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Allgemeiner Anzeiger : 17.10.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-10-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
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- Saxonica
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-10
- Tag 1917-10-17
-
Monat
1917-10
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 17.10.1917
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Hrankreichr Nriegsvorbereitung. Wenn irgendein Volk mit unbeirrbarer Zähigkeit und leidenschaftlichem Eifer auf den künftigen Krieg hingearbeitet hat, so war es das französische Volk oder vielmehr seine ehr geizigen Machthaber. „4t Jahre lang", sagte Gustave Hervo 1914 in seiner ,Guerre soziale*, .hat die Republik daran gearbeitet, uns ein modernes Heer zu geben, und trotz be dauerlicher Irrtümer und beklagenswerter Mängel war es ihr gelungen, daS surchtbare Werkzeug der Rache zu schmieden. 44 Jahre lang haben die Chauvinisten, die Nationalisten und die Patrioten mit Über treibungen, die uns oft närrisch erschienen, daS vaterländische Gefühl erhöht und die Ver stümmelung nach Sedan und Metz inS Ge dächtnis zurückgerufen. Dank ihnen war genug Hatz im Herzen des Volkes, nm in der Schick- salSslunde den Zorn und die Entrüstung auf- lodern zu lassen und die Kräfte zu verzehn fachen.* Hier wird in bemerkenswerter Offenherzigkeit ausgesprochen, wie man in Frankreich jahr zehntelang die politischen Leidenschaften für den Revanchelrieg zu entfesseln wuhte. Hand in Hand damit ging in Presse, Literatur und Theater eine maßlose Vergiftung der öffentlichen Mei nung, um der empfänglichen, leichtentflamm baren französischen Polksseele den Hatz gegen alles Deutsche unauslöschlich einzuimpfen. In dieser Geistesverfassung wurde die franzö sische Republik ein willenloses Werkzeug der englischen Einkreisungspolitik unter Eduard VH., der wie kein anderer die nationalen Eitel keiten der Franzosen seinen Zwecken dienstbar zu machen wußte. Hatte Frankreich schon vor her durch Gründung eines großen Kolonial reiches und Ausstellung farbiger Söldnerscharen seine abnehmende Volkstrast auszugleichen ge sucht, so wurde unter dem Schutze der Entente cordiale der Ausbau der Wehrmacht noch verstärkt. Durch Einstellung aller nur irgend Tauglichen, durch Beseitigung aller in anderen Staaten vor handenen Erleichterungen und Vorrechte, ja zu letzt durch die volkswirtschaftlich höchst nachteilig wirkende Einführung der dreijährigen Dienstzeit wollte Man um jeden Preis mit der Friedens stärke des deutschen Heeres, trotz einer sehr er heblich geringeren Bevöllerungszahl, gleichen Schritt halte», ja sie noch übertreffen. Die Rüstungsausgaben Frankreichs sür Heer und Flotte waren demgemäß beträchtlich höher als die Deutschlands. Ganz enorme Summen lostete auch der Ausbau des gewaltigen Festungs- systems an der Ostgrenze, das zu einer zu- lammenhängenden Sperrlinie ausgestallet wurde, die von der Schweizer Grenze, mit dem Eck pfeiler Belfort beginnend, sich über Epinal, Toul und Verdun emlaugzieht und bis an die belgische Grenze fortsetzt. Das atemlose Tempo der französischen Rüstungen wurde noch gesteigert, als der russische Bundesgenosse, der bis dahin mit sranzösifchen Milliarden seine Wehrmacht gewaltig verstärkt hatte, nun seiner seits auf größeren Anstrengungen Frankreichs bestand. Die russische Zeitung Mrschewija Wjedomostr' hatte am 13. Juni 1913 einen kriegslüsternen Aufsatz veröffentlicht, der mit den Worten schloß: „Rußland ist fertig und Ruß land erwartet, daß auch Frankreich fertig sei.