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Allgemeiner Anzeiger : 03.10.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-10-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191710030
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- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-10
- Tag 1917-10-03
-
Monat
1917-10
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 03.10.1917
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Von Md UNÄ ^e? n. Eine Kricgsgcdächtniskirche in Allcn- bnrg. Auf Veranlassung des Kaisers wird zur Wiederherstellung der evangelischen Kirche in Allenburg in Ostpreußen ein größerer Entwurf angefertigt. Wahrscheinlich soll die Kirche eine Kriegsgedächtniskirche werden und es wird da- ber auf die architektonische Ausgestaltung mehr Wert gelegt. Mit dem Ausbau der übrigen öffentlichen Gebäude soll jedoch erst nach dem Kriege begonnen werden. Handelsansschließung wegen Un- Höflichkeit. Einem Berliner Kohlenhändler ist vom Kriegswucheramt der Kleinhandel mit Gegenständen des täglichen Bedarfs untersagt worden, und zwar aus einem Grunde, der wohl izum erstenmal die Ursache.zu einer Handels- 'untersagung gegeben hat: ungebührliches Be- nehmen des Verkäufers dem Publikum gegen- ! über! i Geistige Schwerarbeiter. Das ssächsische Ministerium des Innern veranstaltet, wie die . ,Leipziger Abendzeitung' hört, Umfragen bei den ! Kommunalverbänden, wie sie sich zu einer Be rücksichtigung der geistigen Schwerarbeiter stellen würden. Wie es heißt, 'will man 60 Stunden Arbeitszeit in der Woche als grund- ! legende Bedingung sür den Begriff des Mistigen Schwerarbeiters aufstellen. Heizen vorläufig verboten. In Brom berg hat das Lebensmittelamt mit Genehmigung des Regierungspräsidenten für den Stadtkreis Bromberg und siebzehn Vororte das Heizen der Wohnungen einschließlich der Häuser mit Sammel heizung, der Büroräume, Läden, Gastwirt schaften und Gasthäuser einstweilen verboten. Die Zeiten, während deren im September und Oktober das Heizen erlaubt ist, werden vom Kohlenamt festgesetzt. Bei Häusern mit Sammel- Heizung bestimmt das Kohlenamt, welche Höchst zahl der Räume geheizt werden darf. Zuwider handlungen werden schwer bestraft. Butterschiebungen von Warnemünde nach Berlin. Der Butterversand aus Warne smünde nach Berlin hatte in letzter Zeit einen solchen Umfang angenommen, daß er bis auf weiteres verboten werden mußte. Auf dem Rostocker Haupibahnhofe wurde eine Berlinerin angehalten, die in zwei Koffern mehr als einen Zentner Auslandsbutter verpackt hatte. Die ganze Butter wurde beschlagnahmt. Von seinem Jagdgenossen erschossen. Der Graudenzer Rentier Lueck ist bei Tütz (Westpreußen) ans der Jagd versehentlich von feinem Jagdgenossen erschossen worden. Orkanverheerungen in Polen. Ein Orkan frichtete in der Stadt Pabianice, in der Nähe Lodzs und Umgegend, große Verheerungen im Stadtwalde an. Dreitausend Bäume wurden entwurzelt oder zerschmettert, Windmühlen und ganze Bauernhäuser sind durch die Luft bis > 500 Meter sortgerissen worden. Auch das Dach !der Sankt Matthäikirche wurde umgeworfen. Mehrere Menschen sind getötet. Der Orkan mit ! Gewitter war mit sehr starkem Hagelschlag ver- ' bunden. Der Schaden wird auf mehr als zwei Millionen Mark geschätzt. Eine peinliche Angelegenheit. Die ! Frau und die Tochter des französischen General konsuls in Genf, Pascal d'Aix, haben sich in einer Pension in Ouchy bei Lausanne mit Sublimat vergiftet. Fräulein Pascal d'Aix 'unterhielt mit einem französischen Internierten ' ein Liebesverhältnis und griff, um dessen Spiel schulden zu zahlen, die unter der Verwaltung ihrer Mutter stehende Kasse des sranzösifchen Hilfsvereins in Genf an. Die unterschlagenen Beträge sollen 15000 Frank erreichen. Als ^die Muller die Versehlung ihrer Tochter ent deckte, suchte sie zuerst die fehlenden Summen nach und nach abzuzahlen. Die Geschichte wurde aber ruchbar, und so schritten die beiden Damen in ihrer Verzweiflung zum Selbstmord. Vo!ksn>irtscbaftlicbes. Die Ausfuhr aus dem besetzte» Rumänien. sDic Wiener ,Ncue Freie Presse' schreibt: In der -.Zeit vom t. Dezember 1916 Ws 15. September 1917 sind weit mehr als eine Million Tonnen an Ge ¬ treide und Futtermitteln aus Rumänien ausgcsüdrt worden. Die Verteilung ist auf gemeinsamen Be sprechungen der Bundesgenossen festgesetzt worden entsprechend ihren Bedürfnissen. Dabei wurde in weitestgehendem Matze der bedrängten Lage Rech nung getragen, in der sich Österreich im ver gangenen Frühjahr befand. Mehr als die Hälfte der gesamten Ausfuhr ging nach Österreich-Ungarn. Nächstdem hatte Deutschland den größten Anteil an der Ausfuhr, doch blieb die Menge um etwa 150 000 Tonnen hinter der Aus- suhrmenge für Ostcrreich-Ungarn zurück. Auch die Türkei und Bulgarien konnten ihre dringendsten Bedürfnisse aus Rumänien befriedigen, soweit sie nicht schon durch die Ernte im eigenen Lande in gleicher Weise wie Osterreich-Ungarn und Deutsch land versorgt waren. Die Hanpleinsuhr nach Oslerreich-Ungarn bestand in Weizen und Mais. Die Ausfuhr des letzteren nach Deutschland übertraf sogar noch diejenige nach Österreich-Ungarn, während die Weizenausfuhr nach Deutschland zu der nach Österreich im Verhältnis von etwa drei zu sünf stand. Deutschland konnte einen großen Teil seines Bedarfes an Ölfrüchten ans Rumänien befriedigen, Bulgarien an Salz. Mlanren als SeifenerlatL. — Natur und Kunst im Wettbewerb. — Während die Seife gemeinhin nur als ein Kunstprodukt betrachtet wird, hat in Wirk lichkeit auch auf diesem Gebiete die Natur das menschliche Können seit jeher übertroffen. L^ume erzeugt. Wie immer dem sein mag, Tatsache ist, daß eine derartige Abkochung der Seijenwurzel sich besonders zum Waschen empfindlicher Stoffe, auch zum Reinigen von Silber und Gold besser eignet als Seife. Gleichfalls bei uns bekannt ist die Abendlicht nelke oder das falsche Seifenkraut. Sie unter scheidet sich von dem echten Seifenkraut durch eine starke weißliche Behaarung, bei ihr ist die seisenartige Eigenschaft ausschließlich der Wurzel eigentümlich. In Spanien, Griechenland und im Orient war schon in alter Zeit die seifenartige Eigen- fchajt einer Pflanze bekannt, die in jenen Ländern häufig wild wächst und Gipskraut heißt. Auch bei uns gibt es Gipskräuter, die aber nicht diese Eigenschaft besitzen. Neben den Bestandteilen der Seifenwurzel enthält das Gipskraut noch Zucker, Eiweiß und ein gelbes, fettiges Weichharz, das mit bestem Erfolg zum Waschen benutzt werden kann. Dieses Weich harz findet sich aber abweichend von den bisher genanntcu Pflanzen nicht hauptsächlich in der Wurzel, sondern