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Allgemeiner Anzeiger : 14.11.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-11-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
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- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1917
-
Monat
1917-11
- Tag 1917-11-14
-
Monat
1917-11
-
Jahr
1917
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 14.11.1917
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(Inlere flrnäernkampfer. „Die Schlacht in Flandern lebte nach kurzer Unterbrechung gestern von neuem auf. — Im ganzen beträgt der mit schweren blutigen Opfern erkaufte feindliche Gewinn etwa V- Kilo meter Boden, überall sonst war sein Einsatz vergeblich." So stand es im Heeresbericht am 13. Oktober, so ähnlich lasen wir es in diesen drei Jahren immer und immer wieder. Und wie leicht liest sich das: „Die Angriffe wurden abgeschlagen." Achtlos gehen Tausende- in der Heimat an den Berichten der Obersten Heeresleitung vorbei, denken oder sprechen gar aus: „Wieder nichts Besonderes! Nur Angriffe abgeschlagen!" Der lange Krieg macht stumpf, und viele wurden sich gewiß schämen, wenn sie einmal vor Augen sehen könnten, welches Heldentum sie verkennen, ein Heldentum, dem gegen über die Taten der Spartaner bei Thermo- pylä, eines Roland bei Nonceval, ja alle, alle Heldentaten, die uns die Geschichte von Jahr tausenden überliefert har und die unsere Schul buben mit Recht bewundern, verblassen müssen. Es hat Leute gegeben, die da meinten, Kultnr und Fortschritt hätten das deutsche Volk ent nervt. Unsere Feldgrauen in der Flandern schlacht haben sie eines Besseren belehrt. Wer hat je gedacht, daß ein Mensch imstande sei, mehr als drei Jahre lang immer wieder ein Artillerie- feuer auszuhalten, dessen ungeheure, Sinne und Nerven zerrüttende höllische Gewalt keine Feder schildern kann? Zahlen, sagt man, sprechen eine beredte Sprache. Der englische Munitions minister Churchill erwähnte neulich im Parlament, daß der Munitionsverbrauch der Flaudernschlacht in einer Woche dem der gesamten Sommeschlacht entspräche. An einem Tage verschießen unsere Feinde an der Hauptkampffront, vorsichtig ge schätzt, die doppelte Zahl von Artilleriegeschossen, die das deutsche Heer im ganzen Kriege 1870/71 verbraucht hat, einschließlich der Be lagerungen! Dazu kommt noch, daß sich die Sprengkraft des einzelnen Geschosses ver vielfacht hat, die Zahl der großen Kaliber be deutend gestiegen ist, daß Gasgeschosse gefähr lichster Wirkung beigemischt zum Aussetzen der atembehindernden Maske zwingen, daß Schlamm, Nässe, Kälte, Hunger, Müdigkeit und die Er wartung des angriffsbereiten Gegners, die Schrecken des Todes und der Schmerzen ringsum an den zum Zerreißen angespannten Nerven zerren. Und trotzdem, trotz dieser Hölle auf Erden tut der deutsche Soldat eisern seine Pflicht. Er greift zu den Waffen, wenn der Gegner angreift, und verteidigt sich im Kampfe Manu gegen Mann. Er tritt auf den Befehl seiner Offiziere zum Gegenstoß an und wirst den Gegner aus seinen Stellungen hinaus. Wer findet Worte für solches Wunder, wie es nur die Liebe vollbringen kann, die Liebe zum Vaterlande, zu Weib und Kind und den Eltern daheim, die frei und glücklich leben sollen in aller Zukunft! Der Engländer verneigt sich vor der Größe deutschen Heldentums, nicht ein Gefangener, der nicht offen zugäbe, daß er solche Widerstandskraft nicht für menschenmöglich ge halten hätte. Die Truppen, die der Befehl der