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Allgemeiner Anzeiger : 11.02.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-189302116
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-18930211
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-02
- Tag 1893-02-11
-
Monat
1893-02
-
Jahr
1893
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 11.02.1893
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Politische Rundschau. Deutschland. * Der Kaiser wird dem Vernehmen nach wie in den Vorjahren so auch in diesem Jahre am 9. Februar, dem Gedächtnistage seiner ersten Dienstleistung als Prinz Wilhelm beim 1. Garde- Regiment z. F., im Regimentshause dieses seines Regiments beim Offizierkorps zur Mittagstafel erscheinen. * Der Prinz-Regent von Bayern hat ge nehmigt, daß Cornelius Herz aus der Liste der Ritter des bayrischen Michaelsordens gestrichen werde. * Die Verhandlungen der deutschen Regierung Ml Rumänien über einen Handels vertrag sind, wie die,Post' hört, beendigt. Der Legationsrat Papiniu, der den Gesandten Ghika bei den Verhandlungen unterstützte, ist nach Wien gereist, um dort für den Handels vertrag mit Oesterreich thätig zu sein. *Der .Reichsanz/ teilt den Entwurf eines Gesetzes betr. die Bekämpfung gemein gefährlicher Krankheiten nebst Be gründung mit. Der sehr umfangreiche Entwurf befaßt sich mit der Anzeigepflicht, die sich auf Cholera (asiatische), Fleckfieber (Flecktyphus), Gelbfieber, Pest (orientalische Beulenpest), Pocken (Blattern), Darmtyphus, Diphtherie einschließlich Kroup, Rückfallfiebcr, Ruhr (Dysenterie) und Scharlach bezieht, mit Vorschriften zur Er mittelung der Krankheit, Schutzmaßregeln, Ent schädigungen, allgemeineren nnd Strasvorschriften. *Der zur Zeit dem Bundesrat vorliegende Gesetzentwurf betreffs der Pflicht der Kaufleute bei der A ufb e w ahr u ng fr emd er Wert- papiere bestimmt, daß Wertpapiere unter äußerlich erkennbarer Bezeichnung jedes Hinter legers oder Verpfänders gesondert aufbewahrt werden müssen. Die Wertpapiere jedes Hinter legers müssen in ein besonderes Handelsbuch, genau bezeichnet, eingetragen werden. * Die Militär-Kommission des Reichstages hat am Dienstag ihre Beratungen wieder ausgenommen, nachdem die Unterkommission die ihr übertragene finanzielle Prüfung der Vor lage erledigt hatte. *Die Kommission des Reichstages zur Be ratung des Wuchergesetzes hat den Z 302 ä in veränderter Form angenommen. Dieser Paragraph lautet: „Wer den Wucher gewerbs- oder gewohnheitsmäßig betreibt, wird mit Gefängnis nicht unter drei Monat und zu gleich mit Geldstrafe von 150 bis zu 15 000 Mark bestraft. Auch ist auf Verlust der bürger lichen Ehrenrechte zu erkennen. Auf Antrag der Konservativen wurden die Worte „gewerbs- oder gewohnheitsmäßig" gestrichen. Der Antrag wurde mit 7 gegen 7 Stimmen angenommen. * Die jährliche Steigerung des Reichszu- schusses zur Jnvaliditäts- und Altersversicherung bildet eine Frage, die auch bei der Erörterung übet die zukünftige Gestaltung unserer Reichsfinanzen eine Rolle spielt. Nach den Zahlen, die das Reichs-Ver sicherungsamt für die Weltausstellung in Chicago zufammengestellt hat, würde im 50. Jahre des Jnkrastbestehens der Jnvaliditäts- und Alters versicherung auf einen Versicherten, etwa zwölf mal soviel an Reichszuschuß entfallen als im Jahre 1891, nämlich 6 Alk. statt 0,54 Mk. Der Reichszuschuß betrug für 1891: 6,2 Mill. Er würde sich also im Jahre 1941, wenn wir auch die Zunahme der Versichertenzahl in Betracht ziehen, aus 80-90 Millionen belaufen. Für das Jahr 