in den Blättern. Eine Pflanze, deren seisenartige Eigenschaft schon den alten Griechen bekannt war, ist eine besondere Art der Gattung Löwenblatt, I-eontios Usouto- pstalum, der in großer Menge in der Wurzel enthaltene Seifenstoff zeichnet sich durch seine milden Eigenschaften aus und wird darum zum Zum Besuche des Reichs- Kanzlers an der Westfront. Reichskanzler Dr. Michaelis hat be kanntlich vor einiger Zeit an der West front geweilt, um sich durch eigenen Augenschein von dem Stand der dortigen militärischen, verwaltungstechnischen, poli tischen und sozialen Verhältnisse zu über zeugen. Bei dieser Gelegenheit traf er auch mit unserem bewährtesten Kampf flieger, dem Rittmeister Freiherrn von Richthofen, zusammen. Wenn eZ irgend etwas geben könnte, was unser Siegcs- bewutztsein und unseren SiegcSwillen noch steigern und kräftigen könnte, so muß cs eine Unterredung mit einem jo erfolg reichen Kämpfer sein, wie es der Ritt meister Freiherr v. Richthofen ist, der ungezählte Male unerschrocken dem Tode ins Auge sah. Aber auch sonst hat der Reichskanzler neue Eindrücke ewpfangen, die ihn an unserem endgültigen Siege nicht zweifeln ließen. Fast in allen Ländern der Erde sind Er zeugnisse des Pflanzenreiches zu finden, die unsere Kunstseise nicht nur zu ersetzen ver mögen, sondern ihr auch manchmal bedeutend überlegen sind. Unter diesen Pflanzen ist in Europa am meisten das Seifenkraut, auch Seisenwurzel ge nannt, verbreitet, das in großer Menge an Wegen, in Hecken, an Bächen und Flüssen in sandigen Gegenden wächst. Das Seifenkraut blüht in ziemlich großen dreiteiligen Büscheln mit weißlichen, angenehm riechenden Blumen vom Juli bis September. Die selbst in ge trocknetem Zustand ziemlich schwere Wurzel ist lang, vielfach wie eine zweizackige Gabel ge teilt und vön rötlich brauner Färbung. Sie besteht aus Gummi, einigen unwesentlichen Stoffen und 33 Teilen eines eigentümlichen Extraklivstoffes, der ihr einen kratzenden Ge schmack verleiht. Wenn man das Kraut und namentlich die Wurzeln dieser Pflanze längere Zeit mit Wasser kocht, erhält man ein Produkt, das beim Schlagen eine Art Seifenschaum gibt, der bedeutender wird, wenn man fettige Teile hinzufügt. Welchem Stoff die Seisenwurzel diese sonder bare Eigenschaft verdankt, konnte noch nicht einwandfrei festgestellt werden. Nach Ansicht des Forschers Osborn enthält die Wurzel des Seifenkrautes eine klebrige, gummiartige Materie, die mit Fett und Wafser zusammen eine Emulsion bildet, welche starke seisenartige Waschen von Kaschmirsachen und anderen sehr fein gefärbten Geweben gebraucht, denen die Kunstfeife leicht schaden kann. In Ostindien, Asien und Amerika begnügt man sich nicht mit kleinen Seiienpflanzen, sondern man kennt dort den sog. Seifenbaum, dessen kirschgroße Steinfrüchte ein Fleisch oder Mark haben, das von klebriger, seisenartiger Konsistenz ist und ohne irgendwelche Zubereitung sofort als Seife verwendet werden kann. Diesem Vorzug steht leider der Nachteil gegenüber, daß das Fleisch durch seine Schärfe die Wäsche mehr angreift, als dies bei der Kunstseife der Fall ist. Mit den aufgezählten Gewächsen ist zwar nur ein Bruchteil der als Seifenersatz in Betracht kommenden Pflanzen genannt, doch sind sie die einzigen, die den seifenartigen Stoff in genügend großen Mengen