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Allgemeiner Anzeiger : 03.10.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-10-03
- Sprache
- Deutsch
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- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
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Monat
1917-10
- Tag 1917-10-03
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Monat
1917-10
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 03.10.1917
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/ „Vesannexionen". Die Ansprüche unserer Feinde haben sich seit Kriegsbeginn stark gewandelt. Nicht nur i» den ersten Kriegswochen, als unsere Feinde wegen ihrer zahlenmäßigen Übermacht auf einen schnellen und sicheren Sieg hofften, sprachen sie nur von „Zerstückelung Deutsch lands", von „Zerschmetterung der deutschen Wehrmacht", von „Vernichtung der deutschen Wirtschaftsmacht" und anderen deutschen Ein richtungen, sondern auch nach Ablauf der ersten zwei Kriegsjahre konnten wir dieselbe Melodie noch vernehmen. Damals 'war die Hoffnung auf Aushungerung des deutschen Volkes noch groß unter ihnen. Als nun unser erstes Friedensangebot kam, das ani Grund unserer siegreichen Stellung auf allen Fronten gemacht wurde, kannte der Spott unserer Feinde keine Grenzen. Zwar verstand kein vernünftiger Mensch in der ganzen Welt, woher die auf allen Fronten geschlagenen Mächte den Mut hernahmen, so dreiste Reden zu führen, zumal man hätte annehmen müssen, daß sic die hingestreckte Friedenshand des Siegers mit Freuden ergreifen würden, aber der Vielverband hatte wohl immer noch die stille Hoffnung auf allmähliche Zer- reibung unserer Macht, durch die er in die Lage gekommen wäre, nach Herzenslust seiner Raub gier zu frönen. Denn darüber darf man sich nicht im unklaren sein, daß unsere Feinde un erbittlich und rücksichtslos den viel besprochenen „Nationalitätengedanken" mit Gelächter abgetan hätten, wenn sie in derselben siegreichen Lage gewesen wären, in der sich unser Heer befindet. Immerhin sind besonders seit der russischen Revolution die Ansprüche unserer Feinde recht bescheiden geworden. Von „Zerschmetterung" und ähnlichen Scherzen ist nicht mehr die Pede. Auch „Eroberungen" werden nicht mehr be handelt. Dafür hat man das schöne Wort .Desannexionen" ersnnden. Mit diesem Wort soll Deutschland gezwungen werden, Elsaß- Lothringen wieder hcrauszugeben. Wenn wirk lich bei unseren Feinden der ausrichtige Wille zu Desannexionen lebt, dann dürfte das englische Reich nach Friedensschluß nur noch einen Bruchteil des alten Bestandes betragen, da fast das ganze Imperium zerfallen würde. Aber England denkt natürlich nicht daran und hat alle humanen Phrasen nur für die Feinde aufbewahrt, die mit dem Ole der Scheinheiligkeit übergossen werden. Selbst legt es keinen Wert auf „Des annexionen", will vielmehr mehrere Völker von der „Knechtschaft" befreien, die diese bisher noch gar nicht empfunden haben. Unsere Worte über den künftigen Frieden sind dagegen ehrlich gemeint und haben nicht die hinterhältigen Gedanken, die wir bei unseren Feinden auf Schritt und Tritt wahrnehmen können. Unter diesem Gesichtspunkt wird man unsere Antwort auf die Friedensnote des Papstes und die Antworten unserer Feinde gegen einander abwägen müssen, wenn man feststellen will, welche Erwartungen für den Abschluß