1893 ist der Zuschuß auf 12,6 Mill, veranschlagt. Es würden sich also auf die übrigen 47 Jahre 68—78 Millionen verteilen, d. h. auf jedes Jahr im Durchschnitt eine Steigerung von 1^ bis 1»/« Millionen kommen. * Ueber den Konflikt im Herzogtum Sachsen-Meiningen wird berichtet: Der Landtag hatte die von der Regierung wie bisher eingestellten 5^ Prozent Grund- und 12 Pro zent Gebäudesteuer auf 5 und 10 Prozent er mäßigt und mit dieser Aenderung den Etat fest- gestellt, auch bei einem nochmaligen Ersuchen der Regierung um Annahme ihrer Steuervorlage diese mit 16 gegen 6 Stimmen abgelehnt. Darauf hat die Regierung auf den Etat ver ¬ zichtet und den Landtag nach Hause geschickt. Der „budgetlose" Stand wird aber wohl nicht lange andauern; vielmehr ist zu erwarten, daß die Regierung bald einen neuen Etat aufstellen und zu dessen Verabschiedung den Landtag wieder berufen werde. Oesterreich-Ungarn. * Anläßlich der Taus endjahrfeier im Jahre 1896 nahm das ungarische Ab geordnetenhaus den Gesetzentwurf betr. die Ver anstaltung einer Landesausstellung an, lehnte aber alle anderen Anträge, darunter die Veranstaltung einer Weltausstellung und Ein setzung einer parlamentarischen Kommission zur Unterstützung der Regierung bei den Festlichkeiten ab. (Vor tausend Jahren setzten sich die Magyaren unter Ulmus und Arpad im heutigen Ungarn fest.) Frankreich. *Der Deputierte Millevoye richtete eine An frage an die Regierung, in der er daran er innerte, Rochefort habe öffentlich mitgeteilt, daß Cornelius Herz an Clemenceau 3 500 000 Frank gezahlt habe. Er verlange deshalb, daß man Cornelius Herz in London in dieser Angelegenheit vernehmen lasse. Der Justizminister Bourgeois erwiderte, da der Untersuchungsrichter einzig und allein verant wortlich und durchaus unabhängig sei, so müsse er wissen, ob er diese oder jene Zeugenaussagen erheben müsse. Debatten über eine gerichtliche Untersuchung könnten nicht den Gegenstand einer parlamentarischen Beratung bilden. Damit war der Zwischenfall erledigt. *Der Graf von Paris hat seinen An hängern angezeigt, daß sein Sohn, der Herzog von Orleans, der sich bereits auf der Rückreise befinde, demnächst mit ihm in Sevilla zusammen treffen werde. Italien. * Ueber das 50 jährige Bischofsjubi läum des Papstes Leo wird berichtet: Den Botschaftern Oesterreich-Ungarns, Frank reichs, Portugals, Spaniens und dem Gesandten Bayerns sind bereits die Beglaubigungsschreiben ihrer Regierungen für die Mission zur Beglück wünschung des Papstes zu seinem fünfzigjährigen Bischofsjubiläum zugegangen. Die königlichen Familien Belgiens, Sachsens und Rumäniens werden zur Beglückwünschung Spezialbevoll mächtigte entsenden. — Der,Osservatore Romano' meldet, daß folgende Personen dem Papste aus Anlaß seines Bischofsjubiläums Glückwünsche und Geschenke überbringen werden: Der armenische Patriarch Azarian im Auftrage des Sultans, General v. Los im Auftrage des Kaisers Wil helm, Baron v. Miltitz im Namen des Königs von Sachsen, Gras Behaine im Namen des Prä sidenten Carnot und Freiherr v. Cetto im Namen des Priuzregenten von Bayern. Spanien. *Jn Barcelona hat am Montag nach dem Schuß eines Meetings der Studierenden, das zur Förderung der Erbauung einer prote stantischen Kapelle in Madrid einberufeu war, ein von einer Frau geführter Haufe von A n - archisteu die Polizei angegriffen und auf sie ! gefeuert. Zwei Polizisten wurden leicht verwun- j det. Die Gendarmerie stellte die Ruhe her. Sechs Verhaftungen wurden vorgenommen. Ruhland. *Die Regierung hat befohlen, daß das letzte