* Die französische Antwort war die Einsührung der dreijährigen Dienstzeit, die Rußland zur Bedingung seines ferneren Festhaltens am Bündnis gemacht hatte. Sie war der Schlußstein in Frankreichs gewaltiger militärischer Rüstung, und mit besserem Recht als 1870 konnte jetzt die französische Presse frohlocken: „Wir find erzbereit!* Wenn heute der Vierverband. behauptet, daß die Republik und das Parlament nichts getan hätten, um den drohenden deutschen Angriff abzuwehren, so können wir unS auf das Zeugnis des französischen Generals Percin be rufen, der im Parlament auf die Angriffe der über Frankreichs Niederlagen empörten Mon archisten erwiderte: „Frankreich war im August 1914 erzbereit, nur der französische Generalstab hatte falsch gerechnet, indem er nur auf 22 deutsche Korps vorbereitet war, denen er ebenso viel entgegenwersen konnte. Es stellte sich aber Vas Rätsel feiner 6ke. Vs .. Roman von Ludwig Hasse. ^Erdung.) Da? rüttelte auch Alexander auS seinem trüben Schweigen auf, und er scherzte und lachte mit dem kleinen Fräulein auS Berlin IV., dessen drollige Naivität ihn ergötzte. Heute nachmittag mußte er jedoch die Gesell schaft der Frau Justizrat und ihrer Tochter ent behren. Sie waren nach Bozen gefahren, um eine Nichte der Justizrätin abzuholen, welche aus Italien kam und noch einige Wochen in Meran bleiben wollte. „Schade,* sagte Graf Alexander, „daß unser gemütliches Zusammensein gestört wird." „Weshalb sollte meine Nichte stören ?" fragte die Jusiizrätin mit leisem Lächeln. „Ich hoffe sogar, daß Margaretens Besuch unsern Kreis noch netter machen wird." „Ihre Nichte heißt Margarete?" „Ja — oder eigentlich Marguerite — Marguerite Dumont — ihr Vater ist Professor in Genf — eine französische Familie. Ihre Eltern reisen direkt nach Gens zurück, Marguerite bleibt einige Zeit bei uns." „Ich freue wich riesig auf diese Marguerite Dumont, Herr Graf," flüsterte Ella ihm zu. „Ich kenne sie noch nicht — sie hat freilich trnher einmal einige Iahie bei uns gelebt, aber damals war ich noch ein Kind. Ich Halle bis j vor wenigen Tagen überhaupt keine Ahnung i von der Existenz Lieser Verwandtschaft. Ist das i virht komisch?" ! .Nun, Genf und Berlin liegen ja weit i heraus, daß Deutschland 34 Korps über die Grenze schicken konnte." Man war in Frankreich zu der großen Ab rechnung, auf die man seit 1871 mit der Parole „Immer daran denken, nie davon sprechen", unablässig hiugearbeilet hatte, völlig bereit. Aber der große Krieg brach früher als geplant über Europa herein. Die russische Mobilmachung zwang Frankreich, seine Armeen marschieren zu lassen. Es war nur eine Frage von Tagen, und die fran ¬ zösischen Heere hätten Belgien und West deutschland überflutet und die Schrecken des Krieges in daS Herz des industriellen Deutsch lands getragen. Zahlreich sind die Beweise, daß in Belgien alles sür den Einmarsch der Franzosen gerüstet war, und daß die Verteidi gung der belgischen Festungen von französischen Genieoffizieren vorbereitet und geleitet wurde. Die belgische Neutralität zu schonen, wäre den Franzosen, falls