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Allgemeiner Anzeiger : 01.04.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-04-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189304018
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- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1893
-
Monat
1893-04
- Tag 1893-04-01
-
Monat
1893-04
-
Jahr
1893
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 01.04.1893
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schätzt war, während er nur 20 000 Mk. gelten lassen wollte. Als man seinen Angaben keinen Glauben schenkte, bot er einem Herrn der Ein- schäsnngskommission das Lager zu 20 000 Mk. zum Kaus an. Nach vielem Drängen seitens des Besitzers ging der Beamte endlich auf den Kauf ein. Gleich darauf wurden dem neuen Eigentümer mehrere Tausend Mark Nutzen ai ge boten. Nun will der ursprüngliche Besitzer das Lager wieder haben, während der neue Besitzer nicht darauf eingehen will. Auf den Ausgang des interessanten Streites ist man gespannt. Eine amerikanische Erbschaft erhielten vor einigen Tagen mit irdischen Glücksgütern wenig gesegnete Landleute in Dorfe Bergstein bei Düren. Dieselbe war von einem vor etwa 50 Jahren Ausgewanderten hinterlassen worden. Der Erblasser hatte sich in San Francisco niedergelassen und durch glückliche Spekulationen in den kalifornischen Goldfeldern ein nach mehre ren Millionen zählendes Vermögen erworben, von dem er indessen durch den Zusammenbruch eines Bankhauses einen Teil wieder einbüßte. Die Erbschaft fiel zum Teil an Verwandte in Amerika und je zu einem Viertel nach Württem berg und nach Bergstein. Der „Rächer Navachols" verhaftet. Die Pariser Polizei-Präfektur gibt bekannt, daß der Anarchist Mathieu, der Urheber der Explosion im Restaurant Vöry, in Saint Michel, Departe ment Aisne, verhaftet worden ist. — Durch die Explosion war bekanntlich das Restaurant, in dem nian Ravachol verhaftet hatte, zerstört und der Besitzer Vorn getötet worden. Den jetzt ver hafteten Mathieu hatte die französische Geheim polizei lange vergeblich in Belgien und England gesucht. Eine fatale Personenverwechslung ist in Prag passiert. Ein dort erscheinendes Blatt bringt die sensationelle Meldung, wonach einer der bei dem großen Juwclendiebstahl im Palais des Grafen v Flandern in Brüssel beteiligten Spitzbuben in Prag entdeckt und verhaftet worden sei. Diese Mitteilung beruht indes aus einem Irrtum. In Prag war der Vertreter einer großen Brüsseler Juwelicrfirma cingctroffe», um regelrecht Geschäfte mit Prager Juwelieren abzuschließen. Derselbe wurde für den Dieb gehalten und ding fest gemacht. Ueber das Zweiwitwen - System in Ungarn hat der ungarische Ministerpräsident Wekerle eigene Ansichten. Das ,Bud. Tgbl.' be richtet darüber: Nun ist das Geheimnis heraus! Er hat es selbst verraten und zwar in einer jener gemütlichen Plauderstunden, die er hie und da im Klub der Regierungspartei zu halten pflegt, wenn ihn gerade die Regierungssorgen nicht drücken, über die er sich jedoch gewöhnlich kein graues Haar wachsen läßt. Eine solche Gelegenheit ergab sich dieser Tage in dem be zeichneten Klub. Es war wieder von der Reform der Ehegesetze und der obligatorischen Zivilehe die Rede, und Ministerpräsident Wekerle sagte u. a.: „Am meisten kann ich das Zweiwitwen- Shstem rächt leiden." Und als man ihn fragte, was das wäre, fuhr er fort: „Es pflegt zu passieren, daß sich, wenn ein Beamter stirbt, am Tage nach dem Begräbnis zwei Witwen