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Allgemeiner Anzeiger : 20.10.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-10-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Urheberrechtsschutz 1.0
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191710202
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19171020
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-10
- Tag 1917-10-20
-
Monat
1917-10
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 20.10.1917
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Einig, ftahlhart und siegesbewußt. In seinem Aufruf an das deutsche Volk vom 6. August 1914 hat unser Kaiser das stolze Wort geprägt: „Noch nie ward Deutschland überwunden, wenn es einig war." Der Verlauf des Weltkrieges bis zum heutigen Tage hat die Wahrheit dieses Wortes erneut bewiesen. Der Ansturm mehr denn der halben Welt ist an der unerschütterlichen eisengrauen Front draußen, an der in der Not des Vaterlandes geläuterten und riesenhaft erstarkten deutschen Zähigkeit und Einigkeit gescheitert. In dieser Einigkeit, in dem testen Vertrauen auf die Gerechtigkeit unserer Sache, in der iküwandelbaren Liebe und Treue zur Heimat ruhen die Wurzeln jener Kraft, die das deutsche Heer im Kämpfen und Siegen, die deutsche Heimat im Ertragen und in der Arbeit stark mmcht. An diesen tiefsten und heiligsten Ärund- lagen dieser unserer vielbewunderten und viel- befeindeten Kraft hat der Krieg nicht gerüttelt, Wohl scheint der Streit der Tagesmeinungen gelegentlich unser aller Ziel, Deutschlands Ge deihen und Größe in zukünftigen Friedens tagen, zu verdunkeln und die im einheit lichen Willen der Nation ruhende Kraft zum Durchhslten und Siegen bis zur Erreichung des ehrenvollen, unsere Entwicklung sichernden Friedens schwanken zu lassen; aber wer ist im Grunde seines Herzens nicht davon überzeugt, daß in der drängendsten und größten Frage der Gegenwart, in der Frage der Existenz des deutschen Volkes, die nach dem Willen unserer Feinde draußen auf blutiger Wahlstatt gelöst werden muß, das deutsche Volk von der gleichen Einigkeit und der felsenfesten Stärke desSieges- Lcwußtseins beseelt ist wie in den ersten Tagen des Krieges? Mit ernster mahnender Stimme weist unser Feldmarschall v. Hindenburg in seinen Dankes- worten für die reichen Ehrungen zu seinem 70. Geburtstage auf die erste und einzige Grundlage der deutschen Gegenwart und der deutschen Zukunft hin, auf die Einigkeit, die freudige Einigkeit. — Die Not der Zeit pocht hämmernd an die Tür, ihre Ab wehr erfordert alle, auch die letzten Kräfte! Es gilt den schwersten Kampf um die Selbsterhaltung eines 70 - Millionen - Volkes! Wer mag, wo die Brüder draußen, in Feuer, Sturm und Graus bis zum letzten Atemzuge kämpfend, die Überzahl ,der Feinde abwehren, sich da mit Plänen tragen, wie das „Morgen" sich gestalten möge? Wer findet da Zeit zum Grübeln und Entwerfen, wo die Stunde jeden Arm und jeden Nerv zur Verteidigung des „Heute" braucht? — Hindenburg sagt: „Vertrauet, daß Deutsch land erreichen wird, was es braucht, um für alle Zeit gesichert dazustehen. Vertrauet, daß der deutschen Eiche Lust und Licht geschaffen werden wird zur freien Entfaltung." — Das Wort des Marschalls gilt. Er, der nicht nur die größten Siege der Weltgeschichte erfochten hat, der auch in der schwersten Stunde die militärische Gesamtleitung in die Hand nahm und sich, sorgsam und kühn, klug und verwegen, als Weiser in der Führung der