deutsche Gymnasium, das in den baltischen Provinzen noch besteht, geschlossen werde; dieses Gymnasium ist das in Goldingen, einer Kreisstadt im Gouvernement Kurland. Goldingen ist als alter Sitz der deutschen Ordens ritter bekannt und war immer eine Hauptstütze des Deutschtums. * Der seines Postens enthobene Befehlshaber des kaukasischen Armeekorps Fürst Tschawtschawadse soll trotz seiner fast fünfzig jährigen Dienstzeit im russischen Heere ganz Kaukasier geblieben sein und er hätte gern den Kaukasus wieder frei vom russischen Joche ge sehen. Tschawtschawadse ist soweit gegangen, daß man in rusischeu Offizierkreisen erzählte, im Falle eines Aufstandes würde dieser alte Fürst sich an die Spitze der Empörung stellen. Thatsache sei, daß man ihm in den obersten Kreisen nicht ge traut habe; deshalb sei der langgediente General nach seinem Rücktritt auch nicht Mitglied des Kriegsrates geworden. * Oberst Wendrich vom Verkehrsministerium hielt in einer Versammlung von Generalstabs- osfizieren und im Beifein des Großfürsten Wladimir einen Vortrag über die Vorberei tung der Eisen bahn Verwaltungen für einen Krieg. Der Vortragende führte aus, daß das Eisenbahnnetz Preußens vierzehn-, das Oesterreich-Ungarns achtmal dichter sei als das Rußlands. Ein ähnliches Verhältnis bestehe zwischen dem rollenden Material und dem Beamten-Persoual der drei Länder. Die Ver hältnisse für die Beförderung von Militärzügen seien in Rußland ungünstiger als in allen anderen Staaten. Der Vortragende verlangte die Her stellung einer besseren Organisation. Uon der Unfallversicherung. Die mit dem 1. Januar 1893 in Kraft ge tretene Novelle zum Krankenversicherungsgesetz enthält auch einige Bestimmungen, die sich auf die Unfallversicherung beziehen. Darunter ist die wesentlichste die, die den Berufsgenossenschaften das Recht einräumt, die ärztliche Behandlung eines vom Unfall Verletzten den Krankenkassen auch vor Ablauf der dreizehnten Woche abzü- nehmen. Mit dieser Bestimmung ist für die Krankenkassen nicht minder wie für die Berufs genossenschaften ein Vorteil verbunden. Die ersteren werden durch die Verminderung der Zahl der ihrer Fürsorge anheimfallenden Kranken ent lastet, und die letzteren sind in den Stand gesetzt, besser als früher für die Ausheilung der Unfall verletzten zu sorgen. Wenn sich für die Berufs genossenschaften damit auch das Heilverfahren konto erhöht, so wird die Erhöhung doch mehr als ausgewogen werden durch die Verminderung, die das Rentenkonto erfährt. Die Bestimmung ist also für beide Teile ersprießlich. Mit bezug hierauf weisen die .Berliner Politischen Nach richten' auf die auffallende Thatsache hin, daß über die Ausführung dieser Bestimmung sich noch immer wie die Verhandlungen in der letzten Sitzung des Ausschusses des Verbandes deutscher Berufsgenossenschaften gezeigt haben, eine Eini gung nicht hat erzielen lassen. „Wo für beide Arbeiterversicherungsorgane so große Interessen auf dem Spiele stehen" — bemerkt das genannte Korrespondenzorgan — „sollte man doch meinen, sei eine Verständigung leicht herbeizuführen. Fast scheint es, als wenn die Rivalität der beider seitigen Aerzte hier eine Rolle spielte, die den materiellen Interessen weder der Krankenkassen noch der Berufsgeuossenschasten entspricht. Sollte dies thatsächlich der Fall sein, so würde es gut sein, zu erwägen, ob man die Rivalität nicht dadurch beseitigt, daß man wenigstens an kleinen Orten ein und denselben Arzt mit der Vert^- tung der beiderseitigen Interessen beauftragt. Nach dem die Frage der Uebernahme