eines schnellen Friedens man an diese Schriftstücke knüpfen kann. Diele Frage beschäftigt heut alle Welt in erster Reihe, nicht nur die krieg führenden Völker, sondern auch die neutralen. Aus der Antwort Deutschlands wird man unsere aufrichtigen Bestrebungen zur Herbei- jührung eines gerechten Friedens erkennen, der uns die notwendigen Lebensmöglichkeiten läßt. Wilson hat mit seiner Antwort schon gezeigt, daß ihm ganz andere Dinge am Herzen liegen als die Herbeiführung des Weltfriedens, von dem er schon monatelang schwatzt. Seine Ab sicht, das deutsche Volk mit seinem Kaiser zu verfeinden, wird ihm nie gelingen. Frankreich redet von „Desannexionen". England stößt in ein ähnliches Horn. Man wird darum dieser Tonart unserer Feinde allein die Schuld bei messen müssen, wenn das nutzlose Morden Weiler geht. , Im Vatikan ist man hoffnungsvoll. Wie in säst allen neutralen Blättern, kommt auch in der Presse des Vatikans die Genug tuung über die deutsche Note zum Ausdruck. Das maßgebende Blatt, der .Osservatore Ro- s mano', erklärt, daß man im Vatikan beim Studium der Note zu der Ansicht gelangt ist, die Antwort enthielte manches, was als Zugeständnis an die päpstlichen Vorschläge ausgelegt werden könne. Es ist deshalb zu erwarten, daß der Papst seine Friedens bemühungen an Hand der ihm gewordenen Mit teilungen sortsetzen wird. Amerika setzt die Hetze fort. Nach einer Neulermeldung läßt das Staats- departement der Ver. Staaten deutlich erkennen, daß die Antwort der Mittelmächte keinen Anlaß gebe zu irgendwelcher Änderung in den Ab sichten und Zielen Amerikas oder seiner Krieg führung oder zu schließlichem Friedensausgleich. Die Anschauung der Presse fäßt die.World' zusammen in die Sätze: In den Noten Deutsch lands und Osterreich-Ungarns an den Vatikan befindet sich keine neue Tatsache. Es hat sich nichts geändert. Jeder Tag bringt neue Beweise von dem verbrecherischen Charakter der gegen wärtigen deutschen Regierung in allen ihren auswärtigen Beziehungen. Freund und Feind sind in gleicher Weise Opfer seiner organisierten und systematischen Verräterei. Und da die Re gierung weiterbesteht, so gibt es keine Grund lage, auf der Frieden geschlossen werden und keine Grundlage, auf der man in Friedensunler handlungen eintreten könnte. Stimmen des Vierverbandes. Während die russische Presse in ihrem Urteil über die Antwort der Mittelmächte sehr zurück haltend ist, mehren sich die durchaus ablehnenden Stimmen aus Frankreich. In England dagegen gibt es verschiedene führende Organe, die der Ansicht sind, daß sich auf Grund der Noten aus Wien und Berlin möglicherweise weiterbauen lasse. Ihre Stimmen sind aber vereinzelt. Am tollsten gebärdet sich die italienische Presse. Sie verhält sich gegenüber den Antwortnoten der Mittelmächte noch schärfer ablehnend als die übrigen Verbandsblätter. Der ,Corners della Sera' überschreibt seinen Artikel „Eine Ant wort, die nicht antwortet" und nennt die Note ein Getändel mit Phrasen voller Vorbehalte. Der,Popolo d'Jtalia' bezeichnet die Note als eine zynische Antwort. Der ,Secolo' findet, daß die Worte „Heilung des kranken Körpers der menschlichen Gesellschaft durch moralische Gewalt" im Munde des Kaisers Karl und Michaelis' an das Groteske streifen. verschiedene Rriegsnachrichten. Das Handels-N-Boot „Deutschland" im Kriegsdienst. .Hamburger Fremdenblatt' meldet aus