wir ihnen die Initiative überlassen hätten, niemals in den Sinn gekommen. Der sranzösische Kriegsminister Millerand gibt dies indirekt zu. „Frankreich Hai gesagt," erklärte er am 22. Oktober 1916 in Versailles, „daß Deutschland durch Belgien und Luxemburg aus marschieren würde. Die französischen Gegen maßnahmen waren schon immer darauf be rechnet. (!) Hätten wir nur vier Tage mehr Zeit gehabt, dann würden die Deutschen weder Belgien noch Frankreich betreten haben." Die deutsche Schlagfertigkeit und die wunder bare Schnelligkeit des deutschen Aufmarsches haben die Pläne des französischen General stabes rasch über den Haufen geworfen. Wenn heute die Legende vom wehrlos überfallenen Frankreich auch immer noch wiederholt wird, so ist das eitel Heuchelei, hinter der sich nur die Wut und die Enttäuschung verstecken, daß alle Vorbereitungen und Rüstungen Frankreichs, alle die schnöden Pläne und Anschläge an der deutschen Wachsamkeit und an der unerwarteten Stoßkraft der deutschen Heere zuschanden ge worden sind. Deutscher Keicbstag. (Orig.-Bericht.) Berlin, 8. Oktober. Der Gesetzentwurf über die privaten Ver sicherungsgesellschaften. der bestimmt, daß auch die Hypothekenbanken unter Neichsaussicht ge stellt werden sollen, wird ohne Aussprache an genommen, ebenso eine geringfügige Änderung des Reichsstempelgesetzes. Umstellung der Tagesordnung. Auf der Tagesordnung steht dann zunächst die Weiterberatung über die Interpellation be züglich der alldeutschen Agitation. Ferner stehen am Schluffe der Tagesordnung der Nachtragselat über die Schaffung der Stelle eines Vizekanzlers. Abg. Dr. v. Payer (Fortschr. Vp.): Jch.bitte den Präsidenten, eine Umstellung der Tages ordnung vorzunehmen und jetzt sofort den Nach tragsetat und die Ergänzung zum Besoldungs gesetz zur Verhandlung zu stellen. Wir werden den Antrag stellen, diese beiden Punkte dann an den Haushaltsausschuß zurückzuverweifen. Im Ältestenausschutz hat sich heute herausgestellt, daß die überwiegende Mehrzahl der vertretenen Parteien der Meinung ist, daß so, wie die Dinge liegen, es angezeigt ist, den Nachtragsetat noch mals einer weiteren Borbereilung im Haupt ausschutz zu unterziehe», ehe die Entscheidung erfolgt. Man war der Meinung, daß in ver schiedenen Punkten noch eine Vorbesprechung und Ausklärung im Ausschüsse notwendig ist. Abg. Graf Westarp (kons.): Ich möchte diesen Anträgen widersprechen. Wir sind der Meinung, daß das Bild der Reichstagsver handlungen, wie es sich am Sonnabend ent wickelt hat, und die Beschlüsse, die jetzt bevor stehen, nach außen den Eindruck von Konflikten und Spannungen machen. Und das, während draußen die Schlachten toben I Das bedauern wir lebhaft im Interesse des Landes. Abg. Haase (U. Soz.): Mit der Umstellung der Tagesordnung sind wir einverstanden, glauben aber, daß eine Rückverweisung an den Ausschuß nicht notwendig ist. Die Dinge sind reif zur Entscheidung hier in der Vollversammlung. Nach dem Auftreten Helfferichs am Sonnabend muß sich doch jeder Abgeordnete ein klares Urteil darüber gebildet haben, daß er sür diese» Posten in keiner Weise geeignet ist. Abg. Ebert (Soz.) Der Hauptausschuß hat aber den Nachtragsetat durch Einfügung eines neuen Paragraphen erweitert, nach dem ein Schatzanweisungskredit bis 4000 Millionen Mark bewilligt werden soll. Wir haben das größte Interesse