sich auf den Schlachtfeldern in Ost und West und Südost entscheidenden Weltgeschicke gezeigt hat, er tritt mit seiner ganzen Person, seiner ganzen Größe dafür ein. Kein Zweifel, kein Zaudern, kein Vorbehalt kann daran deuteln. Darum heißt es jetzt weiter mit den Worten des Marschalls: „DieMuskeln gestrafft, die Nerven gespannt, das Auge geradeaus! Wir sehen das Ziel vor uns: Ein Deutschland hoch in Ehren, frei und groß!" Und unser Feldgeschrei sei wie in der Vergangenheit, so auch in der Zukunft ein anderes Hindenburg- wort : Einig, stahlhart und siegesbewußt! ?)anäel unä Verkedr. Protestfrist für Wechsel inElsatz-Lothrin- gc«. Nachdem der Bundesrat laut Bekanntmachung usm 2g. September bestimmt hat, dah die Protesl- srist für Wechsel, dis in Elsaß-Lothringen zahlbar sind, frühestens mit dem 3t. Januar 1918 statt mit dem 31. Oktober 1917 ab'änst, ist die Bekannt machung des Reichskanzlers vom 3. Juli 1917, be treffend die Postprotestaufträge mit WechseM^md Schecks, die in Etsaß-Lothringcn zahlbar sindMnt- sprechend geändert worden. Danach werden die Poftprotestausträgo mit Wechseln, die in diesem Ge biete zahlbar sind und deren Zahlungstag in die Zeit vom 30. Juli 1914 bis einschließlich 29. Januar 1918 fällt, am 3t. Januar 1918 nochmals zur Zahlung vorgezeigt werden. Deutscher Reichstag. (Orig.-Bericht.) Berlin, 11. Oktober. Als erster Punkt stand auf der heutigen Tagesordnung der Wiederaufbau derdeutschenHaudelsflotte. Der Gesetzentwurf, der den Reedereien be trächtliche Beihilfen bietet, wurde nach kurzer Debatte gegen die Stimmen der beiden sozialisti schen Gruppen angenommen. Vizekanzler Dr. Helfferich: Mit diesem Beschluß hat der Reichstag ein Gesetz verab schiedet, das für Deutschlands wirtschaftlichen Wiederaufbau nach dem Kriege von größter Bedeutung ist. Wie das Gesetz über die Vor entschädigung für die durch den Russeneinbruch verheerte Ostmark neues Leben auS den Ruinen hat wachsen lassen, so wird auch dieses Gesetz dem deutschen Unternehmungsgeisthelfen, das wichtigste Werkzeug unserer wirtschaftlichen Außenbeziehungen, unsere Handelsflotte wieder in alter Kraft erstehen zulasten. Das Gesetz dient nicht dem Vorteil einzelner Klassen oder Stände, sondern dem Wohle des ganzen Volkes und auch dem Wohle der breitesten Schichten unserer arbeitenden Bevölkerung, für deren Lebenshaltung die raiche und vollständige Wiederherstellung unseres Außenhandels eine der wichtigsten. Vor aussetzungen ist. Das Gesetz ist ein Symbol. Mitten im Getöse der furchtbarsten Schlachten denkt unser Volk an die friedliche Arbeit, ein geschlossen von einer Welt von Feinden, denkt es an das freie Meer. Das Gesetz zeigt aller Welt den ungebrochenen Willen des deutschen Volkes zu leben und zur Entwicklung. Das Gesetz zeigt, daß Deutschland entschlossen ist, diesen Willen zum Leben, den Glauben an die kommende Zeit und seine unzerstörbare Zuver sicht auf den Frieden nicht nur im Kampf gegen den Feind, sondern auch in der kommenden Friedensarbeit zu betätigen. Es folgt die dritte Lesung des Nachtragsetats. Abg. Ledebour (U. Soz.) bekämpft die Einrichtung des Vizekanzlerpostens und richtet heftige Angriffe gegen den Reichskanzler und den Stellvertreter "Dr. Helfferich, indem er noch einmal auf den Zwischenfall betreffend die Abg. Dittmann, Haase, Vogtherr zurückkam. Redner erhält im Laufe seiner Ausführungen zwei Ord nungsrufe. Abg. Dr. David (Soz.) wendet sich gegen den Vizekanzlerposten und meint, ein