enthalten, um eine technische Verwendung zu gestatten. Im Hinblick auf die heutige Seifennot wäre es ratsam, sich mit der Verwertung dieser Pflanzen näher zu befassen. Gericktsballe. Aschaffenburg. Die Strafkammer hat den ehemaligen Bankprokuristen Adam Eiter des Bank hauses Fleischmann und Theobald in Aschaffenburg wegen Betrug?, Unterschlagung, Diebstahls und Untreue zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Halle a. S. Schon wieder stand wegen Treib riemendiebstahls ein Kleeblatt vor Gericht, drei polnische Arbeiter. Maticzuk, die Seele des Unter nehmens, bewog im Verein mit Wilczinski den ans dem Rittergute Hohenthurm beschäftigten Wander, einen Treibriemen im Werte von 1900 Mark zu entwenden. Maticzuk wurde zu 1 Jahr Gefängnis, Wilczinski zu 8 Monaten und Wander zu 6 Monaten Geiängnis verurteilt. Vermischtes. Hunde im Zolldienst. Nachdem die Hunde im Verlauf des Krieges in immer größerer Zahl und für einen immer ausgedehnteren Pflichtenkreis zur „Arbeit" im Felde heran gezogen wurden, werden sie jetzt auch dem Zivildienst einverleibt. Der neueste Beruf für Hunde ist der eines HilsSzollwächterS, und zwar werden jetzt vielfach deutsche Schäferhunde von den Grenzzollbeamten als Diensthunde ver wendet. Gewählt wurden für diese Zwecke die Schäferhunde und neben ihnen die Airedale- Terrier hauptsächlich darum, weil diese beiden Rassen Schnee und Kälte, wie überhaupt alle Unbilden der Witterung am besten vertragen. Dies ist wichtig, da die Hunde im Zolldienst bisher hauptsächlich an der tirol-bayrischen und böhmisch-bayrischen Grenze eingejührt wurden. Die teure Zeit! Eine Bauersfrau, die regelmäßig in die Stadt zu fahren pflegt, um dort ihre Erzeugnisse zu verkaufen, hat die Ge wohnheit, nachdem sie ihre Ware losgeschlagen hat, in den Stadtläden allerlei Dinge zu kaufen, die auf dem Lande nicht erhältlich sind. Als sie eines Tages verhindert war, selbst zu fahren, wurde sie von ihrem Manne vertreten, der die Sache indes, wie er beim Nachhausekommen erzählte, ziemlich schwierig fand. „Weißt du, Mutter," sagte er, „dort drin ist es. ja schauder haft teuer. Gibt eS denn gar keine Geschäfte, wo eS etwas billiger ist?" — „Nein, Vater," antwortete die Bäuerin. „Die sind mir nicht vorgekommen. Es gibt wohl Läden, wo sie mehr nehmen als in anderen, aber solche, wo sie weniger nehmen — nein, wirklich, die gibt es nicht." Die Petroleumkanne nnter Rosen. Wie Kopenhagener Blätter berichten, konnte sich der bekannte dänische Schriftsteller Henrik Pontoppi dan, der vor kurzem die Feier seines 60. Ge- bnristageS beging, an einem wirklich zeitgemäßen Geburtstagsgeschenk ersreuen. Von den zahl reichen Geschenken, die dem Dichter an diesem Tage zugingen, erfreute ihn am meisten eine unter Rosen verborgene — Kanne Petroleum. Der Dichter hatte einige Zeit vorher in einem Kreise von Freunden die Befürchtung aus gesprochen, daß er in seinem ländlichen Wohn orte Snekkersten bei Kopenhagen, der weder mit GaS noch mit Elektrizität versorgt ist, im Winter aus Mangel an Beleuchtung in der Arbeit be hindert werden würde. Daraufhin hatte ihm ein Verehrer feiner Kunst diese hochwillkommene Geburtstagsspende zukommen lassen, die einen besonderen Wert besitzt, weil bei den überaus geringen Petroleumvorräien, über die Dänemark gegenwärtig verfügt, der