des Toten präsentieren, um ihre Pensionsansprüche geltend zu machen. Die eine ist blond und die andere brünett, die eine trauriger als die andere. Jetzt sollte man glauben, daß da ein Fall von Bigamie vorlicge; nicht wahr? Auch ich glaubte das zuerst: aber nichts weniger als das! ES ist bloß die Folge der jetzigen Ehegesetze. Der gute Mann hatte sich von seiner katholischen Gattin vor Jahren fcheiden lassen, und nachdem er znr reformierten Konfession übertrat, konnte er mit vollem Recht eine zweite Frau heiraten. Und jetzt, da er starb, kommen nun die beiden Witwen. Was soll ich mit ihnen anfangen? Ich bedauere beide: die eine bekommt die Pensiou und zwar regelmäßig" . . . (Die Schönere! ruft eine Stimme dazwischen) Nein, gewöhnlich die letzte. Die andere verweise ich auf ein Gnadengehalt. Wieviel solcher Verdrehtheiten hat aber das jetzige Eherccht!" — Wie ersichtlich, bemerkt bas citierte Blatt scherzhaft, ist der Ministerpräsident aus Sparsamkeitsgründen für die Zivilehe. Die Sprengstofffabrik der englischen Fortice Kompany In Herenthals (Prov. Ant werpen) ist zum teil in die Luft geflogen. Drei Arbeiter wurden getötet, ein vierter wurde mit Brandwunden bedeckt und mit zerschmettertem Beine aufgefunden. Die Hungersnot in Algerien. Wie be reits kurz gemeldet wurde, ist in Algerien eine große Hungersnot unter den Eingeborenen aus gebrochen, und zwar in sämtlichen Distrikten des Landes. Vor allem sind es die Bezirke von Oran und Algier, wo nach den Berichten ganze Scharen ausgehungerter Menschen, vor allem Frauen und Kinder, bettelnd durch die Straßen ziehen und teilweise unter freiem Himmel sterben. Die Ursache dieses Elends ist die ununterbrochene Trockenzeit des letzten Jahres, durch welche die Ernten aus weite Gebiete hinaus zerstört worden sind. Gerichtshalle. Rom. Die Strafkammer verurteilte den Fürsten Sciarra wegen Verkaufs von Kunst- gege-ständen ins Ausland zu drei Monaten Ge fängnis, 5000 Lira Geldstrafe, Rückerstattung des für die nach dem Auslande verkauften Kunst gegenstände erhaltenen Kaufschillings und Tra gung der Prozeßkosten. Die beiden „Kugelsicheren", der Mannheimer Schneider Dowe und der Wiener Ingenieur Scarneo, die beide Anspruch erheben, den „Kugelpanzer" erfunden zu haben, dürften sich bald in den Haaren liegen. ES wird in österreichischen Blättern nun behauptet, daß die Priorität der. Erfindung dem Ingenieur Scarneo gebühre. Seine kugelsichere Uniform, die im übrigen ganz der des Mannheimer Schneiders ähnlich sein soll, sei bereits vor etwa drei Jahre» in Wien ausgestellt gewesen. Nach dem man seitens des Kriegsministeriums viele, znm teil befriedigende Versuche mit der Scarneo- schen Erfindung unternommen hatte, sei „eine dunkle Pause in der Entwickclungsgeschichte der Erfindung" eingetreten. Scarneo teilt darüber mit, daß er am Rande seiner Geldmittel nicht im stände gewesen sei, auf eigene Kosten die neuen notwendigen Versuche im Großen durch zuführen. Für die Benutzung seiner Erfindung seien ihm allerdings von feiten des Kriegs ministeriums bezw. des Militär - technischen Komitees ein Betrag von 30 000 Gulden zuge sagt worden, jedoch selbstverständlich nur für den Fall, daß diese Erfindung sich durch Versuche vollständig bewähren sollte. Zu diesen Versuchen jedoch zeigte sich das Kriegsministerium nicht ge neigt, Geldmittel dem Erfinder zur Verfügung zu stellen; die notwendigen Vorauslagen sollte derselbe aus seinen eigenen Mitteln bestreiten. Der Erfinder besaß jedoch nicht