starker Kanzler brauche, trotz des unleugbaren An wachsens der Geschäfte, keinen Stellvertreter. Da der Vizekanzler das Kernstück des Nach tragsetats ist, wird die Fraktion des Redners die Vorlage insgesamt ablehnen. Abg. Stadthagen (U. Soz.) fordert die Schaffung eines Reichsarbeitsamtes. Damit schließt die Aussprache. Die Nach tragsforderung, die die neue Stelle eines Vize kanzlers bewilligt und den Nenforderungen für das Reichswirtschaftsamt zustimmt, wird gegen die beiden sozialdemokratischen Gruppen ange nommen. Eine Entschließung der U. Sozialisten, wo nach der im Heere eingerichtete Aufklärungs dienst sofort ausgehoben werden soll, und ins besondere die Unterweisung der Soldaten über Kriegsziele und -fragen durch Vorgesetzte unter sagt werden soll, wird abgelehnt. Die Ergänzung zum Besoldungsgesetz wird angenommen. Nunmehr wird die Aussprache über die Handhabung des Vereins- und Versamm lungsrechts fortgesetzt. Damit verbunden wird eine Aus sprache über die Schutzhaft, den Belagerungs zustand und die Zensur. Der Ausschuß fordert die Beseitigung der politischen Zensur. Die Sozialdemokraten beantragen die Aufhebung des Belagerungszustandes. Abg. Dr. Müller-Meiningen (Fortschr. Vp.) weist darauf hin, daß daS Haus heute die 25. Debatte über die Zensur hat. Er fordert Aushebung der Zensur, die dauernd zu allerlei Unzuträglichkeiten sichre. Staatssekretär Dr. Helfferich betont nochmals, daß der Reichskanzler und der Kriegs minister ausdrücklich jede Agitation im Heere zu gunsten einer Partei gsmißbilligt haben, und nimmt den Reichstag gegen Vorwürfe in Schutz, die nach dem Vorredner erhoben worden sind. Staatssekretär Walraf erklärt, daß die Zensur in feindlichen Ländern viel rigoroser als bei uns gehandhabt würde. Eine unbeschränkte Erörterung aller Fragen ist zurzeit bei uns nicht möglich. Der Staatssekretär sagt zu, daß er sich daiür einsctzen wolle, daß Zeitungsverbote nach Möglichkeit befristet werden. Oberst v. Wrisberg: Es wird das Bestreben des Kriegspresseamtes sein, Fehler nach Möglichkeit zu vermeiden. Abg. Rösicke (kons.) bringt mancherlei Be schwerden über die Zensur vor und betont, daß durchaus keine Bevorzugung der konservativen Presse vorliege. Abg. Jckler (natl.): Das Arbeiterrecht muß den Eckstein der Nenorsentienmg bilden. Abg. - Dittmann (U. Soz.) verlangt Auf hebung des Belagerungszustandes. Dadurchallein werde eine Atmosphäre des Friedens geschaffen. Oberst v. Wrisberg: Das Schutzhafl- gesetz ist für uns keineswegs Lust. Das er sehen Sie schon daraus, daß in den letzten Wochen 251 Personen aus der Schutzhast ent lassen worden sind. Es wird durchaus nach den Bestimmungen verfahre». Wir wollen auf diesem Wege wcitergehen. Es gibt allerdings Elemente, deren Betätigung wir nicht zulassen können. Es ist unsere Pflicht und Schuldig keit, für die Sicherheit unseres Heeres in der Heimat zu sorgen. Abg. Hauß (Els.) dankt für das Schutzhast- gesetz. 600 Ausgewiesenen sind dadurch die Pforten der Heimat wieder erschlossen worden. Abg. Heine (Soz.) bringt auch eine An zahl von Beschwerden zur Sprache. Redner kommt dann zu einer Kritik an Hindenburg, die den Reichstagspräsidenten und andere Redner des Hauses auf den Plan rust. Nach längerer Debatte wird schließlich eine Erklärung angenommen, wonach die in Elsaß- Lothringen angeordneten Ausweisungen unter das Reichsgesetz vom 4. Dezember 1916 fallen sollen. Angenommen werden ferner die Anträge des Hauptausschusses zur