kostbare Brennstoff für den Hausbedarf nicht mehr geliefert wird. Eine gern erfüllte Bitte. Ein Londoner Kaufmann namens Kennedy wurde eingezogen und heftete vor seinem Abmarsch an die Türe seines geschlossenes Ladens solgendes Plakat: „Der eingezogene Besitzer hofft, daß seine Kundschaft treu bis zum Frieden warten wird, um ihn dann wieder mit Aufträgen zu beehren." Man wird diesen Wunsch gern erfüllen: Herr Kennedy ist nämlich — Sarghändler. Goläene Morte. Einen Menschen lieb haben, ist immer Glück. Mag es trügerisch fein und voller Dornen: Glück ist es doch. Hanns v. Zobeltitz. Der Mensch wirkt alles, was er vermag, auf den Menschen durch seine Persönlichkeit, die Jugend am stärksten auf die Jugend; und hier entspringen auch die reinsten Wirkungen. Goethe. Man sprich! viel zu leichtfertig vom Lachen in der Welt; ich halte es sür eine der ernst haftesten Angelegenheiten der Menschen. Wilhelm Raabe. ! — . > und meldete die Ankunft der Braut mit ihrem Begleiter. Der Justizrat eilte hinaus, langsam folgte Alexander und blieb vor dem Altar mit gesenktem Haupte stehen. Schritte, da? Rauschen von Frauenkleidern ertönten; der Pfarrer trat vor den Altar; der Kantor spielte einen Choral in gedämpfter Ton art auf der Orgel. „Herr Graf . . erklang die Stimme des Justizrats. — Alexander sah auf und erblickte eine hohe, schlanke, jugendliche Frauengestalt vor sich stehen, ganz in Schwarz gekleidet, einen einfachen schwarzen Federhut auf dem Haar, das Gesicht hinter einem schwarzen Schleier verborgen. „Fräulein Margarete Garnier, Herr Graf," sagte der Justizrat. „Wollen Sie der Dame den Arm reichen . . . Die heilige Handlung wird sogleich beginnen. . ." Alexanders Gesicht war weiß wie Marmor, er bebte, und auch durch die schlanke Gestalt der Dame schien ein Zittern zu gehen. »Darf ich bitten, näher zu treten," sagte der Geistliche saust. Mit gewaltsamer Anstrengung raffte sich Alexander auf und bot Margareten den Arm. Ihrs schmale, schwarz behandschuhte Hand zitterte heftig, als sie sich leicht auf seinen Arm legte. So standen sie vor dem Altar deS Herrn mit gesenktem Haupte und bleichen Wangen. Hörten sic, was der Geistliche sprach? Ver standen sie die Worte seines Gebetes, das den Wegen des Himmels auf ihre Ehe herabflehte? Hörten sie seine ernste Mahnung, daß der all mächtige, allwissende Gott in die Herzen der Menschen sieht, daß vor ihm keine Falte der Seele des Menschen verborgen ist, und daß er richten wird nach dem, was er in unserem Herzen geseheu, richten und strafen, aber auch richten und verzeihen in seiner allumfassenden großen Güte? Hörten sie diese Worte und verstanden sie die ernste Mahnung? Oder rauschten sie an ihren Ohren und Herzen vorüber, wie das Murmeln des Baches da draußen, wie das Säuseln des Windes, der die Regentropfen von den Blättern schüttelte? Einmal schien cs, als wenn Margarete leise anischluchzte — als wenn sie den Schleier zurnckschlagen wollte, um den Mann an ihrer Seite ihr blasses, trünenüberströmtes Antlitz zu zeigen — einmal schien es, als wollte sich ihre Hand fester auf seinen Arm legen — als wollte sie ihre Schulter an seine Schulter lehnen — doch da sah sie in sein blasses, von einem finsteren Trotz verdüstertes Gesicht, sie sah, wie er trotzig, mit finsteren Augen vor sich nieder starrte. — Da