daran, sestzustellen, inwieweit Mittel des Reiches sür eine Werbetätigkeit im Heer zugunsten der Vaterlandspartei verwendet werden und müssen daher in eine ernste Prüfung auf Grund des Verlaufes der Sonnabendsitzung erneut eintreten. Vielleicht kommen wir zu der Überzeugung, daß die Neu einrichtung von Regierungsämtern zweckmäßiger in ganz anderer Weife vorgenommen wird. Graf Felix v. Luckner ist Reserve-Offizier der Marine. Als im März d. Js. in englischen und französischen Zeitungen dis erste Nachricht von dem Hilfskreuzer „Seeadler" aus- tauchie, hatte er mindestens 11 Schiffe versenkt. Jetzt soll er bei der Lord-Hure-Jnsel im Stillen Ozean gestrandet sein. Dis Mannschaft aber unter Führung des Grafen v. Luckner ist an Bord eines französischen Schoners wieder zu neuen Heldentaten in See gegangen. Abg. Mertin (Dtich. Frakt.): Wir widersprechen, weil wir einen sachlichen Zu sammenhang zwischen dem Nachtragselat und der Fortsetzung der Erledigung der Inter pellation nicht erkennen können. Abg. Westarp (kons.): Das Auftreten Dr. Helfferichs am Sonnabend war durch die Lage, wie sie sich durch das Verhalten der Mehrheit ergeben hatte, völlig gerechtfertigt. Wenn im Nachiragsetat ein Schatzanweisungs kredit von 4000 Millionen enthalten ist, so dient diese Summe doch nur der Kriegsührung. Für die Besprechung politischer Fragen ist die Aussprache über den Haushaltsplan selbst da. In der Abstimmung wird gegen die Stimmen der Konservativen und der Deutschen Fraktion die Umstellungder Tagesordnung beschlossen. Nach Eintritt in die Beratung der beiden nunmehr vorangestellten Punkte der Tages ordnung beantragt Abg. v. Payer sofortige Rück verweisung an den Hauptausschuß. Gegen die Stimmen der Rechten und der unabhängigen Sozialisten wird demgemäß beschlossen. Abg. v. Payer (Vp.) beantragt Vertagung, die mit der gleichen Mehrheit beschlossen wirb. * Der Kanzler im Hauptausschust. Im Hauptausschutz, der nach der Vollsitzung des Reichstages zusammentrat, ergriff mehrmals der Reichskanzler Dr. Michaelis das Wort, der soeben aus dem Großen Hauptquartier zurnckgekommen war. Er führte u. a. aus, daß die Beamten ihre Stellung nicht benutzen dürfe», um die politische Stellungnahme ihrer Untergebenen zu beeinflusse». Ebenso sei im Heere jede politische Werbetätigkeit ausgeschlossen. Das gelte auch gegenüber der Vaterlandspartet. Im weiteren Verlause der Verhandlungen stellt» Staatssekretär Dr. Helfserrch scst, daß er am 6. seine Rede nicht abgebrochen habe und daß er niemand habe kränken wallen. Kriegs minister v. Stein betonte, die Politik solle keineswegs in das Heer hineingetragen, sondern herausgebracht werden. Der Nachtragselat wurde unverändert angenommen. verschiedene Urmgsnachrichten. Arisdcnsverhamdluugen? Nach dem ,Petit Journal' werden die Regie rungen der Entente die Friedeusnote deS Papstes erst nach der bevorstehenden Konferenz der Verbündeten beantwortes. Das Blatt will wissen, daß die Entente diesmal auf ihre Fne- densziele besonders ausführlich eingehen werde. Wegen der B e e ud i gun g des Krieges sei man bereits in Verhandlungen ein» getreten. Der ,Secolo' weiß aus Nom zu berichte», daß bei der italienischen Regierung am Donnerstag ein offizieller VermittlimgsantMF des Papstes eingegangen sei. — Die ,Secolw- Meldung bedarf trotz ihrer positiven Form der