diese Mittel und einige Agenten, die er beauftragt hatte, einen Kapitalisten zu finden, der geneigt wäre, das notwendige Geld vorzuschießen, hielten Herrn Scarneo mit leeren Versprechungen hin. Da soll nun Herr Scarneo eines Tages in der ausge regten Stimmung, in der er sich begreiflicherweise befand, als er fühlte, daß er nicht zu seinem Ziele gelangen könne und mit seiner so aussichts vollen Erfindung stecken bleiben dürfte, einem dieser Agenten gegenüber Aeußerungen habe fallen lassen, die zur Anzeige gebracht wurden. Herr Scarneo wurde infolge dieser Anzeige unter die Anklage der Majestätsbeleidigung und der Be leidigung des k. u. k. militär-technischen Komitees gestellt und der Strafprozeß gegen ihn durchge führt. Dieser Strafprozeß, der vor zwei Jahren vor dem Wiener Landesgerichte in Strafsachen stattfand, endete mit der Freisprechung Scarneos von der Anklage aus Majestätsbeleidigung; da gegen wurde Scarneo wegen Beleidigung des k. u. k. militär-technischen Komitees zu dreißig Tagen einfachen Arrests verurteilt — Was nun seine Erfindung für weitere Schicksale erleben wird, das bleibt abzuwarten. Die Entgleisung des portugiesischen Hofzuges. Ueber die bereits kurz gemeldete Entgleisung des Hofzugs des portugiesischen Königspaares auf der Fahrt von Lissabon nach dem Badeorte Caldas de Rainha wird aus Lissabon, 20. d., folgendes Nähere gemeldet: Um 9 Uhr 40 Minu ten vormittags ging der Zug ab; er bestand aus der Maschine, zwei Wagen erster Klasse, dem königlichen Salonwagen, dem Salonwagen der Minister, einem Restaurant - Wagen und dem Wagen, in dem sich einige Zeitungsberichterstatter befanden. Kaum hatte der Zug den in unmittel barer Nähe des Bahnhofs befinlichen Tunnel verlassen, als plötzlich kurz vor dem Dörfchen Campolide die Maschine und die ersten Wagen, eingeschloffen der königlichen Salonwagen, ent gleisten und sich so bedenklich seitwärts neigten, daß sie fast die an dieser Stelle sehr hohe Dammböschung hinabgestürzt wären. Bei einer sofort vorgenommenen Untersuchung wurde fest- gestellt, daß mehrere Schienenschrauben losgelöst und die Schienen aus ihrer richtigen Lage ge bracht worden waren. Es ist kaum anzunehmen, daß die Schrauben zufällig herausgefallen feien; die ganze Strecke war noch kurz vor dem Ab gänge des Hofzuges aus Lissabon genau abge sucht worden. Man darf also mit Bestimmtheit behaupten, daß ein verbrecherischer Anschlag vorlag. Wie sich denken läßt, entstand, obwohl keine Verluste an Menschenleben zu beklagen, und nicht einmal bedeutende Verletzungen vorge kommen waren, im Augenblick der Entgleisung eine furchtbare Panik, zumal in dem Presse- Wagen, der dicht hinter der Maschine ging. Hier waren sämtliche Fensterscheiben in Stücke ge gangen, und die Herren Journalisten waren gehörig dnrcheinandergcschüttelt. Der König war einer der ersten, der dem entgleisten Zuge ent stieg, um sich zu erkundigen, was eigentlich geschehen sei; nach einer anderen Lesart soll er, als der Zug mit Macht an die Bahnschwellen prallte, hinausgeschleudert worden sein. Die Königin war sehr ängstlich und zitterte am ganzen Körper; mit Thränen in den Augen fragte sie den Zugführer: „Wie war denn das möglich?" Man ging natürlich sofort daran, den Zug wieder in das Geleise zu bringen; aber das erwies sich für den Augenblick als unmöglich, da die entgleisten Wagen bis über die Mitte im Kiessande steckten. Es blieb also nichts übrig, als die nicht entgleisten Wagen loszukoppeln und sie auf ein anderes Geleise