der Unfallver letzten auch vor der vierzehnten Woche für die Berufsgenoffenschaften die in der Novelle zum Krankenversicherungsgesetz vorgesehene Regelung gefunden hat, sind zwischen den Interessen der Krankenkassen und denen der Bcrufsgenoffen- schaften nicht mehr solche Gegensätze vorhanden, daß dies unmöglich wäre." Uon Uah und Fern. Die Cholera. In der Irrenanstalt zu Nietleben ist nach einer Meldung der .Höllischen Zeitung' ein weiterer Todesfall an Cholera vor- qekommen. Ein Laboratorium für bakteriologische Untersuchung wurde in der Anstalt eingerichtet. — Aus Wettin wurden zwei Neuerkrankui gen gemeldet. — In Hamburg ist am Montag kein Cholcrafakl vorgekommen. In Altona sind dagegen vier Erkrankungen und zwei Todesfälle infolge Cholera festgestellt worden. Wie's gemacht wird, zeigt eine Anzeige in einer Berliner Zeitung, in der eine „renom mierte" Haar-Pomadenfabrik, die in Chicago aus zustellen beabsichtigt, eine Dame mit starkem und langen Haar zu engagieren sucht. In das Dunkel des Dlugimoster Doppelmordes (es wurden der Ritterguts besitzer v. d. Goltz und ein junger Forsteleve meuchlings erschossen) scheint ein kleiner Licht ¬ strahl zu fallen, und zwar durch gebrauchte Patronenhülsen, die am Orte des Verbrechens aufgefunden wurden. Das betreffende Fabrikat wird in dieser Gegend nur von einem Kauf mannsgeschäft in Neumark geführt. Ein Hand lungsgehilfe dieses Geschäfts soll im Termin einen in Thorn Inhaftierten mit Bestimmtheit als Käufer dieser Patronen erkannt haben. Ein erschütterndes Ereignis hat sich in Niederzwönitz bei Stollberg zugetragen. Auf dem Gute des Vaters seiner Braut daselbst nahm ein junger Mann von einem in der Stube stehenden Geschirrschrank ein Gewehr, zielte damit scherz weise auf seine Braut und drückte, in der An nahme, das Gewehr sei ungeladen, auch loS. Plötzlich entlud sich dasselbe und die volle Schrot ladung trat das Mädchen. Trotz sofortiger Ent fernung der Schrote aus den Wunden trat hoch gradige Entzündung ein und nach langen Leiden erlag das bcdauerswerte junge Mädchen ihren Verletzungen. Der Kassierer des Deutschen Buchdrucker verbandes in Düsseldorf ist dieser Tage ver haftet und die von ihm geführten Bücher sind beschlagnahmt worden. Er hat sich aus der Streikkasse 1000 Mk. angeeignct und das Geld verjubelt. Eine» rohen Spast leistete sich ein junger Mann in Berghoven bei Dortmund. Derselbe ließ sich von einem Bergmann Feuer geben und schenkte diesem dafür eine Zigarre. Als der Bergmann die Zigarre anstecken wollte und diese keine Luft hatte, durchbohrte er den Glimmstengel, es kam ein schwarzer Staub heraus, und die Untersuchung ergab, daß im Innern der Zigarre ein Zündhütchen und Pulver steckte. Mord. Im Walde bei Eisleben wurde die junge Hebamme Sänger aus Wolferode er mordet aufgefunden. Dieselbe befand sich auf dem Wege zur Ausübung ihres Berufes. Hauseinsturz. In der Nacht zum 4. d. gegen 4 Uhr stürzte in der Kruggasse in Kassel ein altes Haus infolge Bruchs eines Balkens ein. Die meisten Bewohner hatten noch gerade Zeit, das nackte Leben zu retten. Ein Taubstummer mit Frau und zwei Kindern, die schlafend von der Katastrophe überrascht worden waren, mußten von der Feuerwehr aus den Trümmern hcraus- gearbeitet werden. Menschenleben sind glücklicher weise nicht zu beklagen gewesen. Ei« Eisenbahnzusammenstost ereignete sich am 4. d. auf der Station Langenweddingen. Der Personenzug Magdeburg-Halberstadt, der am Abend gegen ffzs Uhr den Personenzug Magdeburg-Staßfurt in Langenweddingen über holen sollte, ist auf dieser Station aus noch nicht aufgeklärter Ursache auf den Zug Magdeburg- Staßfurt aufgefahren. 