Zensur. Die Ent schließung auf Beseitigung der politischen Zensur wird abgelehnt. Auf der Tagesordnung steht dann die Zentrumsinterpcllarion über den gewerb lichen Mittelstand. Staatssekretär Dr. H e l ffe r i ch erklärt, daß der Reichskanzler bereit sei, die Interpellation an einem Tage zu beantworten, der mit dem Präsidenten vereinbart werden soll. Aus dem Gesetz zu rVereinfachung der Rechtspflege sind nur einige Be stimmungen herausgenommen, wonach die Straf kammer von den sormularmäßigen Überweisungs- beschlüssen an die Schöffengerichte entlastet werden soll. Ferner soll ein Strafbefehl auch auf Strafen über 150 Mark ergehen dürfen. Dieser Teil der Vorlage wird angenommen. Angeno m m e n wird das Gesetz über den Ersatz der Beisitzer bei den Kaufmanns- und Gewerbcgerichten. Erledigt werden einige Rechnungssachen. Zur Verhanolung steht dann der Ausschuß bericht über Soziales. In mehreren^ Ent schließungen fordert der Hauplausschuß Er höhung der Mannschaftslöhnung, des Putzgeldes, der Invalidenrenten usw. Ministerialdirektor Schröder teilt mit, daß dje gewünschten Erhöhungen zwei Milliarden im Jahre erfordern würden. Das Haus vertagt sich bis zum 5. Dezember. Der Präsident erhält die Ermächtigung, die Sitzung gegebenenfalls auch schon früher ein zuberufen. Präsident Dr. Kaempf sendet in einer Schlußrede an Heer und Flotte wärmste. Grüße. Unser Gruß gilt auch dem Volk in der Heimat, dem wir zurusen: Nur nicht die Nerven verlieren. Wir vertrauen der Obersten Heeresleitung. Wir werden einen dauernden Frieden erringen, der dem deutschen Volke die ihm für sein Leben und seins freie Entwicklung notwendigen Grundlagen bietet. Politische AuncLlcbLU. Deutschland. *In parlamentarischen Kreisen ist man über zeugt, daß in der Tat eine Kanzlerkrise besteht.. Es heißt, von verschiedenen Seilen werde gegen Dr. Michaelis, den Staats--kretär des Retchsmarineamtes v. Capelle rind den Vizekanzler Dr. H e lfferich gearbeitet. Zur zeit steht nur soviel fest, daß die inter fraktionellen Besprechungen auch innerhalb der Mehrheitsparteien noch nicht zu einer einheit lichen Stellungnahme geführt haben. * In der letzten Bundesratssitzung gelangten zur Annahme der Entwurf einer Bekanntmachung über Verjährung der Beitrags rückstände in der Angestelltenversicherung, dec Entwurf einer Bekanntmachung betreffend Ände rung der Verordnung über die Regelung des - Verkehrs mit Web-, Wirk-, Strick- und Schuh waren vom 10. Juni/23. Dezember 1916 und der Entwurf einer Verordnung zur Ergänzung der Verordnung über die Festsetzung von Pacht- Preisen sür Kleingärten vom 4. Abril 1916. Österreich -Ungar«. * Das österreichische Abgeord netenhaus nahm die Anträge des Presse ausschusses betr. Aufhebung der poli tischen Zensur nach kurzer Debatte an, worin sämtliche Rednerlür die Wiedereinführung der vollständigen Preßfreiheit einlraten. Im Laufe der Debatte hob der Minister des Innern Graf Toggenburg hervor, die Regierung möchte je eher je lieber auf die Zensur verzichten, doch könne mit Rücksicht auf die Feinde, die mit größter Aufmerksamkeit unser öffentliches Leben verfolgen, wohl noch schwer derzeit auf die Kriegszensur ganz verzichtet werden. Es soll aber eine Neuordnung dahin getroffen werden, daß Fragen rein politischer Natur der Zensur nicht unterliegen. Schweden. *Die Erpressungspolitik Eng lands und Amerikas, die durch An drohung der Ausfuhrsperre die skandinavischen Länder in den Krieg treiben will, erregt be sonders