Bestätigung. . * Neutrales Urteil über die Mandern schlachten. Der Tagesanzeiger .Zürich' schreibt über die Bedeutung der Flandcrnfchlacht: ,Ln neun Schlachten von unerhörter Heftigkeit und mit einem Mumtionsaufwande, der alle menschlichen Begriffe übersteigt, hat die englische Armee um Ipern jetzt ungefähr jene Linie erstreben, die ihr in dem sünstägigen Kampfe vom 20. bis 25. April 1915 von den Deutschen entrissen worden war. Diese Feststellung muß vorausgeschickt werden, um die Behauptungen von englischer Seite, daß jeder ihrer jetzigen Angriffe ein überwältigender Sieg sei, auf das richtige Maß zurückzuführen. Und wenn das Reuterhureau sich gar dazu versteigt, die neueste Schlacht vom 4. Oktober als den „größten Sieg" seit der Marne schlacht zu Preisen, so wirkt eine solche Behauptung einfach als Aufschneiderei, die geeignet ist, die an sich gewiß anerkennenswerten Leistungen der englischen Armee herabzusetzen. Großzügige Operationen sind dieser Taktik bisher versagt geblieben, und so wie man der letztjährigen Stellungsschlacht an der Somme den Feldzug in Rumänien gegenüber stellen kann, so sprechen dieses Jahr die Erfolge der Mittelmächte in Galizien und der Bukowina, bei Riga und Jakobstadt gegen die englischen Gewinne bei Ipern. Wie letztes Jahr so hat auch in diesem Jahre das deutsche Standhalten im Westen die großen Erfolge im Osten er möglicht und die Gegner haben diesem Plus nichts Vollwertiges gegenüberzustellen." * Einziehung der Neutralen in Amerika. Nach einer zuverlässigen Meldung wurden im Monat August 1917 in den Ver. Staaten 152 OVO Mann eingezogen. Davon sind allem 5948 schwedische Staatsangehörige aus 86 Musterungsdistrikten. Wie bekannt, werden jetzt auf Wilsons Befehl alle in Amerika ansässigen Neutralen zum Heeres dien st gepreßt, sofern sie nicht in der Lage sind, binnen drei Monate« das Land zu verlassen. In Übereinstimmung damit meldet die Mn. Ztg.' aus Kopenhagen: Das finnländische Blatt ,TyoekiS' berichtet, daß in den Ver. Staaten 4000 Finnländer verhaftet worden seien, weil sie sich geweigert hätten, in daS amerikanische Heer einzutreien mit der Begründung, daß sie auch in der Heimat von der Wehrpflicht befreit seien. Sie wurden mit einem Jahr Gefängnis bestrast, um nach der Verbüßung dieser Strafe zwangsweise in das Heer eingestellt zu werden. Das Blatt verlangt, daß der finn- ländische Senat in Washington Schritts unter nehme, um dis Freilassung dieser Finnländer zu erlangen. genug auseinander," entgegnete Alexander lächelnd. „Freilich. Aber furchtbar komisch ist's doch. Unsere ganze Verwandtschaft wohnt sonst in Berlin V. — Nollendorsplatz und da herum. Aber Mama sagte, daß früher einmal eine Cousine von Papa nach der Schweiz ge heiratet habe — das muß diese Madame Dumont fein." „Sehr wahrscheinlich ..." Dann hatte sich der Graf, der die Damen bis zum Bahnhof begleitete, verabschiedet und war in das Hotel zurückgekehrt, um den Tag mit der Erledigung seiner Korrespondenz hin- zubriiigen. Jetzt saß er auf der Terrasse und wartete auf die Rückkehr der Damen, die mit dem Nach mittagszuge erfolgen sollte. Es vibrierte eine leise Unruhe in ihm; er wußte den Grund selbst nicht, aber er sah dieser französischen Nichte der Justizrälin mit einiger Neugierde entgegen — und auch mit einer leichten Furcht. Ec scheute ja vor jeder neuen