grenze geschafft worden sind. Man behauptest der Verlust, der dem französischen FiSkuS jähr"« bloß durch Uhrenschmuggel zugefügt werde, be laufe sich aus 400 000 Frank. Die Organisation des erwähnten Schmugglerinstituts ist geradezu bewundernswert. Die Uhren, die geschmuggelt werden sollten, wurden von den Schweizer Fabri kanten an gewissen Stellen hinterlegt, von wo sie durch die eigentlichen Schmuggler in kleinere» oder größeren Partien abgeholt und auf die raffinierteste Art und Weise über die Grenze ge bracht wurden. Dort waren wieder besondere Agenten, die die weitere Spedition besorgtem Die schriftlichen Ordres und Bestellungen dec Fabrikanten wurden von dem „Schmuggeldirektor wieder an die Aussteller zurückgesandt oder ver nichtet, damit die Polizei im Entdeckungsfalle keine schriftlichen Beweisstücke erhalte. Der Be richterstatter behauptet, es seien von L'Auberso» aus am 5. Februar 1893, also an einem einzige" Tage, 800 Uhren aus jurassischen Fabriken dur« Schmuggel spediert worden. In einem bestimmte» Fall seien die Uhren in Schweizermilch-Büchst" verpackt über die Grenze gegangen. Eisenbahnzusammeustoß. Auf der Ring bahn zu Paris fand am Mittwoch abend st" Tunnel unter dem großen Zentralkirchhof es» Zusammenstoß zweier Personenzüge statt. Sechzig Personen wurden leicht verletzt, der Material schaden ist sehr bedeutend. Das Unglück wurve durch den Bruch einer selbstthätigen Bremse des ersten Zuges verursacht. Da der Zugführer keM Signal geben konnte, daß der Zug im Tunnel liegen geblieben sei, rannte der nächstfolgend Zug aus ihn auf. Ein grauenhafter Schtvestermord HK sich in Lyon in einer der letzten Nächte zuge tragen. Die siebzehnjährige Modistin Mane Negre erhob sich verstohlen von ihrem Lag«, schlich zu ihrer in demselben Zimmer schlafende» zweiundzwanzigjährigen Schwester und erwürgte sie mit ihren Händen. Als das Mädchen tot war, ging die Mörderin ins Nebenzimmer, weckte die Eltern und führte sie zum Leichnam. Ende Schwestern hatten denselben Mann geliebt uno Marie beschloß den Meuchelmord, weil sie d" ältere Schwester vorgezogen glaubte. Eine Millionen-Erbschaft. Die polnische" Das alte Kaufhaus. l 6) I Fortsetzung., Doch, dies Gefühl währte nicht viel länger, als das schwache Erröten, das eine kurze Zeit die todesähnliche Blässe auf ihren Wangen ab- z löste. Haugaard, der auf die geringste Bewegung f ihrerseits achtete, rollte die Jalousie nieder und - schloß die Sonne aus, und kurz darauf verfiel seine Gattin in einen tiefen Schlaf, und mit - jedem Tag, der ging, gewann sie etwas von ihren verlorenen Kräften zurück. Und, wie sich die Rosen auf Mariens Wangen - entwickelten, so wuchs Franzens Glück und Freude; wenn sie nur erst gesund war, würde die Zukunft ihm schon viel Gutes bringen. Dar auf verließ er sich sicher. Seine Dankbarkeit gegen Eilert war geradezu stürmisch. Ihm gegenüber bedurfte sein Gefühl keiner Schranken, er glaubte voll und fest, daß er der Tüchtigkeit seines Freundes das Leben seiner Frau zu danken habe, und ein treuer Wächter war Stein auch gewesen. Seit seiner Heimkehr vom Ausland verließ er das Haus nicht. Tag und Nacht wachte er an Haugaards Seite, und Sillo, die früher bei der Kranken so unentbehrlich gewesen war, fühlte sny beinahe zurückgesetzt. Wo zwei so treue Wache hielten, war ein dritter fast überflüssig, und doch würde niemand im Hause sie entbehrt haben können, so viel war sie für jeden einzelnen. Sie dachte nie mals an ihr eigenes kleines „Ich", sondern war stets bereit, sich jedem zu opfern, der ihrer bedurfte. Oft hatte Haugaard seit Sillos Ankunft in Norwegen sie in Gedanken mit seinem Freund verbunden. Und uiit großer Freude sah er, daß seine Wünsche der Erfüllung entgegengingen. Es waren nicht zwei Herzen, die einander suchten, nein sie hatten sich in derselben Stunde gefunden, in der sie sich trafen. Als Marie anfing, sich zu erholen, da