Heeres leitung zu Angriff und Sieg führt, sie danken dem Schöpfer stir ihr Glück. Keine Anstrengung ist zu schwer, kein Kampf zu heiß, wenn es gilt, den Feind zu schlagen und zu werfen. Winkt doch den Eroberern von Riga und Äsel und den Jtalieukümpfern unsterblicher Ruhm, und das Vaterland iubelt den stolzen Siegern zu. Vorwärts gehts und der Feind weicht! Schöneres kann es für einen Mann nicht geben. Für ein solches Ziel ist wahrlich kein Einsatz zu groß. Und in Flandern blutet und leidet das deutsche Heer, verteidigt mir schier übermensch licher Kraft jeden Fußbreit Boden gegen einen übermächtigen Feind. Ihm winkt kein strahlen der Sieg, keine Glocken läuten, keine Fahnen wehen, wenn in heißer, blutiger Schlacht der Ansturm der Wehrmacht fast des ganzen briti schen ' Imperiums an deutschem Wider stande zerschellt. Die Zeiten der Einzüge in eroberte Städte, der siegreichen Vormärsche sind hier längst vorüber. Die Kameraden in Ost und West verstehen einander; V, . meisten unter ihnen haben den Krieg auf beiden Fronten kennen gelernt. Zahllos sind die Zeichen der Anteilnahme des Ostheeres an den Kämpfen in Flandern. Aber schwer drückt auf unsere Soldaten im Westen die Gleichgültigkeit in weitesten Kreisen der Heimat, der Mangel an Verständnis sür das Große, was hier draußen geleistet wird, das Größte und Erhabenste, was deutsches Heldentum je geleistet hat. Erst die Geschichte wird den Ruhm der Kämpfer und Dulder von der Flandernsront in leuchtender Klarheit erstrahlen lassen. Die Heimat aber sollte, wenn auch der Tag mit seiner rauschenden Flut an gewaltigen Gescheh nissen und härtester Arbeit ihre Sinne gefangen nimmt, immer von neuem eingedenk sein, daß die eisenharte graue Mauer im Westen, an der die Stürme einer ganzen Welt von Feinden zerschellen, die Grundlage aller unserer militäri schen Erfolge auf anderen Kriegsschauplätzen und des vom Krieg verschonten friedlichen und ungestörten Lebens in den deutschen Landen ist. Nichts wird ausreichen, unsere Dankesschuld an die Helden, die in der zähen Verteidigung leiden und bluten und die im begeisterten Vorstürmen den Sieg erkämpfen, abzutragen! Uann der verband Italien helfen? Die Frage, ob der Verband Italien Hilfe bringen kann, beantwortet der .Notterdamsche Courant' folgendermaßen: Obgleich die Italiener am Jsonzo eine schwere Niederlage erlitten haben, ist es denkbar, daß sie sich am Taglia- mento halten werden. Die französische Presse hofft, daß dieser Fluß eine zweite Marne werden wird, und spricht von französischer und englischer Hilfe. Von einer solchen Hilfe ist in der ersten Zeit nicht viel zu erwarten. Die am nächsten liegende und zweckentsprechendste Unterstützung liegt in einem gewaltigen Angriff des Verbandes an der Westfront. Bevor nachträglich eine Expedition organisiert und an den Tagliamento gesandt werden kann, wird sehr viel Zeit vergehen. Soll das Hilis- korps rechtzeitig eintreffen, so darf es nicht allzu groß sein; in diesem Falle aber wird es kaum bedeutenden Einfluß auf eine neue Schlacht auszuüben vermögen. Besitzt dagegen die Expedition die genügende Stärke, so kann sie wiederum nicht rechtzeitig am Tagliamento ein treffen. Ein halbamtliches Reutertelegramm be sagt, daß „die leitenden italienischen Militär- krsise" Reuters Ankündigung der vom Verbände ergriffenen Maßregel zugunsten Italiens mit größter Dankbarkeit begrüßen. Das ist zweifel los sehr liebenswürdig von diesen italienischen Herren. Und, so erfährt man weiterhin, diese Hilse wird