3 Reisende nnd 1 Bahn beamter haben Arm- und Beinbrüche erlitten, 7 andere Personen wurden leicht verletzt. Es hat nichts genutzt. In der Nacht zum Dienstag wurden 17 Personen, die nach Amerika auswandern wollten, aus Rußland bei Ottloschin durch einen russischen Soldaten über die Grenze geschmuggelt. Der brave Wächter der Grenze ließ sich nach der ,TH. O. Z.' dafür 50 Rubel bezahlen. Als die Leute auf dem Hauptbahnhofe i» Thorn anlangten, wurden sie angehalten und wieder nach Rußland zurückgebracht. Um 2« Pfennig! Ein Bauer aus der Vilsgegend in Niederbayern hatte zwei Sand gruben, und der nächste Nachbar dieses Bauern hatte das Recht, aus einer Sandgrube sich eine gewisse Menge Sand zu holen. Nun geschah es aber, daß der Nachbar eine Fuhre Sand mehr nahm, als er berechtigt war. Als der Bauer dies erfuhr, ergrimmte er gleich, war er dem Nachbar schon nicht recht grün. Ein Wort gab das andere, und am andern Tage ging man auch schon zum Gericht. Richter, Advokat und Schreiber kamen und beschauten den streitigen Ort, und daß dies nicht wenig kostete, kann sich jeder denken. Vom Amtsgericht ging es ans Landgericht, und dann gab man sich zufrieden. Beide hatten „gewonnen", d. h. derjenige, der die Fuhre Sand zu viel geholt hatte, mußte die selbe bezahlen, und dies machte die ungeheure Summe von 20 Pf. aus. Der eine mußte Strafe zahlen wegen Beleidigung und diesen kostete der Prozeß 200 Mk., und den anderen 150 Mk., der Kerzenswanötungen. I3j ^Fortsetzung.) Der Tag von Idas Vorstellung bei Hofe war erschienen. Die schöne Amerikanerin hatte allgemeine Bewunderung erregt, selbst die Kaiserin hatte sich nicht enthalten können, dem amerikanischen Gesandten einige schmeichelhafte Worte über die Schönheit seiner Landsmännin zu sagen. Ida ging berauscht von den Huldigungen, die ihr von allen Seiten entgegengebracht wur den nach Hause; sie hätte kaum die Kaiserin um das Diadem beneidet, das deren zarte Stirn zierte, wenn nicht ein Schatten, gleich dem Mardochais an der Pforte des königlichen Palastes beständig zwischen sie und den Sonnen schein des Glückes getreten wäre — Giuseppe Antonardi. Nicht zufrieden mit dem, was sie ihm ge geben, erschien er wieder und wieder mit neuen Forderungen und wurde bei jedem Besuche frecher und unverschämter. Sein Gesicht ver folgte sie, wenn sie die Avenuen hinabfuhr — sie sah ihn die Thür des Hotels umschleichen, wenn sie beimkam, wie ihr Schatten folgte er ihr überall hin. „Ich werde mich an die Polizei wenden, wenn diese Verfolgungen nicht aufhören/ rief sie ihm eines Tages zornig zu. „Thun Sie das," erwiderte Giuseppe mit hämischer Demut. „Ich lege Ihnen durchaus kein Hindernis iu den Weg." Ida biß sich auf die Lippen, daß sie bluteten, bei dem Gedanken, wie machtlos sie in die Hände Mes Elenden gegeben sei. „Ich könnte sie ermorden, wenn Sie mich so boshaft anschen!« sagte sie, als Ginseppe, ferne Augen mit katzenartiger Schlauheit zusammen- knerfend, sie betrachtete. „Es wird den L'Echelles nicht schwer, einen Mord zu begehen," versetzte er gleichmütig. „Ich glaube Ihnen, schöne Dame." Und Ida, zwischen dem Abscheu, welchen jener Mann ihr eiuflößte, und der Furcht, daß Reginald ihm bei einem seiner beharrlichen Be suche begegnen könne, fast rasend gemacht, gab ihm wieder Geld. „Gehen Sie," sagte sie hastig, „es ist alles, was ich heute habe." Giuseppe runzelte die Stirn. „Das ist nicht genug. „Aber ich sage Ihnen, daß ich nicht mehr