Rotter- dam: Wir entnehmen dem Maasbode': Ein aus Schweden zurückgekehlter Holländer hat einem Berichterstatter des .Scheepvaart' in Imuiden mitgeteilt, erhübe von einem deutschen Seeoffizier vernommen, daß das Handels« U - Boot „Deutschland" nach feiner letzten Rückkehr aus Amerika in den Kriegsdienst ge stellt worden sei. Das genannte deutsche Boot müßte dieser Tage in einem deutschen Hafen von einer Kreuzfahrt in den australischen und südafrikanischen Gewässern zurückgekehrt sein, in denen es verschiedene Schiffe zum Sinken gebracht habe. * Was Belgien an Kriegsentschädigung fordert. Der belgische Sozialistensührer und Minister Vandervelde hat dem Vertreter eines Londoner Blattes seins Ansichten über die Frage der Kriegsentschädigung Belgiens milgeleilt. Die Kriegsentschädigungen müssen nun einmal die Zurückerstattung der Kriegskontributionen um fassen, die ungefähr zweieinhalb Milliarden Frank ausmachten. Der Ersatz für die Roh stoffe, Maschinen, Ticrbestände usw. würde ebenfalls zweieinhalb Milliarden betragen. Für die Zerstörungen der Städte und Dörser, Straßen und Felder müßten 10 Milliarden gefordert werden. Das gebe zusammen 15 Mil liarden Frank. In England erkennt man die Wirkung des U-Voolkricgcs. .Daily Mail' verlangt angesichts der Fort dauer des Tauchbootkrieges nach fähigeren Köpfen in der Admiralität. Unter dem Hin weis darauf, daß der intensivere Tauchbootlrieg eigentlich schon im vorigen Oktober begann, schreibt das Blatt: Nach säst einem Jahre ist die Lage die nämliche. 4000—5000 Kriegs schiffe und Wach tboote der Verbands mächte versuchen sich gegen 50—60 Tauchboote zu verteidigen. Denn dieses dürfte die ungefähre Zahl der zum gegebenen Zeitpunkte in See befindlichen Tauchboote sein. Die Admiralität hat selbst zugegeben, daß es recht ist, sie nach ihren Ergebnissen zu richten. Das Ergebnis ist regelmäßig dis Versenkung von wöchentlich 12—20 britischen Großschiffen, während wir von Zeit zu Zeit zu hören bekommen, daß das unvermeidlich ist. daß selbst Nelson nichts Besseres tun könnte und daß es keine besondere Kur dagegen gibt. Wenn das tatsächlich unvermeidlich ist und eS keine besondere Kur dagegen gibt, dann wäre auch Admiral Scheers neulicher Ausspruch eine höchst unliebsame Wahrheit, nämlich folgendes: „Bei Fortgang des gegenwärtigen Tempos der Ver senkungen kann ein Kind einsehen, daß der Tag kommen muß, an dem England klein beizu geben hat." Aber ist dieses eherne Gesetz eine unabweisliche Notwendigkeit, daß die Verluste wettergehen müssen? Rußlands Rriegrvorberettungen. Der russische Kriegsminister Suchomlinow hat die Mobilmachung gegen Deutschland seit Jahren betrieben. Eine ruffische Verfügung be sagte bekanntlich, daß Mobilmachung gegen Deutschland gleichbedeutend mit Krieg sei. Den Augenblick, in dem er nach Übereinkunft mit Frankreich und England ausbrechen sollte, be reiteten die Probemobilmachungen vor, deren Er finder Suchomlinow war, und ihm dienten die mannigfachen sonstigen Maßnahmen, namentlich in den Grenzgebieten, über die jetzt, nach der Einsetzung einer deutschen Verwaltung, Aussageen und Archivfunde reichlichen Aufschluß gebracht haben. So fand sich im Bericht des Kreis chefs von Kelo vom Ministerium des Innern eine Verhaltungsmaßregel vom 8. Dezember 1912 an den Präsidenten der Stadt Kalisch und die Bürgermeister der Städte dieses Gouvernements