nicht nur alle Gefahren abwenden, sondern gleichzeitig den Verband iustandsetzen „von der guten Gelegenheit" Gebrauch zu machen, dem österreichisch-ungarischen Heere, daS zum erstenmal im offenen Felde erschienen ist, einen wirklich entscheidenden Hieb zu versetzen. Das heißt allerdings die Liebenswürdigkeit so sehr übertreiben, daß sie sich vom Sarkasmus nur wenig unterscheidet. Man denke an Serbien: Die Hilse erschien, aber nachdem das Unglück geschehen war, und sie war nicht stark genug, um die Lage wieder- herzustellcn. Ob das Festlegen der Streitkräfte in Saloniki schließlich ein Vorteil sür den Ver band war, ist von sachverständigen Männern sehr bezweiselt worden. Rumänien wurde durch Rußland erst dann unterstützt, als cs die Walachei bereits verloren hatte. Und dabei war es doch deshalb in den Krieg gegangen, weil es fest auf Rußlands sofortige Hilfe rechnete! Die Engländer konnten nicht mehr tun, als einige Panzerautos — und eine Zerstörungskommiffion schicken. Verbandshilfe hätte den Italienern nur dann eine Unter stützung bieten können, falls diese bereits jetzt in hinreichendem Maße anwesend gewesen wäre. (Artilleristische Hilse besaßen sie bereits.) Die nachträgliche Hilfsaktion kann die Lage nicht wesentlich verändern. Oder sollte der Verband gar mit der Möglichkeit eines der artigen italienischen Zusammenbruches rechnen, daß die Mittelmächte durch die«Poebene auf t die westlichen Alpcn heramücken und Süd srankreich bedrohen würden? Wenn mit einem derartigen napoleonischen Plan gerechnet werden muß, dann ist natürlich nichts, was sür Italien getan wird, vergebliche Liebesmühe! * Die Reisen des englischen und französischen Ministerpräsidenten nach Italien beweisen, io schreibt die Wiener ,Neue Freie Presse", wie ernst die Folgen der italienischen Niederlagen von den führenden Persönlichkeiten der Entente beurteilt werden. Das Blatt hält die politische Niederlage Italiens für noch größer als die militärische; denn da die Ziele, für deren Er reichung Italien ohne Rücksicht auf seine Bundes- Verpflichtungen in den Krieg gezogen ist, wie Triest, Trient, Dalmatien, Albanien und Klein asien, hinfällig geworden sind, muß in Rom die Frage entstehen, welchen Zweck eine weitere Kriegführung haben könne. Wenn es sich nur um militärische Vereinbarungen handeln würde, hätten Lloyd George und Pain- levs nicht nach Rom kommen müssen. Dies ge- geschieht, weil dort die Entente selbst in Gefahr schwebt. Italien muß der Entente erhalten werden, wie auch Rußland erhalten werden mußte. Die Entente entsendet auch einen be rühmten Feldherrn nach Italien. Ob sie aber auch die Kräfte auibieten kann, um die zer trümmerten Hoffnungen Italiens aufzurichten, ist mehr als zweifelhaft. * Das Pariser .Journal des Döbats' warnt die Öffentlichkeit vor dem Gedanken, daß man auf dem italienischen Kriegsschauplatz den Be wegungskrieg und zugleich die Entscheidung finden werde. Es sei gut, die Italiener mit allen verfügbaren Mitteln zu unterstützen und am gemeinsamen Erfolge überall da mitzuwirken, wo der Feind die Entscheidung suche. Aber es sei eine Täuschung, wenn man sich einbilde, daß man Deutschland eine entscheidende Nieder lage auf einem Schlachtfelde beibringen könnte, dessen wirkliche Lage man nicht kenne und das so weit von den Reserven der Entente und ihrer Basts in Frankreich entfernt liege. Auch die Besprechungen anderer Ententeblätter über die Lage in Italien sind wenig zuversichtlich. verschiedene Urlegrnschrichten. Die