Bekanntschaft zurück, denn die Menschenscheu, welche ihn in Einödt befallen, hatte ihn auch jetzt noch nicht verlassen. Er sah unter den Kurgäste'» einige Bekannte aus früherer Zeit, aber er ging ihnen sorgfältig aus dem Wege; er las in der Frcmdeniisle die Name» von Familien, mit denen er früher verkehrte, aber er suchte sie nicht aut, und wenn er sie zwallig auf) der Promenade traf, ging.er mit schweigendem Gruß rasch vorüber. Ta der Ans seines seli- jamen Wenms sich weit in der Gesellschaft ver breitet hatte, jo juchten die früheren Bekannten auch ihrerseits keine Annäherung. Man sah ja, daß er allein sein wollte, und war taktvoll genug, diesen seinen Wunsch zu respektieren. Und nun sollte er dennoch eine junge Dame kennen lernen, die gewiß an seine Unterhaltung und Gesellschaft Ansprüche, denen er nicht gut ausweichen konnte, stellte. Das machte ihn verdrießlich und unruhig. Er nahm sich vor, einen anderen Ort, vielleicht Bozen oder Riva, aufzusuchen, wenn diese Mademoiselle Mar guerite Dumont ihn allzu sehr in Anspruch nehmen sollte. Dis Sonne war schon hinter den Bergen versunken, im Tale dämmerte es, während die Gipset der Berge noch in goldenem Licht ge badet wurden und rötlich auflenchtelen, als ein rascher, sanfter Schritt Alexander ans feinen Träumereien weckte. Es war Ella Kleinschmidt, welche sich ihm mit geheimnisvollem Lächeln näherte. „Nun, Fräulein Ella, schon zurück?" fragte er. Ella nickte und legte mahnend die Finger auf Lie Lippen. „Da drinnen sitzen sie," flüsterte sie dann und wies auf den Speisesalön. „Ler sitzt dort'-" „Mama und Marguerite Dumont . . ." „Also ist Ihre Cousine angekommcn?" zJa — aber, Herr Erm, ich tann mich noch nicht an den Gedanken gewöhnen, das; das meine Cousine fein toll." „Weshalb denn Nicht?" fragte er ^lustig!. „Sie ist ganz llamo, diese Marguerite Dumont . . . uns 'o schön und vornehm, daß inan vor lauter Maurcht nicht weiß, was inan mir ihr reden wll?" „Ist sie denn schon so alt?" „Bewahre. Anfang zwanzig. Aber groß und schlank und von einer Haltung, wie eine Fürstin. Und herrliches goldblondes Haar und Angen — ja, die richtigen Nixenaugen, mrd ei» Gesicht wie die Madonna della Sedia. . „Ei, ei, Fräulein Ella, Sie schwärmen ja ordentlich." „Wissen Sie, was ich-glaube, Herr Graf?" „Wie kann ich das wissen?" „Marguerite Dumont ist eine Künstlerin — Tragödin oder Sängerin — sie hatte eins wundervolle, klangvolle Stimme, und jagte auch, daß sie viel musiziere und singe." „Nun, das wäre ja ei» großer Vorteil sin Sie, Fräulein Ella, Sie singen und spielen ja auch." „Ach, ich mit meiner Stümperei — und mit meiner Stimme, die wie das Piepsen eines Sperlings klingt! Ich bin gewiß, daß ich setz' überhaupt nicht mehr singen werde . . . ab» da kommen sie!" Es war zu spät, . als daß sich Alexander der Begegnung hätte entziehen können, wie es in seiner Absicht gelegen. Das Geplauder Ellas batte ihn zurnckgehalten und nun mußte ec wohl oder übel die Justizratin und ihre Nichte begrüben. „Meine Nichte, Fräulein Marguerite Dumont, Herr Graf," stellte die Justizrätin ihre Begleiterin vor, „die die Freundlichkeit hat, uns aus einige Wochen besuchen." . Alexächoer verbeugte sich.' Ec war frappiert von der cMnariigcn, stolzen nud doch fanfum Schönheik^der jungen Dame, die, in cm
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