habe." „Ich muß aber mehr haben." „Ida kannte die feste, harte Stimme zu wohl, um länger zu unterhandeln. Der Wagen ihres Gattin fuhr in diesem Augenblick vor. Sic zog einen Diamantricg oom Finger und drückte ihn Giuseppe in die Hand. „Nehmen Sie das," sagte sie, seine entzückten DankeSworte durch eine verächtliche Gebärde ab wehrend. „Gehen Sie zu Mathilde und sagen Sie ihr, sie möge Sie durch die Hinterthür hin auslassen — rasch." Sie sah nicht das grinsende Lächeln, das Giuseppes Gesicht bei diesen Worten verzerrte, als er sich beeilte, ihrem Befehle Folge zu leisten. . Der Vorstellung bei Hose war eine Ein ladung zu einem Balle in den Tuilenen gefolgt. Ida hatte den ganzen Tag so blaß und abge spannt ausgesehen, daß Reginald sich besorgt fragte, ob es wohl rätlich sei, den Ball zu be suchen. Als aber die Stunde des Ankleidens für sie gekommen, hatten ihre Bitten und ernst lichen Vorstellungen den Sieg über seine Bedenk lichkeiten davongetragen. In eineni weißen Seidenkleide, mit duftigen Tüllüberwürfen, trat sie, einer Schneewolke gleich nach beendeter Toilette in Reginalds Zimmer' Ihre Wangen glühten wie Rosen und ihre Augen strahlten vor Vergnügen, so daß der junge Mann sich sagen mußte, daß ihre Unpäßlichkeit und Niedergeschlagenheit lediglich eine Einbildung seinerseits gewesen sei. „Dein Anzug gleicht dem weißen Schaume des Meeres, Ida," sagte er lächelnd, indem er aufstaud, um sie zum Wagen zu führen. „Du wirst sicherlich die Königin des Balles sein, aber ich mache mir aus, daß du nicht kokettierst," fügte er scherzend hinzu. Als Frau Delamare am Arme ihres Gatten den prächtigen Ballsaa! betrat, waren die Blicke aller Anwesenden auf sie gerichtet, teils ihrer strahlenden Schönheit, "teils der schmeichelhaften Worte wegen, welche die Kaiserin über sie ge äußert. Man war bemüht, sich ihr vorstellen zu lassen und bald sah sie sich als den Mittelpunkt eines glänzenden Kreises. Sie genoß die Auszeichnungen mit der Leb haftigkeit und Empfänglichkeit ihrer Jahre, und manche ältere Dame konnte sich eines Lächelns nicht erwehren beim Anblick der unschuldigen Glückseligkeit jenes reizenden Kindes. Plötzlich trat die Gräfin Avioli in Beglei tung eines ihrer Freunde, eines Schotten, zu ihr heran und bat sie um die Erlaubnis, Air. St. Argyle vorstellen zu dürfen. Er war ein großer, schöner Mann, mit regelmäßigen Zügen und großen, hellbraunen Augen. Aber der Hauptrciz seines Gesichtes lag in seinem schönen, feingeschnittenen Munde, der von einem seidenweichen, braunen Schnurrbart beschattet war. Sein Anzug, die Uniform eines Obersten in einem schottischen Regiment, war überaus malerisch , von dem Plaid auf seiner Schulter an bis zu dem Claymore (breiten Schwert) an seiner Weile. Und was noch mehr war, sein Benehmen war sanft und einnehmend genug, ,um selbst eine mehr verwöhnte Schönheit als die kleine ^da zu ^Lllehr wie ein verständnisvoller Blick wurde von den versammelten Gästen gewechselt über die sofort beginnende Koketterie zwischen dem schottischen Obersten und der schönen Frau Delamare. Reginald selbst, obgleich er anfäng lich darüber gelächelt, konnte sich schließlich doch nicht verhehlen, daß seine Frau das Spiel etwas zu weit treibe. „Ida," flüsterte er ihr zu, als sie auf Mr. St. Argyles Arm gelehnt bei ihm vorüber ging, „man spielt jetzt einen Walzer, willst du ihn nicht mit mir tanzen?" „Ich kann nicht, Rex," antwortete sie in dem selben Tone, „ich habe ihn schon Oberst St. Argyle versprochen."
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