hinüberzugcleiten; nachdem dann noch auS Lissa bon eine neue Maschine und mehrere Wagen eingetroffcn waren, konnte die Reise endlich gegen 12 Uhr fortgesetzt werden. Die Königin schickte bald nach ihrer Ankunft in Caldas da Rainha Drahtberichte an ihren Vater und andere Ver wandten, um sie von dem Unfall in Kenntnis zu setzen. Eine Häßlichkeits-Konkurrenz, natürlich in Amerika, aber zur Abwechslung diesmal in Südamerica. ,O Tempo', ein Blatt in Rio de Janeiro, hat die großartige Idee ge habt, für Männer der brasilischen Hauptstadt im Alter von weniger als 50 Jahren einen Häßlich- keitspreis auszusetzen im Betrage von einer Million Reis, welche gewaltige Summe aller dings nur etwa 2200 Mk. in unserem Gelde ausmacht; als Zugabe erhält der Preisträger noch die Vergünstigung, daß sein Bildnis im Expeditionssaale des Blattes ausgestellt wird. ,O Tempo' hat nicht weniger als 208 Bildnisse erhalten, von denen aber nur 129 zur PreiSbe- werbnng zugelassen wurden; die übrigen ent sprachen den Bedingungen der Preisbewerbung nicht, denn ihre Originale hatten entweder, als sie sich photographieren ließen, scheußliche Grimassen gemacht, oder sie hatten nicht den Mut, ihre Häßlichkeit zu bekennen und hatten falsche Namen angegeben; ebenso hatten einige Prcisbcwcrber sich der Vermittelung gnler Freunde bedient. Wie nun der ,O Tempo' be richtet, bilden die 129 Preisbewerber eine Galerie, die im stände wäre, sämtliche Kinder von Rio de Janeiro in die Flucht zu jagen, ein wahres Scheusal-Museum. Fremde und Ein heimische sind gleich stark darin vertreten; das merkwürdigste aber ist: nur eine Minderheit ist unverheiratet, die meisten haben also trotz ihrer Häßlichkeit eine Frau bekommen. Das Preis gericht bestand aus drei Redakteuren des .Tempo', von denen der eine selbst mit guter Aussicht auf Erfolg sich um den Preis hätte bewerben können. Die Palme der Häßlichkeit wurde einstimmig einem Brasilianer namens Matheus Gallo do Socorro zuerkannt; derselbe ist 42 Jahre alt, Witwer, Landwirt und wohnt in einer Vorstadt Rios. Er fühlt sich, wie das Blatt versichert, durch seinen Erfolg sehr geschmeichelt. Nun hat aber das Blatt eine große Anzahl Zuschriften von Damen erhallen, die sich über Zurücksetzung und Ungerechtigkeit beklagen, da sie doch auch gern eine Million Reis verdienen möchten. ,O Tempo' beabsichtigt jetzt auch eine Konkurrenz für weibliche Häßlichkeit zu eröffnen. Ob daS Blatt hierbei auch so viel Bewerbungen erhalten wird? I „He denkt sin Deel." Frhr. v. Levetzow erzählt in der,Tgl. Rund schau': Ein Bauer, der eine fette Sau zu ver kaufen beabsichtigte, hielt mit seinem Gespann auf dem Marktplatze von Flensburg. Während er noch vergeblich nach einem Käufer für sein Borstenvieh auSspähte, entwickelt sich unmittelbar neben ihm ein lebhafter Handel um seiner An sicht nach recht winzige Vögel, der mehr und mehr seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Matrosen eines von überseeischer Reise soeben zurückgekehrten Schiffes hatten einige sprechende Papageien mitgebracht, die sie gleich- salls auf dem Markte abzusetzen suchten. Der Bauer wurde immer hellhöriger, als er die ge forderten Preise vernahm und sperrte vor starrem Erstaunen den Mund auf, als wirklich ein solcher Vogel, der nach seinem Ermessen kaum auf 1 Pfund Fleisch zu taxiren war, für den Preis von 20 Speziesthalern (1 Spezies gleich 1'/, Thlr. Preuß.) verkauft wurde. — „Dunner- slag!" — sagt sich der Bauer in seinem lieben Gemüt — „staht de Vagel