im Falle eines Krieges. Der frühere Gerichtssekretär Radzik in Sochaczew bekundet, im Dezember 1913 sei beim dortigen Gericht ein Geheim befehl aus Warschau eingetroffen, in welchem die Gewichtsangabe der fortzuschaffenden Akten gefordert wurde. Gleichzeitig mußte jeder Gerichtsbeamte angeben, wo er sich im Falle eines Krieges aufhalten würde. Ein solcher Besehl sei früher niemals gegeben worden. ^eicknet clie siebente I^riegsanleike! In ähnlicher Weise berichtet der frühere russische Steuerinspektor zu Kalisch, Drescher, im Jahre 1913 und nochmals Ende April 1914 sei bei sämtlichen Amlern angefragt worden, wieviel Fuhrwerk usw. nötig sei, um das behördliche Eigentum und die Beamten selbst nebst ihren Familien wegzuschaffen. Auch sonst ist innerhalb der russischen Beamtenschaft eine Art Mobilmachung zu erkennen gewesen. Der Magistratsbeigeordnele Moritz Rosenberg in Ciechanow bekundet folgendes: Anfang Mai 1914 wollte der Kreischef von Ciechanow, Suckow, wie in den Jahren 1912 und 1913 einen Urlaub nach dem Kaukasus antreten und hatte schon alle Reisevorbereitungen ge troffen, u. a. sich von diesem Rosenberg 600 Rubel zur Reise geborgt. Plötzlich erzählte er ihm unter dem Siegel größter Verschwiegen heit, er habe vom Gouverneur die Er laubnis nicht bekommen, weil „es nach Krieg riecht". Der Altenhefter Sysmanowiez zu Ciechanow hat jenen Geheimbrief deS' Gouverneurs heimlich geöffnet und bestätigt nun, daß ein Krieg mit Deutschland der Grund sür die Ablehnung des Urlaubs gewesen sei. Dieser Be scheid war sormnlarmäßig gehalten und in Druck schrift ausgefertigt. Offenbar wurde also damals ' höheren Beamten Urlaub grundsätzlich verweigert. Anfang 1914 sind sämtliche Kreischefs deutscher Abstammung aus dem Grenzgebiete in das Innere Rußlands versetzt worden, so z. B. der Kreischef von Mlawa, Baron Kluhmann, der sich vergeblich um Belassung auf seinem bis herigen Posten bemühte. Anfang 1914 ist die Ausweisung der deutschen Bevölkerung aus dem Bereiche der Festung Modlin erfolgt. Zur Räumung des Kofferschlosses in Sliernewice wurden bereits im Juni die ersten Maßnahmen getroffen und mit der Versendung der Wertgegenstände nach Petersbmy und Moskau begonnen. Diese nicht besonvers be gründete Maßnahme kann schlechterdings keine andere Erklärung finden als durch die bestimmte Voraussicht eines Krieges mit Deutschland. Poliliscke Krmäsckau. Deutschland. * König Ludwig von Bayern, an den der Papst eine mit der an die deutsche Regierung gleichlautende Note richtete, hat dem Papst in einem Antwortschreiben die tiefste Ver ehrung sür seinen Friedensschritt ausgedrückt. Das Schreiben weist dann ganz im Sinne der Reichskanzlernote den vom Vierverband er hobenen Vorwurf zurück, daß die deutschen Fürsten und Völker den Krieg herbeigeführt hätten. Der König spricht schließlich dem Papste die Hoffnung aus, daß seine Friedens bemühungen von Erfolg begleitet sein nrögen. * Der Kaiserin, dem Reichskanzler, dem Reichstagspräsidenten und dem Generalfeld marschall v. Hindenburg ist eine Kund gebung der deutschen Frauen gegen Wilson übersandt worden, in der es u. a. heißt: „Die unterzeichneten Frauen verbände Deutschlands vereinigen ihre Stimme mit der deS ganzen deutschen Volkes in schärfstem Protest gegen die Antwort des Präsi denten Wilson auf die auch von den deutschen Frauen dankbar und hoffnungsvoll ausge