Schwierigkeiten des Tagliamento- itbergangs. Durch die Regengüsse der letzten Tage war der Fluß derart angeschwollen, daß die Italiener wohl hoffen mochten, hier dem deutsch-öster reichisch-ungarischen Vormarsch Einhalt zu ge bieten. Der Fluß fließt im Oberlauf tief und reißend zwischen steil senkrecht zum Wasser ab fallenden Felswänden. Im Mittel- und Unter lauf bis zu 2 Kilometer Breite sich ausdehnend, in unzählige Arme verästelt, bot der Über gang umgeheure Schwierigkeiten. Er ist ein neuer glänzender Beitrag sür die zahlreichen historischen Flußübergänge der Ver bündeten in diesem Kriege. Die gewaltige Ge- fangeuenzahl hat sich auch hier wiederum um mehrere Tausend erhöht und der Feind erneut Geschütze verloren. * Kein Mitleid mit Deutschland. Die .Depsche de Toulouse' schreibt: Barthou (der neue Minister des Äußern) hat recht, wenn er sagt, der künftige Friede werde durch den Sieg bedingt. Das heißt keineswegs, man erstrebe eine Politik der Unterdrückung, Ver gewaltigung und Eroberung sür Frankreich, sondern das bedeutet einfach, daß wir im Kriege sind, und daß die im Kriege begangenen Un vorsichtigkeiten und Fehler viel teurer zu stehen kommen als in Friedenszeilen.- Die Deutschen ziehen sich an der Aisne zurück; das ist die große Glücksnachricht des TageS. Aber sie sind noch immer in St. Quentin, haben noch immer Belgien, Serbien, einen Teil Rumäniens und wollen nun Rußland zerstückeln, wenn die Russen nicht Ordnung schaffen. Ist die Stunde wirklich gut gewählt, um für Deutschland Mit leid Zu fordern? Noch immer handelt es sich darum, es zu schlagen, und so lange es nicht geschlagen ist, gibt es kein anderes Problem. Die erste amerikanische Verlustliste. Nach einem amtlichen Bericht aus Washing ton wurden am Freitag bei einem deutschen Vorstoß an der Westfront 3 Amerikaner getötet, 5 verwundet und 12 gelangen. Golitilcke Kunälckau. Deutschlau». * Aus Anlaß der Siege in Italien hat der Sultan an Ka is er Wilh e lm ein herz liches Glückwunschtelegramm gerichtet, das Kaiser Wilhelm mit herzlichen Worten des Danket erwiderte. * An den Besprechungen im BundesratSsaale des Reichsamtes des Innern nahmen der Reichskanzler, Geueralfeldmarschall von Hindenburg mit seinem Generalquartiermeister Ludendorff und von den Herren des Aus wärtigen Amtes, vor allem der Staatssekretär mit den beiden Unterstaatssekretären, sowie auch die Referenten der einzelnen Abteilungen teil. Gegenstand der Verhandlungen war, nach dem .Berliner Lok. Anz.', die gesamte militärisch- politische Lage, wie sie sich gerade im gegen» wärtigen Zeitpunkte nach den großen Erfolgen der Verbündeten in Italien ergeben und manchen neuen Gesichtspunkt gezeitigt hat. Unter anderem soll auch die polnische Frage eingehend besprochen worden sein. * Auf eine Eingabe des Deutschen Handelstages, dis in Aussicht ge nommenen Steuern betreffend, hat der Staats sekretär des Reichsschatzamtes geantwortet: „Zurzeit ist die Vorbereitung der Finanzgesetze noch nicht so weit gediehen, daß darüber Mit teilungen gemacht werden könnten; doch werden die kommenden gesetzgeberischen Maßnahmen in Fühlung mit den zur Vertretung von Industrie und Handel gesetzlich berufenen Körperschaften erfolgen." Wie weiter verlautet, sind Verein barungen mit dem Reichsschatzamt angebahnt, um zu erreichen, daß Reich, Staat und Ge meinden bei der Ausarbeitung der neuen Steuern Hand in Hand arbeiten. Es kommt der Regierung darauf an, zu verhindern, daß etwa durch die neuen Steuerauflagen Staat und Gemeinden