upstunns so in Pries?! Du hest jo noch to Hus den ölen Ganner (Gänserich). De betahlt sick dünn ja beder as dat Swin!" Sein Hof liegt unmittel bar vor Flensburg; kurz entschlossen springt er auf den Wagen und jagt, was die Pferde laufen können heimwärts, um die Sau gegen den alten Gänserich umzutauschen. Ein Metzger in der Nordcrstraße, der vom Fcnster aus in den vorüberjagenden Wagen sieht, ruft dem Bauer zu: „Wat fall dat Swin gellen?" — erhält aber nur die Antwort: „Hol' mi »ich up, ick heff keen Tid!" — Nachdem der Umtausch voll zogen war, ging es in demselben Tempo zum Markte auf den alten Stand zurück, wo der Papageienhandel noch munter im Gange ist. Mittlerweile findet sich auch ein Kauiliebhaber bei dem Bauern ein und fragt: „Wat fall de ol Ganner gellen?" — Der Bauer mustert mit beiden Händen in den Hosentaschen erst von oben herab den Fragesteller auf seine Kanffähigkeit, zieht die Augenbrauen in die Höhe und sagt dann mit großer Kaltblütigkeit: „Twintig Spetschen!" — „Du büst jo woll verrückt?!" entgegnete der Käufer — „de ol Ganner iS ja knapp twee Spetfchen wert." — Achselzuckend erwidert der Bauer mit einer Handbewegung gegen die Papagaien: „Die VagelS sünd upstunns so düer!" — „Je, de da," — rief der andere, — „de känt jo äwer ok snacken!" — „Ja, snacken — snacken kann he nich," — antwortete der Bauer mit schlauem Blinzeln — „äwer he denkt sin Deel." Kunte» Allerlei. Die Erfindung der kugelfesten Uniform in Mannheim bringt die folgende Anekdote ins Gedächtnis. Ein Fremder wurde eines Morgens beim Herzog von Wellington vorgelassen. Er legte dem Herzog ein kugelfeste Jacke vor und ersuchte ihn, dieselbe bei der Armee einzusühren. „Gut," sagte der Feldherr, „ziehen Sie die Jacke an". Der Fremde that es. Der Herzog schellte. ein Offizier erschien. „Sagen Sie dem Haupt mann so und so, er soll zwei Soldaten mit ge ladenen Gewehren hierher senden." Als der Er finder diese ominösen Worte hörte, verschwand er sofort. Als erste Dame in Dänemark erwarb am Freitag Fräulein Hude nach einem glänzenden Disputat den Doktortitel. „Dieselben werden Ihnen bei näherer Be kanntschaft noch besser gefallen." „Glauben Sie?" „Viele von ihnen wenigstens. — Was denken tzie von unserer Wirtin?" „Was ich über Frau Delamare denke?" sagte Dortllon langsam. „Ja, ist sie nicht die schönste Frau, die Sie je gesehen haben?" „Ich glaube ja," erwiderte Dorillon nach einer Pause, als habe er erst über die Frage nachgedacht. „Das rätselhafteste aber ist, daß sie Witwe bleibt," fuhr Dudley fort. „Warum rätselhaft?" „Ich weiß es nicht, aber man erwartet doch, daß eine schöne Witwe sich wieder verheirate, be sonders wenn sie jung und reich ist und eine Menge Bewerber hat." „Ist das Fran Delamares Fall?" „Ja. Wundern Sie sich darüber?" „Stein, unter den obwaltenden Umständen." „Aber sie wird schon wieder heiraten, wenn der Rechte kommt." Dorillon erhob langsam daS Auge und sah seinem Freunde in das Gesicht und Dudley staunte, wie. bleich der Reflex der grünen, hin und her sich bewegenden Blätter ihn erscheinen ließ „Vielleicht," sagte er, „war Frau Delamares erste Ehe nicht so, daß sie versucht wäre, eine Sweite einzngehen. War sie glücklich mit ihrem ersten Mann?" . »Ich denke," sagte Dudley; „ich habe sie nie darüber sprechen hören." „Wie lange sind Sie mit ihr bekannt?" „Zwei, drei Jahre. Ich lernte sie in der Schweiz kennen und bei den verschiedenen Partien, die wir gemeinschaftlich dort gemacht haben, sind wir uns näher getreten, wie