nommene Friedensnote des Papstes. Diese Antwort wird auch von den deutschen Frauen als unerhörte Anmaßung empfunden." Die Kundgebungen sind von 120 Frauenvereini gungen und -verbänden beruflicher oder sozialer Art unterschrieben. Schweiz. * Seit einiger Zeit werden in der Schweiz immer häufiger KriegSbefürchtungen geäußert. Den Anschauungen der leitenden politischen Kreise gab dieser Tage der Leiter des Eidgenössischen Jnlandgetreide - Amtes, Negie rungsrat Tanner auf einer Versammlung von Gemeindevertretern in Liestal folgenden Aus druck: „Wir können auf den Tag ans rechnen, wie die verfügbaren Getreidevorräle, zusammen mit der in der Schweiz gepflanzten Broffrucht ausreichen und wann der Moment kommt, wo es mit unserer wirtschaftlichen Selb ständigkeit vorbei ist und wir in den Krieg eintreten müssen." Rnstl««V. *Der Kampf um die Macht scheint sich jetzt der Entscheidung zu nähern. Dis radikalen Elemente (Bolschewiki), deren Anhang wächst, wollen offenbar Kerenski zum Rücktritt zwingen, um ein rein sozialistisches Kabinett zu bilden. Die Entscheidung muß in diesen Tagen auf der allgemeinen demokratischen Konferenz in Petersburg fallen. — Das in Moskau er scheinende .Rußkoje Slovo' meldet von der Südwestfront, daß dieStimmung unter den Truppen aufs äußerste gereizt fei. Am 8. September sei General Hirschfeld und der Kommissar der vorläufigen Negierung Lindo ermordet worden. Am 9. September sei in der vordersten Stellung der Divisionskommandeur General Stefanowitsch tödlich verwundet worden von Soldaten, die wie immer, unerkannt ent kommen seien. Vas K.ät1el seiner bke. Roman von LudwigHassc. H „Wollen Sie mit uns zu Abend essen?" „Ich möchte lieber dem Herrn Grasen Gesell schaft leisten." „Wie Sie wollen. — Auf Wiedersehen denn morgen früh." Er reichte dem Justizrat die Hand, der sich dann entfernte und eine Treppe höher Hinaus stieg und an eine Tür klopfte. „Herein!" rief eine Stimme. Der Justizrat trat ein. „Da bin ich wieder, bester Herr Graf. . Alexander, der im Zimmer auf und ab ge schritten war, blieb stehen. „Nun?" fragte er. Der Justizrat zuckte die Achseln. „Ich hab' -S nochmal versucht, vergebens — es bleibt bei den früheren Bestimmungen." „Ich möchte am liebsten noch jetzt zurück- trelen," sprach er mit dumpfer Stimme. „Es ist schmählich . . ." „Sie können nicht mehr zurück, Graf Callenberg I Sie haben Ihr Wort verpfändet." „Ich war wahnsinnig!" „Wollen Sie dis alten Bedenken wieder hervorsuchen, lieber Graf? — Was nützt es jetzt noch?" „Ja, was nützt es jetzt noch — Sie haben recht," sagte Alexander mit bitterem Lachen. „Wer A sagt, muß auch B sagen, und wer sich dem Temel verschworen hat, muß den Kontrakt f kAilrw kostet es auch seiner. Seelx.Seligkeit s f „Liebster Graf . . ." „Ja — ja, Herr Justizrat, ich weiß, was Sie sagen wollen. Und nun lassen Sie uns ^eute abend nicht mehr über die Geschichte sprechen ... wie sah übrigens meine zukünftige Gemahlin ans?" „Fräulein Garnier sah blaß und leidend aus." „Werde ich sie sehen?" „Nein. . ." „Auch gut. — Ich wollte, ich könnte mich auch verschleiern. — Jetzt möchte ich übrigens an meinen alten Inspektor einen Briel schreiben, den Sie mir wohl von Berlin aus besorgen?" „Gewiß — sehr gern. Wollen Sie nicht mit mir nach Berlin zurückkehren?" „Ich werde noch einige Zeit in England bleiben. Ich muß mich erst in meinen neuen Stand