unterdrückte sie das Schluchzen, da preßte sie die freie Hand fester auf das heftig pochende Herz, da vergrub sie die Zähne in die Lippen und stand ebenso starr und regungslos wie er vor dem Altar des Herrn. Die kurze Feier endigte mit einem Gebet. Dann nahm der Geistliche die Ringe, steckte sie den Neuvermählten an die Finger, legte ihre Hände zusammen, legte seine segnende Hand auf ihre Hände und sprach feierlich: „Was Gott zusammcufügt, das soll der Mensch'nicht scheiden — nichts soll euch trennen, es sei denn der Tod . . ." Da schauerten sie beide zusammen und rm- willkürlich schmiegten sich ihre Hände inniger ineinander. Alexander war es, als sollte er sich Mar gareten zu Füßen Iversen und ihre kleine, schmale, weiße Hand küssen und sie bitten: „Bleibe bei mir . . Er sah sie an — er glaubte ihrem Blick zu begegnen, der seinen Augen warm und sanft entgegenstrahlle — er sah ihr goldiges Haar, das von der eben die Wolken durchbrechenden Sonne umglüht war — und der Wunsch quoll heiß in ihm empor, die schlanke, erschauernde Gestalt in seine Arme zu schließen. Da trat die hohe Gestalt des fremden alten Herrn, der sich bis dahin in dem Hintergründe gehalten hatte, zu ihnen. „Die Zeremonie ist beendet," sprach er und sein Blick streifte nicht ohne Interesse das blasse erregte Gesicht Alexanders. „Darf ich bitten, mein Kind ..." und er reichte ihr den Arm, um sie sortzusühreu. Alexander stand wie zu Stein erstarrt. Er sah den Davonschreitenden nach und sah, wie sich Margarete noch einmal umwandte, und glaubte, eine leise innige Steigung ihres Hauptes, als letzten Gruß, zu bemerken. Dann ward es ihm dunkel vor den Augen und er wäre nicdergestürzt, wenn ihn der Jnstiz- rat nicht mit kräftiger Hand ausrechterhalten Hütte. erstaunt, als er einen langen Brief des Grafen mit einer Instruktion seines Verhaltens für einige Wochen, die der Graf noch fortbleiben wollte, erhielt. „Lassen Sie alles in guten Stand setzen," schrieb er. „Es ist in den letzten Jahren manches verfallen, so muß daS Dach der langen Scheune noch vor der Ernie repa riert werden, die Pserdeställs und die Stallung sür daS übrige Vieh sollen ebenfalls instand gesetzt und das Hoftor erneuert werden. Den Hof können Sie neu pflastern lassen. Sie klagten einmal über Mangel an Arbeitspferden, Sie können in Königsberg ein Gespann kaufen, vielleicht auch einige Zugochsen, der Viehstand muß überhaupt wieder mehr gehoben werden, wir sprechen nach «reiner Rückkehr noch darüber. Und noch eins: Die Ernte wird nicht wieder, wie die letzten Jahre, auf dem Halme ver kauft, sagen Sie das dem Kornhändles, wenn er anfragen sollte. Zur Deckung der notwendigen Ausgaben sende ich Ihnen eins Anweisung auf die Ostprdußnche Kredit bank in Königsberg über 10 600 Mark, welche Sie nach und nach abheben können. Später werden Sie mir über die Verwendung Rechnung legen. . Dem alten Inspektor war vor Schrecken die lauge Pfeife ausgegangen. Sprachlos betrachtete er die Anweisung von allen Seiten und glaubte zu träumen. „Na, was ist denn, Karl?" fragte seine Frau, eine rüstige Fünfzigerin, die an dem Fenster saß und strickte. „Was schreibt der Herr Graf? 3. ! Kommt er bald zurück?" Juspelior Karl Petersen aus Einödt war sehr I sr« s - (Forlfesuna solat.'
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