sah sie mit Erstaunen die Veränderung, die mit Sillo vorgegangen war. Sie war von einem liebenswürdigen Kinde zu einem entzückenden Weibe herangeblüht, und keinen Augenblick zweifelte sie daran, daß die Liebe diese Veränderung ge schaffen hatte. So hatte sie sich das Leben geträumt, ehe die Wirklichkeit sich mit kalter Hand auf die Blumen der Phantasie gelegt hatte, und nicht eine einzige Rose war zurückgeblieben; nur scharfe Dornen hatte ihr das Leben gegeben. Eine nie vorher gekannte Bitterkeit drängte sich ihr auf. Sie blieb zurück, ohne eine einzige Erinnerung zu finden, die das Herz erwärmen konnte. Sie hatte daS Leben stets mit Resignation getragen; aber beim Anblick des Glückes der Jungen erhob sich die ganze unterdrückte Sehn sucht, erwachten alle Forderungen an das Leben wieder und bewirkten einen Aufruhr in ihrem Innern, den selbst ihr starker Wille nicht zu unterdrücken vermochte. Was sie in besonders hohem Grade verwundete und schmerzte, das war, wenn Eilert oder Sillo ihren Mann auf die eine oder andere Art herausstrichen. Daß er ihrer Hilfe bedürfen sollte, daß jene ihn oder sie beide in aller Stille vielleicht beklagten und in ihrem Glück auf diese prosaische Ehe hinabschauten, das war mehr, als sie ertragen konnte, und um nicht heftig oder auffahrend zu sein, wurde sie immer kälter und ruhiger. Nur einzelne unbewachte Augenblicke konnten zeigen, daß in ihrem Herzen nicht der Friede zu finden war, den man dort erwartet hatte. Sillo fühlte den Druck dieser Veränderung, und dieser legte einen Dämpfer auf ihr Glück, ohne daß ihre Liebe darunter litt. Jetzt, da sie selbst liebte, erfaßte sie eine Ahnung von der Leere, die in Mariens Herzen herrschte, und es that ihr für diese leid, aber mehr noch für Haugaard, der, ohne im Besitz hervorragender Fähigkeiten zu sein, einen Reichtum von verbor genen Schätzen besaß, die wohl im stände waren, ihm ein weniger anspruchsvolles Herz zu ge winnen, eine Frau, die es verstand, diese Vor züge an das Tageslicht zu ziehen. Haugaard verbarg die neue Enttäuschung, die ihm begegnet war, selbst vor seinem besten Freund. Scheinbar war er ganz derselbe, mild und freundlich gegen alle. Er scherzte und lachte vielleicht etwas weniger, als er sonst pflegte. Das war das ganze. Wenn Sillo ihn wie in alten Tagen mit sich auf ihre Ausflüge nehmen wollte, antwortete er scherzend: „Kann nicht mehr, Meerschaum, der rechte Meermann ist gekommen, um dich mit sich auf auf dem Meeresboden oder von uns fort zu führen. Das kommt auf eins hinaus. Jetzt wird er dich begleiten." Und dann ging er lange Touren allein. Eilert hatte keine Zeit mehr, ihm zu folge»- Wenn er nicht gerade seiner Praxis nächst war er bei Sillo. Sommer und Herbst hatten Abschied ge nommen, und der Winter hielt mit Schnee! no Eis seinen stürmischen Einzug. In Norwegen M der Wind sonst nur ein seltener Gast. Aue Spaziertouren hatten für Sillo ausgehört, uno nur ab und zu wurde eine einzelne Schlitten fahrt in dem rauhen Winter unternommen, u»" dann ging der Weg immer nach ihrem lieve Fischerdorf, wo ihre treuen Freunde ost A" litten. Aber des ärztlichen Beistandes entbehrte sie nicht mehr, wenn sie krank waren; den Arz sandte Sillo ihnen immer. * * * Laß den Sturm da draußen nur rasen, l»" den Schnee fegen und den Frost seine o Decke über die Bewohner des Meeres lege». V man nur einen warmen Herd, an den ; , flüchten kann, birgt das Heim nur cm ncy Bild in sich, so ist die Welt reich, wie eng vw Stube auch sein mag. Das fühlte Sillo, sie so an EilertS Seite die langen, dünne Winterabende dasaß. Während der Ofen sprühte und die l" «e Liebenden beleuchtete, saß Mane zusai kauert in einer fernen Ecke des fror. Hätten nur die andern so wäre alles besser geworden aber die Versuche, sie in ihren Kreis hmemz^ müdeten sie. Sic, die früher S,Uo ,o lieb g d
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