in Schweden Helle Entrüstung. Das Blatt ,Nya Dagligt Allshanda' schreib! u. a.: Die Neutralen sollen aho auf dieselbe Weise behandelt werden wie jedes feindliche trieg- tührende Land, und warum? Um sie aus dec Neutralität herauszuzwingen, zuerst einmal in der Handelspolitik. Einstweilen begnügt sich Amerika damit, zu glauben, daß Skandinavien und Holland sich nahezu selbst versorgen können, wenn nicht nach Deutschland ausgeführt würde, und das zu einer Zeit, wo wir in Schweden bloß 50 °/o unseres normalen Brotvorrats haben. — Andere Blätter schreiben ganz offen, daß England das Land unter allen Umständen zum Kriege pressen wolle. Rußland. *Die neue Koalitionsregierung wendet sich in einer Erklärung an das Volk. Sie weist auf die Anarchie im Lande hin, dj^ die Republik gefährde, verspricht sich sür einen schnellen Gesamtsrieden und eine Revision der Kriegsziele eiuzusetzen und sagt Reformen der Verwaltung, der Agrarpolitik und der Finanzwirtschast zu. Zum Schluß kündigt die Erklärung neue Steuern an. Die Erklärung ist deshalb bedeutsam, weil sie ausdrücklich sest- slellt, die Regierung wolle für einen Frieden ohne Annexionen und Entschädigungen eintrete« und sich gegen alle Eroberungen wenden. Kleine Nachrichten. — Wie aus London gemeldet wird, verlang der Kriegsmimster die Aushebung einer Frau en- arme e und zwar 10000 monatlich. Die Nekru- tierungsbureauS sind bereits eröffnet. Das ALtlel seiner 6ke. 8s Nomon von Ludwig Hasse. (Fortsetzung» Ihre Gesichtszüge konnte er nicht mehr er kennen, der Abend war hereingebrochen und die Schleier der Dämmerung bedeckten das Tal. „Ich möchte Ihre Heimat kennen lernen," sagte sie plötzlich. Verwundert blickte er auf. „Sie würden dort nicht viel Freude er leben," entgegnete er. „Sie, die Tochter des schönen, lachenden, sonnigen Südens . . ." „Nicht die Natur, sondern die Menschen, mit dkn.cn wir leben, machen uns glücklich oder un- gMrlich . . .* .Das ist wahr! — Ein Mensch ist der Teufel c es andern," crwiderie er bitter lachend. „Ach, Herr Grat... haben Sie solch schmerz liche Erfahrungen gemacht?" „Ja" — entgegnete er kurz und hart. In diesem Augenblick flammte das elektrische Licht and Fräulein Dumont war, wie in einem leichten. Schreck, stehen geblieben, und Gras Alexander sah in ein,.wie cs ihm schien, totenbleiches Antlitz, aus dem ihm die Augen erschreckt und angstvoll eutgegemtaltlen.' ..Was" ist Ihnen, mein Fräulein st" fragte er besorgt. „blick-!? — nichts," entgegnete sts verwirrt und zog -den Schleier vor das Gesicht. Aber der Graf glaubte doch eine Träne s in ihren Augen gesehen zu laben, die lanamm s zmd schwcc die btasjcn Wangen herab perlte, ! „Haben meine Morte Sie verletzt, mein Fräulein, dann bitte ich um Verzeihung." „Sie haben mir wehe getan," entgegnete sie mit bebender Stimme und schritt rasch auf die Justizrätin und Ella zu. Plan war wieder an dem Hotel angelangt. „Haben Sie schon soupiert, Herr Graf," fragte die Justizrätin. „Nein. . ." „Wir haben schon gegessen, wir trinken nur noch eine Tasse Tee auf unseren Zimmern. Wollen Sie vielleicht den Tee bei uns nehmen?" Alexander war im Begriff die Einladung anzunetzmeu. Doch da überkam ihn die trotzige Menschenscheu wieder und fast unhöslich er widerte er: „Ich muß danken— ich Habs noch einen Brief zu schreiben . . ." und verabschiedete sich rasch. „Ein seltsamer Mensch," sagte Fräulein Dumont. „Nicht wabr? Hab' ich cs Ihnen nicht ge- s sagt? Man kann Mul-M mit ihm