ihre Steuerquellen abgegraben werden. Frankreich. *Wie das Pariser ,Journal' in einem Artikel schreibt, werden die Nahrungs- sorgen für die Entente fortgesetzt größer. Die Erklärung des Ministers sür das Ernährungswesen, daß die Brotration dem nächst auf 150 bis höchstens 200 Gramm sest- gesetzt werden müsse, sei das Eingeständnis, daß nichts mehr zn verschleiern sei, sondern daß sich das Volk vor die nackte Not gestellt sehen werde. Rustland. * In einer Unterredung mit einem ameri kanischen Pressevertreter erklärte Kerenski u. a.: In diesem Augenblick ist die öffentliche Meinung in Rußland sehr erregt über die Frage, wo steckt die englische Flotte jetzt, da die deutsche Flotte in der Ostsee vor geht? Der Korrespondent fragte dann: Könnte eure amerikanische Armee nützen, wenn sie nach Rußland geschickt würde? Kerenski antwortete, es wäre unmöglich, eine solche Armee zu senden. Die Transporlfchwierigkeiten wären zu große. Amerika könne am besten Helsen durch Sendung von Schuhen, Leder, Eisen und besonders von Geld. Kerenski schloß: Die große Masse un seres Volkes ist wirtschaftlich erschöpft. Das Volk zweifelt an der Möglichkeit des Erfolges. Spamrn. *Das neue Kabinett Prieto hat denr Könige den Eid geleistet und dabei er klärt, strenge Neutralität wahren zu wollen. Griechenland. * Einer Londoner Meldung zufolge hat Venizelos, der nun befürchtet, daß die Mittelmächte nach der vollständigen Besiegung Italiens sich gegen Griechenland wenden uni» an der S a l o n iki fr o n t eine Offensive ein« leiten werden, an die englische Negierung die Anfrage gerichtet, ob die Entente auf eine solch» Möglichkeit vorbereitet lei. Vas Katie! seiner 6ke. 15) Nomon von Ludwig Hasse. (Fmtl-tzungg Wie eine Schuldbewußte erschien sie ihm in seinem Zorn, in seiner Scham, und er erfaßte ihr Handgelenk und preßte es so fest, daß eS ihr weh tat. Aber kein Schmerzenslaut ent schlüpfte ihren Lippen. Sie sah mit tränen schweren Augen zn ihm empor und sagte sanft: „Ich verdiene alle Ihre Vorwürfe, Alexander, nur den einen nicht, daß ich mit Ihnen gespielt, daß ich Sie nicht ausrichtig ge- Lrbt hätte . . ." Er schleuderte ihre Hand mit einem spöttischen Lachen von siÄ- „Wem wollen Sie das glauben machen, . Fran Gräfin? JÄ bin nicht mehr io Lumm f imd leichtgläubig wie in Meran . . ." .Alexander, Sie rasen I" »Ich sehe nur zn klar. Zuerst diese Komödie ! der Heirat — dann die Neugier, den Mann f kennen zu lernen, der sich, zu dieser elenden f Komödie hergab, und schließlich die Scheidung. ! Ist das ehrlich gehandelt, Frau Gräfin?" „Vergessen Sie nicht die Nacht auf der einsamen Alm, Alexander," sagte sie noch immer sanft. Da lachte er wieder. „Ja — ein pikantes Kapitel mehr in dem Roman einer Welidame!" Tas war zuviel. Sic richtete sich stolz empor und sprach mit ernster Stimme: „Graf Alexander, Sie geben zu weit!" Er blickte sie erstaunt an, aus der schuld-.. bewußten Angeklagten war eine stolze Anklägerin geworden. „Wenn meine Worte nicht immer in den Grenzen der Höflichkeit blieben," entgegnete er, „so messen Sie die Schuld der eigentümlichen Lage zu, in die Sie mich versetzt haben. Als Marguerite Dumont haben Sie mir gesagt, daß Sie mich liebten, als Gräfin Gallenberg fordern Sie Ihre Freiheit und wollen mir die Freiheit wiedergeben . . . wie soll ich daS anders auf fassen, als einen Hohn ..." „Wenn Sie selbst den Grund nicht entdecken können." erwiderte sie und eine dunkle Glut färbte ihr bleiches Gesicht, „ich kann Ihnen den Grund nicht