hineinfinden, ehe ich mich meinen Leuten wieder zeigen kann. Adieu, Herr Justizrat, auf Wiedersehen beim Souper. . ." Während des Abendessens war Graf Alexander sehr aufgeräumt und gesprächig. Aber seins Lustigkeit war ° eine gezwungene und krampfhafte: öfter mußte er ihr durch ein Glas Wein nachhelfen, daß ec nicht in trübes, düsteres Schweigen versank. Er erzählte von seinen Leutnantsstreichen und lachte ost so laut, daß sich die andern Gäste in dem Speisesaal er staunt nmsahen. Es waren übrigens nur einige Handels reisende und ein Gutspächter ans der Umgegend da, die heute mit dem Londoner Schnellzug angekommenen Fremden speisten auf ihrem s Zimmer. Spät in der Nacht trennten sich ?Graf Alexander und der Justizrat. Alexander hatte stark getrunken. Er wollte sich betäuben. Er wollte wenigstens während der Nacht von den quälenden Gedanken be freit sein. Dennoch ging er noch lange in seinem Zimmer aus und ab, einem Gefangenen gleichend, der vergeblich auf Rettung sinnt. Endlich warf er sich angekleidet auf das Bett und verfiel in einen bleiernen Schlaf. Ein trüber, dunstiger Sommermorgen lag über der Erde, als Alexander mit dem Justiz rat in den Wagen stieg, um nach North- Finchley zu fahren. In der Nacht war ein starkes Gewitter niedergegangen; auf den Straßen standen die Wassenlachen u.nd das Laub der Bäume und Büsche hing schwer vom Regen nieder. An jedem Grashalm, an jeder Blume glänzten die Wassertropfen, und ein feuchter Dunst hing in der Luft, das Helle Sonnenlicht verdunkelnd. „Ein trübseliger Morgen," sagte Alexander, „der einem die Stimmung ordentlich verderben kann." „Hinter Wolken scheint die Sonne," ent gegnete sein Begleiter lächelnd. „Sie wird den Sieg über den Nebel davon tragen." „Wer weiß . . ." erwiderte Alexander ein silbig. Schweigend erreichten sie North-Finchley und die kleine Dorskirche, die malerisch zwischen hundertjährigen Ulmen auf einem mäßigen Hügel lag. Hier hatte einst eine stattliche Abtei ge standen, deren Trümmer jetzt noch zu sehen waren und der Gegend einen romantischen und pittoresken Anstrich verliehen. Der Hauptturm der Abtei ragte noch, wenn auch halb zerfallen, aus dem Grün der Bäume hervor und einzelne gotische Bogenfenster und Tore hatten sich noch erhalten, welche die Zeit mit Moos und Efeu überzogen hatte. Aus den Trümmern der Abtei waren di kleine Kirchs und das Pfarrhaus erbaut. Der Pfarrer, ein alter Laudgeistlicher, empfing den Grafen und seinen Begleiter an der Kirchenpforte und führte sie in die Sakristei. „Es ist eine ungewöhnliche Eheschließung, mein Herr," sagte er ernst, „welche Sie zu be gehen im Begriff sind. Doch ich habe nicht nach Ihren Beweggründen zn forschen, die ge setzlichen Bestimmungen sind erfüllt und ich kann nur den Segen Gottes auf Ihre Verbindung herabflehen." Alexander errötete und dankte dem würdigen Mann mit einigen hastigen Worten. Dann entfernte sich der Pfarrer wieder, u« die Braut mit ihrem Begleiter zu erwarten. „Ich ersticke!" stöhnte Alexander. „Es ist mir zu Mut, als würde ich zur Hinrichtung ge führt ..." „Ruhig, ruhig, liebster Graf. Sie stellen sich die Sache schlimmer vor, als sie in der Tat ist." „Wäre ich doch nie darauf eingegangcn l" „lind Einödt?" „Ah — der Besitz kann auch zum Fluch werden!* „Graf. . In diesem Augenblick lr«t der Küster em
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