fühlen." „Ja," entgegnete Marguerite leise, „hetz- ! liches Mitleid .. ." Noch lange saß Gral Alexander an dem s offenen Fenster, seines Zimmers und schalste träumend, grübelnd, sinnend in die sternen- snnketude Nach! Hiuaü-A tzr konnte das blaffe, sckreckensstane Gesicht der Ftemden nicht der- ! Men. s „Ich muß abreffen," murmelte er, stand auf und' wollte das Fenster' schließen. Da klangen die Töne eines Flügels zu ihm cmvor, asts den Zimmern, weiche Lie Iusuzustin teivohme. Er borckUL. - Jetzt setzte eine tiefe, glockenreine Altstimme, ein und sang das tiefempfundene Lied: „Als ich Abschied nahm. . ." Alexander stützte den Kopf in die Hand und lauschte den tiefen herrlichen Tönen, die mit innigster Empfindung das Lied der Heimkehr in die Heimat sangen. 6. „Ich glaube, lieber Mann," so schrieb die Justizrätin nach einigen Tagen an ihren Gatten, „daß Deine Idee ganz vortrefflich war und sshr gute Früchte tragen wird. Anfangs war Graf Alexander sehr zurückhaltend und schweigsam, ja er sprach sogar von seiner Abreise, aber davon ist jetzt keine Rede mehr. Er ist jetzt fast stets in unserer Gesellschaft, wir speisen zusammen, machen nachmittags Ausflüge in die Berge, und abends sitzt er bei uns und lauscht dem wundervollen Spiel und Gesang Mar guerites. Diese ist aber auch ein herrliches Wesen und Du hast mir nicht zu viel gesagt, als Du erzähltest, daß Du nie eine schönere Frau gesehen hättest. . . Deine Frau natür lich ausgenommen, nicht wahr, Alterchen? — Doch Scherz beiseite, ich gebe Dir vollkommen recht, und ihrer Schönheit entspricht ihr Charakter. Unsere Ella ist ganz begeistert von ihr und hängt mit inniger Liebe an ihr, dis mit schwesterlicher Zärtlichkeit erwidert wird.. Und der Gras? — Ich glaube, er betet sie jetzt schon an. Du bist doch ein kluger Manu, Alterchen, daß Du alles so fein emgcsädest hast. Nur fürchte ich mich vor dein Augenblick, wo die Autlläruna criolaen muß , . Ja, Graf Alexander blieb in Meran! Er gab sich ganz dem Zauber hin, der von der edlen, vornehmen Erscheinung Marguerite DumoniS ausstrahlte, und es gab auch wirklich Stunden, wo er die ganze Heiterkeit, das fröhliche Glück seiner Jugend wieder fand und vergaß, welche Fesseln sein Leben umspannten. Das waren jene Stunden, in denen auch Marguerites sonniges, heiteres Wesen zum Durchbruch kam, wo das Glück aus ihren schönen Augen leuchtete, wo ihre Lippen so herzlich, kindlich-fröhlich lachen konnten, wo sie mit Ella Kleinschmidt umhertollte und die beiden Mädchen auch Alexander in ihre Spiele zogen. Diesem sonnigen Wesen, diesem leuchtenden Glück vermochte niemand zu widerstehen — auch Alexander nicht. Aber dann kamen wieder trübe, finstere Stunden, in denen er die Wucht seines selbst- geschaffenen Schicksals mit ihrer ganzen Schwere auf sich lasten fühlte. Dann war er schweigsam und finster und das sonnigste Lachen Mar guerites vermochte ihn nicht dieser düsteren Stimmung zu entreißen. Aber das sonnige Lachen erstarb dann auch auf de» Lippen des schönen Mädchens. Ängst lich und ichen wurde ihr Wesen, cS war, nick fürchtete sie sich vor ihm, als meide sie seinen ernsten, traurigen Blick. Ella hatte schon oster den Wunsch ausge sprochen. einmal eine wirkliche HochgcbirgStour zu machen. Die Juslizratü! hatte diesen Wunsch des Gesundheitszustandes ihrer Tochter wegen bislang abgelebnt, jetzt war Ella aber so er- stärkt, daß man eine solche Tour schon unter-
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