dies während eines Jahrhunderts von konventionellen Begegnungen in den Gesellschaften New Jorks möglich gewesen wäre." „War sie da schon Witwe?" „Ja, schon seit mehreren Jahren. Thatsächlich sprach man viel von der Wahrscheinlichkeit, daß sie sich mit einem Herrn verheiraten werde, der damals zu ihrer Reisegesellschaft gehörte, beiläufig derselbe Ferdinand Fairfax, der heute in Beechcliff erwartet wird." „Ahl" Dorillon schien sich endlich für den Gegenstand zu interessieren. „Also, sie liebte ihn damals?" „Ich glaube in einer gewissen Art. Er ist sehr fchön, sehr geistreich und sehr liebenswürdig — der angenehmste Gesellschafter, den man sich bei einer Sommertour in den Alpen nur wünschen kann." „Hat sie ihm einen Korb gegeben?' „Nein, soweit kam es nicht. Er wurde plötz lich an das Krankenbett eines Verwandten nach Baden-Baden berufen und erst auf der Ueberfahrt von Europa trafen beide auf dem Schiff wieder zusammen. Aber Sie wissen, eine solche Seereise ist heutzutage bald zu Ende. Ich glaube, sie sahen sich während derselben nur wenig, aber wenn die kleine Witwe sich wieder verheiraten wollte, würde ich sie niemand lieber gönnen als Ferdinand Fairfax." „Sie denken demnach, es sei eine Wahrschein lichkeit dafür vorhanden?" fragte Dorillon. „Ich weiß darüber nichts Gewisses. Ich habe Ihnen einfach nur meine Ansichten und Ver mutungen mitgeteilt. — Hier ist ein herrlicher Platz, unsere Angeln auszuwerfen, Dorillon, an dieser schattigen Biegung des Flusses, und jetzt wünsche ich Ihnen einen guten Vorrat von Geduld." Eine lange Stille folgte, die nur durch daS Murmeln des Wassers unterbrochen wurde. End lich nahm Dudley wieder das Wort. „Dorillon." Sein Gefährte schreckte aus einer tiefen Träumerei empor. „Warum wollen Sie sich nicht um sie be werben ?" „Um wen?" „Nun, um Frau Delamare, die reizende Witwe." „Ich?" Der kalte Schweiß trat auf Dorillons Stirn, und seine Lippen zuckten krampfhaft. „Ja," fuhr Dudley fort, „warum nicht? Warum sollten Sie denn nicht ebenso gute Aus sichten auf Erfolg haben, wie einer der anderen. Sie sind ein Mann von Stande, gutem Aeußern und nicht ohne Vermögen." „Wollen Sie wirklich, daß ich den Schatten meines trüben Schicksales auf den sonnigen Lebenspfad eines glücklichen Weibes werfen soll?" fragte der andere. „Das ist eine Grille, Dorillon, weiter nichts." „Mag sein, aber ich werde mich nie ver heiraten." „Ich möchte jede beliebige Wette dagegen ein setzen," sagte Dudley lachend. „Ich bin nicht zum Wetten aufgelegt," er widerte Dorillon. „Gut, wenn Sie dem Feuer von Ida Dela mares Augen widerstehen können —" „Sie wird nicht versuchen, mich zu be stricken." „Sie wird gar nicht nötig haben, sich um Sie zu bemühen, denn sagen Sie, was Sie wollen, sie ist eine geborene Herzeroberin." „Ich glaube eS gern, aber ihr Instinkt wird sie lehren, daß ich nicht zu den Leichtverwund- baren zähle." Dudley sah seinen Gefährten lange und nach denklich an. „Sie wü'den ein ausgezeichneter Gatte für Ida Delamare sein," sagte er. „Sie haben sich niemals im Leben so sehr geirrt," war die langsame, mit Nachdruck ge sprochene Antwort. „Dorillon, wollen Sie mir eine Frage be antworten ?" „Nun?" „Haben Sie jemals geliebt, wirklich und tief geliebt?" Ja." lund Umstände traten trennend zwischen Sie und Ihre Liebe ?" „Ja-" „Für immer?" „Für immer." „Aber hält die Zukunft für Sie keine Hoff nung oder Möglichkeit bereit?" Hw r? (ävrtjetzuug folgt.)
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