sagen." „Ich bemühe mich nicht, das Rätsel zu lösen — es ist vergebliche Mühe, die Rätsel eines Fraucnherzens lösen zu wollen." Sie wandte sich noch einmal rasch zn ihm- „Erinnern Sie sich des Abends auf der Alm, Graf!" rief sie. „Ich erinnere mich sehr wohl dieser meiner neuen Torheit." „Graf! — Doch nein, ich will nicht heftig und ungerecht werden, wie Sie es sind. Er innern Sie sich des Abends — erinnern Sie sich unseres Gesprächs über Ihre unselige Heirat erinnern'Sie sich, was Sie mir geschworen haben . . ." „Ich erinnere nach sehr wohl, Fran Gräfin. Ich habe Ihnen gesagt, daß, wenn ich jener Frau begegnen sollte, welche meine Not be nutzte, um mein Leben, meine Ehre zu ver- nWen, daß ich dann dieser Frau meinen Zorn, meinen Haß in das Gesicht schleudern würde — und bier, hier tue ich es . . „Sie sagten mir aber auch, daß Sie mich liebten..." „Ja, Sie — Marguerite Dumont — aber nicht die Frau Gräfin Gallenberg. Niemals kann ich diese lieben . . ." „Alexander?! Haben Sie Erbarmen mit mir. Lassen Sie sich von Ihrem Zorn, Ihrem gerechten Haß nicht verblenden und nicht zur Ungerechtigkeit Hinreißen. Ich habe Ihnen Un recht getan, ich weiß es — aber ich bin bereit, zu sühnen, wieder gut zu machen . . ." „Dadurch, daß Sie sich von mir trennen!" „Aber, mein Gott, so verstehen Sie doch! Wie soll ich es Ihnen nur sagen?" „Geben Sie sich keine Mühe, Frau Gräfin. Ich vermag Ihnen nicht in die Schleichwege Ihres weiblichen Scharsfinns zu solgen und ich würde Ihnen doch nicht glauben . . „Ah — ist das Ihr letztes Wort?" „Mein letztes Wort . . ." „So haben wir nichts mehr miteinander Zu sprechen," sagte sie tonlos. „Es war alles ver gebens. Wo kein Glauben, wo kein Vertrauen, da auch keine Liebe — ich habe mich in Ihnen getänstht — leben Sie wohl. . ." Die Hand vor die Augen pressend, verließ sie rasch das Zimmer. Ec stand und schaute wie gebannt auf die Portiere, hinter der sie verschwunden und deren schwere Falten noch leise erzitterten. Dann atmete er lies auf und wandte sich zum Gehen. Als er auf dem Korridor den Überzieher angezogen und. den Hut ergriff, kam der Justizrat eilig auf ihn zn. „Nm deS Him mels willen, Graf, was haben Sie gemacht? Jetzt ist alles aus!" „Ja, es ist alles aus, Herr Justizrat," ent gegnete Alexander, „und Ihre Intrigen haben das bewirkt." „Aber so hören Sie mich doch mir'" „Ich mag nichts mehr hören. Es ekelt mich an. Ich hoffe auch von Ihnen nichts mehr zn hören; auf Ihren Rat werde ich jedenfalls sür die Zukunst verzichten." „Sie verkennen die ganze Angelegenheit.. „Mag sein — ich urteile mm einmal nicht mit dem klugen Geiste eines vielgewandten Juristen. — Adieu. . „ Er lüstete den Hut, öffnete die Korridortür und entfernte sich. Der Justizral versuchte nicht, ihn zurück zu halten. „Man muß ihn zur Vesinmmg kommest lassen," sagte er, später zu seiner Frau. „In diesem Gemütszustände ist nichts mit ibm an« zwangen. Aber ich fürchtete bei dem heiligen Charalter des Grasen einen solchen Ausgang der Begegnung zwischen ihm und Margarete, deshalb riet ich davon ab — Ihr aber wolltet cs so haben." „Ja," entgegnete die Justizrätin bitter, „weil wir mehr Vertrauen zu der Liebe des Grasen zu Margarete hatte». Aber diese Liebe kann nicht tief gesessen haben." „Ihr beurteilt die Männer nach euch selbst^ Für euch ist die Liebe das Höchste, wenn aber bei denr Mann die Ehre und die Liebe iw Zwiespalt gerate», wird die erstere meistens dr»^ . Sieg davon tragens
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